Bundessozialgericht, Urteil vom 03.12.2015, Az. B 4 AS 49/14 R

4. Senat | REWIS RS 2015, 1279

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Beschränkung des Streitgegenstands - Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - selbst genutztes Hausgrundstück - Berücksichtigung von Tilgungsraten im Rahmen der Angemessenheitsgrenze im vorliegenden Ausnahmefall - beschränkte Überprüfbarkeit der Feststellungen des Tatsacheninstanz


Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 29. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt nach einem Teilvergleich mit dem Beklagten nur noch die zuschussweise Übernahme von Tilgungsleistungen auf Kredite für ein selbstgenutztes Eigenheim für die Zeit vom [X.] bis 31.1.2012 als Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem [X.] anstelle eines Darlehens.

2

Der 1950 geborene Kläger bezog von der beklagten [X.] seit 2005 - unterbrochen nur durch kurze Zeiten der Beschäftigung und [X.]-Bezug - Leistungen nach dem [X.]. Seit dem 1.11.2013 bezieht er Altersrente in Höhe von 1043,92 [X.]. Der Kläger ist seit 1984 Eigentümer eines 492 qm großen Grundstückes, das mit einem von ihm allein bewohnten Einfamilienhaus (Wohnfläche ca 78 qm) bebaut ist. Der Wohnbereich umfasst [X.], die zwischen 9 und 13 qm groß sind, eine Abstellkammer, Küche, Flur, Bad und Toilette. Die Finanzierung des Kaufpreises für das Grundstück in Höhe von 290 000 DM erfolgte über ein Bauspar- und ein Hypothekendarlehen. [X.] beliefen sich die von dem Kläger jährlich zu zahlenden Beträge für Zinsen und Tilgung auf 1581,84 [X.] für das Hypothekendarlehen (Tilgung: 516,14 [X.]; Zinsen: 1065,70 [X.]) und 2392,80 [X.] für das Bauspardarlehen (Tilgung 2115,20 [X.]; Zinsen: 277,60 [X.]). Nach einem Tilgungsplan für das Hypothekendarlehen vom 31.1.2011 waren zum Stichtag am 30.1.2011 noch 43 368,02 [X.] bis zum [X.] zu zahlen (Tilgung: 25 309,83 [X.]; Zinsen: 17 798,19 [X.]; Kosten: 260 [X.]). Die Restschuld des Bauspardarlehens betrug am 30.1.2012 noch 389,79 [X.] und wurde im Laufe des Jahres vollständig getilgt.

3

Der Beklagte bewilligte dem Kläger im [X.] an den Bezug von [X.] für die Zeit vom [X.] bis 31.7.2011 [X.] II (Bescheid vom 14.2.2011; Änderungsbescheide vom 15.4.2011 und 12.5.2011 <Übernahme von zusätzlichen Kosten für Heizöl im Monat Mai>). Als Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigte er (für den Monat Januar anteilig) die von dem Kläger zu zahlenden Darlehenszinsen (88,81 [X.] monatlich), [X.] (35,17 [X.] monatlich), Beiträge für eine Feuerversicherung (4,15 [X.] monatlich) und die zu zahlende Grundsteuer (6,18 [X.] monatlich), nicht jedoch die Tilgungsraten für die Darlehen. Der Gesamtbetrag der für Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigten Aufwendungen betrug damit 134,31 [X.] und lag unterhalb der nach der Verwaltungspraxis des Beklagten als angemessen anzusehenden Kosten in Höhe von 360 [X.] [X.] bei einem Ein-Personen-Haushalt sowie einen Betriebskostenreferenzwert von 2,10 [X.]/qm. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens gewährte der Beklagte dem Kläger auch für den Zeitraum vom 1.8.2011 bis [X.] in der bis zum 31.7.2011 gezahlten Höhe (Bescheid vom 27.7.2011), wogegen der Kläger ebenfalls Widerspruch einlegte.

4

In einem gerichtlichen Eilverfahren verpflichtete sich der Beklagte darlehensweise, auch die Tilgungsraten für beide Darlehen ab Januar 2011 unter Eintragung einer Sicherungshypothek zu zahlen (gerichtlicher Vergleich im Verfahren [X.] - S 16 AS 599/11 ER - vom 19.10.2011). Der Beklagte gewährte in der Folge zunächst unter Änderung des Bescheides vom 14.2.2011 für Februar 2011 weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft wegen höherer Wasser-/Abwassergebühren und unter Änderung der Bescheide vom 14.2.2011 und 27.7.2011 wegen bisher nicht berücksichtigter Zinsen für das Bauspardarlehen (Bescheide vom 27.10.2011).

5

In Umsetzung des Vergleiches vom 19.10.2011 bewilligte er daneben in Form eines Darlehens wegen der im Jahre 2011 gezahlten Tilgungsraten für die [X.] bis 31.12.2011 weitere Leistungen in Höhe von 2631,34 [X.] (Bescheid ebenfalls vom 27.10.2011) und wegen im Januar 2012 gezahlter Tilgungsraten für Januar 2012 in Höhe von 216,63 [X.] (Bescheid vom 3.1.2012). Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens teilten die kreditgebenden Banken dem Kläger mit, dass sie nicht bereit seien, die Tilgung auszusetzen (Schreiben vom [X.] und [X.]). Die wegen der nur darlehensweisen Gewährung von Leistungen für die erbrachten Tilgungsraten aufrechterhaltenen Widersprüche des [X.] blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1.12.2011).

6

Das [X.] hat nach schriftlicher Befragung von zwei Mitarbeitern der kreditgebenden Banken als Zeugen den Beklagten antragsgemäß "unter Änderung der Bescheide vom 14.02.2011, 15.04.2011, 27.07.2011 und 27.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2011" verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom [X.] bis 1.2.2012 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem [X.] nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren und dabei die von ihm zu zahlenden Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von monatlich 131,82 [X.] und 199,40 [X.] als Unterkunftskosten nach § 22 [X.] im Wege eines Zuschusses zu gewähren (Urteil vom [X.]). Die Übernahme auch der Tilgungsleistungen sei geboten, da ansonsten der Verlust des Hauses drohe. Eine darlehensweise Erbringung von Unterkunftskosten sehe das Gesetz nicht vor.

7

Im Berufungsverfahren haben die Beteiligten den folgenden gerichtlichen Teilvergleich (vom 29.10.2014) geschlossen:

 "1.
Die Beteiligten sind sich einig, dass mit den Bescheiden vom 14. Februar 2011, 15. April 2011, 12. Mai 2011, 27. Juli 2011 und durch die Bescheide vom 27. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2011 sowie dem Bescheid vom 3. Januar 2012 alle dem Kläger zustehenden Ansprüche auf Regelleistungen nach dem [X.] für den Zeitraum vom 3. Januar 2011 bis 31. Januar 2012 in voller Höhe bewilligt worden sind. Der Rechtsstreit wird insoweit für erledigt erklärt.
2.
Die Beteiligten sind sich mit Ausnahme der streitigen, auf der Grundlage des Vergleichs vor dem [X.] AS 599/11 ER vom 19. Oktober 2011 und der Bescheide vom 27. Oktober 2011 und vom 3. Januar 2012 darlehensweise gewährten Leistungen darüber einig, dass mit den unter 1. genannten Bescheiden die dem Kläger zustehenden Ansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem [X.] für den Zeitraum vom 3. Januar 2011 bis 31. Januar 2012 im Übrigen in zutreffender Höhe bewilligt worden sind. Der Rechtsstreit wird insoweit für erledigt erklärt.
3.
Die Beteiligten sind sich einig, dass die vom Kläger zu leistende Tilgung bei der Umsetzung des Vergleichs im Verfahren vor dem [X.] AS 599/11 ER vom 19. Oktober 2011 und der Bescheide vom 27. Oktober 2011 sowie dem Bescheid vom 3. Januar 2012 von dem Beklagten zutreffend berechnet wurde. Der Rechtsstreit wird insoweit hinsichtlich der Berechnung der Tilgungsleistungen für erledigt erklärt.
4.
Ferner sind sich die Beteiligten darüber einig, dass der erstinstanzlich tenorierte Zeitraum bis zum 1. Februar 2012 über den im angefochtenen Bescheid geregelten Bewilligungsabschnitt (31. Januar 2012) hinausgeht und deshalb nur dieser Streitgegenstand sein kann.
5.
Die Beteiligten sind sich daher einig, dass allein die Rechtmäßigkeit der nur darlehensweisen Bewilligung der weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung bezüglich der unter 1. genannten Bescheide im Streit steht.
6.
Die Beteiligten sind sich einig, dass sie sich dem rechtkräftigen Urteil im hiesigen Rechtsstreit auch für den nachfolgenden Zeitraum bis zum 31. Oktober 2013 unterwerfen."

8

Das [X.] hat die auf die Klagabweisung im Übrigen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 29.10.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, es bestehe ein Anspruch des [X.] auf Gewährung der nur als Darlehen zuerkannten Kosten der Unterkunft als Zuschuss. Als selbstgenutztes Wohneigentum sei sein Grundstück nicht als Vermögen zu berücksichtigen; Grundstücksgröße und Wohnfläche seien noch angemessen. Es lägen auch die Voraussetzungen vor, die es nach der Rechtsprechung des [X.] erlaubten, ausnahmsweise Tilgungsraten für Darlehen als Kosten der Unterkunft zuschussweise zu übernehmen. Der Kläger habe das Grundstück bereits 1984 außerhalb eines Zeitraums des Bezugs steuerfinanzierter, existenzsichernder Leistungen erworben. Es drohe ihm bei der vorzunehmenden hypothetischen Betrachtungsweise der [X.], weil die Kreditgeber im Falle der Nichtzahlung der Raten den Kredit gekündigt und die Verwertung angestrebt hätten. Schließlich sei die Finanzierung des Wohneigentums unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis bzw Gesamtkreditsumme und Restschuld im streitgegenständlichen Zeitraum des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen gewesen. Die Resttilgungsschuld betrage nur noch 18,7 Prozent des Kaufpreises. Auf den [X.] entfiele wegen der [X.] nur ein Tilgungsbetrag von ca 2,7 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises.

9

Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung der §§ 1 Abs 1, 2 Abs 2 S 1 und 22 Abs 1 S 1 [X.]. Er macht geltend, die Leistungen nach dem [X.] seien auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt. Durch die Verpflichtung, Tilgungsleistungen zuschussweise zu gewähren, erfolge aber eine Vermögensbildung bei dem Kläger, die über die Existenzsicherung hinausgehe. Die zuschussweise Übernahme von [X.] gehöre auch nicht zu den Leistungen nach § 22 [X.]. Ein besonderer Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung des [X.], der eine Übernahme zulasse, liege hier wegen der hohen noch offenen Darlehenssumme nicht vor. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Darlehen "weitgehend" abbezahlt gewesen sei. Außerdem hätte der Kläger durch eine ihm zumutbare Untervermietung eines Zimmers mit eigener Toilette die Tilgungsraten ohne Weiteres selbst aufbringen können.

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 29. Oktober 2014 und des [X.] vom 26. April 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des [X.] für zutreffend. Soweit der Beklagte sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts wende, seien Verfahrensmängel schon nicht hinreichend bezeichnet.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht haben SG und [X.] entschieden, dass die von dem [X.]läger im streitbefangenen Zeitraum vom [X.] bis 31.1.2012 gezahlten Tilgungsleistungen für ein Hypotheken- und ein Bauspardarlehen zuschussweise als [X.]osten der Unterkunft anstelle des bewilligten Darlehens zu übernehmen sind.

Gegenstand des Verfahrens ist nach Abschluss des [X.] vor dem [X.] nur noch, ob ein Anspruch des [X.] auf Umwandlung derjenigen Leistungen für [X.]osten der Unterkunft in einen Zuschuss besteht, die dem [X.]läger durch den Bescheid vom 27.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.12.2011 (2631,34 Euro) und durch den gemäß § 96 [X.] Gegenstand des [X.]lageverfahrens gewordenen Bescheid vom [X.] (216,63 Euro) als Darlehen bewilligt wurden. Die hierauf gerichtete [X.]lage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§ 54 Abs 1, 56 [X.]) zulässig. Einer Leistungsklage bedarf es nicht. Zur Leistung kann der Beklagte nicht mehr verurteilt werden, da er bereits geleistet hat und der [X.]läger (nur noch) durch die Verfügungssätze der angefochtenen Bescheide beschwert ist, welche die Bewilligung der Leistungen lediglich als Darlehen regeln. Nur der Rechtsgrund der Zahlung - Zuschuss statt Darlehen - bedarf also einer Änderung (vgl zum Ganzen [X.] [X.] AS 36/07 R - [X.], 68 = [X.]-4200 § 23 [X.], Rd[X.]3; [X.] vom 27.1.2009 - [X.] [X.]/07 R - [X.]-4200 § 12 [X.]2 Rd[X.]6; [X.] vom 19.5.2009 - [X.] [X.] 7/08 R - [X.]-5910 § 88 [X.] Rd[X.]0; [X.] vom [X.] - [X.] [X.]/09 R - juris Rd[X.]0).

Die Beschränkung des Streitgegenstandes auf die nur darlehensweise gewährten Leistungen ist zulässig. Soweit darin zunächst eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf [X.]osten der Unterkunft und Heizung liegt, ist diese nach der Rechtsprechung beider für das Recht der Grundsicherung zuständigen Senate ohnehin grundsätzlich zulässig (vgl nur [X.] vom [X.] - [X.] [X.]/13 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]0 ff; [X.] vom 6.8.2014 - [X.] [X.]5/13 R - [X.], 254 = [X.]-4200 § 7 [X.]8, Rd[X.]2). Eine weitergehende Beschränkung des Streitgegenstandes hat das [X.] zudem für zulässig erachtet, wenn der Grundsicherungsträger über eine Leistung durch abtrennbaren [X.] befunden hat und der Bescheid nur hinsichtlich des abtrennbaren Teils angefochten wird (so [X.] vom [X.] - [X.] [X.]8/08 R - [X.], 153 = [X.]-4200 § 12 [X.]3, Rd[X.]1; allgemein zur Teilanfechtungsklage zuletzt [X.] vom [X.] [X.] 32/14 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] vorgesehen, RdNr 20 ff mwN). So liegt der Fall hier, denn wie oben dargelegt ist nicht die Leistungsgewährung an sich streitig, sondern (nur) die besondere Beschwer, die in der Verfügung zum Rechtsgrund der Leistung liegt mit der Regelung, dass diese - als Darlehen - grundsätzlich rückzahlbar ist. Dieser eigenständige [X.] ist auch abtrennbar. Seine Änderung ließe die Regelungen zur Leistungsgewährung im Übrigen unberührt, denn es besteht kein untrennbarer rechtlicher Zusammenhang der Regelungsteile (vgl zu diesem Gesichtspunkt nur [X.] vom [X.] - B 12 R 6/07 R - [X.], 8 = [X.]-2500 § 229 [X.], Rd[X.]5; [X.] vom [X.] [X.] 32/14 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] vorgesehen, Rd[X.]).

Ob durch die Vereinbarungen im Teilvergleich vom 29.10.2014 zur Höhe der [X.]osten und Grundlage der Leistungen, deren Umwandlung der [X.]läger begehrt, bereits der Streitgegenstand noch weiter beschränkt wurde, kann offen bleiben. Grundsätzlich gilt auch bei einem Anspruch auf Umwandlung eines Darlehens in eine zuschussweise Bewilligung von [X.] II-Leistungen, dass alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen sind ([X.] vom [X.] - [X.] [X.]/09 R - juris Rd[X.]0). Hier haben die Beteiligten einzelne Berechnungselemente zum Gegenstand eines [X.] gemacht, um den Prüfungsumfang weiter zu beschränken. Es bedarf indes keiner Entscheidung, ob eine derartige Beschränkung des [X.] den Senat bindet. Auch unabhängig von der Bedeutung des [X.] für den Streitgegenstand musste die Höhe der [X.]osten für Unterkunft und Heizung keiner weiteren Überprüfung unterzogen werden. Denn Erklärungen über die tatsächlichen Grundlagen des Rechtsstreits entbinden Verwaltung und Gerichte von weiteren Ermittlungen, wenn Anhaltspunkte für weitere oder abweichende Tatsachen, die für die Entscheidung von Bedeutung wären, nicht ersichtlich sind (so [X.] vom [X.] - [X.] [X.]8/08 R - [X.], 153 = [X.]-4200 § 12 [X.]3, Rd[X.]2 f; [X.] vom 20.9.2012 - [X.] [X.] 4/11 R - [X.] 112, 54 = [X.]-3500 § 28 [X.], Rd[X.]4). In dem Teilvergleich vom 29.10.2014 sind solche übereinstimmende Erklärungen über die tatsächlichen Grundlagen des Rechtsstreits zu sehen, und zwar im Hinblick auf die Höhe der Tilgungsleistungen selbst und bezogen auf die neben den Tilgungsleistungen angefallenen weiteren [X.]osten der Unterkunft und Heizung, für die vom Beklagten Leistungen ohnehin bereits als Zuschuss erbracht wurden. Es liegen auch keine Umstände vor, die insoweit Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hätten.

In der Sache hat das [X.] zutreffend entschieden, dass die von dem [X.]läger im streitbefangenen Zeitraum vom [X.] bis 31.1.2012 auf beide Darlehen gezahlten Tilgungsleistungen als [X.]osten der Unterkunft zuschussweise und nicht nur als Darlehen zu übernehmen sind.

Gemäß § 22 Abs 1 S 1 [X.] II sind Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, soweit sie angemessen sind. Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen [X.]osten ist nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] an den [X.]osten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind, dh die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen [X.]riterien zu beantworten (grundlegend dazu [X.] vom 15.4.2008 - [X.]/7b [X.] - [X.] 100, 186 = [X.]-4200 § 12 [X.]0; zuletzt [X.] vom [X.] - [X.] [X.]/13 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]6). Nach den Feststellungen des [X.] lagen die Anspruchsvoraussetzungen (§§ 7, 9, 19 [X.] II) für [X.] dem Grunde nach vor. Der [X.]läger hatte im streitbefangenen Zeitraum als 60-Jähriger die Altersgrenze nach § 7a [X.] II noch nicht erreicht, war erwerbsfähig und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.]. Auch Hilfebedürftigkeit lag vor. Insbesondere war sein Grundeigentum nicht als Vermögen zu berücksichtigen, weil es gemäß § 12 Abs 3 Nr 4 [X.] II als selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe (zur insoweit nur beschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Beurteilung vgl [X.] vom 24.3.2015 - [X.] [X.] 12/14 R - [X.]-3500 § 90 [X.] Rd[X.]5) nicht verwertet werden musste. Der Gesamtbedarf für [X.]osten der Unterkunft übersteigt auch einschließlich der Tilgungsleistungen nicht die [X.], die das [X.] für den Senat bindend entsprechend der Verwaltungspraxis des Beklagten bei einem Ein-Personen-Haushalt mit einer [X.] von 360 Euro sowie einen Betriebskostenreferenzwert von 2,10 Euro/qm festgestellt hat.

Zu den anzuerkennenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS von § 22 Abs 1 S 1 [X.] II rechnen Tilgungsleistungen grundsätzlich zwar nicht ([X.] vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - [X.] 97, 203 = [X.]-4200 § 12 [X.], RdNr 24; [X.] vom 7.7.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]8; [X.] vom 16.2.2012 - [X.] [X.]/11 R - juris Rd[X.]; zuletzt [X.] vom [X.] - [X.] [X.]/13 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]7). Denn die Leistungen nach dem [X.] II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (vgl [X.] vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - [X.] 97, 217 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]5; [X.] in [X.]/[X.], [X.] II, [X.] § 22 Rd[X.]69 ff, Stand Oktober 2012; [X.] in Eicher, [X.] II, 3. Aufl 2013, § 22 Rd[X.]1).

Ausnahmen von diesem Grundsatz sind aber nach der Rechtsprechung beider für das Recht der Grundsicherung zuständigen Senate im Hinblick auf den im [X.] II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen (vgl nur [X.] vom 7.7.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]8; [X.] vom 16.2.2012 - [X.] [X.]/11 R - juris Rd[X.]; [X.] vom [X.] - [X.] [X.]/13 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]7) und der Erwerb der Immobilie außerhalb des Leistungsbezugs erfolgt ist ([X.] vom 7.7.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 22 [X.] RdNr 20; [X.] vom 16.2.2012 - [X.] [X.]/11 R - juris RdNr 25). Der Grund für diese Ausnahme liegt darin, dass bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von Schuldzinsen Leistungsbezieher, die Wohneigentum gerade erst erworben haben und bei denen die Zinszahlungen die Tilgungsraten weit übersteigen, ungerechtfertigt bevorzugt werden gegenüber denjenigen Hilfebedürftigen, die aufgrund der Besonderheiten etwa eines Annuitätendarlehens durch weitgehende Zahlung der Zinsen in Vorleistung treten mussten und bei denen schließlich die Abzahlungen fast nur noch aus Tilgungsleistungen bestehen. Geht es nur um die Tilgung einer Restschuld ist die Vermögensbildung bereits weitgehend abgeschlossen und der Aspekt des [X.] aus Mitteln der Existenzsicherung tritt gegenüber dem vom [X.] II ebenfalls verfolgten Ziel, die Beibehaltung der Wohnung zu ermöglichen, zurück (so [X.] vom 7.7.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]9).

Die Feststellung eines solchen Ausnahmefalles unterliegt jedoch weitgehend der Beurteilung des Tatrichters, dessen bestehender Entscheidungsspielraum von der Revisionsinstanz zu respektieren ist. Die Annahme, dass eine Finanzierung weitgehend abgeschlossen ist, bedarf einer Abwägung der Umstände des Einzelfalls unter Einbeziehung einer Prognose über eine mögliche Gefährdung des Wohneigentums. Solche Abwägungs- und Prognoseentscheidungen der Tatsacheninstanzen sind einer rechtlichen Überprüfung im Revisionsverfahren wegen der enthaltenen Tatsachenelemente unter Berücksichtigung von § 162 [X.] nur begrenzt zugänglich (vgl zur Abgrenzung von Rechtsfragen und Tatsachenfragen [X.] in [X.]/[X.]/ [X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 162 Rd[X.] ff). Das Revisionsgericht ist in diesen Fällen darauf beschränkt zu prüfen, ob der rechtliche Rahmen verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und angemessen abgewogen worden sind (so zur Prüfung der Angemessenheit des selbstgenutzten Wohngrundstückes [X.] vom 24.3.2015 - [X.] [X.] 12/14 R - [X.]-3500 § 90 [X.] Rd[X.]5; zur Überprüfung eines schlüssigen [X.]onzepts [X.] vom 18.11.2014 - [X.] [X.]/14 R - [X.] 117, 250 = [X.]-4200 § 22 [X.]1, RdNr 21 und [X.] Beschluss vom 5.6.2014 - [X.] [X.]/13 B - juris Rd[X.]4; zur Prüfung der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit einer [X.] [X.] vom [X.] - [X.] [X.]/13 R - [X.] 115, 148 = [X.]-4200 § 12 [X.], RdNr 41 ff; zu vergleichbaren Fragen bei der Überprüfung der Angemessenheit der Dauer überlanger Verfahren [X.] vom [X.] - [X.] ÜG 9/13 R - [X.]-1720 § 198 [X.] RdNr 28 mwN).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist nicht zu beanstanden, dass das [X.] die Voraussetzungen bejaht hat, unter denen auch die Aufwendungen zur Tilgung von Baudarlehen - ausnahmsweise - als Leistungen für [X.]osten der Unterkunft zuschussweise zu übernehmen sind. Seine Prognose, dass bei einer ausbleibenden Tilgung die Gefahr der [X.]ündigung der [X.]redite sowie der Verwertung der Immobile und damit eine Gefährdung des Wohneigentums besteht, beruht auf den schriftlichen Auskünften der kreditgebenden Banken und den Angaben der als Zeugen gehörten Mitarbeiter. Verfahrensrügen zu diesen der Prognose zugrunde liegenden, für den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 [X.]) sind von dem Beklagten nicht erhoben worden. Weitere Umstände, die das [X.] noch hätte berücksichtigen müssen, sind nicht ersichtlich.

Auch die Annahme des [X.], die Finanzierung der Immobilie sei weitgehend abgeschlossen und der Aspekt des [X.] durch Mittel der Existenzsicherung müsse zurücktreten, begegnet entgegen der Auffassung des Beklagten keinen Bedenken. Nach den auch insoweit von dem Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des [X.] hatte der [X.]läger sein Grundeigentum bereits im Jahre 1984 erworben und mittels eines Hypothekendarlehens und eines Bauspardarlehens finanziert. Während das Bauspardarlehen aufgrund der nur noch geringen Restschuld (bei entsprechend geringen Zinsraten) im streitgegenständlichen Zeitraum vollständig abgelöst werden konnte, bestand für das Hypothekendarlehen noch eine Restschuld von ca 25 000 Euro, deren Tilgung nach der von dem [X.]läger während des Leistungsbezugs vorgenommenen Anschlussfinanzierung über einen Zeitraum von weiteren ca 25 Jahren (bis 2037) vorgesehen war. Es widerspricht weder Denkgesetzen noch allgemeinen [X.], wenn das [X.] unter Berücksichtigung eines gegenüber dem [X.]aufpreis eher gestiegenen Wertes der Immobilie die Vereinbarung niedrigerer Tilgungsraten im Rahmen der Anschlussfinanzierung gerade während des [X.] II-Leistungsbezugs zur Minimierung der aktuellen [X.]osten als nachvollziehbar und sogar geboten bewertet. Zwingende Folge einer solchen Vereinbarung ist notwendigerweise wegen der verzögerten Tilgung eine längere Restlaufzeit verbunden mit einer höheren Restschuld.

Auch die besondere Würdigung des nach den Feststellungen des [X.] bereits absehbaren Endes der Inanspruchnahme von [X.] II-Leistungen wegen der Nähe zum Altersrentenbezug (mit höheren Einkünften) hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Dieser Umstand unterstreicht in besonderer Weise das klägerische Interesse an der Beibehaltung der Wohnung gegenüber dem Interesse der Allgemeinheit, Vermögensaufbau durch öffentliche Mittel zu vermeiden. Der Vermögensaufbau findet nur in einer überschaubaren Übergangszeit statt und dient der Vermeidung möglicherweise noch höherer [X.]osten für die Allgemeinheit, etwa in Form der Übernahme von Umzugskosten oder höherer Mietkosten.

Soweit der Beklagte geltend macht, dem [X.]läger sei entgegen der Auffassung des [X.] eine Untervermietung eines Zimmers zumutbar gewesen, wodurch dieser die Tilgungsraten selbst hätte aufbringen können, kann dahinstehen, ob und ggf aus welchen rechtlichen Gründen dies dem Anspruch des [X.] auf Umwandlung überhaupt entgegenstehen kann. Das [X.] hat eine Untervermietung schon wegen des Zuschnitts der Wohnung nicht für zumutbar gehalten und sich dabei auf die von ihm getroffene Feststellung gestützt, wonach es nur eine Toilette, ein Bad und eine [X.]üche in der Wohnung gibt. Der Beklagte ist auch diesen - den Schluss des [X.] tragenden - Feststellungen nicht mit Verfahrensrügen entgegengetreten.

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 [X.].

Meta

B 4 AS 49/14 R

03.12.2015

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Wiesbaden, 26. April 2012, Az: S 16 AS 601/11, Urteil

§ 95 SGG, § 96 SGG, § 162 SGG, § 22 Abs 1 S 1 SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 03.12.2015, Az. B 4 AS 49/14 R (REWIS RS 2015, 1279)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1279

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