Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.04.2016, Az. 25 W (pat) 18/15

25. Senat | REWIS RS 2016, 12137

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Kostenentscheidung - "Afrokulabo/Umkaloabo/Umckalaoba" – zur Kostenauferlegung im markenrechtlichen Verfahren - ersichtliche Unähnlichkeit der Vergleichsmarken – Kostenauferlegung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 023 421

hier: Kostenentscheidung

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters am Amtsgericht Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Widersprechende hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

Afrokulabo

3

ist am 26. April 2011 angemeldet und am 13. Juli 2011 unter der Nummer 30 2011 023 421 in das beim [X.] geführte Register für die Waren

4

Klasse 3: Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, kosmetische Duschzusätze; kosmetische Badezusätze; kosmetische Badesalze;

5

Klasse 5: Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Vitaminen, Pflanzenextrakten, Aminosäuren, Mineralien und Spurenelementen sowie Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; Präparate für die Gesundheitspflege; Medizinprodukte soweit in Klasse 05 vorhanden;

6

Klasse 30: Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination; Kräutertees für nichtmedizinische Zwecke; Tee.

7

eingetragen worden.

8

Gegen die Eintragung der am 12. August 2011 veröffentlichten Marke hat die Widersprechende am Montag, den 14. November 2011 Widerspruch erhoben. Sie stützte ihren Widerspruch auf die unter der Nummer 644 318 für die Waren

9

Klasse 5: Pharmazeutische Präparate auf pflanzlicher Grundlage, pharmazeutische Drogen.

eingetragene Wortmarke

Umkaloabo

und die unter der Nummer 008 332 017 für die Waren

Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel;

Klasse 5: Arzneimittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse und Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; Fisch- und Lebertranöl für medizinische Zwecke; Amino- und Fettsäuren für pharmazeutische Zwecke; diätetische Erzeugnisse und Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen; Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide;

Klasse 29: Speiseöle und -fette; diätetische Erzeugnisse und Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf pflanzlicher Basis sowie auf der Basis von Proteinen und Eiweissen, soweit in Klasse 29 enthalten; Fisch- und Lebertranöl für nichtmedizinische Zwecke, soweit in Klasse 29 enthalten;

Klasse 30: [X.], nämlich diätetische Back- und Konditorwaren, Konfitüren, Pralinen, Mehle- und Getreidepräparate; Brot, feine Back- und Konditorwaren.

eingetragene [X.](wort)marke

[X.]laoba.

Die Markenstelle hat die Widersprüche mit Beschlüssen vom 9. April 2013 und 12. Januar 2015 zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Widersprechenden. Die Beschwerde wurde in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2016 zurückgenommen.

Zur Begründung der Zurückweisung der Widersprüche hatte die Markenstelle ausgeführt, es bestehe keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. [X.] komme normale Kennzeichnungskraft zu. Hinsichtlich der von den [X.] beanspruchten Waren bestehe teilweise [X.]. Hinsichtlich der übrigen Waren könne dahingestellt bleiben, welcher Grad an [X.] bestehe. Selbst bei normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken und [X.] genüge der Abstand der angegriffenen Marke, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen. Klanglich stimmten die [X.] in der [X.] überein. Jedoch würden sie sich in der [X.] unterscheiden. Die jeweiligen [X.], die im Allgemeinen stärker beachtet würden als die übrigen Markenteile, seien vollkommen abweichend. Die markanten Abweichungen führten zu einem unterschiedlichen Klang der Marken. Im Schriftbild seien die Zeichen vergleichbar lang, würden aber vor allem in den beiden ersten Vokalen völlig voneinander abweichen. Die drei Zeichen seien Phantasieworte, die keinen begrifflichen Inhalt aufweisen würden, sodass schon aus diesem Grunde eine begriffliche Ähnlichkeit ausscheide. Es liege auch kein Fall der [X.] vor, da die [X.] seien und keinem Wortbestandteil eine selbständige kennzeichnende Stellung zugemessen werden könne. Andere Umstände für eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne seien nicht zu erkennen.

Zur Begründung ihrer Beschwerde hatte die Widersprechende ausgeführt, der Verkehr nehme die sich gegenüberstehenden Marken „[X.]loabo“ und „Afrokulabo“ nicht gleichzeitig wahr. Er habe nur eine undeutliche Erinnerung an das jeweilige [X.], auch wenn bei Waren, die im Zusammenhang mit der Gesundheit stünden, ein höherer Grad an Aufmerksamkeit zu erwarten sei. Wegen der hohen klanglichen und schriftbildlichen Ähnlichkeit der Zeichen bestehe Verwechslungsgefahr. Die klangliche Ähnlichkeit werde nicht nur von der Übereinstimmung der Vokale bzw. den Anfangssilben, sondern auch von der Silbengliederung, dem Sprechrhythmus und der Betonung der Wörter bestimmt. Zwischen dem jeweils dritten Vokal der Wörter „o“ und „u“ bestehe eine hohe klangliche Ähnlichkeit. Von den Konsonanten stimmten jeweils „k“, „l“ und „b“ überein. Die Betonung der Wörter sei gleich. Bei langen Wörtern, wie hier vorliegend, würden die Abweichungen weniger ins Gewicht fallen. Alle Wörter seien schwer auszusprechende Phantasiewörter. Allerdings werde der Verkehr bei „kulabo“ an eine „[X.]“ denken und somit das Wort „[X.]loabo“ mit „Afrokulabo“ verwechseln.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Beschwerdeverfahren die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Sie ist der Auffassung, dass die Beschwerde hinsichtlich der [X.]marke 008 332 017 schon mit der Beschwerdebegründung konkludent zurückgenommen worden sei, nachdem sich die Widersprechende in der Beschwerdebegründung nicht mehr auf diese Marke gestützt habe. Da die beanspruchten Waren im Zusammenhang mit der Gesundheit stünden, sei von einem hohen Aufmerksamkeitsgrad der angesprochenen Verkehrskreise auszugehen. Die sich gegenüberstehenden Zeichen „Afrokulabo“ und „[X.]loabo“ würden sich klanglich in ihrer [X.], in ihrem Wortanfang, in der Wortmitte sowie in ihrem Sprechrhythmus und der Betonung unterscheiden. Gleich sei allein die Buchstabenzahl. Soweit übereinstimmende Buchstaben verwendet würden, stünden diese aber an jeweils anderen Stellen der Wörter. [X.] seien die Wörter zudem vollkommen unterschiedlich, sodass eine Zeichenähnlichkeit eindeutig zu verneinen sei.

Die Markeninhaberin beantragt,

der Widersprechenden die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Die Widersprechende beantragt,

den [X.] zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten, den Ladungszusatz des Senats vom 7. April 2016 sowie auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Da die Widersprechende in der Verhandlung vom 28. April ihre Beschwerde zurückgenommen hat, war nur noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bzw. den entsprechenden [X.] der Markeninhaberin zu entscheiden. Die Widersprechende hat aus Gründen der Billigkeit die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, § 71 Abs. 4 i. V.m. Abs. 1 Satz 1 [X.].

Das markenrechtliche Verfahren vor dem [X.] ist nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] kostenrechtlich von dem Grundsatz geprägt, dass jeder Beteiligte die ihm entstehenden Kosten selbst zu tragen hat ([X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 71 Rn. 11 und 14). Nach der Gesetzeslage kommt eine Kostenauferlegung  im patentgerichtlichen Verfahren nur aus Billigkeitsgründen in Betracht, was nach ständiger Rechtsprechung dahingehend ausgelegt wird, dass Kosten in der Regel nur dem Verfahrensbeteiligten auferlegt werden, der in einer nach anerkannten [X.] aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder am Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 71 Rn. 11 ff.; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 71 Rn. 11 ff. und Büscher in Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/Medienrecht, 3. Aufl., § 71 [X.], Rn. 2 ff., 5 ff.; siehe dazu nur beispielhaft die Entscheidungen 26 W (pat) 47/10 vom 2. Februar 2011 und 24 W (pat) 16/07 vom 27. Januar 2009; die genannten Entscheidungen sind über die Homepage des [X.]s zugänglich). Das vorliegende Beschwerdeverfahren war nach den anerkannten Regeln der Beurteilung der Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] von vornherein aussichtslos, da auch bei normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken und unterstellter [X.] die Bejahung einer Verwechslungsgefahr nicht in Betracht kommt, weil die Vergleichsmarken ersichtlich nicht ähnlich sind.

Die [X.] „Afrokulabo“ und „[X.]loabo“ weichen sowohl klanglich als auch schriftbildlich in allen für die Beurteilung dieser Arten der Verwechslungsgefahr wesentlichen Kriterien voneinander ab. Sie unterscheiden sich insoweit markant an den erfahrungsgemäß stärker beachteten [X.]n und heben sich auch in der [X.] deutlich voneinander ab. Zudem weist allein die Widerspruchsmarke die markante unmittelbare Abfolge der Vokale „oa“ auf. Die Unterschiede werden besonders deutlich - ohne, dass darauf abgestellt werden soll, weil es auf den jeweiligen Gesamteindruck (klanglich und schriftbildlich ankommt) -, wenn die Anfangswortbestandteile „Afro“ und „[X.]“ und die weiteren Bestandteil „kulabo“ und „loabo“ gegenübergestellt werden. Soweit die [X.] einen ähnlichen Laut- und Buchstabenbestand aufweisen und eine gleiche [X.] („[X.]“ / „[X.]“) unterstellt wird, führt dies zu keiner relevanten Markenähnlichkeit. Auch die Faktoren, dass es sich um längere [X.] handelt, die unübersichtlich und möglicherweise schwer merkbar sind und in Richtung einer [X.] gedeutet werden könnten, sind angesichts der dargestellten markanten Unterschiede keine ausreichenden Faktoren, um die Bejahung einer klanglichen oder schriftbildlichen Verwechslungsgefahr ernsthaft in Betracht ziehen zu können. Insbesondere handelt es sich auch nicht um einen Fall einer anagrammatischen Klangrotation oder um bloße Silbenumstellungen, was die Bejahung einer klanglichen Verwechslungsgefahr rechtfertigen könnte (siehe dazu auch [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 9 Rn. 70). Die Unterschiede in den Kennzeichen sind so deutlich, dass die angesprochenen Verkehrskreise diese auch bei geringer Aufmerksamkeit erkennen werden. Daher kommt es nicht darauf an, ob einzelne der beanspruchten Waren nicht dem Bereich der Gesundheit zuzurechnen sind, dem der Verkehr in der Regel eine höhere Aufmerksamkeit zukommen lässt. Insoweit kann die von der Markeninhaberin erhobene Einrede der Nichtbenutzung dahingestellt bleiben.

Es kann dahingestellt bleiben, ob schon darin eine konkludente Beschwerderücknahme gesehen werden kann, dass die Widersprechende in der Beschwerdebegründung keinen Bezug mehr auf die [X.]marke „[X.]laoba“ genommen hatte. Wegen der unmittelbaren Aufeinanderfolge der Vokale „a“ und „o“ in der dritten und vierten Silbe der Widerspruchsmarke, die in dem Wort „Afrokulabo“ keine Entsprechung findet, und den unterschiedlichen Schlussvokalen besteht zwischen den Marken „[X.]laoba“ und „Afrokulabo“ ersichtlich ein noch deutlicherer klanglicher und schriftbildlicher Abstand als zwischen „Afrokulabo“ und „[X.]loabo“.

Andere Arten einer Verwechslungsgefahr sind nicht ersichtlich.

Meta

25 W (pat) 18/15

28.04.2016

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.04.2016, Az. 25 W (pat) 18/15 (REWIS RS 2016, 12137)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12137

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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