Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2003, Az. V ZB 44/03

V. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1055

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[X.]/03vom23. Oktober 2003in dem [X.] 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 23. Oktober 2003 durch [X.] Tropf, Prof. Dr. [X.], [X.], [X.] und die Rich-terin Dr. Stresemannbeschlossen:Auf die Rechtsbeschwerde der [X.] wird der [X.] der 1. Zivilkammer des [X.] vom11. Juni 2003 aufgehoben.Der [X.] wird Wiedereinsetzung in den [X.] gewährt.Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des [X.], andas Berufungsgericht zurückverwiesen.Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 2.833,15 GründeI.Mit am 11. März 2003 der [X.] zugestelltem Urteil vom [X.] entschied das [X.]zum Nachteil der [X.]. [X.] 3 -gen legte die Beklagte am 10. April 2003 bei dem [X.]Beru-fung ein. Am 9. Mai 2003 beantragte die Beklagte, die Berufungsbegründungs-frist über den 12. Mai 2003 hinaus bis zum 28. Mai 2003 zu verlängern. In Er-wartung dieser Verlängerung erteilte der Prozeßbevollmächtigte der [X.] Angestellten die Weisung, die neue Frist und eine Wiedervorlage [X.] auf den 21. Mai 2003 zu notieren, was auch geschah. Die Kammer ver-längerte die Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 9. Mai 2003, [X.] bis zum 20. Mai 2003. Die Verfügung enthielt außer der Verlängerung nurden Hinweis, eine weitere Verlängerung sei nicht zu erwarten; der in dem [X.] Verfügungsformular auch vorgesehene Hinweis auf eine teilweiseZurückweisung des Antrags war nicht angekreuzt. Diese Verfügung wurde [X.] Mai 2003 ausgeführt und erreichte den Prozeßbevollmächtigten der [X.] am 14. Mai 2003. Dessen Angestellten fiel nicht auf, daß die Frist nurbis zum 20. Mai 2003 verlängert worden war. Die Akten wurden deshalb wienotiert erst am 21. Mai 2003 vorgelegt.Die Beklagte hat am 28. Mai 2003 die Berufungsbegründung eingereichtund darin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung [X.] beantragt. Sie hat vorgetragen, ihr Prozeßbevoll-mächtigter sei davon ausgegangen, daß die Frist antragsgemäß verlängertwerde, zumal ihm die Geschäftsstelle der Kammer erklärt habe, mit der Frist-verlängerung dürfte es keine Probleme geben.Das [X.] hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den [X.] zurückgewiesen und die Berufung der [X.] als unzulässig verwor-fen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der [X.].- 4 -II.Das Berufungsgericht meint, die Berufungsbegründungsfrist sei [X.] Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der [X.] versäumt [X.]. Dieser habe nicht mit einer Bewilligung der Fristverlängerung rechnendürfen. Denn er habe weder erhebliche Gründe vorgetragen noch eine Zusageder Vorsitzenden der Kammer eingeholt. Daß er sich bei der [X.] erkundigt habe, sei unerheblich.[X.] Rechtsbeschwerde ist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1Satz 4 ZPO statthaft und nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig. Sie hat auchErfolg, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der [X.] auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 20 GG i.V.m. [X.]) verletzt. Die Voraussetzungen für die beantragte Gewäh-rung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung [X.] liegen vor. Eine Verwerfung der Berufung als [X.] scheidet deshalb aus.1. Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes ver-bietet es den Gerichten, den [X.]en den Zugang zu einer in der [X.] eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht [X.] rechtfertigender Weise zu erschweren ([X.] 69, 381, 385; 88, 118,123 ff; [X.] [X.], 533). Die Gerichte dürfen daher bei der Ausle-gung der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand regelnden Vorschriften- 5 -die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlaßt haben muß, um [X.] zu erlangen, nicht überspannen ([X.] 40, 88, 91; 67, 208,212 f.; [X.] NJW 1996, 2857; 2000, 1636; [X.] [X.], 533, 534).Das [X.] hat die Anforderungen in diesem Sinne überspannt.2. Die Beklagte hat die Berufungsbegründungsfrist versäumt, weil [X.] nicht auffiel, daß die Frist nicht bis zum 28., [X.] bis zum 20. Mai 2003 bewilligt worden war. Das ist unter den hier gegebe-nen besonderen Umständen weder ihr noch ihrem Prozeßbevollmächtigtenoder seiner Angestellten vorzuwerfen. Das Versagen der Fristkontrollmaßnah-men des Prozeßbevollmächtigten der [X.] beruht entscheidend darauf,daß das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung über die Fristverlängerungden Erfordernissen eines fairen Verfahrens nicht entsprochen hat.a) Die Beklagte durfte sich nach ständiger Rechtsprechung des [X.] darauf verlassen, daß die Fristverlängerung beim - wie hier - er-sten [X.] antragsgemäß bewilligt werde ([X.], [X.]. v. 5. Juli 1989, [X.] [X.], [X.]R ZPO § 233 Fristverlängerung 3; [X.]. v. 2. November 1989,III [X.], [X.]R ZPO § 233 Fristverlängerung 4; [X.]. v. 23. Juni 1994,VII ZB 5/94 NJW 1994, 2957; [X.]. v. 24. Oktober 1996, [X.], NJW1997, 400; [X.]. v. 11. November 1998, [X.], NJW 1999, 430;[X.]. v. 21. September 2000, [X.], [X.]R ZPO § 233 Mandatsnie-derlegung 4; [X.]. v. 28. November 2002, [X.], [X.]-Report 2003,459; [X.]. v. 20. Februar 2003, [X.], NJW-RR 2003, 861, 862).Das gilt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch dann, wenn sich [X.] nicht um die Zusicherung einer Fristverlängerung durch den [X.] der Kammer oder des Senats bemüht. Mit der Möglichkeit, daß das [X.] -fungsgericht ihrem Antrag auf Fristverlängerung zwar entsprechen, aber einedeutlich kürzere Frist bestimmen würde, brauchte die Beklagte nicht zu [X.]. Sie hatte nur eine maßvolle Verlängerung der Berufungsgründungsfristum 16 Tage beantragt. Die Kammer hatte keinen Termin bestimmt. Ein anderersachlicher Grund, diese Frist zu verkürzen, war nicht ersichtlich. Diesem [X.] der [X.] mußte das Berufungsgericht von Verfassungs wegenauch dann Rechnung tragen, wenn es der ihm zugrunde liegenden Rechtspre-chung nicht folgen wollte ([X.], [X.], 533, 534).b) Die Beklagte mußte auch nicht damit rechnen, daß das Berufungsge-richt die Berufungsbegründungsfrist um einen Zeitraum verlängerte, in dem diegeltend gemachten ergänzenden Erkundigungen erkennbar nicht würden ein-geholt werden können. Die Verlängerung der Berufungsfrist um nur etwas [X.] eine Woche konnte dem Prozeßbevollmächtigten der [X.] nicht aus-reichen, weil er Ermittlungen dazu anzustellen hatte, welche Abwasser-anschlußmaßnahme Gegenstand des Abwasserbeitragsbescheids war, vondem die Beklagte den Kläger freistellen sollte, und ob diese endgültig abge-schlossen war. Das hatte er in seinem Antrag nur kurz umrissen. Mehr waraber auch nicht nötig, weil das Amtsgericht die Beklagte aus eben diesemGrund verurteilt hatte.c) Ihre Entscheidung hat die Kammer der [X.] in einer Weise [X.] gemacht, die diese irreleitete. In der Verfügung war nämlich der in [X.] verwendeten Formular vorgesehene Textblock, mit dem auf die teilweiseZurückweisung des Antrags hingewiesen wird, nicht angekreuzt und darum indie Reinschrift auch nicht aufgenommen worden. So erweckte das Schreibenden Eindruck einer antragsgemäßen Fristverlängerung. Dieser Eindruck wurde- 7 -dadurch verstärkt, daß das Schreiben die Ankündigung enthielt, mit [X.] sei nicht zu rechnen. Veranlassung, einen solchen Hin-weis aufzunehmen, besteht gewöhnlich nur, wenn die beantragte [X.] bewilligt wird. Bei einer teilweisen Zurückweisung ihres gestell-ten Antrags käme eine [X.] nicht auf den Gedanken, sie könne mit einemweiteren Antrag eine weitergehende Fristverlängerung erreichen. [X.] auch der Zeitpunkt der Unterrichtung für eine antragsgemäße Verlänge-rung. Bei Eingang der Verfügung war der [X.] die Beschaffung der zu-sätzlichen Unterlagen, um deretwillen sie Fristverlängerung beantragt hatte,praktisch nicht mehr möglich. Das ließ aus ihrer Sicht eine antragsgemäßeFristverlängerung erwarten.d) Nichts anderes ergibt sich aus dem von dem Berufungsgericht her-vorgehobenen Umstand, daß das Vertrauen in die Bewilligung einer Fristver-längerung nur schützenswert ist, wenn auch erhebliche Gründe für die Frist-verlängerung vorgetragen werden ([X.], [X.]. v. 16. Juni 1992, [X.]/92VersR 1993, 379). Auf diese Frage kommt es hier nicht an, weil das [X.] selbst die Gründe als ausreichend angesehen und die Frist [X.] der Berufung verlängert hat. Hier geht es allein um die zu vernei-nende Frage, ob die Beklagte damit rechnen mußte, daß die Frist kürzer alsbeantragt bewilligt werde.- 8 -3. Ist dem Wiedereinsetzungsantrag der [X.] stattzugeben, darf [X.] Berufung auch nicht als unzulässig verworfen werden.Tropf [X.] [X.]

Meta

V ZB 44/03

23.10.2003

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2003, Az. V ZB 44/03 (REWIS RS 2003, 1055)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1055

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