Bundessozialgericht, Beschluss vom 27.07.2015, Az. B 10 EG 3/15 B

10. Senat | REWIS RS 2015, 7551

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Gegenstand

(Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Elterngeld - Einkommensermittlung - selbstständige Tätigkeit - Berücksichtigung von Steuern nach § 2 Abs 8 S 4 BEEG idF vom 5.12.2006 - im Veranlagungszeitraum gezahlte oder auch für diesen Zeitraum ermittelte Steuern - Darlegung der Entscheidungserheblichkeit - auslaufendes Recht)


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 11. Februar 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 11.2.2015 hat das [X.] einen Anspruch des [X.] auf höheres Elterngeld für den 3. bis 14. Lebensmonat seines am 9.5.2011 geborenen Kindes unter Abzug der auf das im Bezugszeitraum erzielte Einkommen entfallenden durchschnittlichen Steuern verneint. Der Beklagte habe zu Recht das im Bezugszeitraum erzielte Einkommen des [X.] nicht um die in dem danach ergangenen Einkommensteuerbescheid festgesetzten Steuern vermindert. Nach § 2 Abs 8 S 4 Bundeselterngeld- und [X.] ([X.]) alter Fassung (aF) sei nur im Falle einer Steuervorauszahlung im Bezugszeitraum der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer in Abzug zu bringen. Sofern tatsächlich - wie im Falle des [X.] - keine Steuervorauszahlung erfolgt sei, sei kein Abzug der später festgesetzten Steuern vorzunehmen. Denn Steuerbeträge, die nachträglich durch den Steuerbescheid festgesetzt würden, seien für die Elterngeldberechnung nicht maßgeblich. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt, die er mit dem Bestehen einer grundsätzlichen Bedeutung begründet.

2

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]). Keiner der in § 160 Abs 2 [X.] abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ist ordnungsgemäß dargetan worden.

3

1. Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 [X.] hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist, und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt (vgl [X.] § 160 [X.] 17; [X.] § 160a [X.] 7, 13, 31, 59, 65). Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (zum Ganzen vgl [X.] 3-1500 § 160a [X.] 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

4

Der Kläger hält folgende Frage für eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung:

        

"Ist § 2 Abs. 8 [X.] in der Fassung vom [X.] so auszulegen, dass als auf das Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit entfallende Steuern nur solche berücksichtigt werden können, die im fraglichen Zeitraum tatsächlich entrichtet wurden, oder sind hier die Steuern zu berücksichtigen, die anteilig für das Einkommen zu zahlen sind."

5

Unabhängig von der Frage, ob der Kläger insoweit eine hinreichend konkrete Rechtsfrage gestellt und deren Klärungsbedürftigkeit hinreichend dargelegt hat, fehlt es an ausreichenden Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit (a) und zur Breitenwirkung (b).

6

a) Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nur, wenn sie gerade für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist. Dies setzt voraus, dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ankommt und die Entscheidung bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinne hätte ausfallen müssen. Kann mangels entsprechenden Vortrags nicht ausgeschlossen werden, dass der geltend gemachte Anspruch unabhängig vom Ergebnis der angestrebten rechtlichen Klärung womöglich am Fehlen einer weiteren, bisher unbeachtet gebliebenen Anspruchsvoraussetzung scheitern müsste, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und damit der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage ([X.] 4-1500 § 160a [X.] 5 Rd[X.] 3 mwN). Ein Beschwerdeführer hat daher den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und dabei insbesondere den Schritt darzustellen, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht ([X.] § 160a [X.] 31). Hierzu enthält die Beschwerdebegründung keine ausreichenden Ausführungen, es fehlt bereits eine Darstellung und Auseinandersetzung mit der Regelung in § 2 Abs 8 S 4 [X.] aF. Der Kläger legt insbesondere nicht dar, welche Auswirkungen diese Vorschrift für den ihn konkret betreffenden Lebenssachverhalt - keine Steuervorauszahlungen geleistet zu haben - hat bzw die von ihm bevorzugte Auslegung hätte.

7

b) Eine grundsätzliche Bedeutung ist in der Regel auch zu verneinen, wenn es bei der vermeintlichen Rechtsfrage um ausgelaufenes oder auslaufendes Recht geht (vgl [X.] § 160a [X.] 19), soweit es nicht noch eine erhebliche Anzahl von Fällen gibt, für die die Rechtsfrage von Bedeutung ist (vgl [X.] § 160a [X.] 19) oder die Vorschrift insoweit nachwirkt, als sie die Grundlage für eine Nachfolgevorschrift darstellt oder die frühere Rechtsprechung für die neue Rechtslage erheblich geblieben ist (vgl [X.] § 160a [X.] 58). Hieran fehlt es.

8

Der Anspruch des [X.] auf höheres Elterngeld richtet sich vorliegend nach § 2 Abs 8 [X.] in der am 1.1.2007 in [X.] getretenen Fassung vom 5.12.2006 ([X.] 2748), die nach den letzten Aktualisierungen vom [X.] ([X.] 1885) und vom 23.11.2011 ([X.] 2298) bis zum 17.9.2012 Gültigkeit besaß. Danach ist § 2 [X.] durch Art 1 des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 ([X.] 1878) mit Wirkung vom [X.] geändert und in den §§ 2, 2a bis f [X.] neu strukturiert worden. Die Regelungen des bisherigen § 2 Abs 7 bis 9 [X.] wurden im Wesentlichen in die neu eingefügten Vorschriften der §§ 2b bis 2f [X.] überführt (vgl BT-Drucks 17/9841 [X.]). Hierzu hat der Kläger selbst vorgetragen, dass die Regelung des § 2 Abs 8 [X.] aF nur Elterngeldberechtigte betrifft, deren Kinder vor dem [X.] geboren bzw die vor dem [X.] mit dem Ziel der Adoption aufgenommen wurden und dass die von ihm gestellte konkrete Frage "sich nach derzeit gültigem Recht wegen der Pauschalierung des [X.] nicht mehr" stelle. Darüber hinaus ist eine grundsätzliche Bedeutung aber auch nicht deshalb zu bejahen, weil noch über eine erhebliche Zahl von Fällen des auslaufenden Rechts zu entscheiden ist. Zwar behauptet der Kläger, das [X.] entscheide derzeit über Rechtsfragen, die die Auslegung von Normen des [X.] in der Fassung vom 5.12.2006 beträfen (unter Verweis auf das Urteil vom 11.2.2015 - L 12 EG 11/14 - Juris), sodass davon auszugehen sei, dass diverse Rechtsfragen - wie auch die hier aufgeworfene - zur Klärung der Umsetzungen des [X.] in der Fassung vom [X.] noch ausständen. Damit legt er aber nicht konkret dar, dass die von ihm gestellte Rechtsfrage zu § 2 Abs 8 [X.] aF Grundlage einer erheblichen Zahl weiterer Fälle ist, die noch zur Entscheidung anstehen. Eine weitergehende Nachwirkung der früheren Vorschrift durch Übernahme in das neue Recht hat der Kläger selbst verneint, sodass eine Breitenwirkung des ausgelaufenen Rechts nicht dargelegt ist. Eine bloße pauschale Behauptung reicht hierfür nicht aus ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 160a Rd[X.] 14f mwN). Ausnahmen hiervon sind nicht ersichtlich, eine mögliche Verfassungswidrigkeit der alten Regelung ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

9

2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]).

3. Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung [X.] (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.]).

4. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.].

Meta

B 10 EG 3/15 B

27.07.2015

Bundessozialgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: EG

vorgehend SG München, 23. Januar 2014, Az: S 8 EG 75/13, Gerichtsbescheid

§ 2 Abs 8 S 4 BEEG vom 05.12.2006, EGeldVereinfG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 27.07.2015, Az. B 10 EG 3/15 B (REWIS RS 2015, 7551)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7551

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