Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.04.2013, Az. 24 W (pat) 125/10

24. Senat | REWIS RS 2013, 6425

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "BIOPHEN/BIONSEN (Gemeinschaftsmarke)" – zur rechtserhaltende Benutzung einer Gemeinschaftsmarke – Warenidentität und -ähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 302 57 127

hat der 24. Senat ([X.]) des Bundespatengerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters Heimen

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des [X.] vom 23. August 2010 aufgehoben.

Die Marke Nr. 302 57 127 – [X.] - wird wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke Nr. 1093566 - [X.] - gelöscht.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

BIO[X.]EN

3

ist am 22. November 2002 angemeldet und am 24. April 2003 unter der Nummer 302 57 127 für folgende Waren in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden:

4

„[X.]: Seifen, nämlich [X.], [X.] und Gesichtsseifen, Parfümeriewaren; Eau de Cologne; Kosmetika aller Art, nämlich kosmetische Cremes, kosmetische Badezusätze, kosmetische Hautpflegepräparate, kosmetische Pomaden, kosmetische Präparate für die Augenwimpern, kosmetische Watte, kosmetische Reinigungswasser, Färbemittel für Toilettenzwecke; ätherische Öle; Körperlotion; Rasierwasser; Sonnengel als kosmetisches Mittel; Shampoo, Schaumbad; Mundwasser (nicht medizinisch); [X.]; Zahnputzmittel“

5

Die Veröffentlichung erfolgte am 30. Mai 2003. Gegen diese Marke ist am 7. August 2003 Widerspruch erhoben worden aus der am 3. März 1999 angemeldeten und am 8. Mai 2000 ohne vorherigen Widerspruch eingetragenen [X.]swortmarke Nr. 001093566

6

[X.]

7

die nach einer Teillöschung im Jahr 2007 gegenwärtig Schutz genießt für folgende Waren:

8

[X.]: Seifen; Kosmetika; [X.]; [X.] für den persönlichen Gebrauch; Bade- und Duschzusätze“.

9

Mit [X.] der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 7. März 2005 ist auf den Widerspruch die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden. Die Markeninhaberin hat im Erinnerungsverfahren mit [X.] vom 28. Juni 2005 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Die Widersprechende hat in der Folge Unterlagen zu den Akten gereicht, die der Glaubhaftmachung der ernsthaften Benutzung der Widerspruchsmarke für Waren der [X.], insbesondere für „Seifen“ und „Bade- und Duschzusätze“ dienen sollen.

Mit Erinnerungsbeschluss vom 23. August 2010 ist der Widerspruch zurückgewiesen worden. Zur Begründung hat die Markenstelle für [X.] ausgeführt, auch nachdem die Widersprechende auf die Einrede der Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke innerhalb der [X.] für bestimmte Waren ausreichend glaubhaft gemacht habe, bestehe keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr zwischen den [X.]. Zwar begegneten sich beide Marken auf hochgradig ähnlichen Waren des kosmetischen Warensektors, die einander gegenüberstehenden Zeichen seien aber klanglich und schriftbildlich nicht verwechselbar ähnlich.

Hiergegen hat die Widersprechende am 5. Oktober 2010 Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei bestehender Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke seien die [X.] klanglich und schriftbildlich so hochgradig ähnlich, dass der markenrechtlich erforderliche Abstand von der angegriffenen Marke nicht eingehalten werde. Die schriftbildlichen Unterschiede zwischen „ph“ und „sn“ in Kleinschreibung bzw. „[X.]“ und „[X.]“ in Großschreibung in der weniger beachteten [X.] seien bei dem Grad der Aufmerksamkeit, die der Verkehr bei den hier streitgegenständlichen Waren an den [X.], nicht ausreichend. Die Wortlänge sei ebenso identisch wie die Vokalfolge „i-o-e“. Die Konsonanten in der (jeweiligen) [X.] „ph“ bzw. „sn“ würden zudem überhört, während hingegen der Klang am Wortanfang und –ende gleich sei, dies führe zu einer erheblichen klanglichen Ähnlichkeit.

Die Widersprechende hat beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.]es vom 23. August 2010 aufzuheben und die Marke Nr. 302 57 127 – BIO[X.]EN - wegen des Widerspruchs aus der [X.]smarke Nr. 1 093 566 – [X.] – zu löschen.

Die Markeninhaber hat den Antrag gestellt,

die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss. Die Markeninhaberin vertritt die Auffassung, dass die von der Widersprechenden vorgelegten Benutzungsunterlagen für eine Glaubhaftmachung einer ernsthaften Benutzung der Widerspruchsmarke in [X.] nicht ausreichten.

Zur Frage der Verwechslungsgefahr ist die Markeninhaberin der Auffassung, dass die gegenüberstehenden Zeichen einen ausreichenden Abstand einhielten. [X.] bestehe aufgrund der abweichenden Konsonanten „p“ und „h“ bzw. „n“ und „s“ in der [X.] ein erheblicher Unterschied. Auch in klanglicher Hinsicht wiesen, so die Markeninhaberin, die [X.] erhebliche Unterschiede auf. Die Widerspruchsmarke werde dreisilbig „Bi-on-sen“ ausgesprochen, die angegriffene Marke aber nur zweisilbig, in ihr würden die Mittelkonsonanten „ph“ wie „f“ ausgesprochen. Auch begrifflich seien die Markenzeichen unähnlich, so bedeute das Wort „bi“ im [X.] übersetzt „schön, Schönheit“ und „onsen“ bedeute übersetzt „[X.], Thermalquelle“, während der angegriffenen Marke kein Sinngehalt zugeordnet werden könne. Weil das Zeichen „[X.]“ von der Widersprechenden, wie die vorgelegten Benutzungsnachweise zeigten, stets im Zusammenhang mit [X.] Schriftzeichen verwendet werde, könne dieser Umstand beim für den [X.] bedeutsamen Verkehrsverständnis nicht außer [X.] gelassen werden, da der Verbraucher nicht nur auf die Markenzeichen, sondern auch auf die sonstige Gestaltung der Ware achte und deshalb bei der Widerspruchsmarke aufgrund der gestalterischen [X.]ehnung der Warenverpackung an [X.] Produkte eine japanisch oder asiatische Aussprache der Widerspruchsmarke mit „[X.]“ am Ende bevorzuge.

Schließlich wirke verwechslungshemmend, dass der Durchschnittsverbraucher aufgrund der allgemein ungünstigen wirtschaftlichen Lage auch bei Waren aus der [X.] besonders sensibilisiert sei, besonders sorgfältig auswähle und den Kennzeichen deshalb mit erhöhter Aufmerksamkeit begegne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, weil zwischen den [X.] eine klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr besteht, deswegen der den Widerspruch abweisende Erinnerungsbeschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen ist, §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42, 43 Abs. 2 S. 2, 125b, 165 Abs. 2 [X.].

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend vorzunehmen. Dabei sind zunächst - und zwar unabhängig voneinander - Feststellungen zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, zur Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sowie zur Ähnlichkeit der [X.] zu treffen. Bei einer abschließenden Entscheidung ist zu berücksichtigen, dass die vorgenannten Faktoren in einem Verhältnis der Wechselwirkung zu einander stehen, so dass ein geringerer Grad des einen Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. z. B. [X.] GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) -

Die Markeninhaberin hat mit [X.] vom 28. Juni 2005 zulässig, aber vergeblich die unbeschränkte Einrede der Nichtbenutzung gemäß §§ 43 Abs. 1, 125b Nr. 4 [X.] i. V. m. Art. 15 [X.] erhoben. Die Widersprechende hat die erforderliche ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren „Bade- und Duschzusätze“ für die maßgeblichen Benutzungszeiträume, nämlich 24. April 1998 bis 23. April 2003 (§ 43 Abs. 1 S. 1 [X.]), bzw. 23. April 2008 bis 22. April 2013 (§ 43 Abs. 1 S. 2 [X.]), ausreichend glaubhaft gemacht.

Eine Marke wird gemäß Art. 15 [X.] ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, d. h. der Garantierung der Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, wobei die Fälle ausgeschlossen sind, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann; dazu gehören insbesondere eine Nutzung, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke ([X.], [X.], 582 – [X.]/[X.]; [X.], 425 - Ansul), wobei die Grenzen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten ausser Betracht zu lassen sind ([X.], [X.], 182 – [X.]/Omel).

Diese Voraussetzungen sind für die Waren „Schaumbäder“ und „Duschgels“ erfüllt. Ein Jahresumsatz von mehr als … [X.] in vier [X.] reicht aus, um eine ernsthafte Benutzung der [X.]smarke in der [X.] gemäß § 125b Nr. 4 [X.] i. V. m. Art. 15 [X.] glaubhaft zu machen. Mit den eidesstattlichen Versicherungen des Vorstandsvorsitzenden der Widersprechenden, Herrn G…, vom 23. November 2005, vom 20. Oktober 2008 sowie seiner mit [X.] vom 22. März 2013 eingereichten eidesstattlichen Versicherung wird die Verwendung der Widerspruchsmarke „[X.]“ glaubhaft dargelegt, und zwar unter Bezugnahme auf die zugleich eingereichten Rechnungen aus dem Zeitraum 2004 bis 2013 sowie Verpackungsmuster und Warenproben für die Waren „Schaumbäder“ und „Duschgels“.

Für diese Waren wurde für den Zeitraum 2000 bis 2004 ein Gesamtumsatz in [X.] von ca. … [X.] an Eides statt versichert sowie Rechnungskopien und Werbemittel vorgelegt, die die Art und Weise der Verwendung der Widerspruchsmarke in verschiedenen [X.] dokumentieren. Mit zwei weiteren eidesstattlichen Versicherungen wurde ein jährlicher Umsatz mit Waren, die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet waren, in den [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für den Zeitraum von 2008 bis 2012 von jeweils über … [X.] jährlich glaubhaft gemacht, einschließlich des bisherigen Umsatzes für das [X.] wurde für diesen Zeitraum ein Gesamtumsatz von ca. …. [X.] glaubhaft gemacht. Wegen der Aufteilung des Gesamtumsatzes auf die genannten Geschäftsjahre und des Anteils der verschiedenen Mitgliedsstaaten daran wird auf die [X.]age zum [X.] vom 22. März 2013 verwiesen. Des Weiteren wurde durch die mit [X.] vom 6. November 2008 vorgelegten Unterlagen, mithilfe der bereits genannten eidesstattlichen Versicherung und ergänzenden Belegen (Rechnungsabdrucke, Ablichtungen der Warenverpackungen etc.) für die Jahre 2004 bis September 2008 ein Umsatz von insgesamt ca. … [X.], verteilt auf verschiedene [X.], darunter [X.], [X.], [X.] und [X.] und die Art und Weise der Verwendung glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der Aufteilung des Gesamtumsatzes auf die genannten Geschäftsjahre und des Anteils der verschiedenen Mitgliedsstaaten daran wird auf die [X.]age 4 zum [X.] vom 6. November 2008 verwiesen. Die Verpackungen für die Waren wurden nach den Angaben in der eidesstattlichen Versicherung mit dem Schriftzug „[X.]“ gekennzeichnet, hinsichtlich des Erscheinungsbildes wird auf die von der Widersprechenden eingereichten Bilder ([X.]age 4 zum [X.] vom 6. November 2008), [X.] ([X.]. z. Schr. vom 2. Februar 2006) und Muster der Warenverpackungen ([X.]. 6 z. Schr. vom 22. März 2013) verwiesen.

Die Waren „Schaumbäder“ und „Duschgels“ unterfallen den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Warenkategorie „Bade- und Duschzusätze“, die identisch oder mindestens durchschnittlich ähnlich sind zu sämtlichen Waren der angegriffenen Marken. Dies gilt nicht nur für (auch) der Hautpflege oder -reinigung dienenden (kosmetischen) Waren, sondern ebenfalls für die nicht für die Hautpflege bestimmten Waren „Mundwasser (nicht medizinisch); Zahnputzmittel“. Die [X.] werden über identische Wege vertrieben und dienen unterschiedslos dem gleichen übergeordneten Verwendungszweck, nämlich der Körperpflege. Sie werden im Rahmen der Zweckbestimmung üblicherweise nebeneinander verwendet. Der von den hier beanspruchten Waren der [X.] angesprochene Verkehr ist auch daran gewöhnt, dass im Markt Waren der in Rede stehenden Art häufig unter einheitlichen Kennzeichen als Teil eines umfassendes Sortiments für die Körperpflege auftreten. Deshalb geht er davon aus, dass diese aus denselben Herkunftsunternehmen stammen.

Der für die Widerspruchsmarke maßgebliche Verkehr setzt sich aus dem Fachverkehr und den Endabnehmern zusammen. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Der von den Markeninhaberin angenommene Assoziation der Widerspruchsmarke mit dem in der [X.] 3 sachlich beschreibenden Begriff „Bio“ (= biologisch, Biologie, [X.]. [X.], [X.], 7. Aufl., 2011, [X.]) ist im Zusammenhang mit der hier zur Beurteilung stehenden Gesamtmarke fernliegend und vorliegend nicht geeignet, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu schwächen. Zwar kann die Vorsilbe „BIO“ bei Waren der [X.] in der Verkehrswahrnehmung eine sachliche Beschreibung der jeweiligen Waren beinhalten, weil es in diesen Marktsegment bedeutenden Teilen des angesprochen Verkehr auf biologisch unbedenkliche oder auch vorteilhafte Eigenschaften der Waren ankommt, für welche die Angabe „Bio“ schlagwortartig steht. In solchen Fällen ist eine Übereinstimmung der [X.] im beschreibenden Begriff „Bio“ hinsichtlich der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr von untergeordneter Bedeutung. So liegt der Fall hier aber nicht. Der maßgebliche inländische Verkehr, der Marken gewöhnlich als Ganzes wahrnimmt und keine analysierende und zergliedernde Betrachtung vornimmt, ist vorliegend nach Überzeugung des Senates bei schriftbildlicher, vor allem aber bei klanglicher Wahrnehmung gehindert, in der Widerspruchsmarke „[X.]“ die ihm vertraute Vorsilbe „BIO“ getrennt von den restlichen Bestandteilen als beschreibende Sachangabe für die gekennzeichneten Waren zu bemerken, weil wegen der nachfolgenden Buchstaben „N[X.]“ nach den Ausspracheregeln der [X.] das Markenwort nur „Bion-sen“ bzw. „Bi-on-sen“ ausgesprochen werden kann. Da sich diese Regeln auch auf die ([X.] Wahrnehmung durch den Verkehr auswirken, kann auch in dieser Wahrnehmungsrichtung nicht von der Lesart „Bio-nsen“ ausgegangen werden.

Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Endabnehmer der hier in Rede stehenden Mittel zur Körper- und Schönheitspflege über nennenswerte Kenntnisse der [X.] Sprache verfügt, um die Bedeutung des [X.] Ausdruckes „bi onsen“ (= schöne Quelle) selbst im Zusammenhang mit den konkreten Waren zu erkennen. Mangels Kenntnis von der Bedeutung des [X.] Begriffes „ON[X.]“ besteht für den Endverbraucher auch kein [X.]ass, in der Silbe „BI“ ein Hinweis auf das [X.] Zahlwort „bi“ (= zwei, zweifach, doppelt, vgl. [X.], [X.], 7. Aufl., 2011, [X.]) zu sehen.

Andere Anhaltspunkte für eine geschwächte oder gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden.

Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin kann auch nicht von einer gesteigerten Aufmerksamkeit des Verkehrs beim Kauf von Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege ausgegangen werden. Es mag sein, dass die Endverbraucher dieser Waren vermehrt auf Kosten achten, diese Aufmerksamkeit bezieht sich aber auf den Preis, nicht auf die Marke und das mit ihr womöglich verbundene Qualitätsversprechen. Zudem wird auf dem Markt für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege seit jeher ein bedeutender Anteil der Waren als niedrigpreisige Massenware unter verschiedenen Marken angeboten.

Bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, teilweiser Identität und im Übrigen mindestens durchschnittlicher Ähnlichkeit der [X.] muss die jüngere Marke einen deutlichen Abstand zu der prioritätsälteren Widerspruchsmarke halten. Diese Anforderung erfüllt die angegriffene Marke nicht, vielmehr kommt sie der Widerspruchsmarke schriftbildlich und auch klanglich verwechselbar nahe. Zu beachten ist hierbei auch der Umstand, dass der Verkehr die Marken regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und sie deswegen nicht genau miteinander vergleichen kann. Die Verwechslungsgefahr entsteht, wenn der Verkehr eine Marke nur undeutlich in Erinnerung hat und sie in einer anderen Marke wiederzuerkennen glaubt (vgl. [X.]/[X.] [X.] 10. Aufl., § 9 Rn. 220 m. w. N.).

Besonders im Schriftbild sind die beiden Wortmarken, die in fünf von sieben Buchstaben, nämlich „BIO“ am Anfang und „EN“ am Wortende, übereinstimmen, sehr ähnlich, zumal beim schriftbildlichen Vergleich neben den registrierten Markenformen auch alle anderen verkehrsüblichen Schreibweisen zu berücksichtigen sind (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 Rn. 252). Jedenfalls in der für beide [X.] angemeldeten Großschrift fallen ihre hervorstechendsten schriftbildlichen Unterschiede, nämlich die Ober- bzw. [X.] der inmitten der angegriffenen Wortmarke „Biophen“ platzierten Buchstaben „p“ und „h“ weg. Die Gemeinsamkeiten am erfahrungsgemäß besonders beachteten Wortanfang und am Wortende überwiegen im maßgeblichen Gesamteindruck jedenfalls in üblicher Großschreibung die vorhandene Verschiedenartigkeit der [X.] bei dem Konsonanten in der [X.].

Ebensowenig ist die unterschiedliche Aussprache der eher klangschwachen Konsonanten „[X.]“ bzw. „NS“ in der weniger beachteten [X.] dazu geeignet, die klangliche Verwechslungsgefahr auszuräumen.

Schließlich führen auch begriffliche Unterschiede der Vergleichsmarken nicht dazu, dass der Verkehr die vorhandenen Unterschiede schneller und besser erfasst (vgl. [X.], 235,236 – [X.]/[X.]; EuG, [X.]. 2004, 850,853 – [X.]/[X.]). Weder die angegriffene Marke noch die Widerspruchsmarke enthalten einen Sinngehalt, der ohne weitergehenden Denkvorgang vom Verkehr erkannt wird, sondern beide Markenwörter erscheinen für den Endverbraucher, der japanisch nicht versteht, als Phantasiewort. Dagegen spricht auch nicht der Vortrag der Markeninhaberin, dass die Widerspruchsmarke stets im Zusammenhang mit Hinweisen auf [X.] ([X.] Schriftzeichen, Angabe „[X.]ese“ etc.) verwendet wird. Allein der Umstand, dass der Verkehr aufgrund dieser tatsächlichen Begleitumstände möglichweise auf die [X.] Herkunft der Angabe „[X.]“ hingewiesen wird, vermittelt ihm nicht die Kenntnis, welche inhaltliche Bedeutung die Widerspruchsmarke in [X.]r Sprache hat.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es auf die Frage nicht mehr an, ob die für den Endverbraucher festgestellte Verwechslungsgefahr auch für den Fachverkehr gilt. Bei dem Fachverkehr einerseits und dem Endverbraucher andererseits handelt es sich um objektiv von einander abgrenzbare Verkehrskreise. In einem solche Fall reicht es für die Bejahung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr aus, wenn diese nur bei einem der angesprochenen Verkehrskreise besteht (vgl. [X.], 64 (Rz. 9) - Maalox/[X.]; s. auch [X.] [X.]. 2007, 718 (Rz. 88 ff.) – [X.]/ TRAVISTAN).

Die angegriffene Marke ist deshalb wegen Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke Nr. 001 093 566 zu löschen.

Für die Auferlegung von Verfahrenskosten aus Billigkeitsgründen besteht kein [X.]ass, § 71 Abs. 1 [X.].

Meta

24 W (pat) 125/10

23.04.2013

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.04.2013, Az. 24 W (pat) 125/10 (REWIS RS 2013, 6425)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6425

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