Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.04.2022, Az. 10 AZR 322/20

10. Senat | REWIS RS 2022, 3577

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Gegenstand

Beitragspflicht - Sozialkassen der Bauwirtschaft - betrieblicher Geltungsbereich - Bodenbeschichtungsarbeiten - Steinmetzhandwerk


Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 29. Mai 2020 - 10 [X.] 1424/19 SK - aufgehoben, soweit die Berufung des [X.] gegen die Klageabweisung in Höhe von 1.206.774,00 Euro im Urteil des [X.] vom 23. Oktober 2019 - 6 [X.]/17 - zurückgewiesen wurde. Insoweit wird das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert.

Die Beklagten werden wie Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.206.774,00 Euro zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 13 % und die Beklagten wie Gesamtschuldner 87 % zu tragen. Die Kosten der Berufung und der Revision haben die Beklagten wie Gesamtschuldner zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, Beiträge zu den [X.] zu entrichten.

2

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den [X.] verpflichtet. Der Kläger verlangt von den Beklagten Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte für die Monate Januar 2012 bis Juli 2018 iHv. zuletzt 1.209.274,00 Euro. Die [X.] für die gewerblichen Arbeitnehmer berechnet der Kläger anhand der vom [X.] im Baugewerbe und der sich daraus ergebenden „Mindestbeiträge“, für die Angestellten anhand der tariflichen monatlichen Festbeiträge.

3

Der Kläger stützt die Beitragsforderungen auf den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe ([X.]) in den im Streitzeitraum maßgeblichen Fassungen iVm. § 7 Abs. 1 bis 6, Anlagen 26 bis 31 SokaSiG bzw. iVm. § 5 Abs. 4 TVG und den [X.] vom 6. Juli 2015 und vom 4. Mai 2016 ([X.] [X.] 2015 und 2016).

4

§ 1 [X.] enthält - in allen vorgenannten Fassungen - unter anderem folgende Bestimmungen:

        

„§ 1 Geltungsbereich

        

(1) Räumlicher Geltungsbereich

        

Das Gebiet der [X.].

        

(2) Betrieblicher Geltungsbereich

        

Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.

        

...     

        

Abschnitt II

        

Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfasst, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.

        

...     

        

Abschnitt V

        

Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z. B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:

        

...     

        

11.     

Estricharbeiten (unter Verwendung von Zement, Asphalt, Anhydrit, Magnesit, Gips, Kunststoffen oder ähnlichen Stoffen);

        

...     

        
        

Abschnitt VII

        

Nicht erfasst werden Betriebe

        

...     

        

13.     

des [X.], soweit die in § 1 Nummer 2.1 des Tarifvertrags über eine überbetriebliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk vom 1. Dezember 1986 in der Fassung vom 28. August 1992 aufgeführten Tätigkeiten überwiegend ausgeübt werden.“

5

§ 1 Nr. 2.1 des Tarifvertrags über eine überbetriebliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk vom 1. Dezember 1986 in der Fassung vom 28. August 1992 ([X.]) lautet:

        

„Alle Betriebe des Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerks.

        

Dies sind Betriebe und selbständige [X.], die unter anderem die nachfolgenden Tätigkeiten ausüben:

        

Herstellen und Bearbeiten von Natur- und Betonwerkstein, Bekleidungen und Belägen,

        

Verlegen und Versetzen von Natursteinprodukten sowie - wenn diese Tätigkeiten nicht arbeitszeitlich überwiegend ausgeübt werden - Verlegen und Versetzen von Produkten aus anderen Materialien,

        

Restaurierungen und Antragsarbeiten in natürlichem und künstlichem Stein,

        

Reinigungs- und Imprägnierungsarbeiten,

        

Garten- und Landschaftsgestaltung in Natur- und Betonwerkstein, alle im Rahmen des Grabmalherstellens-, -bearbeitens und -versetzens anfallenden Arbeiten sowie alle Bildhauerarbeiten, einschließlich der künstlerischen”

6

Die Beklagte zu 1. unterhält im [X.] einen Betrieb mit zwei organisatorisch getrennten selbständigen [X.]. Die Beklagte zu 2. ist deren persönlich haftende Gesellschafterin. In der für den Rechtsstreit interessierenden Betriebsabteilung „Beschichtung von Industrieböden“ wurden im Streitzeitraum [X.] an Böden durchgeführt. Sie bestanden darin, auf vorhandene Böden einen flüssigen Bodenbelag aufzubringen, der aufgrund seiner Beschichtungen mit Kunstharz thermisch und chemisch hoch belastbar ist. Dabei wurden der [X.] Quarzsand bzw. Quarzkiesel beigemischt. Die Beschichtungen wurden aufgetragen, indem Misch-, Rühr- und Verdichtungsgeräte sowie [X.], Walzen, Rakeln und Pinsel zum Einsatz kamen. Die Beklagte zu 1. beschäftigte im Streitzeitraum keine gelernten Steinmetze.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte zu 1. unterliege in Bezug auf die selbständige Betriebsabteilung „Beschichtung von Industrieböden“ der Beitragspflicht zu den [X.]. Das Beschichten von Industrieböden mit Kunstharz stelle eine bauliche Tätigkeit iSd. [X.] dar. Die Ausnahme zu Gunsten von Betrieben des [X.] nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 13 [X.] greife im Fall der Beklagten zu 1. selbst dann nicht, wenn in den [X.] auch Quarzsandbestandteile enthalten seien. Die [X.] würden nicht zu Natursteinböden, wenn nur geringe Anteile an Quarzsand beigemischt würden. Die Betriebsabteilung sei kein Steinmetzbetrieb, weil keine für einen solchen Betrieb typischen Arbeiten ausgeführt würden. Naturstein werde weder verlegt noch versetzt. Zudem beschäftige die Beklagte zu 1. keine gelernten Steinmetze. Dies sei nach der sog. „Sowohl-als-auch-Rechtsprechung“ jedoch Voraussetzung, um ein Ausnahmegewerk nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII [X.] annehmen zu können. Mit Blick auf die Arbeitsweise handle es sich zudem nicht um einen Handwerksbetrieb.

8

Der Kläger hat zuletzt der Sache nach beantragt,

        

die Beklagten wie Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.209.274,00 Euro zu zahlen.

9

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Ansicht vertreten, der Kläger sei, da die Beklagte zu 1. die selbständige Betriebsabteilung in [X.] unterhalte, nicht prozessführungsbefugt. Aus der Funktion als Einzugsstelle nach § 3 Abs. 3 [X.] ergebe sich nicht die Befugnis, einen Rechtsstreit in eigenem Namen zu führen. Im Übrigen seien mit dem Inkrafttreten des [X.] 2018 die Vorgängertarifverträge außer [X.] getreten. Damit fehle eine wirksame Anspruchsgrundlage. Jedenfalls sei die selbständige Betriebsabteilung nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 13 [X.] vom betrieblichen Geltungsbereich der [X.] ausgenommen. Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit dieser Abteilung sei es gewesen, Natursteinböden herzustellen und zu verlegen. Den Bodenbelägen seien jeweils Quarzsand oder Kieselsteine zugesetzt worden. Bei dem verwendeten Quarzsand handle es sich um einen Naturstein. Die [X.] stellten die entscheidende, strukturbildende Komponente des [X.] dar. Etwaige Ansprüche seien zudem verfallen, weil mit den [X.] nur auf die [X.] gestützte Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht worden seien, nicht aber solche auf der Grundlage des SokaSiG.

Der Kläger hat Beiträge gegen beide Beklagten in neun Mahnverfahren iHv. insgesamt 1.380.276,50 Euro anhängig gemacht. Nachdem die Beklagten Widerspruch gegen die ergangenen Mahnbescheide eingelegt hatten, hat das Arbeitsgericht die Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist weit überwiegend begründet. Die Vorinstanzen haben die [X.]eitragsklage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Dies führt zur weitgehenden Aufhebung der Entscheidung des [X.] und zur Abänderung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO).

I. Die Klage ist zulässig. Sie genügt den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben einem bestimmten Antrag auch eine bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Ob der Streitgegenstand hinreichend bestimmt ist, ist auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ([X.] 8. Dezember 2021 - 10 [X.] 362/19 - Rn. 10 mwN).

a) Der prozessuale Anspruch einer [X.]eitragsklage der Sozialkasse für gewerbliche Arbeitnehmer ist der auf der Grundlage der [X.] in einem Kalendermonat anfallende Sozialkassenbeitrag. Verlangt der Kläger [X.]eiträge für einen längeren [X.]raum als einen Kalendermonat, handelt es sich um eine „Gesamtklage“. Der Kläger hat dann darzulegen, wie sich die Ansprüche auf die einzelnen Monate verteilen ([X.] 8. Dezember 2021 - 10 [X.] 362/19 - Rn. 11 mwN).

b) Der prozessuale Anspruch einer Klage der Sozialkasse auf [X.]eiträge für Angestellte ist jeweils der auf der Grundlage der [X.] für jeden einzelnen beschäftigten Angestellten in einem Kalendermonat anfallende Festbeitrag. [X.]ei [X.]eiträgen für Angestellte für die einzelnen Monate macht die Sozialkasse keinen einheitlichen [X.]eitragsanspruch, sondern im Weg der objektiven Klagehäufung zusammengefasste Einzelansprüche für die jeweilige Zahl der beschäftigten Angestellten geltend. Es ist daher erforderlich, die Zahl der beschäftigten Angestellten unter Angabe des jeweiligen Monats zu benennen ([X.] 8. Dezember 2021 - 10 [X.] 362/19 - Rn. 12 mwN).

2. Diesen Anforderungen wird die Klage gerecht. Der Kläger hat in der Anlage zum Schriftsatz vom 19. Februar 2018 für den Großteil der geltend gemachten [X.]eiträge - getrennt nach gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten - erläutert, wie sie sich auf die einzelnen Monate verteilen. Die erforderliche Individualisierung muss nicht zwingend in einem Schriftsatz vorgenommen werden, sondern kann auch durch konkret in [X.]ezug genommene Schriftstücke erfolgen ([X.] 24. Februar 2021 - 10 [X.] 43/19 - Rn. 18 mwN). Im Übrigen hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer des Arbeitsgerichts am 10. April 2019 erläutert, wie sich die Ansprüche in den hinzuverbundenen Verfahren - 6 [X.]/18 SK -, - 6 [X.]/18 SK - und - 6 [X.]/19 SK - zusammensetzen. Zwar fehlen in diesen drei Verfahren Angaben, wie sich die Ansprüche auf die einzelnen Monate verteilen. Mit [X.]lick darauf, dass der Kläger jeweils den [X.]raum und eine gleichbleibende Zahl gewerblicher Arbeitnehmer und Angestellter angegeben hat, kann der auf die einzelnen Kalendermonate entfallende Teil aber ermittelt werden. Die nachträgliche, den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechende [X.]egründung der Klage beseitigt den Mangel der Klageschrift ([X.] 24. Februar 2021 - 10 [X.] 43/19 - [X.]O).

II. Die Klage ist auch überwiegend begründet. Der Kläger hat für die [X.] von Januar 2012 bis Juli 2018 Ansprüche auf [X.]eiträge zu den [X.] und Angestellte gegen die [X.]eklagte zu 1. iHv. 1.206.774,00 [X.].

1. Die Pflicht der [X.] zu 1., [X.]eiträge zu den [X.] zu leisten, ergibt sich für den [X.]raum vom 1. Januar 2012 bis 30. Juni 2013 aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 Abschn. II, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2, § 3 Abs. 3, § 18 Abs. 2 Satz 1, § 19 Satz 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2011 und 2012. Für den [X.]raum vom 1. Juli 2013 bis 31. Juli 2018 beruht die [X.]eitragspflicht auf § 1 Abs. 1, Abs. 2 Abschn. II, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2, § 3 Abs. 3, § 15 Abs. 2 Satz 1, § 16 Satz 1, § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2013 I, 2013 II, 2014 und 2015. An die den Streitzeitraum abdeckenden [X.] ist die [X.]eklagte zu 1. nach § 7 Abs. 1 bis 6 iVm. den Anlagen 26 bis 31 [X.] gebunden. Es bestehen keine [X.]edenken daran, dass das [X.] als [X.] für die Verfahrenstarifverträge des [X.]augewerbes verfassungsgemäß ist ([X.] 11. August 2020 - 1 [X.] - Rn. 14 ff.; 11. August 2020 - 1 [X.]vR 1115/18 - Rn. 2; 20. November 2018 - 10 [X.] 121/18 - Rn. 42 ff., [X.]E 164, 201). Die [X.]indung an den [X.] 2014 und 2015 ergibt sich daneben auch aus § 5 Abs. 4 TVG iVm. den wirksamen [X.] [X.] 2015 und 2016 (vgl. [X.] 20. November 2018 - 10 [X.] -; 21. März 2018 - 10 [X.] - [X.]E 162, 166). Soweit es für den Verfall auf den [X.] 2018 ankommt, ist die [X.]eklagte zu 1. an ihn nach § 5 Abs. 4 TVG iVm. der [X.] vom 7. Mai 2019 ([X.]Anz. [X.] 17. Mai 2019 [X.]) gebunden.

2. Entgegen der Auffassung der [X.] ist mit dem in § 31 Satz 2 [X.] 2018 geregelten Außerkrafttreten der [X.] 2013 I bis 2015 zum 1. Januar 2019 nicht verbunden, dass diese Tarifverträge für [X.] während des [X.] nicht mehr als Anspruchsgrundlagen herangezogen werden können. Das Außerkrafttreten der [X.] 2013 I bis 2015 nach § 31 Satz 2 [X.] 2018 erfolgte mit Inkrafttreten des [X.] 2018. Dadurch kam es lediglich zu einer Ablösung (vgl. dazu z[X.] [X.] 24. Februar 2021 - 7 [X.] 99/19 - Rn. 21 mwN), nicht zu einer rückwirkenden Aufhebung des [X.] 2015. Entsprechend sieht auch § 7 Abs. 1 [X.] vor, dass der [X.] 2015 bis zur [X.]eendigung des Tarifvertrags gilt.

3. Der im [X.] gelegene [X.]etrieb der [X.] zu 1. mit der selbständigen [X.]etriebsabteilung „[X.]eschichtung von Industrieböden“ unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich der Tarifverträge (§ 1 Abs. 1 [X.]). Gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte werden vom persönlichen Geltungsbereich erfasst (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 [X.]).

4. Die selbständige [X.]etriebsabteilung „[X.]eschichtung von Industrieböden“ wird vom betrieblichen Geltungsbereich der [X.] erfasst. [X.]ei den versehenen Arbeiten handelt es sich jedenfalls um bauliche Tätigkeiten iSd. § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.]. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist die [X.]etriebsabteilung nicht als [X.]etrieb des [X.] nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 13 [X.] vom betrieblichen Geltungsbereich ausgenommen.

a) Ein [X.]etrieb wird vom Geltungsbereich der [X.] erfasst, wenn im Kalenderjahr des [X.] in ihm arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt wurden, die unter § 1 Abs. 2 Abschn. I bis V der jeweiligen [X.] fallen. Werden baugewerbliche Tätigkeiten in diesem Sinn erbracht, sind ihnen auch diejenigen Nebenarbeiten zuzuordnen, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst und auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es dabei nicht an. Für den Geltungsbereich der [X.] reicht es aus, wenn in dem [X.]etrieb überwiegend eine oder mehrere der in den [X.]eispielen ihrer Abschnitte IV oder V genannten Tätigkeiten ausgeübt werden. Der [X.]etrieb wird dann stets vom betrieblichen Geltungsbereich der [X.] erfasst, ohne dass die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III zusätzlich geprüft werden müssen. Nur wenn in dem [X.]etrieb arbeitszeitlich überwiegend nicht die in den Abschnitten IV und V genannten [X.]eispielstätigkeiten versehen werden, muss darüber hinaus festgestellt werden, ob die ausgeführten Tätigkeiten die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III erfüllen ([X.]., z[X.] [X.] 8. Dezember 2021 - 10 [X.] 362/19 - Rn. 19).

b) Nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang von § 1 Abs. 2 [X.] wird der betriebliche Geltungsbereich in seinen Abschnitten I bis V positiv nach den verrichteten baulichen Tätigkeiten bestimmt. Abschnitt VI regelt, auf welche betriebliche Einheit abzustellen ist und wie die Zuordnung bei verschiedenen Tätigkeiten zu erfolgen hat (sog. Mischbetriebe). Nach § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabs. 1 Satz 1 [X.] fallen danach [X.]etriebe grundsätzlich als Ganzes unter den Tarifvertrag, soweit die in den Abschnitten I bis V genannten Leistungen überwiegend erbracht werden. Der betriebliche Geltungsbereich wird ua. erweitert durch § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabs. 1 Satz 2 [X.] für den Fall, dass in einem Mischbetrieb überwiegend zwar baufremde, in einer selbständigen [X.]etriebsabteilung aber bauliche Leistungen der Abschnitte I bis V erbracht werden ([X.] 14. Juli 2021 - 10 [X.] 190/20 - Rn. 21 mwN).

c) Daran gemessen unterfällt die selbständige [X.]etriebsabteilung „[X.]eschichtung von Industrieböden“ dem betrieblichen Geltungsbereich der [X.]. [X.]ei den dort versehenen Arbeiten handelt es sich jedenfalls um bauliche Leistungen iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.]. [X.] kann daher, ob die Tätigkeiten auch als Estricharbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 11 [X.] einzuordnen sind.

[X.]) Es spricht mit [X.]lick auf das verwendete [X.]indemittel und die angewandte Technik Einiges dafür, dass die von der [X.] zu 1. ausgeführten [X.]odenbeschichtungen als Estricharbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 11 [X.] anzusehen sind.

(1) Estrich ist ein auf einem tragenden Untergrund oder auf einer zwischenliegenden Trenn- oder Dämmschicht hergestelltes [X.]auteil, das unmittelbar nutzfähig ist oder mit einem [X.]elag wie z[X.] PVC, Teppichboden, Parkett, keramischen Platten oder Naturstein versehen werden kann. Unterschieden werden nach dem [X.]indemittel Nass- bzw. Mörtelestriche, bitumengebundene Estriche sowie kunstharzgebundene Estriche; auch die Herstellungsart und -technik ist unterschiedlich. Der Annahme von Estricharbeiten steht nicht entgegen, wenn [X.]eschichtungen auf bereits vorhandene Estrichschichten aufgebracht werden. Es ist für den [X.]egriff der Estricharbeiten nicht notwendig, dass es sich um den einzigen [X.]elag handelt, der auf dem Rohfußboden aufliegt ([X.] 27. Oktober 2004 - 10 [X.] 119/04 - zu II 3 b [X.] der Gründe mwN).

(2) Die Herstellung einer [X.]odenbeschichtung ist charakteristisch für das [X.]erufsbild des Estrichlegers als einem Ausbildungsberuf des [X.]auhauptgewerbes (§ 53 ff. iVm. Anlage 10 [zu § 54] der Verordnung über die [X.]erufsausbildung in der [X.]auwirtschaft vom 2. Juni 1999 [[X.]auWiAusbV] idF vom 20. Februar 2009 [[X.]I S. 399]). Neben dem Herstellen von Estrichen nach § 53 Nr. 8 [X.]auWiAusbV zählen ua. das Auftragen von Kunstharzschichten (§ 53 Nr. 10 [X.]auWiAusbV) sowie das Sanieren und Instandsetzen von Estrichen und [X.]elägen (§ 53 Nr. 12 [X.]auWiAusbV) zum [X.]. Das Auftragen von Kunstharzschichten iSv. § 53 Nr. 10 [X.]auWiAusbV beinhaltet, solche aus Reaktionsharzen für Imprägnierungen, Versiegelungen, [X.]eschichtungen und Kunstharzestriche nach unterschiedlichen Verfahren aufzutragen (Nr. 10 der Anlage 10 [zu § 54] [X.]auWiAusbV).

[X.]) Jedenfalls fallen die versehenen Arbeiten als bauliche Leistungen unter § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.].

(1) Die [X.]eklagte zu 1. erbrachte im streitgegenständlichen [X.]raum in ihrer selbständigen [X.]etriebsabteilung „[X.]eschichtung von Industrieböden“ „nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung bauliche Leistungen“ iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.]. Dieses [X.] erfüllen [X.]etriebe bzw. selbständige [X.], wenn sie arbeitszeitlich überwiegend Arbeiten ausführen, die irgendwie - wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet - der Errichtung und Vollendung von [X.]auwerken oder auch der Instandsetzung oder -haltung von [X.]auwerken zu dienen bestimmt sind, sodass diese in vollem Umfang ihre bestimmungsgemäßen Zwecke erfüllen können ([X.]., z[X.] [X.] 8. Dezember 2021 - 10 [X.] 362/19 - Rn. 28). Die [X.]eschichtung von Fußböden durch Auftragen flüssiger [X.]eläge, die den gewünschten Eindruck, die erstrebte [X.]eschaffenheit oder Pflegeleichtigkeit aufweisen sollen, zählt zur Erstellung, Instandsetzung und Instandhaltung von [X.]auwerken. Ohne die von der [X.] zu 1. aufgebrachte [X.]eschichtung können die [X.]öden und damit die Gebäude nicht die erwünschte Funktion erfüllen. Daher verfängt der Einwand der [X.] nicht, dass die [X.]eschichtung „keine Maßnahme [ausmacht], die die Vollendung oder Nutzung des [X.]auwerks an sich erfordert“. Die [X.]eschichtung eines [X.]odens verändert ein Gebäude nach den Wünschen des [X.]auherrn und zählt damit zur Erstellung eines [X.]auwerks (vgl. [X.] 14. Juli 2021 - 10 [X.] 135/19 - Rn. 28 f.). Ebenso wenig kommt es darauf an, dass sich die Kunstharzbeschichtung rückstandslos entfernen lassen soll. Für baugewerbliche Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.] ist es nicht erforderlich, dass die zu verbauenden Materialien zu den wesentlichen [X.]estandteilen eines Gebäudes iSv. § 94 Abs. 2 [X.]G[X.] gehören ([X.] 20. April 2005 - 10 [X.] 282/04 - zu II 3 a der Gründe; vgl. zu [X.] [X.] 15. Juli 2020 - 10 [X.] 337/18 - Rn. 42, [X.]E 171, 247).

(2) Die [X.]eklagte zu 1. erbrachte auch „nach ihrer betrieblichen Einrichtung bauliche Leistungen“. Dieses [X.] des § 1 Abs. 2 Abschn. II [X.] erfüllen [X.]etriebe, wenn sie Leistungen mit Werkstoffen, Arbeitsmitteln und -methoden des [X.]augewerbes ausführen ([X.]., z[X.] [X.] 8. Dezember 2021 - 10 [X.] 362/19 - Rn. 31). Nach den Feststellungen des [X.] verwendete die [X.]eklagte zu 1. Quarzsand, Quarzmehl und [X.]. Dabei handelt es sich um Werkstoffe des [X.]augewerbes. Sie setzte baugewerbliche Arbeitsmittel in Form von Misch-, Rühr- und Verdichtungsgeräten sowie in Form von Walzen, Rakeln und Pinseln ein. Damit vollzogen sich die Arbeiten nach den Arbeitsmethoden des [X.]augewerbes (vgl. [X.] 19. Februar 2014 - 10 [X.] 428/13 - Rn. 21).

(3) Dass nach § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 [X.] [X.]odenbelagsarbeiten nur dann als baulich zu werten sind, wenn sie in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen erbracht werden, steht der Qualifizierung der von der [X.] zu 1. versehenen [X.]odenbeschichtungsarbeiten als bauliche Leistungen nicht entgegen. Die [X.]estimmung dient der Abgrenzung zum Raumausstattergewerbe. Da nicht jede Art der Herstellung von [X.]odenbelägen - wie z[X.] das [X.]eschichten von [X.]öden durch das Aufbringen von Flüssigkeiten - zum Raumausstattergewerbe zählt, können solche Tätigkeiten auch ohne das Zusammentreffen mit anderen baulichen Leistungen den [X.] unterfallen (vgl. [X.] 19. Februar 2014 - 10 [X.] 428/13 - Rn. 13 ff.; 22. Juni 1994 - 10 [X.] 656/93 - zu II 2 b der Gründe).

d) Die selbständige [X.]etriebsabteilung „[X.]eschichtung von Industrieböden“ ist entgegen der Ansicht des [X.] nicht nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 13 [X.] als [X.]etrieb des [X.] von dessen betrieblichen Geltungsbereich ausgenommen. Dies kann der Senat - da alle notwendigen Feststellungen getroffen sind - selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

[X.]) Ein [X.]etrieb im Sinn der Ausnahmetatbestände setzt voraus, dass in ihm arbeitszeitlich zu mehr als der Hälfte der Gesamtarbeitszeit Tätigkeiten ausgeübt werden, die einem der Tatbestände des Ausnahmekatalogs zuzuordnen sind ([X.] 28. April 2021 - 10 [X.] 34/19 - Rn. 17 mwN). Dabei müssen nicht arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeübt werden, die das gesamte Spektrum dieses Gewerbes a[X.]ilden, um - hier - nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 13 [X.] aus dem betrieblichen Geltungsbereich ausgenommen zu sein. Ausreichend ist grundsätzlich, dass einzelne diesem Gewerbe zuzuordnende Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend verrichtet werden ([X.] 28. April 2021 - 10 [X.] 34/19 - [X.]O).

[X.]) Voraussetzung für das Vorliegen der Ausnahme für [X.]etriebe des [X.] nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 13 [X.] ist, dass die in § 1 Nr. 2.1 [X.] aufgeführten Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend ausgeübt werden. Dies war im Streitzeitraum nicht der Fall.

(1) Zu Gunsten der [X.] kann unterstellt werden, dass die Arbeiten in der selbständigen [X.]etriebsabteilung handwerklich ausgeführt werden (vgl. zur Abgrenzung zum Industriebetrieb z[X.] [X.] 27. März 2019 - 10 [X.] 318/17 - Rn. 35 mwN).

(2) Ebenso kann mit der bisherigen Senatsrechtsprechung (vgl. [X.] 27. Oktober 2004 - 10 [X.] 119/04 - zu II 4 h der Gründe; 12. Februar 2003 - 10 [X.] 251/02 - zu II 3 g der Gründe) zu deren Gunsten weiter angenommen werden, dass es auf die [X.]eschäftigung von gelernten Steinmetzen nicht ankommt, weil die für „Sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ entwickelte sog. Geprägerechtsprechung des Senats (vgl. z[X.] [X.] 28. April 2021 - 10 [X.] 34/19 - Rn. 19 mwN) bei § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 13 [X.] keine Anwendung findet. Es bedarf insoweit keiner Entscheidung, ob die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Argumente durchgreifen.

(3) [X.]ei den in der selbständigen [X.]etriebsabteilung „[X.]eschichtung von Industrieböden“ durchgeführten Tätigkeiten handelt es sich jedenfalls nicht um Tätigkeiten, die § 1 Nr. 2.1 [X.] unterfallen. Die gewerblichen Arbeitnehmer der [X.] zu 1. haben im Tarifsinn des [X.] weder Natur- oder [X.]etonwerkstein und [X.]ekleidungen oder [X.]eläge hergestellt oder bearbeitet noch Natursteinprodukte verlegt oder versetzt. Diese Tätigkeiten beziehen sich - soweit hier relevant - auf die Herstellung von [X.]odenbelägen aus Natur- oder ggf. Kunststeinen in fester Form und nicht auf deren Herstellung durch Ausbringen einer [X.]eschichtungsmasse. Das ergibt die Auslegung des [X.] (vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen die [X.]., z[X.] [X.] 13. Oktober 2021 - 4 [X.] 365/20 - Rn. 21).

(a) Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bezieht sich die Tätigkeit des Verlegens auf körperlich feste Gegenstände. „Etwas verlegen“ steht für „etwas legen, anbringen, z[X.] Gleise, Leitungen, Kabel, Rohre, oder den Fußboden mit etwas belegen, mit einem [X.]elag versehen“. „Legen“ bedeutet „etwas auf eine bestimmte Stelle, Fläche bringen und dort befestigen, an einen Platz tun“ ([X.] Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichworte „verlegen“ und „legen“; [X.] Deutsches Universalwörterbuch 9. Aufl. Stichworte „verlegen“ und „legen“). Die Tätigkeiten beziehen sich auf körperlich feste Gegenstände (vgl. die [X.]eispiele unter www.duden.de Stichwort „legen“, zuletzt abgerufen am 27. April 2022). Demgegenüber werden Flüssigkeiten nach allgemeinem Sprachgebrauch regelmäßig auf die Oberfläche gegossen, möglicherweise auch gestrichen, gespritzt oder auf andere Weise aufgebracht und verteilt. Sie werden, uU mithilfe eines Geräts, in einer Schicht über etwas verteilt, irgendwo aufgetragen, streichend verteilt (www.duden.de Stichworte „streichen“ und „verstreichen“, zuletzt abgerufen am 27. April 2022). Nichts anders gilt für zähflüssige Massen, auf die sich die [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat berufen haben. Abgesehen davon, dass der Senat an die nicht mit einer Gegenrüge angegriffene und damit nach § 559 Abs. 2 ZPO bindende Feststellung des [X.] gebunden ist, dass die zu verteilende Masse flüssig ist, wird auch eine in der Konsistenz zähere Masse, die nicht als körperlich fester Gegenstand anzusehen ist, nicht verlegt, sondern verteilt, verstrichen und geglättet.

(b) Der [X.]ezug auf einen festen Gegenstand ergibt sich zudem aus der Systematik des [X.]. Die Tätigkeit des Verlegens steht neben der des [X.]. [X.]eide beziehen sich in gleicher Weise auf Natursteinprodukte und Produkte aus anderen Materialien. Die Tätigkeiten sind damit an den identischen Werkstoffen zu versehen. „Versetzen“ steht für „Natursteine fest an- und einfügen“, für „das Einfügen von Stein-, Holz- und Eisenobjekten in den [X.]au“. Speziell mit [X.]lick auf die Tätigkeit eines Steinmetzes geht es um „das Einsetzen der vom Steinmetz bearbeiteten Teile“ (vgl. [X.] Stichwort „versetzen“ [X.]edeutung 6). Damit können nur körperlich feste Gegenstände versetzt werden. [X.]eziehen sich beide Tätigkeiten auf dieselben Produkte, setzt auch das Verlegen im Tarifsinn voraus, dass ein körperlich fester Werkstoff Gegenstand dieser Tätigkeit ist.

(c) Damit wird deutlich, dass die den [X.] schließenden Tarifvertragsparteien die „klassische“ Form des Verlegens von vorgefertigten oder vorher angefertigten [X.]elägen in Form von Platten und Fliesen im [X.]lick hatten, die - ggf. erst vor Ort - zugeschnitten, eingepasst und auf die [X.]odenoberfläche gelegt werden. Der tarifliche Wortgebrauch weist darauf hin, dass es sich um Produkte handeln muss, die nicht irgendwie, sondern in einer spezifischen Weise auf ihren [X.]estimmungsort gelangen. Es reicht nicht aus, dass sie im Ergebnis - als [X.]eschichtungen - an der Oberfläche haften, sondern sie müssen „verlegt“ werden (vgl. zu § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 [X.] [X.] 19. Februar 2014 - 10 [X.] 428/13 - Rn. 14). Soweit der Senat im Urteil vom 27. Oktober 2004 (- 10 [X.] 119/04 - zu II 4 c der Gründe) ohne weitere [X.]egründung angenommen hat, das Aufbringen eines fugenlosen Kunststoffbelags, dem gradierter [X.] beigegeben ist, stelle ein Verlegen und Versetzen von [X.] iSd. Tätigkeitskatalogs des § 1 Abs. 2 Nr. 2.1 [X.] dar, hält er daran nicht fest.

(d) Die von der [X.] zu 1. hergestellten [X.]odenbeschichtungen erfüllen auch nicht das [X.] des [X.] von [X.]elägen, auf das sich die [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat berufen haben.

([X.]) Der Wortlaut des [X.] lässt zwar kein eindeutiges [X.]ild erkennen. Ein [X.]elag kann nach allgemeinem Sprachgebrauch eine dünne Schicht sein, mit der etwas überzogen ist und die sich auf etwas gebildet hat. Sie ist aber auch als feste Schicht zu begreifen, die auf etwas gelegt und befestigt wird (www.duden.de Stichwort „[X.]elag“, zuletzt abgerufen am 27. April 2022). Dementsprechend ist es nicht ausgeschlossen, eine durch Aufbringen von Flüssigkeit entstandene [X.]eschichtung eines [X.]odens als „[X.]elag“ zu bezeichnen ([X.] 19. Februar 2014 - 10 [X.] 428/13 - Rn. 14).

([X.]) Die Systematik des [X.] zeigt jedoch, dass es sich bei den [X.]elägen im Tarifsinn um körperlich feste Gegenstände handeln muss. Die Tätigkeiten des [X.] und [X.] beziehen sich nicht nur auf [X.]eläge, sondern ua. auch auf Natur- und [X.]etonwerksteine sowie [X.]ekleidungen. Dabei handelt es sich um körperlich feste Gegenstände. Ein Werkstein ist ein bearbeiteter, meist quaderförmig behauener Naturstein (www.duden.de Stichwort „Werkstein“, zuletzt abgerufen am 27. April 2022) und damit ein körperlich fester Gegenstand. Als „[X.]ekleidung“ wird nach allgemeinem Sprachgebrauch eine Verkleidung, häufig einer Wand, bezeichnet (www.duden.de Stichwort „[X.]ekleidung“, zuletzt abgerufen am 27. April 2022). „Verkleiden“ wiederum steht für „etwas mit einer verhüllenden Schicht, Abdeckung oder Ähnlichem versehen“, „etwas verhüllen oder bedecken“ (www.duden.de Stichwort „verkleiden“, zuletzt abgerufen am 27. April 2022). Dabei steht bei Steinmetzen die Verkleidung von Gegenständen mit Platten als körperlich festen Gegenständen im Mittelpunkt. Ein körperlich nicht festes Gemisch aus Sand, Wasser und [X.]indemittel, das insbesondere auf Wände aufgetragen wird, um sie zu verkleiden, wird im allgemeinen Sprachgebrauch nicht als [X.]ekleidung, sondern als [X.] bezeichnet (vgl. www.duden.de Stichwort „[X.]“, zuletzt abgerufen am 27. April 2022).

(e) Dementsprechend fällt die von der [X.] zu 1. durchgeführte Herstellung von [X.]odenoberflächen mit einer [X.]eschichtungsmasse - unabhängig vom Anteil des beigemischten [X.] und [X.] - auch nicht unter das [X.]erufsbild des Steinmetzes.

([X.]) Nach der bis zum 31. Juli 2018 geltenden und für den Streitzeitraum maßgeblichen Verordnung über die [X.]erufsausbildung zum Steinmetz und Steinbildhauer/zur Steinmetzin und Steinbildhauerin vom 9. Mai 2003 ([X.]I 2003 S. 690; [X.]I 2004 S. 2601; [X.] 2003) war Gegenstand der gemeinsamen [X.]erufsausbildung ua. das [X.]earbeiten von natürlichen und künstlichen Steinen und Platten (§ 3 Abs. 1 Nr. 11 [X.] 2003), das Herstellen von [X.]auteilen aus mineralisch- und kunststoffgebundenen Materialien (§ 3 Abs. 1 Nr. 12 [X.] 2003) sowie das Herstellen von [X.]auteilen aus natürlichen und künstlichen Steinen, das Verlegen von Platten und Fliesen, das Versetzen von Werkstücken (§ 3 Abs. 1 Nr. 13 [X.] 2003). In der Fachrichtung Steinmetzarbeiten war nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 [X.] 2003 ua. das Verlegen von [X.]odenbelägen und Versetzen von Treppen ([X.]uch[X.]a) zu erlernen. Für das Verlegen von [X.]odenbelägen iSv. § 3 Abs. 2 Nr. 1 [X.]uch[X.]a [X.] 2003 setzte der als Anlage zur [X.] 2003 maßgebliche Ausbildungsrahmenplan in Abschn. II [X.]uch[X.]A Nr. 1 an Fertigkeiten und Kenntnissen ua. voraus, [X.]odenplatten nach [X.] in unterschiedlichen Verlegetechniken zu verlegen ([X.]uch[X.]a), Anschlüsse herzustellen und Fugen zu schließen ([X.]uch[X.]d).

([X.]) Die im Zusammenhang mit der Verlegung von [X.]odenbelägen zu erlernenden Fertigkeiten und Kenntnisse beziehen sich auf die [X.]elegung des [X.]odens mit vorgefertigten oder vorher angefertigten, körperlich festen [X.]elägen. Steinmetze und Steinbildhauer der Fachrichtung Steinmetzarbeiten stellen [X.]oden- und Fassadenplatten, Treppen oder Grabsteine aus Natur- und Kunststein her und verlegen bzw. versetzen die Erzeugnisse vor Ort (Tätigkeitsbeschreibung von Steinmetz/in und Steinbildhauer/in der Fachrichtung Steinmetzarbeiten, https://berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/faces/index?path=null/kurzbeschreibung&dkz=862, zuletzt abgerufen am 27. April 2022).

(cc) Auch der zum 1. August 2018 in [X.] getretenen Steinmetz- und Steinbildhauerausbildungsverordnung vom 13. April 2018 ([X.]I S. 447, [X.]), die das [X.] irrtümlicherweise bereits herangezogen hat, liegt dieses Verständnis zugrunde. Soweit der als Anlage beigefügte Ausbildungsrahmenplan in Abschn. [X.] Nr. 1 [X.]uch[X.]a festhält, dass an Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnissen für das Verlegen von [X.]odenbelägen erforderlich ist, [X.]odenbeläge nach Vorgaben und [X.] in unterschiedlichen Verlegetechniken verlegen zu können, ist damit keine Ausweitung auf [X.]odenbeschichtungen wie im Streitfall verbunden. Aus dem Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf „Steinmetz und Steinbildhauer und Steinmetzin und Steinbildhauerin“ nach dem [X.]eschluss der [X.] vom 23. Februar 2018 ergibt sich, dass sich die Verlegetechniken, die im Klammerzusatz mit [X.]uttering und [X.] näher definiert werden, auf feste Körper beziehen.

5. Entgegen der Auffassung der [X.] ist der Kläger Inhaber der Ansprüche und im [X.]eitragsprozess aktivlegitimiert. Das ergibt sich aus § 3 Abs. 3 Satz 1 [X.] und gilt auch, soweit der Kläger als Einzugsstelle [X.]eiträge einzieht, die anderen Sozialkassen zustehen. Der Kläger war und ist nach den [X.]estimmungen der [X.] ausdrücklich ermächtigt, auch [X.] einzuziehen, soweit sie nicht ihm selbst, sondern anderen Sozialkassen zustehen. Die Arbeitgeber können und konnten im Klagezeitraum nach der tariflichen Regelung des [X.]eitragseinzugsverfahrens auf die [X.]eitragsforderungen aller systemangehörigen Sozialkassen befreiend nur an den Kläger leisten. Er hatte und hat die ausschließliche Empfangszuständigkeit für die [X.]. Er tritt gegenüber den Arbeitgebern wie ein Vollrechtsinhaber auf, wenn er die ihm tariflich eingeräumten [X.]efugnisse wahrnimmt. Im Außenverhältnis zu den Arbeitgebern als [X.]eitragsschuldnern ist er allein empfangszuständig und im [X.]eitragsprozess aktivlegitimiert ([X.]., z[X.] [X.] 16. Juni 2021 - 10 [X.] 217/19 - Rn. 34, 36; 16. September 2020 - 10 [X.] 9/19 - Rn. 19 f. mwN).

6. Die Klage ist der Höhe nach überwiegend begründet. Dem Kläger stehen [X.]eiträge iHv. 1.206.774,00 [X.] zu. Damit ist die Klage iHv. 2.500,00 [X.] unbegründet. Das beruht zum einen darauf, dass dem Kläger im hinzuverbundenen Verfahren - 6 Ca 832/17 - ein Rechenfehler unterlaufen ist. Er hat die zutreffend angegebenen Einzelwerte für gewerbliche Arbeitnehmer mit 28.000,00 [X.] und für Angestellte mit 636,00 [X.] fehlerhaft addiert und anstelle von [X.] [X.] eine um 400,00 [X.] höhere Forderung erhoben. Zum anderen hat der Kläger im hinzuverbundenen Verfahren - 6 [X.]/18 SK - 2.100,00 [X.] zu viel verlangt. Nach der von ihm zuletzt abgegebenen Erklärung hat er in diesem Verfahren Ansprüche für 20 gewerbliche Arbeitnehmer und vier Angestellte im [X.]raum von Oktober 2017 bis März 2018 geltend gemacht. Ausweislich der [X.] vom 24. Juli 2018 und deren [X.]egründungen entfallen auf die vier Angestellten insgesamt 1.908,00 [X.] und auf jeden gewerblichen Arbeitnehmer monatlich 700,00 [X.]. Für den sechs Monate umfassenden [X.]raum ergeben sich [X.]eiträge für 20 gewerbliche Arbeitnehmer iHv. 84.000,00 [X.]. Insgesamt kann der Kläger demnach nur 85.908,00 [X.] anstelle der geltend gemachten 88.008,00 [X.] verlangen.

7. Die Ansprüche des [X.] sind nicht durch Aufrechnung mit eventuellen Erstattungsansprüchen der [X.] zu 1. nach § 389 [X.]G[X.] erloschen. Es fehlt an einer hinreichend bestimmten Aufrechnungserklärung der [X.] zu 1. iSv. § 388 [X.]G[X.].

8. Die Ansprüche sind nicht verfallen. Sie wurden rechtzeitig innerhalb der maßgeblichen Ausschlussfrist von vier Jahren für Ansprüche, die bis zum 31. Dezember 2014 fällig geworden sind, bzw. von drei Jahren für Ansprüche, die ab dem 1. Januar 2015 fällig geworden sind, geltend gemacht (vgl. § 24 Abs. 1 [X.] 2011 und 2012, § 21 Abs. 1 [X.] 2013 I bis 2018). Dass sich der Kläger teilweise zunächst auf die [X.] als [X.] und erst im Lauf des Prozesses auf das [X.] berufen hat, ist unschädlich. [X.]ei den [X.]n handelt es sich um denselben Streitgegenstand, unabhängig davon, ob die [X.] aufgrund einer [X.] oder nach § 7 [X.] zur Anwendung kommen ([X.] 28. April 2021 - 10 [X.] 404/18 - Rn. 35; 22. Januar 2020 - 10 [X.] 387/18 - Rn. 44 mwN, [X.]E 169, 285).

9. Die [X.]eklagte zu 2. haftet für die Verbindlichkeiten der [X.] zu 1. nach § 161 Abs. 2 iVm. § 128 Satz 1 HG[X.]. Die zu 1. beklagte Kommanditgesellschaft und deren persönlich haftende Gesellschafterin als [X.]eklagte zu 2. haften nach § 128 HG[X.] jeweils in vollem Umfang für den gesamten [X.]etrag. Sie sind zwar keine Gesamtschuldner, haften aber wie solche ([X.] 19. Mai 2004 - 5 [X.] 405/03 - zu II 3 der Gründe, [X.]E 110, 372; [X.]GH 29. Januar 2001 - II ZR 331/00 - zu [X.] der Gründe, [X.]GHZ 146, 341; MüKoHG[X.]/[X.] 4. Aufl. § 128 Rn. 19 mwN).

III. [X.] beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 100 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat und unterlegen ist, hat er die Kosten der ersten Instanz zu tragen, im Übrigen die [X.]. Die Kosten des [X.]erufungs- und Revisionsverfahrens haben die [X.] zu tragen. Sie haften wie Gesamtschuldner.

        

    [X.]    

        

    Wemheuer    

        

    Pessinger    

        

        

        

    Claudia Scheck    

        

    C. [X.]euß    

                 

Meta

10 AZR 322/20

27.04.2022

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wiesbaden, 23. Oktober 2019, Az: 6 Ca 46/17, Urteil

§ 1 Abs 2 Abschn II VTV-Bau, § 1 Abs 2 Abschn V Nr 11 VTV-Bau, § 1 Abs 2 Abschn VII Nr 13 VTV-Bau, § 1 TVG, § 1 Abs 2 Abschn V Nr 38 VTV-Bau, § 3 Abs 3 S 1 VTV-Bau

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.04.2022, Az. 10 AZR 322/20 (REWIS RS 2022, 3577)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3577

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