Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2016, Az. I ZR 112/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 10689

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:010616BIZR112.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 112/15
vom
1. Juni 2016
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 1.
Juni 2016 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Löffler, die Richterin Dr.
[X.] und den Richter Feddersen

beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 30.
April 2015 wird auf Kosten des Beklagten zurück-gewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf festge-setzt.

Gründe:

[X.] Die Klägerin ist die [X.]. Der [X.] ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Er ist aufgrund einer
Zulassung der Klägerin vom 25.
Juni 1973 Rechtsbeistand und als solcher bei der Klägerin zugelassen.

Der Beklagte richtete am 6.
Februar 2013 ein Schreiben an das Finanz-amt
Mühlhausen, in dessen Briefkopf er sich wie folgt bezeichnete:

Fachbeistand für Handels-
und Gesellschaftsrecht
Fachbeistand für
Sozialrecht
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3
-
Fachbeistand für Arbeitsrecht
Rechtsbeistand für Strafrecht
Rechtsbeistand für Insolvenzrecht
Rechtsbeistand für Versicherungsrecht
Rechtsbeistand für Erbrecht

Die Klägerin hält das Führen dieser Titel für irreführend und unzulässig.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, diese Bezeichnungen einzeln oder kumulativ zu führen, wenn dies geschieht wie in dem Schreiben vom 6.
Februar 2013. Außerdem hat sie den Beklagten auf Erstattung von [X.] Abmahnkosten zuzüglich Zinsen in Anspruch genommen.

Das [X.] hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung statt-gegeben ([X.], Urteil vom 25.
März 2014 -
12
[X.]/13, juris). Das Berufungsgericht
hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen ([X.], [X.], 1156) und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich der Beklagte gegen dieses Urteil, soweit es seine Verurteilung zur Unterlassung der einzelnen oder kumulativen Verwendung der Bezeichnungen Rechtsbeistand für Strafrecht, Rechtsbeistand für Insolvenzrecht,
Rechtsbeistand für Versicherungsrecht,
Rechtsbeistand für Erbrecht und zur Zahlung der Kostenpauschale zuzüglich Zinsen angeht. [X.] begehrt er eine Einschränkung des Verbots
dahingehend, dass ihm ledig-lich untersagt werden soll, kumuliert nicht mehr als drei dieser Bezeichnungen zu führen.

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I[X.] Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der von dem Beklagten mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000

nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).

1.
Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer [X.] sich grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils. Wendet sich die beklagte [X.] mit der Revision gegen die in den Vorinstanzen zu ihren Lasten titulierte Unterlas-sungspflicht, so richtet sich der Wert der Beschwer nach ihrem gemäß § 3 ZPO grundsätzlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessenden [X.] an der Beseitigung dieser Verpflichtung (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 10. Dezember 2013 -
XI [X.], [X.], 96 Rn. 4; Beschluss vom 5. März 2015 -
I
ZR
161/14, juris Rn.
4; Beschluss vom 11.
November 2015
-
I [X.], juris Rn. 6).

Der nach dem Interesse des zur Unterlassung verurteilten Beklagten an einer Beseitigung der Verurteilung zu bemessende Wert der Beschwer ent-spricht zwar nicht zwangsläufig, aber doch regelmäßig dem nach dem Interesse der klagenden [X.] an dieser Verurteilung zu bemessenden Streitwert. Das Interesse des [X.] an einer solchen Unterlassung ist pauschalierend und unter Berücksichtigung von Bedeutung, Größe und Umsatz des Verletzers, Art, Umfang und Richtung der Verletzungshandlung sowie subjektiven Umständen auf Seiten des Verletzers, wie etwa dem Verschuldensgrad, zu bewerten (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Februar 2011 -
I [X.], [X.], 261 Rn. 5 mwN; Beschluss vom 9. Februar 2012 -
I [X.], juris Rn. 7; Beschluss vom 16. Mai 2013 -
I [X.], juris Rn. 8; Beschluss vom 11.
November 2015
-
I [X.], juris Rn. 7).

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Einer beklagten [X.], die weder die Streitwertfestsetzung in den [X.] beanstandet noch sonst glaubhaft gemacht hat, dass für die [X.], die bereits dort vorgebracht [X.] sind, nicht hinreichend berücksichtigt worden sind, ist es daher regelmäßig versagt, sich im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde noch auf einen [X.], die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erstmals erreichenden Wert zu berufen (vgl. [X.], Beschluss vom 10. Mai 2012 -
I [X.], juris Rn. 4; [X.] vom 9. Dezember 2014 -
VIII ZR 160/14, juris Rn. 7; Beschluss vom 5.
März 2015 -
I [X.], juris Rn. 5; Beschluss vom 11.
November 2015
-
I [X.], juris Rn. 8).

2.
Danach kann der Beklagte im [X.] nicht geltend machen, seine Beschwer durch die Verurteilung zur Unterlassung im angegriffenen Umfang

a) Die Klägerin hat bei Klageerhebung den Streitwert für den auf Unter-lassung der Verwendung von sieben Bezeichnungen gestützten Klageantrag n-stanz auf diesen Betrag festgesetzt. Das Berufungsgericht ist dem gefolgt und hat den Streitwert zunächst vorläufig auf r-läufige Streitwertfestsetzung durch das Berufungsgericht hat sich der Beklagte mit einer -
unzulässigen
(vgl. §
67 Satz
2 in Verbindung mit §
66 Abs.
3 Satz
3 GKG) -
Streitwertbeschwerde gewandt und eine Herabsetzung des Streitwerts tragt.
Das Berufungsgericht hat den Streitwert für das Beru-

b) Der Beklagte kann mit seinem Begehren, den Wert der Beschwer ab-weichend von der Wertfestsetzung des Berufungsgerichts zu bemessen, schon deshalb nicht durchdringen, weil er damit erstmals im Verfahren der Nichtzulas-9
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sungsbeschwerde hervorgetreten ist. Die Gesamtbeschwer des Beklagten durch das Berufungsurteil bemisst sich nach der zugrunde zu legenden Streit-wertfestsetzung des Berufungsgerichts und beträgt . Der Beklagte hat die Nichtzulassungsbeschwerde auf einen Teil seiner Verurteilung beschränkt
und
ausdrücklich erklärt, er wende sich nicht gegen das ausgesprochene Ver-bot, die Bezeichnung "Fachbeistand" für drei Rechtsgebiete zu verwenden. Der Wert der im [X.] streitgegenständlichen Ver-urteilung zur Unterlassung der Verwendung von vier Bezeichnungen und die dadurch verursachte Beschwer des Beklagten berechnet sich anteilig aus dem von den Vorinstanzen für das Führen von sieben Bezeichnungen festgesetzten

.

II[X.]
Die Nichtzulassungsbeschwerde hätte auch in der Sache keinen [X.], weil es an einer den Anforderungen der §
543 Abs.
2 Satz
1, §
544 Abs.
2 Satz
3 ZPO entsprechenden Beschwerdebegründung fehlt.

1.
Eine ordnungsgemäße Darlegung eines Zulassungsgrundes setzt vo-raus, dass der Beschwerdeführer die Zulassungsgründe, auf die er seine Be-schwerde stützt, benennt und zu diesen so substantiiert vorträgt, dass das Re-visionsgericht allein anhand der Beschwerdebegründung und des [X.] die Voraussetzungen der Zulassung prüfen kann ([X.], Beschluss vom 1.
Oktober 2002 -
XI ZR 71/02, [X.]Z 152, 182, 185).

2.
Die Beschwerde macht geltend, das Berufungsgericht habe die Se-natsentscheidung vom 24.
Juli 2014 ([X.], [X.], 286 = [X.], 340 -
Spezialist für Familienrecht) nicht berücksichtigt. Die vom Beklagten geführte Berufsb-
ebenso wie die Bezeichnung "Spez-
lediglich darauf aufmerksam, dass der Rechtsbeistand in der genannten Materie über besondere Kenntnisse verfüge. 13
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7
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Der Beklagte habe durch Vorlage von Teilnahmezertifikaten an Fachanwalts-lehrgängen und Klausuren seine besonderen, einen Fachanwalt auszeichnen-den Kenntnisse auf den maßgebenden Rechtsgebieten nachgewiesen. Die [X.] auf drei Rechtsmaterien gebiete eine analoge Anwendung des §
43c [X.] nicht.
[X.] sei die Revision zudem deshalb, weil das Beru-fungsurteil in die Berufsausübungsfreiheit des Beklagten eingreife.
Diese [X.] genügen nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Be-schwerdegründung.

3.
Der Beklagte hat
die Voraussetzungen des
von ihm geltend
gemach-ten
Zulassungsgrunds der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Revisionsge-richts zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Fall
2 ZPO) nicht ordnungsgemäß vorgetragen.

a) Zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist eine Ent-scheidung des [X.] erforderlich, wenn in der angefochtenen Ent-scheidung ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufge-stellten abstrakten Rechtssatz abweicht ([X.]Z 152, 182, 186; [X.], Beschluss vom 27.
März 2003 -
V [X.], [X.]Z 154, 288, 292 f.). Um eine Divergenz ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die Vorentscheidung, zu der die Divergenz geltend gemacht wird, konkret zu benennen und zu zitieren, die [X.] divergierenden entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssätze aus dieser Vorentscheidung und aus der angefochtenen Entscheidung herauszu-stellen sowie vorzutragen, inwiefern diese nicht übereinstimmen ([X.]Z 152, 182, 186).

b) Diesen
Erfordernissen
wird die Begründung der Nichtzulassungsbe-schwerde nicht gerecht. Die Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde, das Beru-16
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fungsgericht habe das Senatsurteil "Spezialist für Familienrecht" nicht berück-sichtigt, reicht hierfür nicht aus. Die Nichtzulassungsbeschwerde benennt weder die abstrakten Rechtssätze, die der Senatsentscheidung "[X.]" zugrunde liegen, noch diejenigen Rechtssätze, die das Berufungsge-richt für seine Entscheidung herangezogen hat, noch eine insoweit bestehende Divergenz. Sie legt im Übrigen nicht dar, aus welchem Grund das Berufungsge-richt in zulassungsrelevanter Weise fehlerhaft davon ausgegangen ist, dass die Senatsentscheidung "Spezialist für Familienrecht" für den Streitfall keine Be-deutung habe.

4.
Der Beklagte hat schließlich nicht hinreichend dargelegt, dass er durch das Berufungsurteil in seinem
Grundrecht aus Art.
12 Abs.
1 Satz
2 GG verletzt wird.

a) Bereits nach dem Wortlaut des §
544 Abs.
2 Satz
3 ZPO genügt das bloße Behaupten eines Zulassungsgrundes für eine ordnungsgemäße [X.] der Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Vielmehr hat der [X.] die Zulassungsgründe, auf die er die Beschwerde stützt, zu benennen und zu deren Voraussetzungen substantiiert vorzutragen ([X.]Z 152, 182, 185). Das Revisionsgericht soll davon entlastet werden, die Voraussetzungen der Zulassung anhand der Akten ermitteln zu müssen ([X.]Z 152, 182, 185).

Wird im [X.] geltend gemacht, die Rechtsanwendung des Berufungsgerichts verletze in einer die Zulassung der Revision rechtfertigenden Weise Grundrechte des Beschwerdeführers, gelten vergleichbare Begründungsanforderungen wie diejenigen, die an die [X.] einer Verfassungsbeschwerde gestellt werden. Die Zulässigkeit der Ver-fassungsbeschwerde setzt eine hinreichende Begründung voraus (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.]). Das Begründungserfordernis verlangt neben der Be-19
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9
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zeichnung des angeblich verletzten Grundrechts auch die substantiierte Darle-gung des die Verletzung enthaltenden Vorgangs (vgl. [X.] 81, 208, 214; vgl. hierzu [X.] in [X.]/Schmidt-Bleibtreu/[X.]/[X.], [X.], 47.
Ergänzungslieferung
August 2015, § 92 Rn. 2).

b) Danach ist die nicht näher ausgeführte Rüge der Nichtzulassungsbe-schwerde
unzureichend, das Berufungsurteil greife durch das gegenüber dem Beklagten erlassene Verbot, die im [X.]
noch streitgegenständlichen Bezeichnungen zu führen, ohne gesetzliche
Grundlage in die durch Art.
12 Abs.
1 GG garantierte Berufsausübungsfreiheit
des Beklag-ten ein.

5.
Den mit der Nichtzulassungsbeschwerde hilfsweise verfolgten Antrag, dem Beklagten das Führen von kumuliert nicht mehr als drei der noch streitge-genständlichen Bezeichnungen zu untersagen, hat der Beklagte gleichfalls nicht näher
begründet.

6.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat des Weiteren die [X.] der nur unzureichend vorgetragenen Zulassungsgründe nicht [X.]. Sie behauptet, der Beklagte habe seine besonderen, einen Fachanwalt auszeichnenden Kenntnisse auf den maßgeblichen Rechtsgebieten [X.]. Dabei bezieht sie sich ohne nähere Erläuterung auf umfangreiche, in den Vorinstanzen vorgelegte Anlagen, aus denen sich die Richtigkeit dieser Behauptung ergeben soll. Dies ist für eine ordnungsgemäße [X.] nicht ausreichend.

7.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

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10
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.
Büscher
Schaffert
Löffler

[X.]
Feddersen
Vorinstanzen:
LG
Darmstadt, Entscheidung vom 25.03.2014 -
12 [X.]/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 30.04.2015 -
6 U 86/14 -

26

Meta

I ZR 112/15

01.06.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2016, Az. I ZR 112/15 (REWIS RS 2016, 10689)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10689

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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