Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.01.2017, Az. B 10 EG 4/16 B

10. Senat | REWIS RS 2017, 17116

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Elterngeld - Selbstständige in der Gründungsphase - Anwendung des strengen Zuflussprinzips - Ungleichbehandlung gegenüber Eltern in nicht selbstständiger Tätigkeit - Verfassungsmäßigkeit - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 24. Februar 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. In der Hauptsache begehrt die Klägerin höheres Elterngeld für ihr am 2.9.2012 geborenes Kind. Der [X.]eklagte bewilligte der zunächst im Anstellungsverhältnis (bis Oktober 2011) und später als Rechtsanwältin selbstständig tätigen Klägerin antragsgemäß Elterngeld für den ersten bis 12. Lebensmonat, ohne im [X.]emessungszeitraum erarbeitetes, aber erst im [X.]ezugszeitraum zugeflossenes Einkommen bei der [X.]emessung des Elterngeldes zu berücksichtigen (vorläufiger [X.]escheid vom 13.11.2012, [X.] vom [X.], Widerspruchsbescheid vom 13.2.2014). Das [X.] hat die Klage abgewiesen, weil nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung insoweit das strenge Zuflussprinzip gelte. Die Ungleichbehandlung gegenüber Eltern in nicht selbstständiger Tätigkeit sei sachlich gerechtfertigt. Auch die Personengruppe der Klägerin werde mindestens durch den Sockelbetrag in einer den Anforderungen des Art 6 Abs 1 [X.] entsprechenden Weise gefördert (Gerichtsbescheid vom 1.9.2014). Das L[X.] hat die [X.]erufung unter [X.]ezug auf die [X.]egründung der erstinstanzlichen Entscheidung zurückgewiesen (Urteil vom 24.2.2016).

2

Mit ihrer [X.]eschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des L[X.] und macht die grundsätzliche [X.]edeutung der Sache geltend.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die [X.]egründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 [X.]G).

4

1. Die Klägerin hat die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 [X.]G) nicht hinreichend dargetan. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche [X.]edeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der [X.]eschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter [X.]erücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein [X.]eschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte [X.]reitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl [X.][X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.] mwN). Daran fehlt es.

5

Die [X.]eschwerdebegründung lässt bereits die ausdrückliche Formulierung einer hinreichend deutlichen Rechtsfrage vermissen. Soweit dem Vortrag der Klägerin sinngemäß die Rechtsfrage entnommen werden kann, ob Selbstständige in der Gründungsphase mit fast ausschließlich einem Auftraggeber als arbeitnehmerähnlich (vgl etwa § 2 S 1 Nr 9 [X.][X.] VI) einzustufen seien, beschäftigt sich die [X.]egründung schon nicht damit, dass das L[X.] eine selbstständige Tätigkeit der Klägerin mit diesen Einschränkungen nicht festgestellt hat, ohne dass dies mit durchgreifenden Verfahrensrügen in Frage gestellt worden wäre (§ 163 [X.]G). Soweit die Klägerin die Anwendung der modifizierten Zuflusstheorie jedenfalls auf Selbstständige in der Gründungsphase für geboten und die Anwendung des strengen Zuflussprinzips insoweit wegen sachwidriger [X.]enachteiligung gegenüber Eltern in nicht selbstständiger Erwerbstätigkeit sowie eines Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 [X.] für verfassungswidrig hält, fehlt es an hinreichender Darlegung zum Klärungsbedarf.

6

Wer sich auf die Verfassungswidrigkeit einer Regelung beruft, darf sich nicht auf die [X.]enennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter [X.]erücksichtigung der Rechtsprechung des [X.] und des [X.][X.] darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl z[X.] [X.][X.]E 40, 158 = [X.] 1500 § 160a [X.]; [X.][X.] [X.]eschlüsse vom [X.] - [X.] 12 RA 16/05 [X.] - und vom 16.2.2009 - [X.] 1 KR 87/08 [X.]). Hierzu müssen der [X.]edeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des [X.] dargelegt werden. Diesen Anforderungen entspricht die [X.]eschwerdebegründung nicht. Ihr lassen sich schon keine Ausführungen zu der vom [X.] und ihm folgend dem L[X.] auch zitierten Rechtsprechung des [X.][X.] entnehmen, das in ständiger Rechtsprechung die abweichende [X.]ehandlung der Einkommen von Eltern in selbstständiger Tätigkeit und nicht selbstständiger Tätigkeit mit [X.]lick auf die Unterschiede in der Ausgestaltung beider Erwerbstätigkeiten für verfassungsgemäß erachtet, ohne besondere Phasen der Selbstständigkeit - z[X.] [X.] mit hohen Abschreibungsmöglichkeiten - hiervon auszunehmen (vgl [X.][X.] Urteil vom 15.12.2015 - [X.] 10 EG 6/14 R - [X.] 4-7837 § 2 [X.]).

7

Klärungsbedarf ist in der Regel auch dann zu verneinen, wenn es bei der vermeintlichen Rechtsfrage um ausgelaufenes oder auslaufendes Recht geht (vgl [X.][X.] [X.] 1500 § 160a [X.]), soweit es nicht noch eine erhebliche Anzahl von Fällen gibt, für die die Rechtsfrage von [X.]edeutung ist (vgl [X.][X.] [X.] 1500 § 160a [X.]) oder die Vorschrift insoweit nachwirkt, als sie die Grundlage für eine Nachfolgevorschrift darstellt oder die frühere Rechtsprechung für die neue Rechtslage erheblich geblieben ist (vgl [X.][X.] [X.] 1500 § 160a [X.]). Der Anspruch der Klägerin auf höheres Elterngeld richtet sich ihrem Vortrag zufolge nach § 2 [X.]undeselterngeld- und [X.] ([X.]EEG) in der Fassung des [X.] 2011. Inzwischen ist § 2 [X.]EEG durch Art 1 des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 ([X.]G[X.]l I 1878) mit Wirkung vom [X.] geändert und in den §§ 2, 2a bis f [X.]EEG neu strukturiert worden. Hierzu äußert sich die [X.]eschwerdebegründung ebenfalls nicht.

8

2. Der Senat sieht von einer weiteren [X.]egründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]G).

9

3. Die Verwerfung der [X.]eschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung [X.] (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.]G).

4. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

Meta

B 10 EG 4/16 B

19.01.2017

Bundessozialgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: EG

vorgehend SG München, 1. September 2014, Az: S 33 EG 36/14, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 2 BEEG vom 23.11.2011, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.01.2017, Az. B 10 EG 4/16 B (REWIS RS 2017, 17116)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17116

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