Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2006, Az. XI ZB 4/05

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 5602

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[X.] [X.] vom 17. Januar 2006 in dem Re[X.]htsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat dur[X.]h [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und Prof. Dr. [X.] am 17. Januar 2006 bes[X.]hlossen: Auf die Re[X.]htsbes[X.]hwerde des [X.] wird der Be-s[X.]hluss des 20. Zivilsenats des [X.] vom 22. November 2004 aufgehoben. Dem Kläger wird gegen die Versäumung der [X.]sfrist Wiedereinsetzung in den [X.] gewährt. [X.]: 48.220,96 •

Gründe: [X.] Das [X.] hat mit am 14. Juni 2004 zugestelltem Urteil vom 3. Juni 2004 die [X.] des [X.] teilweise abge-wiesen sowie der Widerklage der Beklagten im Wesentli[X.]hen stattgege-ben. Na[X.]h Einlegung der Berufung am 14. Juli 2004 wurde die [X.] - 3 - fungsbegründungsfrist antragsgemäß bis zum 14. [X.]tober 2004 verlän-gert. 2 Am 13. [X.]tober 2004 gingen bei der [X.] des Kam-mergeri[X.]hts die ersten 33 Seiten der im Original 69 Seiten umfassenden Berufungsbegründung per Telefax ein. Das vollständige und auf der letz-ten Seite unters[X.]hriebene Original der [X.] folg-te am 19. [X.]tober 2004. Auf einen am 28. [X.]tober 2004 abgegangenen Hinweis des Vorsitzenden führte der Prozessbevollmä[X.]htigte des [X.] mit Telefax vom 3. November 2004 aus, er habe die Angelegenheit über-prüft, es lägen zwei Faxmitteilungen vor, die eine ordnungsgemäße Übermittlung zweier Teile des [X.]satzes na[X.]hweisli[X.]h belegten. [X.] vorsorgli[X.]h teile er mit, dass fristgebundene S[X.]hriftsätze, die zur Fristwahrung per Telefax übermittelt würden, stets auf einen ordnungsgemäßen Übermittlungsberi[X.]ht hin kontrolliert wür-den. Erst dann sei der Versand abges[X.]hlossen. Eine unvollständige Übermittlung sei daher mit hoher Wahrs[X.]heinli[X.]hkeit generell ausge-s[X.]hlossen und es werde eine interne Prüfung des Geri[X.]hts nahe gelegt. Eine daraufhin erfolgte Na[X.]hfrage des Berufungsgeri[X.]hts bei der [X.] ergab, dass laut [X.] am 13. [X.]tober 2004 na[X.]h dem Eingang von 33 Seiten in einem neuen [X.] einige Minuten später ledigli[X.]h weitere zwei Seiten aus dem Büro des Prozessbevollmä[X.]htigten des [X.] eingegangen waren. 3 - 4 - Das Berufungsgeri[X.]ht hat die Berufung des [X.] mit Bes[X.]hluss vom 22. November 2004 als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentli[X.]hen ausgeführt: 4 5 Die Berufung sei innerhalb der Begründungsfrist ni[X.]ht dur[X.]h einen vollständigen und unters[X.]hriebenen S[X.]hriftsatz begründet worden. Per Telefax seien ledigli[X.]h die ersten 33 Seiten der Berufungsbegründung am 13. [X.]tober 2004 bei Geri[X.]ht eingegangen. Ausweisli[X.]h des [X.] seien neben den ausgewiesenen 33 Seiten 21 Minuten später no[X.]h zwei weitere Seiten vom glei[X.]hen Absender eingegangen, die aber ni[X.]ht zur Akte gelangt seien, also offenbar anders zuzuordnen gewesen seien. Jedenfalls könne es si[X.]h dabei ni[X.]ht um die restli[X.]hen Seiten 34 bis 69 gehandelt haben.
Abgesehen davon, dass der Kläger innerhalb der [X.] keinen Wiedereinsetzungsantrag gestellt habe, sei vorsorgli[X.]h darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzungen für ein fehlendes [X.] ni[X.]ht ansatzweise vorgetragen worden seien. 6 Hiergegen wendet si[X.]h der Kläger mit der Re[X.]htsbes[X.]hwerde. 7 I[X.] Die Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist zulässig und begründet. 8 1. Die gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Re[X.]htsbes[X.]hwerde des [X.] ist zulässig, 9 - 5 - da zur Si[X.]herung einer einheitli[X.]hen Re[X.]htspre[X.]hung eine Ents[X.]heidung des [X.] erforderli[X.]h ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). 10 a) Indem das Berufungsgeri[X.]ht die Berufungsbegründung des [X.] als ni[X.]ht fristgere[X.]ht angesehen hat, ist es allerdings entgegen der Ansi[X.]ht der Re[X.]htsbes[X.]hwerde ni[X.]ht von der Ents[X.]heidung des Bundes-geri[X.]htshofs vom 28. März 2001 ([X.]I ZB 100/00, [X.], 1045, 1046) abgewi[X.]hen. In Übereinstimmung mit diesem Bes[X.]hluss hat es aufgrund des Vortrages des [X.] Ermittlungen na[X.]h dem Eingang der fehlenden 36 Seiten der [X.] angestellt. Wenn das Berufungsgeri[X.]ht aus dem Journal des geri[X.]htli[X.]hen Telefaxgeräts den S[X.]hluss gezogen hat, die Berufungsbegründung sei ni[X.]ht vollständig beim Empfangsgerät des Geri[X.]hts eingegangen und die Begründungsfrist deswegen ni[X.]ht gewahrt, so ist das re[X.]htli[X.]h ni[X.]ht zu beanstanden. Das Journal wies in zeitli[X.]hem Abstand von einigen Minuten na[X.]h dem Ein-gang der ersten 33 Seiten der Berufungsbegründung ledigli[X.]h den [X.] von zwei weiteren Seiten aus dem Büro des Prozessbevollmä[X.]htig-ten des [X.] aus. Es enthielt keinerlei Hinweise für einen Papierstau oder eine sonstige Empfangsstörung. Vielmehr wurde im Zeitraum vor, zwis[X.]hen und na[X.]h dem Empfang der beiden genannten Sendungen der kontinuierli[X.]he Empfang von [X.] anderer Sender ausge-wiesen. Der im Journal ausgewiesene Diagnose[X.]ode befand si[X.]h [X.] au[X.]h bei anderen empfangenen Sendungen, so dass das [X.] entgegen der Ansi[X.]ht der Re[X.]htsbes[X.]hwerde keine Veran-lassung hatte, insofern von si[X.]h aus Ermittlungen anzustellen.
b) Indem das Berufungsgeri[X.]ht dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungs-11 - 6 - frist verweigert hat, hat es aber das Verfahrensgrundre[X.]ht des [X.] auf Gewährung wirkungsvollen Re[X.]htss[X.]hutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in [X.] mit dem Re[X.]htsstaatsprinzip) verletzt. Das Berufungsgeri[X.]ht hat dem Kläger aus den unter Ziffer 2 folgenden Gründen die Wiedereinset-zung in den vorigen Stand aufgrund von überspannten Anforderungen an die Sorgfaltspfli[X.]hten ihres Prozessbevollmä[X.]htigten versagt, die na[X.]h hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]her Re[X.]htspre[X.]hung ni[X.]ht verlangt werden und mit denen der Kläger ni[X.]ht re[X.]hnen musste (vgl. dazu [X.] 79, 372, 376 f.; [X.] NJW-RR 2002, 1004; [X.], 221, 227 f.). 2. Die Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist begründet. 12 a) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand s[X.]heitert entgegen der Ansi[X.]ht des Berufungsgeri[X.]hts ni[X.]ht an einem fehlenden Antrag des [X.]. Ein Wiedereinsetzungsantrag brau[X.]ht ni[X.]ht ausdrü[X.]kli[X.]h gestellt zu werden. Er kann vielmehr konkludent in einem S[X.]hriftsatz enthalten sein (vgl. [X.], 389, 392). 13 So liegt der Fall hier. Aus den Angaben im S[X.]hriftsatz vom 3. November 2004 folgt, dass der Kläger zwar in erster Linie von einer Wahrung der Berufungsbegründungsfrist ausging, zuglei[X.]h aber eine Fristversäumung ni[X.]ht auss[X.]hloss und daher hilfsweise einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen wollte, indem er vorsorg-li[X.]h Ausführungen zur ordnungsgemäßen Ausgangskontrolle ma[X.]hte. Sämtli[X.]he die Wiedereinsetzung begründenden Tatsa[X.]hen sind au[X.]h ak-tenkundig. Die versäumte [X.] war bereits mit Eingang der [X.] im Original am 19. [X.]tober 2004 na[X.]hgeholt worden. 14 - 7 - 15 b) Entgegen der Ansi[X.]ht des Berufungsgeri[X.]hts hat der Kläger au[X.]h hinrei[X.]hend dargelegt, dass ihn kein Vers[X.]hulden an der Versäu-mung der Berufungsbegründungsfrist trifft. Mit S[X.]hriftsatz vom 3. No-vember 2004 hat der Prozessbevollmä[X.]htigte des [X.] vorgetragen, dass aufgrund der von ihm selbst vorgenommenen Überprüfung des [X.] zwei Sendeberi[X.]hte die ordnungsgemäße Übermittlung der [X.] per Telefax belegten. Ferner hat er dargelegt, dass der [X.] in seiner Kanzlei erst dann abges[X.]hlossen sei, wenn Sendeberi[X.]hte mit dem Vermerk "[X.]" vorlägen. Aus diesem Vor-trag ergibt si[X.]h eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle. Wird eine Re[X.]htsmittels[X.]hrift per Telefax eingelegt, genügt für die Ausgangskon-trolle, dass ein vom Faxgerät des Absenders ausgedru[X.]ktes [X.] die ordnungsgemäße Übermittlung belegt und vor Fristablauf zur Kenntnis genommen wird (vgl. [X.], Bes[X.]hlüsse vom 28. Februar 2002 - [X.], NJW-RR 2002, 999, 1000 und vom 21. Juli 2004 - [X.]I ZR 27/03, NJW 2004, 3490, 3491; jeweils m.w.Na[X.]hw.). Kommt es beim elektronis[X.]hen [X.] zu Fehlern, die aus dem [X.] ni[X.]ht ersi[X.]htli[X.]h sind, können sie einer [X.] ni[X.]ht als s[X.]huldhaftes Verhalten angelastet werden.
[X.]) Der Kläger hat au[X.]h die [X.] des § 234 ZPO, die frühestens mit Zugang des geri[X.]htli[X.]hen Hinweises vom 21. [X.]tober 2004, der erst am 28. [X.]tober 2004 abgesandt worden ist, mit seinem S[X.]hriftsatz vom 3. November 2004 gewahrt. Die Tatsa[X.]he, dass er die beiden in dem S[X.]hriftsatz erwähnten Sendeprotokolle, die seinen Vortrag belegen, erst mit S[X.]hriftsatz vom 23. Dezember 2004 eingerei[X.]ht hat, ist uns[X.]hädli[X.]h, da es si[X.]h hierbei ni[X.]ht um neuen Tatsa[X.]henvortrag han-16 - 8 - delt, sondern um die Vorlage eines Na[X.]hweises, der den bisherigen Vor-trag stützt. Die Glaubhaftma[X.]hung von Tatsa[X.]henvortag ist au[X.]h no[X.]h na[X.]h Ablauf der [X.] zulässig (§ 236 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO) und kann no[X.]h im Re[X.]htsmittelverfahren na[X.]hgeholt wer-den (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 20. März 1996 - [X.], [X.], 1682). 3. Dem Kläger war daher Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren mit der Folge, dass die Verwerfung der Berufung gegen-standslos ist. 17 [X.] [X.] Joeres Ellenberger [X.] Vorinstanzen: [X.], Ents[X.]heidung vom 03.06.2004 - 33 O 360/02 - [X.], Ents[X.]heidung vom 22.11.2004 - 20 U 139/04 -

Meta

XI ZB 4/05

17.01.2006

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2006, Az. XI ZB 4/05 (REWIS RS 2006, 5602)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5602

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XI ZB 4/04 (Bundesgerichtshof)


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20 U 139/04

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