Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.11.2017, Az. 7 ABR 46/16

7. Senat | REWIS RS 2017, 1940

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Gegenstand

Vergütungsansprüche eines betriebsfremden Einigungsstellenbeisitzers - Beschlussfassung des Betriebsrats - Ladung ohne Tagesordnung - nachträgliche Heilung eines unwirksamen Betriebsratsbeschlusses


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 14. Januar 2016 - 5 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die [X.]eteiligten streiten über die Erstattung von Kosten sowie die Zahlung einer Vergütung für die Tätigkeit des Antragstellers als [X.]eisitzer zweier Einigungsstellen bei der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin.

2

[X.]ei der Arbeitgeberin waren im Jahr 2011 zwei Einigungsstellen gebildet. Eine der Einigungsstellen betraf den Regelungsgegenstand „Überstunden“, die andere den Regelungsgegenstand „Arbeitszeit im Verkauf“ bzw. „Personaleinsatzplanung“. Der als [X.] bei [X.] tätige Antragsteller nahm als [X.]eisitzer auf [X.] am 29. August, am 23. September sowie am 27. September 2011 an Sitzungen der Einigungsstellen teil. Seiner Teilnahme lag ein [X.]eschluss des [X.]etriebsrats vom 18. Mai 2011 zugrunde. Zu der ordentlichen Sitzung des aus 31 Mitgliedern bestehenden [X.]etriebsrats am 18. Mai 2011, 12:00 Uhr waren die [X.]etriebsratsmitglieder ordnungsgemäß geladen worden. Die Tagesordnung zu der ordentlichen Sitzung des [X.]etriebsrats war den Mitgliedern des [X.]etriebsrats entsprechend des § 5 Nr. 1 der Geschäftsordnung des [X.]etriebsrats zehn Tage vorher mitgeteilt worden.

3

Die ordentliche [X.]etriebsratssitzung am 18. Mai 2011 begann erst um 14:36 Uhr, da zunächst von 10:00 Uhr bis 14:35 Uhr eine außerordentliche [X.]etriebsratssitzung durchgeführt wurde. Die Ladung zu der außerordentlichen [X.]etriebsratssitzung war frühestens am Vortag ohne Mitteilung der Tagesordnung erfolgt. Nach § 5 Nr. 2 der Geschäftsordnung des [X.]etriebsrats ist zu außerordentlichen Sitzungen eine kurzfristige, auch telefonische Einladung zulässig. Die Tagesordnung zu der außerordentlichen Sitzung wurde den anwesenden [X.]etriebsratsmitgliedern bei Sitzungsbeginn über einen [X.]eamer bekannt gegeben. Im Rahmen der außerordentlichen [X.]etriebsratssitzung wurde die Mitwirkung des Antragstellers als [X.]eisitzer der Einigungsstelle „Arbeitszeit im Verkauf“ ([X.] 22) sowie der Einigungsstelle „Überstunden“ ([X.] 38) bei 16 Ja-Stimmen und zwei ([X.] 22) bzw. drei ([X.] 38) Enthaltungen beschlossen. Das Protokoll über die außerordentliche [X.]etriebsratssitzung hat auszugsweise folgenden Inhalt:

        

Top 20 [X.]eschlussfassung zur [X.]etriebsvereinbarung ‚Arbeitszeit im Verkauf‘

        

Der [X.]etriebsrat hat festgestellt, dass der Arbeitgeber die bisher gültige [X.]etriebsvereinbarung ‚Arbeitszeit im Verkauf‘ mit Schreiben vom 29.04.2011, erhalt am 10.05.2011 gekündigt hat. … Der [X.]etriebsrat beschließt daher den Arbeitgeber aufzufordern, dem [X.]etriebsrat gegenüber die [X.]ereitschaft zu Verhandlungen über eine Nachfolgevereinbarung anzuzeigen und bis zum 25.05.2011 mit dem [X.]etriebsrat in konkrete Verhandlungen mit dem Ziel des Abschlusses einer [X.]etriebsvereinbarung zu treten.

        

...     

        

Top 22

        

… Es ist gegebenenfalls damit zu rechnen, dass der Arbeitgeber die Verhandlungen zur Aufnahme zu einer Nachfolgevereinbarung der [X.]etriebsvereinbarung ‚Arbeitszeit im Verkauf‘ verweigert oder diese Verhandlungen scheitern. Der [X.]etriebsrat beschließt zur Herbeiführung einer Einigung bezüglich einer Nachfolgevereinbarung der [X.]etriebsvereinbarung ‚Arbeitszeit im Verkauf‘ wird gemäß § 76 [X.] die Einigungsstelle angerufen.

        

1. Die Anrufung erfolgt unter dem Vorbehalt, dass mit der Geschäftsführung bzw. der Personalabteilung nicht bis zum 30.08.2011 eine Einigung erzielt wird, …

        

...     

        

3. ... Desgleichen werden ... und [X.] ([X.]) als [X.]eisitzer festgelegt.

        

…       

        

Top 36 …

        

Der [X.]etriebsrat hat festgestellt, dass der Arbeitgeber die bisher gültige [X.]etriebsvereinbarung ‚Überstunden‘ mit Schreiben vom 29.04.2011, erhalten am 10.05.2011 gekündigt hat. … Der [X.]etriebsrat beschließt daher den Arbeitgeber aufzufordern, dem [X.]etriebsrat gegenüber die [X.]ereitschaft zu Verhandlungen über eine Nachfolgevereinbarung anzuzeigen und bis zum 25.05.2011 mit dem [X.]etriebsrat in konkrete Verhandlungen mit dem Ziel des Abschlusses einer [X.]etriebsvereinbarung zu treten.

        

...     

        

Top 38 ...

        

… Es ist gegebenenfalls damit zu rechnen, dass der Arbeitgeber die Verhandlungen zur Aufnahme einer Nachfolgevereinbarung der [X.]etriebsvereinbarung ‚Überstunden‘ verweigert oder diese Verhandlungen scheitern. Der [X.]etriebsrat beschließt zur Herbeiführung einer Einigung bezüglich einer Nachfolgevereinbarung der [X.]etriebsvereinbarung ‚Überstunden‘ wird gemäß § 76 [X.] die Einigungsstelle angerufen.

        

1. Die Anrufung erfolgt unter dem Vorbehalt, dass mit der Geschäftsführung bzw. der Personalabteilung nicht bis zum 30.08.2011 eine Einigung erzielt wird, …

        

...     

        

3. ... Desgleichen werden ... und [X.] ([X.]) als [X.]eisitzer festgelegt.

        

...     

        

Top 43 Informationen und Gesprächsrunde zum geplanten neuen Sitzungsablauf (2 Tage)

        

Z schlägt vor das die [X.] laufen sollten. ...

        

Pause 13:06 - 13:35 Uhr

        

Keine Einwände der Tagesordnung und Uhr keine Einwände gegen die außerordentliche Sitzung, einstimmig angenommen (26 [X.])

        

E schlägt vor das mehr Arbeit in den [X.] gelegt werden soll und dann entschieden werden kann ob der [X.] an 2 Tagen oder an einem 1 Tag Sitzung abhalten sollten.

        

[X.] auf die nächste Sitzung.

        

…“    

4

Der Antragsteller verlangte von der Arbeitgeberin für seine Tätigkeit als [X.]eisitzer der Einigungsstellen mit Schreiben vom 1. Oktober 2012 ein Honorar von 7/10 des Honorars der Vorsitzenden der Einigungsstelle [X.] 19 % MwSt. in Höhe von insgesamt 6.664,00 Euro, außerdem die Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 974,61 Euro sowie Übernachtungskosten in Höhe von 491,00 Euro. Da die Arbeitgeberin die Rechnungen nicht beglich, leitete der Antragsteller am 22. Dezember 2014 das vorliegende [X.]eschlussverfahren ein.

5

Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, er sei in der außerordentlichen Sitzung des [X.]etriebsrats am 18. Mai 2011 zum [X.]eisitzer der Einigungsstellen bestellt worden. Die [X.]eschlussfassung des [X.]etriebsrats sei wirksam. Zu der [X.]etriebsratssitzung sei ordnungsgemäß eingeladen und die Tagesordnung sei ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Etwaige Mängel der zunächst gefassten [X.]eschlüsse seien jedenfalls durch die spätere [X.]eschlussfassung nach der Pause, die um 13:35 Uhr geendet habe, geheilt worden. Der [X.]etriebsrat habe beschlossen, dass keine Einwände gegen die außerordentliche Sitzung und die Tagesordnung bestünden. Dieser [X.]eschluss sei zu einem [X.]punkt gefasst worden, zu dem alle Mitglieder des [X.]etriebsrats ordnungsgemäß geladen worden waren. Sollte der [X.]eschluss des [X.]etriebsrats über seine [X.]estellung zum [X.]eisitzer der Einigungsstellen unwirksam sein, könne sich die Arbeitgeberin darauf nicht berufen, da sie im Rahmen der [X.] seine Teilnahme als [X.]eisitzer nicht gerügt habe. Sie verhalte sich widersprüchlich, wenn sie im Nachhinein eine Zahlung ablehne.

6

Der Antragsteller hat zuletzt beantragt,

        

die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn 8.129,61 Euro [X.] Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [X.]asiszinssatz seit dem 4. November 2012 zu zahlen.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der [X.]etriebsrat habe den Antragsteller nicht durch einen ordnungsgemäß gefassten [X.]eschluss zum [X.]eisitzer der Einigungsstellen bestellt. Sie hat eine [X.]eschlussfassung des [X.]etriebsrats zur Genehmigung der Tagesordnung bestritten.

8

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das [X.] hat die Entscheidung abgeändert und dem Antrag stattgegeben. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Antragsteller beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

9

[X.]. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist nicht begründet. Das [X.] hat dem Antrag zu Recht stattgegeben. Der Antragsteller hat gegen die Arbeitgeberin nach § 76a Abs. 3 [X.] einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Vergütung für seine Mitwirkung an den Einigungsstellen [X.] Fahrt- und Übernachtungskosten in Höhe von insgesamt 8.129,61 Euro nebst Zinsen.

I. Nach § 76a Abs. 3 [X.] hat ein betriebsfremder [X.]eisitzer gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit im Einigungsstellenverfahren, dessen Höhe sich nach den Grundsätzen des § 76a Abs. 4 Satz 3 bis 5 [X.] richtet. § 76a Abs. 3 [X.] begründet einen gesetzlichen Anspruch des [X.] [X.]eisitzers auf Vergütung seiner Tätigkeit in der Einigungsstelle ([X.]G 10. Oktober 2007 - 7 A[X.] 51/06 - Rn. 10, [X.]GE 124, 188). Dieser Vergütungsanspruch steht auch einem vom [X.]etriebsrat bestellten hauptamtlichen [X.] zu (vgl. [X.]G 24. April 1996 - 7 A[X.] 40/95 - zu [X.] c der Gründe). Neben der Vergütung haben die Mitglieder der Einigungsstelle gemäß § 76a Abs. 1 [X.] Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen und Auslagen, die durch ihre Tätigkeit entstehen. Dazu zählen Fahrt- und Übernachtungskosten ([X.]G 14. Februar 1996 - 7 A[X.] 24/95 - zu [X.] a der Gründe; [X.]/[X.] 10. Aufl. § 76a Rn. 13; [X.] 28. Aufl. § 76a Rn. 9, 14).

1. Der Honoraranspruch des von dem [X.]etriebsrat bestellten [X.] [X.]eisitzers ist von dessen wirksamer [X.]estellung für eine im [X.]etrieb des Arbeitgebers gebildete Einigungsstelle und der Annahme dieser [X.]estellung durch den [X.]eisitzer abhängig. Der [X.]etriebsrat muss dazu einen [X.]eschluss über die [X.]estellung eines externen Einigungsstellenbeisitzers fassen, der den allgemeinen [X.] genügt. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen [X.]eschlussfassung, so entsteht weder ein Honoraranspruch nach § 76a Abs. 3 [X.] ([X.]G 10. Oktober 2007 - 7 A[X.] 51/06 - Rn. 10 f. mwN, [X.]GE 124, 188) noch ein Anspruch auf Kostenerstattung.

a) Nach der Konzeption des [X.] handelt der [X.]etriebsrat als Kollegialorgan. Er bildet seinen gemeinsamen Willen nach § 33 Abs. 1 [X.] durch [X.]eschluss. Dieser ist beachtlich, wenn er ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Dazu muss der [X.]etriebsrat beschlussfähig iSd. § 33 [X.] sein und sich auf einer [X.]etriebsratssitzung aufgrund einer mit den Vorschriften des [X.] in Einklang stehenden Ladung mit dem jeweiligen Sachverhalt befasst und durch Abstimmung eine einheitliche Willensbildung herbeigeführt haben ([X.]G 15. April 2014 - 1 A[X.] 2/13 ([X.]) - Rn. 20 mwN, [X.]GE 148, 26).

b) Die Wirksamkeit eines in einer [X.]etriebsratssitzung gefassten [X.]etriebsratsbeschlusses setzt voraus, dass die [X.]etriebsratsmitglieder nach § 29 Abs. 2 Satz 3 [X.] vom Vorsitzenden rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zur [X.]etriebsratssitzung geladen wurden. Die Vorschrift des § 29 Abs. 2 Satz 3 [X.] dient mittelbar der Willensbildung des [X.]etriebsrats, indem sie dem einzelnen [X.]etriebsratsmitglied eine sachgerechte Sitzungsvorbereitung ermöglichen und ihn vor unbedachten und unvorbereiteten Entscheidungen schützen soll. Die rechtzeitige Ladung unter Übermittlung der Tagesordnung soll ihm Gelegenheit geben, sich ein [X.]ild über die zu treffenden Entscheidungen zu machen und ihm die Möglichkeit eröffnen, sich sachgerecht und ordnungsgemäß auf die [X.]etriebsratssitzung vorbereiten zu können. Damit wird eine [X.] Grundprinzipien gerecht werdende Willensbildung des [X.]etriebsrats gewährleistet und der Gefahr einer Überrumpelung einzelner [X.]etriebsratsmitglieder bei der [X.]eratung und anschließenden Abstimmung entgegengewirkt. Erfolgt die Ladung zu einer [X.]etriebsratssitzung ohne Übermittlung der Tagesordnung, liegt ein evidenter Gesetzesverstoß vor (vgl. [X.]G 15. April 2014 - 1 A[X.] 2/13 ([X.]) - Rn. 25 - 27, [X.]GE 148, 26).

c) Eine mangels Übermittlung der Tagesordnung iSd. § 29 Abs. 2 Satz 3 [X.] verfahrensfehlerhafte Ladung zu einer [X.]etriebsratssitzung kann durch die ordnungsgemäß geladenen Mitglieder und Ersatzmitglieder des [X.]etriebsrats in der [X.]etriebsratssitzung geheilt werden, wenn der [X.]etriebsrat beschlussfähig iSd. § 33 Abs. 2 [X.] ist und die Anwesenden einstimmig beschließen, über einen Regelungsgegenstand zu beraten und abzustimmen. Das Erfordernis der Einstimmigkeit schützt das einzelne [X.]etriebsratsmitglied davor, über betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheiten befinden zu müssen, mit denen es sich aus seiner Sicht noch nicht angemessen befasst und noch keine abschließende Meinung gebildet hat. Um diesen Schutz zu erreichen, wird von dem einzelnen [X.]etriebsratsmitglied lediglich verlangt, der Ergänzung oder der Erstellung einer bisher nicht vorhandenen Tagesordnung ohne [X.]egründung die Zustimmung zu verweigern. [X.]ereits dadurch wird der [X.]etriebsrat an einer abschließenden Willensbildung in der betreffenden Angelegenheit gehindert. Dagegen genügt es nicht, wenn die anwesenden [X.]etriebsratsmitglieder mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit für die Ergänzung oder Aufstellung einer Tagesordnung stimmen. Dadurch wird die eigenständige Willensbildung des einzelnen [X.]etriebsratsmitglieds nicht hinreichend geschützt. Vielmehr wäre es auf die Unterstützung anderer Mitglieder des [X.]etriebsrats angewiesen. Dem soll die Verfahrensvorschrift des § 29 Abs. 2 Satz 3 [X.] aber gerade entgegenwirken. Der einstimmige [X.]eschluss kann von dem nach Maßgabe von § 33 Abs. 2 [X.] beschlussfähigen [X.]etriebsrat gefasst werden. Das vollständige Erscheinen aller Mitglieder des [X.]etriebsrats ist nicht erforderlich. Der Normzweck des § 29 Abs. 2 Satz 3 [X.] verlangt keine Einschränkung der allgemeinen Regelung über die [X.]eschlussfähigkeit des [X.]etriebsrats, wenn dieser über die Ergänzung oder Aufstellung einer Tagesordnung in der laufenden [X.]etriebsratssitzung zu entscheiden hat. Diesem wird vielmehr durch das [X.] hinreichend Rechnung getragen ([X.]G 15. April 2014 - 1 A[X.] 2/13 ([X.]) - Rn. 35 f., [X.]GE 148, 26).

2. Die Annahme des [X.]s, die [X.]eschlussfassung des [X.]etriebsrats unter [X.] 22 und [X.] 38 über die [X.]estellung des Antragstellers zum [X.]eisitzer der Einigungsstellen sei ordnungsgemäß erfolgt, ist im Ergebnis rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Zwar war die [X.]eschlussfassung in der außerordentlichen [X.]etriebsratssitzung zunächst nicht ordnungsgemäß, da die Ladung zu dieser Sitzung entgegen § 29 Abs. 2 Satz 3 [X.] nicht unter [X.]ekanntgabe der Tagesordnung erfolgt war. Dieser Mangel wurde aber geheilt, da die nach der um 13:35 Uhr beendeten Pause anwesenden [X.]etriebsratsmitglieder nach den Feststellungen des [X.]s der Tagesordnung einstimmig zugestimmt und damit auch die zuvor gefassten [X.]eschlüsse über die [X.]estellung des Antragstellers zum [X.]eisitzer der Einigungsstellen „Überstunden“ und „Arbeitszeit im Verkauf“ genehmigt haben. Zu diesem [X.]punkt waren alle Mitglieder des [X.]etriebsrats ordnungsgemäß geladen und die [X.]eschlussfähigkeit des [X.]etriebsrats war gegeben.

a) Die ursprünglich unter [X.] 22 und [X.] 38 gefassten [X.]eschlüsse, mit denen der Antragsteller zum [X.]eisitzer der dort bezeichneten Einigungsstellen bestimmt wurde, waren zunächst unwirksam, da die [X.]etriebsratsmitglieder zu der außerordentlichen [X.]etriebsratssitzung nicht ordnungsgemäß geladen wurden. Es kann offenbleiben, ob die Ladung zu dieser Sitzung rechtzeitig erfolgt ist und ob alle [X.]etriebsratsmitglieder einschließlich etwaiger Ersatzmitglieder geladen wurden. Die Ladung war schon deshalb nicht ordnungsgemäß, da sie nicht unter [X.]ekanntgabe der Tagesordnung erfolgt ist.

b) Zu Recht hat das [X.] erkannt, dass der [X.]etriebsrat die unter [X.] 22 und [X.] 38 gefassten [X.]eschlüsse über die [X.]estellung des Antragstellers zum [X.]eisitzer der Einigungsstellen nach der Mittagspause, die um 13:35 Uhr endete, wirksam bestätigt hat. Für die [X.] ab 12:00 Uhr waren die [X.]etriebsrats- bzw. Ersatzmitglieder ordnungsgemäß geladen und die Erschienenen haben einstimmig sowohl der Tagesordnung zugestimmt als auch die zuvor mehrheitlich gefassten [X.]eschlüsse genehmigt.

aa) Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die anwesenden, ordnungsgemäß geladenen [X.]etriebsratsmitglieder mit der Ergänzung der Tagesordnung zugleich einen zuvor unwirksam gefassten [X.]eschluss einstimmig genehmigen konnten. Das Prinzip der Einstimmigkeit schützt das einzelne [X.]etriebsratsmitglied auch insoweit ausreichend vor einer Überrumpelung und wahrt seine Rechte bei der [X.] Willensbildung. Jedes [X.]etriebsratsmitglied kann ohne weitere [X.]egründung gegen eine Erweiterung der Tagesordnung stimmen und damit eine Vertagung der Tagesordnungspunkte erwirken, die ihm mit der Ladung nicht mitgeteilt wurden. Wurde bereits ein - unwirksamer - [X.]eschluss gefasst, ist der Tagesordnungspunkt nach ordnungsgemäßer Ladung und hinreichender Vorbereitungszeit dann neu zu behandeln und ggf. ein erneuter [X.]eschluss zu fassen. Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin besteht kein Anhaltspunkt dafür anzunehmen, ein einzelnes [X.]etriebsratsmitglied werde in einer solchen Situation nicht verantwortungsvoll darüber entscheiden, ob es der Ergänzung der Tagesordnung zustimmt und [X.]eschlüsse auch ohne erneute Erörterung genehmigt.

bb) Im Streitfall haben die nach der um 13:35 Uhr beendeten Pause anwesenden [X.]etriebsratsmitglieder eine Erweiterung der Tagesordnung einstimmig beschlossen und zugleich die während der außerordentlichen Sitzung unter [X.] 22 und [X.] 38 gefassten [X.]eschlüsse wirksam genehmigt. Das [X.] hat die Formulierung in der Sitzungsniederschrift über die außerordentliche [X.]etriebsratssitzung „Keine Einwände der Tagesordnung, einstimmig angenommen (26 [X.])“ zutreffend als [X.]eschluss über die Annahme der Tagesordnung verstanden. Zum [X.]punkt der Abstimmung über die Erweiterung der Tagesordnung und die Genehmigung der am Vormittag gefassten [X.]eschlüsse waren alle [X.]etriebsratsmitglieder unter Wahrung der zehntägigen Ladungsfrist nach § 5 Nr. 1 der Geschäftsordnung des [X.]etriebsrats ordnungsgemäß geladen. Mit der Ladung konnten sie sich auf den Sitzungstermin des [X.]etriebsrats und damit auf die dort - ggf. nach einer einstimmig erweiterten Tagesordnung - zu fassenden [X.]eschlüsse einrichten. Für ihre Willensbildung war es unbeachtlich, ob die Abstimmung im Rahmen einer ordentlichen oder außerordentlichen Sitzung stattfand. Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin erstreckt sich der [X.]eschluss nicht nur auf die nach der Mittagspause zu behandelnden Tagesordnungspunkte, sondern erfasst die an diesem Tag bereits behandelten Tagesordnungspunkte und die dazu ergangenen [X.]eschlüsse. Für die gegenteilige Annahme ergibt sich aus dem Protokoll kein Anhaltspunkt.

cc) Die Rüge der Arbeitgeberin, das [X.] habe zu Unrecht festgestellt, dass der [X.]etriebsrat zur Genehmigung der Tagesordnung überhaupt einen [X.]eschluss gefasst hat, greift nicht durch. Ihr steht der [X.]eweiswert der Sitzungsniederschrift über die außerordentliche [X.]etriebsratssitzung vom 18. Mai 2011 entgegen.

(1) Die [X.]eweisbedürftigkeit einer umstrittenen [X.]eschlussfassung des [X.]etriebsrats entfällt zwar nicht durch eine Sitzungsniederschrift über die [X.]etriebsratssitzung, aus der eine entsprechende [X.]eschlussfassung ersichtlich ist. Deren Aufnahme in das Protokoll begründet keine gesetzliche Vermutung iSd. § 292 ZPO dafür, dass der dort wiedergegebene [X.]eschluss von den anwesenden [X.]etriebsratsmitgliedern gefasst worden ist. Eine solche [X.]eweisregel enthält § 34 [X.] nicht (vgl. [X.]G 30. September 2014 - 1 A[X.] 32/13 - Rn. 38, [X.]GE 149, 182). Der Sitzungsniederschrift kommt jedoch ein hoher [X.]eweiswert zu, der bei der nach § 286 Abs. 1 ZPO gebotenen Würdigung über die [X.]eschlussfassung des [X.]etriebsrats zu berücksichtigen ist. Eine Aufklärung über den Verlauf der [X.]etriebsratssitzung und die [X.]eschlussfassung ist daher regelmäßig entbehrlich, wenn der [X.]etriebsrat ein den Anforderungen des § 34 [X.] genügendes Protokoll der [X.]etriebsratssitzung vorlegt, aus dem die vom Arbeitgeber bestrittene [X.]eschlussfassung ersichtlich ist ([X.]G 30. September 2014 - 1 A[X.] 32/13 - Rn. 39 ff., aaO). Lässt sich aus der Sitzungsniederschrift die ordnungsgemäße [X.]eschlussfassung des [X.]etriebsrats entnehmen, bedarf es daher im Regelfall keiner weiter gehenden tatsächlichen Darlegungen oder einer darauf gerichteten Durchführung einer [X.]eweisaufnahme. Vielmehr obliegt es dann dem Arbeitgeber, den [X.]eweiswert der Niederschrift zu erschüttern oder unter [X.]eweisantritt einen für die Führung des [X.] über das (Nicht-)Vorliegen eines wirksamen [X.]etriebsratsbeschlusses geeigneten Vortrag zu halten. Erst einem solchen Vortrag muss das Arbeitsgericht nachgehen ([X.]G 30. September 2014 - 1 A[X.] 32/13 - Rn. 45, aaO; 25. März 1992 - 7 A[X.] 65/90 - zu [X.] III 6 der Gründe, [X.]GE 70, 85).

(2) Das Protokoll der außerordentlichen Sitzung vom 18. Mai 2011 enthält den [X.]eschlussinhalt, das Stimmenverhältnis sowie eine von den Sitzungsteilnehmern unterzeichnete Anwesenheitsliste. Zudem ist aus der Sitzungsniederschrift ersichtlich, dass in der [X.], in der der [X.]eschluss über die Genehmigung der Tagesordnung gefasst wurde, 26 [X.]etriebsratsmitglieder anwesend waren. Die Arbeitgeberin hat keinen Vortrag gehalten, der das [X.]eschwerdegericht veranlassen musste, die [X.]eschlussfassung in der [X.]etriebsratssitzung vom 18. Mai 2011 weiter aufzuklären. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin liegt keine Unstimmigkeit der Sitzungsniederschrift, die das [X.] zu weiterer Aufklärung der [X.]eschlussfassung hätte veranlassen müssen, darin, dass der [X.]eschluss über die Tagesordnung von 26 anwesenden [X.]etriebsratsmitgliedern nach 13:35 Uhr gefasst wurde und in den [X.] die zeitweise Abwesenheit von bis zu vier [X.]etriebsratsmitgliedern nach 13:40 Uhr vermerkt ist. Wie sich aus dem Protokoll ergibt, wurde vor der Pause [X.] 43 besprochen. Nach dem Protokoll fand die Pause von 13:06 Uhr bis 13:35 Uhr statt. Nach der Pause wurde laut Protokoll zunächst von den 26 anwesenden [X.]etriebsratsmitgliedern einstimmig der [X.]eschluss über die Genehmigung der Tagesordnung gefasst. Im [X.] daran wurde [X.] 43 ausweislich der Sitzungsniederschrift erneut behandelt. Dieser protokollierte Ablauf weist keinen Widerspruch auf, der geeignet wäre, den [X.]eweiswert der Sitzungsniederschrift zu erschüttern. Der Umstand, dass bei der [X.]ehandlung von [X.] 43 zeitweise bis zu vier [X.]etriebsratsmitglieder nicht anwesend waren, spricht nicht dagegen, dass zuvor alle 26 nach der Pause erschienenen [X.]etriebsratsmitglieder den [X.]eschluss über die Genehmigung der Tagesordnung gefasst haben.

c) Da die [X.]estellung des Antragstellers zum [X.]eisitzer der beiden Einigungsstellen ordnungsgemäß erfolgt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob es der Arbeitgeberin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 [X.]G[X.]) verwehrt wäre, sich auf die Unwirksamkeit der [X.]eschlussfassung über die [X.]estellung des Antragstellers als Einigungsstellenbeisitzer zu berufen, wie das [X.] angenommen hat.

II. Die Feststellungen des [X.]s zur Höhe des von der Arbeitgeberin an den Antragsteller zu zahlenden Honorars von insgesamt 6.664,00 Euro für die Tätigkeit in den Einigungsstellen sowie zur Höhe der ihm zu erstattenden Fahrtkosten von 974,61 Euro und Übernachtungskosten in Höhe von 491,00 Euro sind rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Sie sind von der Arbeitgeberin auch nicht angegriffen worden.

        

    Gräfl    

        

    Waskow    

        

    [X.]    

        

        

        

    Steininger    

        

    H. Hansen    

                 

Meta

7 ABR 46/16

22.11.2017

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Flensburg, 24. Juni 2015, Az: 1 BV 51/14, Beschluss

§ 76a Abs 3 BetrVG, § 76a Abs 1 BetrVG, § 33 Abs 1 BetrVG, § 29 Abs 2 S 3 BetrVG, § 33 Abs 2 BetrVG, § 34 BetrVG, § 292 ZPO, § 286 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.11.2017, Az. 7 ABR 46/16 (REWIS RS 2017, 1940)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1940

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3 TaBV 1/20 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


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