Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.12.2015, Az. VII R 51/13

7. Senat | REWIS RS 2015, 1517

STEUERRECHT STEUERN FLUGVERKEHR TRANSPORT- UND SPEDITIONSRECHT

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Gegenstand

(Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 1.12.2015 VII R 55/13 - Luftverkehrsteuerbescheide unionsrechtskonform)


Leitsatz

NV: Die Luftverkehrsteuer ist nicht nur nach nationalem Recht, sondern auch nach Art. 1 der Richtlinie 2008/118/EG (VStSystRL) keine Verbrauchsteuer. Etwaige Verstöße der im LuftVStG geregelten Begünstigungen gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot (Ar. 107 Abs. 1 AEUV) führen nicht zur Aufhebung eines Luftverkehrsteuerbescheids.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 16. Mai 2013  1 K 1075/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein Luftfahrtunternehmen. Sie erhob gegen die als Steuerbescheid geltende [X.]anmeldung für den Monat Januar 2011 Sprungklage mit dem Ziel, diesen Bescheid aufzuheben bzw. das Verfahren auszusetzen und dem [X.] ([X.]) die Frage vorzulegen, ob das [X.] vom 9. Dezember 2010 --BGBl I 2010, 1885-- ([X.]) verfassungswidrig sei.

2

Mit Urteil vom 16. Mai 2013  1 K 1075/11 (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2014, Beilage Nr. 2, 17) wies das Finanzgericht ([X.]) die Klage als unbegründet ab. Eine Vorlage an das [X.] im Wege der konkreten Normenkontrolle scheide aus, da das [X.] in formeller wie in materieller Hinsicht verfassungskonform sei. In formeller Hinsicht folge die Gesetzgebungskompetenz aus Art. 105 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG, da es sich bei der [X.] um eine sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuer handele. In materieller Hinsicht verstoße das [X.] weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen Art. 12 GG.

3

Mit ihrer Revision macht die Klägerin zuletzt insbesondere einen Verstoß des [X.] gegen Unionsrecht geltend.

4

Zum einen sei die [X.] eine Verbrauchsteuer i.S. des Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2008/118/[X.] (VStSystRL) des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der [X.] ([X.] --[X.]-- 2009 Nr. L 9/12). Hierfür sei kein direkt proportionaler Zusammenhang mit der verbrauchten Menge der zu besteuernden Ware erforderlich. Vielmehr reiche es aus, dass das [X.] wegen der Staffelung nach Ländergruppen materiell bzw. mittelbar an den Verbrauch von Kraftstoff für die Luftfahrt knüpfe. Dem entsprechend habe die [X.] auch die mit der [X.] vergleichbare [X.] "[X.]" als Verbrauchsteuer bezeichnet. Die verdeckte Besteuerung von Flugbenzin durch das [X.] sei nicht mit Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/[X.] (EnergieStRL) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen [X.] zur Besteuerung von [X.] und elektrischem Strom ([X.] Nr. L 283/51) vereinbar, der eine zwingende Steuerbefreiung für Flugbenzin vorsehe. Eine Anwendung des Art. 1 Abs. 2 bzw. 3 VStSystRL komme nicht in Betracht.

5

Zum anderen führe das [X.] zu unzulässigen Beihilfen i.S. der Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]). Dies gelte für die Verschonung der Luftfracht und der Rundfluganbieter sowie für das [X.] gemäß § 2 Nr. 4 und 5 [X.] und die aus der Ausgestaltung des Steuersatzes folgende Begünstigung von Fluggesellschaften, die überwiegend Flüge im oberen Preissegment anbieten. Hinsichtlich des [X.]s verweist die Klägerin insbesondere auf die vom Gericht der [X.] zur [X.]n "[X.]" geäußerten Bedenken (Urteil [X.]/[X.] vom 25. November 2014 [X.]/11, [X.]:[X.]). Das daraus folgende Durchführungsverbot gemäß Art. 108 Abs. 3 Satz 3 [X.] sei durch die Aufhebung des Steuerbescheids umzusetzen.

6

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und den [X.]bescheid für den Monat Januar 2011 aufzuheben.

7

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) beantragt, die Revision zurückzuweisen.

8

Es schließt sich der Begründung des [X.] an und macht darüber hinaus geltend, das [X.] sei unionsrechtskonform. Zum einen sei die [X.] auch nach [X.] Recht als Verkehrsteuer zu qualifizieren, so dass weder ein Verstoß gegen die VStSystRL noch ein Verstoß gegen die EnergieStRL vorliegen. Es bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Besteuerungstatbestand und dem Kerosinverbrauch. Zum anderen liege kein Verstoß gegen das [X.]-Beihilferecht vor, da es an dem Tatbestandsmerkmal der Selektivität fehle. Im Übrigen könne sich die Klägerin der [X.] auch dann nicht entziehen, wenn die Befreiung anderer Unternehmen gegen das [X.]-Beihilferecht verstieße.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das Urteil entspricht dem [X.]recht (§ 118 Abs. 1 [X.]O). Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die als Steuerbescheid wirkende Anmeldung zur [X.] vom 10. Februar 2011 für den Monat Januar 2011 rechtmäßig ist.

1. Das [X.] ist zunächst zutreffend von der formellen und materiellen Verfassungsmäßigkeit des [X.] ausgegangen. Dies folgt aus dem Urteil des [X.] vom 5. November 2014  1 [X.] ([X.], 1764, [X.]E 137, 350).

Die formelle Gesetzgebungskompetenz des [X.] ergibt sich aus Art. 105 Abs. 2 Alternative 1 GG i.V.m. Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG, da es sich bei der [X.] um eine sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuer handelt. Entgegen der Auffassung der Klägerin sieht Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG keine Beschränkung auf den straßengebundenen Verkehr vor. Die Einordnung unter den Typus der Verkehrsteuer folgt aus der Anknüpfung des § 1 Abs. 1 [X.]G bei der Bestimmung des [X.] an einen Rechtsvorgang, der regelmäßig im Abschluss eines entgeltlichen Beförderungsvertrags liegt. Die Fiktion eines solchen Rechtsvorgangs durch Zuweisung eines Sitzplatzes in einem Flugzeug in § 1 Abs. 2 [X.]G soll lediglich als Auffangtatbestand Gesetzeslücken vermeiden.

Darüber hinaus ist das [X.]G auch materiell verfassungsmäßig. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor, und zwar sowohl unter dem Gesichtspunkt der Lastengleichheit als auch unter dem Gesichtspunkt der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen [X.]. Dies gilt nach dem Urteil des [X.] in [X.], 1764, [X.]E 137, 350 auch unter Berücksichtigung der Beschränkung auf den gewerblichen Passagierluftverkehr, der Ausnahmeregelungen in § 5 Nr. 2, 4 c und 5 sowie § 2 Nr. 4 und 5 [X.]G und der Berechnung der [X.] gemäß § 11 [X.]G, die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung typisierend auf der Zuordnung des [X.] zu einer von drei [X.] basiert.

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das [X.]G darüber hinaus auch unionsrechtskonform.

a) Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 Buchst. [X.] (zwingende Steuerbefreiung für [X.] KN-[X.]ode 2710 19 21 bei Verwendung als [X.] für die gewerbliche Luftfahrt) entfällt bereits, weil es sich bei der [X.] unionsrechtlich nicht um eine Verbrauchsteuer i.S. des Art. 1 Abs. 1 VStSystRL handelt, die mittelbar oder unmittelbar auf den Verbrauch eines Energieerzeugnisses i.S. der EnergieStRL erhoben wird.

Zwar hat der [X.] ([X.]) in seinem Urteil [X.] vom 10. Juni 1999 [X.]/97 ([X.]:[X.], [X.] 1999, 341) hinsichtlich der [X.] Umweltsteuer auf den Inlandsflugverkehr aus dem [X.] entschieden, ein Verstoß gegen die Richtlinie 92/81/[X.] liege vor, wenn eine solche Umweltschutzabgabe nach den Angaben über den [X.]verbrauch sowie über die [X.] und Stickstoffmonoxidemissionen der betreffenden Flugzeugtypen auf einer durchschnittlichen Flugstrecke berechnet werde. Hintergrund war aber die Feststellung des [X.], dass ein unmittelbarer, untrennbarer Zusammenhang zwischen dem [X.]verbrauch und den genannten Schadstoffen bestehe, so dass die streitige Abgabe insgesamt auf den Verbrauch von [X.] selbst erhoben anzusehen sei. Auch die von Art. 1 Abs. 1 VStSystRL erfasste Variante der mittelbaren Erhebung der Steuer auf den Verbrauch eines Energieerzeugnisses setzt also einen Anknüpfungspunkt voraus, der seinerseits in einem proportionalen Verhältnis zur verbrauchten Menge des Energieerzeugnisses steht.

Diese Auslegung des Art. 1 Abs. 1 VStSystRL wird durch Art. 4 Abs. 2 EnergieStRL bestätigt, nach dem die EnergieStRL (nur) die Gesamtheit derjenigen indirekten Steuern erfasst, die direkt oder indirekt anhand der Menge an [X.] und elektrischem Strom berechnet werden. Eine weitere Bestätigung folgt aus dem Urteil des [X.] Kernkraftwerke Lippe-Ems, [X.] vom 4. Juni 2015 [X.] ([X.]:[X.]:2015:354, [X.] 2015, 189) zum [X.] Kernbrennstoffsteuergesetz. Der [X.] verneint in dieser Entscheidung einen Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 VStSystRL mit dem Hinweis, es bestehe kein unmittelbarer und untrennbarer Zusammenhang zwischen der von der Besteuerung erfassten Verwendung von Kernbrennstoff und dem Verbrauch des vom Reaktor erzeugten Stroms. Die Steuer werde weder direkt noch indirekt anhand der Menge des elektrischen Stroms i.S. des Art. 4 Abs. 2 EnergieStRL berechnet.

Die Anwendung dieser Grundsätze führt zu dem Ergebnis, dass die [X.] weder unter Art. 1 Abs. 1 VStSystRL noch unter die EnergieStRL fällt. Denn die [X.] wird weder unmittelbar noch mittelbar auf den Verbrauch von [X.] erhoben, sondern setzt gemäß § 1 Abs. 1 [X.]G an dem Rechtsvorgang an, der zum Abflug eines Fluggastes mit einem Flugzeug oder Drehflügler berechtigt. Zwar ist sie durch die Einteilung in [X.] (§ 11 Abs. 1 [X.]G) grundsätzlich nach den Entfernungen zum Zielort und damit nach einem den [X.]verbrauch beeinflussenden Kriterium gestaffelt und jeder Fluggast führt auch zu einer Erhöhung des Gewichts und damit zu einer Erhöhung des benötigten [X.]s. Die Höhe der Steuer ist im Ergebnis aber trotzdem nicht von der Höhe des verbrauchten [X.]s unmittelbar oder mittelbar abhängig, da zahlreiche weitere für den [X.]verbrauch maßgebliche Faktoren unberücksichtigt bleiben. Dies gilt insbesondere für den Flugzeugtyp sowie für die Auslastung des Flugzeugs. Außerdem fällt die [X.] unabhängig davon an, ob überhaupt ein [X.] i.S. der EnergieStRL verwendet wird. So wären beispielsweise auch Flugzeuge mit Solarantrieb erfasst. Dass die [X.] im [X.]tag als ein "Ersatz für eine national nicht einzuführende Besteuerung von Flugbenzin" bezeichnet worden ist, führt zu keiner Änderung. Vielmehr wird daraus deutlich, dass eine (unzulässige) Besteuerung des [X.]s gerade nicht gewollt war. Darauf nimmt auch die [X.] in Rz 64 ihrer beihilferechtlichen Entscheidung vom 19. Dezember 2012 [X.] (2012) 9451 Bezug, in der sie im Übrigen die Auffassung des Senats zur fehlenden Proportionalität zwischen der Fluggastzahl und dem [X.]verbrauch teilt.

Darüber hinaus liegt keine andere indirekte Steuer gemäß Art. 1 Abs. 2 VStSystRL vor, die für besondere Zwecke auf ein Energieerzeugnis i.S. der EnergieStRL erhoben wird. Denn die [X.] ist zwar eine indirekte Steuer, aber nicht --wie Art. 1 Abs. 2 VStSystRL ebenfalls voraussetzt-- auf eine verbrauchsteuerpflichtige Ware i.S. des Art. 1 Abs. 1 VStSystRL. Insoweit wird auf die Ausführungen zu Art. 1 Abs. 1 VStSystRL Bezug genommen. Damit kann offen bleiben, ob sich der Gesetzgeber bei Einführung einer anderen indirekten Steuer auf [X.] darauf berufen könnte, dass die Steuerbefreiungen der EnergieStRL gemäß Art. 1 Abs. 2 VStSystRL unberücksichtigt bleiben können, oder ob eine solche Steuer auf Grundlage des [X.]-Urteils [X.] vom 10. Juni 1999 [X.]/97 ([X.]:[X.], [X.] 1999, 341) von vorneherein ausgeschlossen wäre, weil bei einem nach der EnergieStRL steuerbefreiten Energieerzeugnis ein Rückgriff auf Art. 1 Abs. 2 VStSystRL ausscheidet.

Ob die [X.] unter Art. 1 Abs. 3 VStSystRL fällt (vgl. auch Rz 50 f. der beihilferechtlichen Entscheidung der [X.] vom 19. Dezember 2012 [X.] (2012) 9451, wonach die [X.] an eine Tätigkeit und nicht an eine Ware oder Dienstleistung geknüpft ist), kann ebenfalls offen bleiben, da sie jedenfalls keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich zieht und damit die Restriktionen des Art. 1 Abs. 3 VStSystRL beachtet. Denn Sinn und Zweck ist nach dem Erwägungsgrund 5 der VStSystRL allein der freie Warenverkehr. Dieser wird durch die von der Klägerin gerügten [X.] gemäß § 7 Abs. 2 [X.]G nicht berührt.

b) Die Klägerin kann sich auch nicht auf das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 A[X.]V berufen.

Zunächst ist festzustellen, dass es den mitgliedstaatlichen Gerichten grundsätzlich nicht obliegt zu entscheiden, ob eine Beihilfe i.S. des Art. 107 Abs. 1 A[X.]V mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist ausschließlich die [X.] für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen oder einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt zuständig ([X.]-Urteile Lucchini vom 18. Juli 2007 [X.]-119/05, [X.]:[X.]:2007:434 und [X.] vom 22. März 1977 Rs. 78/76, [X.]:[X.]:1977:52, Rz 9). [X.] ist das Beihilfeverbot des Art. 107 Abs. 1 A[X.]V, das weder absolut noch unbedingt ist, nicht unmittelbar anwendbar (BFH-Urteil vom 31. Juli 2013 I R 82/12, [X.], 180, [X.], 123; Senatsbeschluss vom 25. November 2014 VII B 65/14, [X.], 182, [X.], 207).

Sofern es --wie im [X.] um Maßnahmen zur Umsetzung des Durchführungsverbots gemäß Art. 108 Abs. 3 Satz 3 A[X.]V geht und die [X.] noch kein förmliches Prüfverfahren gemäß Art. 108 Abs. 2 A[X.]V eröffnet hat, müssen die nationalen Gerichte den [X.] allerdings selbst auslegen und anwenden, um zu bestimmen, ob die [X.] von diesen Maßnahmen hätte unterrichtet werden müssen ([X.]-Urteil [X.] vom 21. November 2013 [X.]-284/12, [X.]:[X.]:2013:755, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2013, 3771).

Trotzdem kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob bzw. inwieweit das [X.]G zu unionsrechtswidrigen Beihilfen i.S. des Art. 107 Abs. 1 A[X.]V führt und welche konkreten gerichtlichen Maßnahmen deshalb im Rahmen des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 A[X.]V ergriffen werden können. Denn das [X.] hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des [X.] die etwaige Rechtswidrigkeit einer Steuerbefreiung wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot nicht die Rechtmäßigkeit der Steuer selbst berühren kann. Unternehmen, die diese Steuer zu entrichten haben, können sich vor den nationalen Gerichten nicht auf die Rechtswidrigkeit einer anderen Unternehmen gewährten Steuerbefreiung berufen, um sich der Entrichtung dieser Steuer zu entziehen oder deren Erstattung zu erwirken (Urteile des [X.] [X.] vom 15. Juni 2006 [X.]-393/04 und [X.]-41/05, [X.]:[X.]:2006:403 und Finanzamt [X.] vom 6. Oktober 2015 [X.]-66/14, [X.]:[X.]:2015:661). Entsprechendes muss gelten, wenn das nationale Steuergesetz keine Steuerbefreiung vorsieht, sondern von vorneherein den Steuertatbestand beschränkt bzw. eine einheitlich erhobene Steuer bei Steuerpflichtigen, die unterschiedliche Geschäftsmodelle haben, zu unterschiedlichen Belastungswirkungen führt.

Die vom [X.]-Urteil [X.] ([X.]:[X.]:2006:403) entwickelten Voraussetzungen für eine Ausnahme von diesen Grundsätzen liegen im Streitfall nicht vor. Die [X.] und die streitigen Begünstigungen sind keinesfalls integraler Bestandteil einer etwaigen Beihilfemaßnahme, da zwischen ihnen kein zwingender Verwendungszusammenhang besteht, d.h. das Aufkommen aus der [X.] wird nicht zur Finanzierung der Begünstigungen verwendet. Darüber hinaus liegt der Streitfall anders als der im Urteil des [X.] Laboratoires Boiron vom 7. September 2006 [X.]-526/04 ([X.]:[X.]:2006:528). Diese Entscheidung betraf den Sonderfall zweier direkt miteinander konkurrierender Gruppen von Wettbewerbern, von denen (nur) eine Gruppe mit einer Direktverkaufsabgabe belegt worden war, um zwischen beiden Gruppen gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen. Dem entsprechend betonte der [X.], dass die Abgabe und die etwaige Beihilfemaßnahme untrennbare Bestandteile ein- und derselben fiskalischen Maßnahme seien. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, und zwar nicht nur hinsichtlich der Verschonung von Luftfrachtunternehmen und Rundfluganbietern sowie hinsichtlich etwaiger Belastungsunterschiede in Abhängigkeit von dem gewählten Geschäftsmodell, sondern auch hinsichtlich des [X.] des § 2 Nr. 4 und 5 [X.]G. Dies folgt bereits daraus, dass die [X.] nicht zur Begünstigung eines anderen Wettbewerbers, sondern zur Gewinnung von Staatseinnahmen und zur Einbeziehung des Flugverkehrs in eine ökologisch orientierte Mobilitätsbesteuerung erhoben wird (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 1764, [X.]E 137, 350 unter Verweis auf BTDrucks 17/3030, S. 36).

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf das [X.]-Urteil [X.] ([X.]:[X.]:2013:755, NJW 2013, 3771) berufen. Denn im Gegensatz zum Streitfall ging es dort nicht darum, das von einer etwaigen Beihilfe nicht begünstigte Unternehmen von seinen Belastungen zu befreien, sondern um Maßnahmen der nationalen Gerichte gegenüber dem begünstigten Unternehmen.

3. Der Senat hält die von ihm vorgenommene Auslegung des einschlägigen Unionsrechts auf Grund der Rechtsprechung des [X.] für eindeutig. Ein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des [X.] besteht demnach nicht (vgl. [X.]-Urteil [X.]ILFIT vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, [X.]:[X.]:1982:335).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VII R 51/13

01.12.2015

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 16. Mai 2013, Az: 1 K 1075/11, Urteil

LuftVStG, Art 107 AEUV, Art 108 AEUV, Art 1 EGRL 118/2008, Art 14 Abs 1 Buchst b EGRL 96/2003, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.12.2015, Az. VII R 51/13 (REWIS RS 2015, 1517)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1517

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