Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.08.2005, Az. XII ZB 63/05

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2221

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[X.][X.]/05
vom 10. August 2005 in der Familiensache

Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

ZPO §§ 3, 511 Abs. 2 Nr. 1, 643 Abs. 1 und 2; BGB § 1605 Abs. 1
Die Beschwer durch eine Verurteilung zur Auskunft nach § 1605 Abs. 1 BGB über die Höhe eine gewährten Arbeitnehmerabfindung erhöht sich nicht dadurch, dass der Rechtsmittelführer ein Geheimhaltungsinteresse wegen einer mit dem Arbeitgeber vereinbarten Verschwiegenheitspflicht geltend macht.

[X.], Beschluss vom 10. August 2005 - [X.]/05 - OLG Frankfurt am Main
AG Langen

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 10. August 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Wagenitz und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. [X.] des [X.] vom
31. März 2005 wird auf Kosten des [X.]n zurückgewiesen.

Gründe: [X.] Der im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Kindesunterhalt in [X.] genommene [X.] wurde durch Teilurteil des Amtsgerichts verurteilt, der Klägerin über die Höhe der von seinem Arbeitgeber gezahlten Abfindung Auskunft zu erteilen und diese durch Vorlage des [X.] zu bele-gen. Dagegen legte der [X.] Berufung ein und machte geltend, seine [X.] übersteige die erforderliche Erwachsenheitssumme von 600 •, weil sein besonderes Geheimhaltungsinteresse werterhöhend zu berücksichtigen sei. Er habe sich nämlich in dem [X.] ausdrücklich zu strengstem Still-schweigen über den Inhalt der Vereinbarung und damit auch über die Höhe der Abfindung verpflichtet. Bei Erteilung der Auskunft müsse er damit rechnen, dass - 3 - sein Arbeitgeber rechtliche Schritte gegen ihn einleite und Rückzahlung der Ab-findung oder Schadensersatz verlange. Das Berufungsgericht setzte den [X.] auf 100 • fest und ver-warf die Berufung durch Beschluss als unzulässig (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Gegen diesen Beschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.]. I[X.] 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 S. 4 ZPO statthaft und nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig. Insoweit hält der Senat an seiner vorläufigen Beurteilung in seinem Be-schluss vom 11. Mai 2005 - [X.]/05 - FamRZ 2005, 1064, mit der er den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der erstinstanzlichen Entscheidung in dieser Sache (vor Eingang der Rechtsbeschwerdebegründung) zurückgewiesen hatte, nicht fest. Wie die Rechtsbeschwerdebegründung inzwischen aufgezeigt hat, erfordert die Rechtssache eine Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts. Im Rahmen der Bemessung der Beschwer eines im Unterhaltsprozess zur Auskunft Verurteilten ist nämlich bislang nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt, ob und in welcher Weise eine dem gesetz-lichen Auskunftsanspruch entgegengehaltene Geheimhaltungsvereinbarung mit einem [X.] zu berücksichtigen ist. 2. Die Rechtsbeschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. a) Wie der Senat in seinem Beschluss vom 11. Mai 2005 [X.]O bereits ausgeführt hat, kommt es nicht darauf an, ob das Amtsgericht den [X.]n zu - 4 - Recht verurteilt hat, Auskunft über die Höhe seiner Abfindung zu erteilen und diese durch Vorlage des [X.] zu belegen. Unerheblich ist auch, ob dem Auskunftsanspruch die vom [X.]n mit seinem Arbeitgeber verein-barte Geheimhaltung des [X.] oder der Umstand entgegen-steht, dass die Abfindung für [X.] nicht mehr zur Verfügung steht, weil sie zur Ablösung von Verbindlichkeiten verbraucht wurde, wie der [X.] mit der Berufungsbegründung geltend gemacht hatte. Zur Überprüfung im Rahmen der Rechtsbeschwerde steht nämlich allein die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung sei unzulässig, weil die Beschwer des [X.]n 600 • nicht übersteige. Für die Höhe dieser Beschwer ist ohne Belang, ob die Verurteilung zu Recht erfolgte oder nicht, und ob über-haupt ein (hier: über den bereits titulierten Unterhalt hinausgehender) Unter-haltsanspruch besteht (vgl. [X.], Senatsbeschluss vom 6. Mai 1998 - [X.] ZR 33/98 - FamRZ 1998, 1577 f.). b) Zutreffend ist der Ansatzpunkt des Berufungsgerichts, dass es für den Wert des [X.] ausschließlich auf das Abwehrinteresse des [X.]n ankommt, die Auskunft, zu der er verurteilt wurde, nicht erteilen zu müssen. Der Wert der Beschwer richte sich daher nicht nach dem Wert des Auskunftsanspruchs, sondern bemesse sich allein nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, die die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordere, sowie nach einem etwaigen Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 24. November 1994 - [X.] - FamRZ 1995, 349, 351). Den Zeit- und Kostenaufwand für die Erteilung der Auskunft über die Hö-he der Abfindung und die Anfertigung einer Kopie des [X.] hat - 5 - das Berufungsgericht mit 100 • bemessen. Das lässt Rechtsfehler zum Nachteil des [X.]n nicht erkennen. c) Auch soweit das Berufungsgericht das vom [X.]n geltend ge-machte Geheimhaltungsinteresse nicht als werterhöhend berücksichtigt hat, hält dies der rechtlichen Prüfung zumindest im Ergebnis stand. [X.]) Zwar kann nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] im Einzelfall ein Geheimhaltungsinteresse der zur Auskunft verurteilten Partei für die Bemessung des Rechtsmittelinteresses erheblich sein. Insoweit muss die verurteilte Partei dem Beschwerdegericht aber nach § 511 Abs. 3 ZPO (§ 511 a Abs. 1 ZPO a.F.) substantiiert darlegen und erforderlichenfalls glaubhaft machen, dass ihr durch die Erteilung der Auskunft ein konkreter Nachteil droht ([X.], Beschluss vom 10. Juni 1999 - [X.] - NJW 1999, 3049; Senatsbeschluss vom 23. April 1997 - [X.] ZB 50/97 - NJW-RR 1997, 1089). [X.]) Hier hat der [X.] zwar geltend gemacht, eine Verletzung seiner im [X.] vereinbarten Pflicht zur Verschwiegenheit - auch über die Höhe der gewährten Abfindung - führe dazu, dass er diese zurückzahlen [X.]. Dies ist indes nicht hinreichend glaubhaft gemacht, da es in der von ihm (allein) vorgelegten Ziffer 9 des [X.] lediglich heißt, für den Fall der Zuwiderhandlung behalte sich der Arbeitgeber die Einleitung rechtlicher Schritte vor. Zudem muss ein besonderes Interesse des Auskunftspflichtigen, [X.] Tatsachen insbesondere vor dem Gegner geheim zu halten, im Einzel-fall konkret dargelegt werden. Dazu gehört auch, dass gerade in der Person des [X.] die Gefahr begründet sein muss, dieser werde von ihm gegenüber offenbarten Tatsachen über den Rechtsstreit hinaus in einer - 6 - Weise Gebrauch machen, die schützenswerte wirtschaftliche Interessen des zur Auskunft Verpflichteten gefährden können (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Dezember 1993 - [X.] - veröffentlicht bei [X.]). Das ist hier nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. [X.]) Es kann auch offen bleiben, ob der Umstand, dass der [X.] sich bei Offenlegung der ihm gewährten Abfindung seinem Arbeitgeber gegenüber haft- oder schadensersatzpflichtig machen könnte, bei der Bemessung der [X.] überhaupt berücksichtigt werden kann, oder ob auch in einem Fall der vorliegenden Art der Grundsatz gilt, dass Drittbeziehungen des Auskunftspflich-tigen nicht zu einem unmittelbar aus der Verurteilung zur Auskunft fließenden rechtlichen Nachteil führen und deshalb als reine Fernwirkung für die [X.] außer Betracht zu bleiben haben. Insofern könnte nämlich aus einem Haftungsrisiko gegenüber einem am Auskunftsverfahren nicht [X.] ein schützenswertes wirtschaftliches Interesse an einer Geheim-haltung gegenüber dem die Auskunft [X.] nicht hergeleitet werden (vgl. [X.] Urteil vom 4. Juli 1997 - [X.] - NJW 1997, 3246). [X.]) Schließlich bedarf es auch keiner Entscheidung, ob der [X.] hier hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass seine vertraglich vereinbarte [X.] auch solche Fälle umfassen sollte, in denen er kraft Ge-setzes zur Auskunft verpflichtet ist. Denn wäre dies der Fall, würde sich die Ge-heimhaltungsvereinbarung insoweit als unwirksam erweisen. Eine vertragliche Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Verschwiegenheit über betriebliche Tatsachen ist nämlich nur wirksam, wenn und soweit dies durch die Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt ist (vgl. [X.] 1989, 783 f.). Für die Verpflichtung, über die Höhe einer gezahlten Abfindung beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis Stillschweigen zu bewahren, kann - 7 - nichts anderes gelten. Es liegt auf der Hand, dass die Belange des [X.] nicht überwiegen können, wenn und soweit die Befolgung der Verschwie-genheitspflicht gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstoßen würde, so etwa, wenn der [X.] die Abfindung und ihre Höhe bei seiner Einkom-mensteuererklärung verschweigen würde. Dies verkennt der [X.], wenn er in seiner Verfassungsbeschwerde, auf die die Rechtsbeschwerde Bezug nimmt, die Auffassung vertritt, es existiere keine gesetzliche Regelung, die vertragliche Ansprüche für einen Unterhalts-prozess aufhebe. Richtig ist vielmehr, dass gesetzliche Auskunftsansprüche nicht durch vertragliche Absprachen mit [X.] unterlaufen werden können. Insbesondere können die Belange des Arbeitgebers keine Verschwie-genheitspflicht gegenüber dem [X.] im Rahmen eines Rechtsstreits um Kindesunterhalt rechtfertigen. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der gesetzlichen Wertung des § 643 Abs. 2 ZPO. Danach kann das Gericht im Unterhaltsrechtsstreit über die Einkünfte einer Partei, die seiner Aufforderung zur Auskunftserteilung nicht nachkommt, unter anderem bei dem Arbeitgeber der [X.] einholen. Dieser ist zur Erteilung der Auskunft verpflichtet, § 643 Abs. 3 S. 1 ZPO, und kann sich auf eine eigene Verschwiegenheitspflicht nicht berufen, da sich der Gesetzgeber für den Vorrang des [X.] vor dem Geheimhaltungsinteresse entschieden hat (vgl. [X.]/[X.] ZPO 4. Aufl. § 643 Rdn. 14). Für den hier vorliegenden Fall des Unterhalts ei-nes minderjährigen Kindes kann das Familiengericht sogar Auskünfte über die Höhe der Einkünfte und des Vermögens von den Finanzämtern einholen, § 643 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Daraus ist ersichtlich, dass die Sicherung der wirtschaftlichen Basis des minderjährigen Kindes sogar Vorrang vor der Wahrung des [X.] hat (vgl. [X.]/[X.] [X.]O § 643 Rdn. 11). - 8 - Dies zeigt zugleich, dass die Befürchtung des [X.]n, sein früherer Arbeitgeber werde ihn wegen einer im Unterhaltsprozess erteilten Auskunft über die Höhe der Abfindung belangen, unbegründet ist. Denn seine Weigerung könnte die [X.] und damit auch die Kenntnisnahme der Klägerin nicht verhindern, weil der Arbeitgeber die Höhe der Abfindung auf Verlangen des Gerichts dann selbst offen zu legen hätte. Deshalb kann dem Arbeitgeber aus der Erteilung der begehrten Auskunft durch den [X.]n auch kein von diesem zu ersetzender Schaden entstehen. Hahne [X.] [X.]

Wagenitz

[X.]

Meta

XII ZB 63/05

10.08.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.08.2005, Az. XII ZB 63/05 (REWIS RS 2005, 2221)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2221

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