Bundessozialgericht, Urteil vom 27.10.2020, Az. B 1 KR 8/20 R

1. Senat | REWIS RS 2020, 2288

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Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des [X.] vom 23. August 2018 und des [X.] vom 7. Mai 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen [X.].

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 782,45 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 [X.] zugelassenen Krankenhauses. Dort wurde eine bei der beklagten Krankenkasse Versicherte zunächst drei Tage lang wegen vaginaler Blutungen vollstationär behandelt und am 3.11.2010 mit Verdacht auf Harnblasenkarzinom zur weiteren [X.]ostik und Therapie in ein anderes Krankenhaus verlegt. Nach Ausschluss eines Blasentumors wurde sie am 11.11.2010 um 16:30 Uhr nach [X.] entlassen. Am Folgetag, dem 12.11.2010, wurde die Versicherte um 10:20 Uhr wegen eines Kollapses vom Notarzt erneut in das Krankenhaus der Klägerin eingeliefert, wo sie wegen einer Gastroenteritis nach antibiotischer Therapie bis zum 10.12.2010 stationär behandelt und sodann in die [X.] verlegt wurde. Die Klägerin berechnete für die erste stationäre Behandlung (1. - 3.11.2010) 1127,55 [X.] (nach der Fallpauschale <[X.]osis Related Group - DRG> [X.] - Neubildungen der Harnorgane mit äußerst [X.]eren [X.]) und für die zweite (12.11. - 10.12.2010) 5181,62 [X.] (nach [X.] - Ösophagitis, Gastroenteritis u. verschied. [X.]. d. Verdauungsorg. od. gastrointest. Blutung, m. äuß. [X.]. od. [X.]. [X.] od. Alter >74 J. od. [X.]., m. [X.]. [X.] od. Alter >74 J., mehr als 1 [X.], m. kompliz. [X.]. od. Dialyse od. kompl. [X.].). Die Beklagte beglich zunächst beide Rechnungen, forderte die Klägerin jedoch am 10.11.2011 zur Stornierung der Rechnungen und Neuberechnung nach Fallzusammenführung der beiden stationären Aufenthalte auf. Sie verrechnete am 12.12.2011 einen Betrag von 5181,62 [X.] und am 18.6.2012 einen Betrag von 1127,55 [X.] mit unstreitigen Forderungen der Klägerin und zahlte am gleichen Tag an die Klägerin 5526,72 [X.]. Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung der restlichen Vergütung in Höhe von 782,45 [X.] nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 12.12.2011 verurteilt (Urteil vom 7.5.2015). Das L[X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Entgegen der Auffassung der Beklagten lägen die Voraussetzungen für eine Fallzusammenführung nach § 3 Abs 3 Satz 1 der 2010 geltenden Fallpauschalenvereinbarung ([X.] 2010) nicht vor. Die Versicherte sei nicht von dem anderen Krankenhaus in das Krankenhaus der Klägerin zurückverlegt worden. Eine Verlegung komme nach § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] 2010 auch in Betracht, wenn zwischen der Entlassung aus einem Krankenhaus und der Aufnahme in einem anderen Krankenhaus nicht mehr als 24 Stunden vergangen seien. Bei gebotener Auslegung anhand von Wortlaut und Systematik der Vorschrift, ergänzt durch Erwägungen zu Sinn und Zweck der Vorschriften der [X.] 2010 und des Abrechnungssystems, werde eine Verlegung aber nicht allein durch ein zeitliches Moment bestimmt. § 3 Abs 3 Satz 1 [X.] 2010 führe vielmehr nur dann zu einer Fallzusammenführung, wenn im Zeitpunkt der Entlassung aus dem Krankenhaus die erforderliche medizinische Behandlung noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Dies sei hier aber der Fall gewesen (Urteil vom 23.8.2018).

3

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 3 Abs 3 Satz 1 iVm § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] 2010. Der Wortlaut des § 3 Abs 3 [X.] 2010 knüpfe - anders als etwa § 2 Abs 2 [X.] 2010 - gerade nicht an einen sachlichen Zusammenhang an, sondern stelle lediglich auf einen zeitlichen Zusammenhang von 24 Stunden ab.

4

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 23. August 2018 und des [X.] vom 7. Mai 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten Krankenkasse ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 [X.]G). Zu Unrecht hat das [X.] sie zur Zahlung weiterer 782,45 Euro nebst Zinsen verurteilt und das L[X.] ihre Berufung unzutreffend zurückgewiesen. Die auf Zahlung höherer Krankenhausvergütung gerichtete echte Leistungsklage ist in dem hier bestehenden [X.] zwischen Krankenhausträger und Krankenkasse gemäß § 54 Abs 5 [X.]G zulässig (stRspr; vgl zB B[X.] vom [X.] KR 24/08 R - B[X.]E 104, 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.] 12 mwN). Sie ist aber unbegründet.

8

Das Krankenhaus konnte für die Behandlung der Versicherten F Vergütung nur für einen Behandlungsfall in Höhe von 5526,72 Euro, nicht hingegen für zwei Behandlungsfälle in Höhe der insgesamt abgerechneten und bezahlten 6309,17 Euro (1127,55 [X.] 5181,62 Euro) verlangen. Daraus ergibt sich ein Erstattungsanspruch in Höhe von 782,45 Euro. Hiermit hat die Krankenkasse wirksam gegen die eingeklagte - als solche unstreitige - Vergütungsforderung aufgerechnet; dementsprechend entfällt auch ein Zinsanspruch (vgl zur Aufrechnung ua B[X.] vom 28.11.2013 - [X.] KR 33/12 R - [X.]-5562 § 9 [X.] Rd[X.] 13; B[X.] vom 25.10.2016 - [X.] KR 7/16 R - [X.]-7610 § 366 [X.] 1; zur Anspruchsgrundlage des Erstattungsanspruchs vgl B[X.] vom 16.7.2020 - [X.] KR 15/19 R - juris Rd[X.] 10; zur Entbehrlichkeit der Prüfung unstreitiger Forderungen vgl B[X.] vom 26.5.2020 - [X.] KR 26/18 R - juris Rd[X.] 11 mwN).

9

1. Dem Krankenhaus stand dem Grunde nach ein Vergütungsanspruch für die unstreitig erforderliche stationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten F zu, den § 109 Abs 4 Satz 3 [X.]B V, §§ 7 f KHEntgG und § 17b [X.] als selbstverständlich voraussetzen (stRspr; vgl zu den Grundvoraussetzungen des Vergütungsanspruchs B[X.] vom 8.11.2011 - [X.] KR 8/11 R - B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.] 2, Rd[X.] 13, 15 f mwN; B[X.] vom 19.3.2020 - [X.] KR 22/18 R - juris Rd[X.] 11 mwN). Der Vergütungsanspruch wird auf Bundesebene durch [X.], unter anderem die [X.] konkretisiert (§ 9 Abs 1 Satz 1 [X.] 1 und 3, § 11 KHEntgG; zum rechtlichen Rahmen der Fallpauschalenvergütung, insbesondere des Groupierungsvorgangs und zur Rechtsqualität der [X.] vgl B[X.] vom 8.11.2011 - [X.] KR 8/11 R - B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.] 2, Rd[X.] 15 ff; B[X.] vom 16.7.2020 - [X.] KR 16/19 R - juris Rd[X.] 15).

Die beiden Krankenhausaufenthalte der Versicherten vom 1. bis 3.11.2010 und vom 12.11. bis 10.12.2010 waren nicht getrennt abzurechen, sondern wegen Rückverlegung der Versicherten war eine Fallzusammenführung vorzunehmen.

Die nach § 3 Abs 1 iVm § 1 Abs 1 Satz 4 der auf der Grundlage von § 9 Abs 1 Satz 1 [X.] 1 und 3 KHEntgG vereinbarten [X.] für die Verlegung oder Rückverlegung angeordnete Fallzusammenführung (dazu a) setzt nach Wortlaut und Systematik nur voraus, dass ein Versicherter innerhalb von 24 Stunden aus einem Krankenhaus entlassen und in ein anderes aufgenommen wurde (dazu b). Nichts anderes ergibt sich aus § 2 [X.] (dazu [X.]) oder [X.] (dazu e). [X.] Recht gebietet kein anderes Verständnis des Verlegungsbegriffs (dazu f). Die Voraussetzungen einer Fallzusammenführung lagen danach hier vor (dazu 3.).

a) § 1 [X.] regelt die "Abrechnung von Fallpauschalen". Nach § 1 Abs 1 Satz 1 [X.] werden die Fallpauschalen jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der voll- oder teilstationären Aufnahme geltenden [X.] und den dazu gehörenden [X.] abgerechnet (Satz 1). Im Falle der Verlegung in ein anderes Krankenhaus rechnet jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale ab (Satz 2). § 2 und § 3 Abs 3 [X.] sehen unter bestimmten Voraussetzungen Fallzusammenführungen vor. § 3 Abs 3 [X.] bestimmt, dass das [X.] des ersten Krankenhausaufenthalts und aller weiteren, innerhalb der Frist in diesem Krankenhaus aufgenommenen Fälle zusammenzufassen und eine Neueinstufung nach den Vorgaben des § 2 Abs 4 Satz 1 bis 7 in eine Fallpauschale durchzuführen hat, wenn ein Patient oder eine Patientin aus einem Krankenhaus in weitere Krankenhäuser verlegt und von diesen innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Entlassungsdatum eines ersten Krankenhausaufenthalts in dasselbe Krankenhaus zurückverlegt wird ("Rückverlegung"). Hiernach ist kein eigentlicher [X.] vorzunehmen, wie ihn § 3 Abs 1 [X.] vorsieht, sondern eine nach den Berechnungsgrundsätzen des § 2 Abs 4 [X.] durchzuführende Fallzusammenführung zweier Krankenhausaufenthalte.

b) [X.] sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl B[X.] vom 8.11.2011 - [X.] KR 8/11 R - B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.] 2, Rd[X.] 27; B[X.] vom 16.7.2020 - [X.] KR 16/19 R - juris Rd[X.], jeweils mwN).

Danach setzt eine Verlegung iS des § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] nur voraus, dass ein Versicherter innerhalb von 24 Stunden aus einem Krankenhaus entlassen und in ein anderes aufgenommen wurde. Nichts anderes gilt für die Rückverlegung. Eine solche liegt auch dann vor, wenn - wie hier - nach einer Verlegung des Patienten aus dem ersten in ein zweites Krankenhaus binnen 24 Stunden nach Entlassung aus dem zweiten Krankenhaus eine Wiederaufnahme des Patienten im ersten Krankenhaus erfolgt und zwischen Verlegung und Wiederaufnahme nicht mehr als 30 Kalendertage liegen. Auf die medizinischen Gründe der Wiederaufnahme im ersten Krankenhaus oder auf eine dahingehende Veranlassung durch das zweite Krankenhaus kommt es nicht an.

Schon der reine Wortlaut des § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] spricht dafür. Die Formulierung "eine Verlegung im Sinne des Satzes 2 liegt vor (…)" leitet eine Definition und nicht die Einschränkung eines anderweitig definierten oder in einer anderen Definition vorausgesetzten Begriffs ein. Sonst müsste es zB heißen "liegt nur vor" oder auch "liegt nicht vor, wenn nicht".

Auch die § 1 Abs 1 [X.] innewohnende Systematik und das dort geregelte Verhältnis zu § 3 [X.] stützen dieses Ergebnis. Die Abrechnung nach Fallpauschalen wird grundlegend normiert in § 1 [X.]. Grundsätzlich rechnet jedes Krankenhaus die von ihm erbrachten Leistungen nach dem [X.] und den dazu gehörenden [X.] ab. Dies gilt auch im Falle einer Verlegung. Allerdings schreibt § 1 Abs 1 Satz 3 [X.] für diesen Fall vor, dass die Fallpauschale zu mindern ist. Die Grundentscheidung zur Minderung ist daher in § 1 Abs 1 Satz 3 [X.], nicht dagegen in § 3 [X.] normiert. Letztere Vorschrift hat vielmehr nur die "technische Ausgestaltung" des [X.] zum Inhalt. Das macht auch § 1 Abs 1 Satz 3 [X.] deutlich, indem er eine Minderung "nach Maßgabe des § 3" vorschreibt. Entsprechend kommt auch der Regelung des § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] nicht die Funktion einer nur zeitlichen Einschränkung des Verlegungsbegriffs in § 3 [X.] zu. Vielmehr kommt § 3 [X.] erst dann zum Zuge, wenn eine Verlegung iS von § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] vorliegt.

In diesem systematischen Kontext findet sich auch die Regelung zur Fallzusammenführung bei Rückverlegung (§ 3 Abs 3 [X.]). Die Begriffe "zurückverlegen" und "Rückverlegung" (als [X.]) in § 3 Abs 3 Satz 1 [X.] verwenden keinen anderen Verlegungsbegriff als den nach § 1 Abs 1 Satz 4 [X.]. Der Verlegungsbegriff des § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] wird nur dahingehend erweitert und zugleich beschränkt, dass einerseits auch eine Rückverlegung in das erste Krankenhaus eine Verlegung im Rechtssinne sein kann, dies andererseits aber nur dann, wenn zwischen der Entlassung aus dem ersten Krankenhaus und der Wiederaufnahme in das erste Krankenhaus nicht mehr als 30 Kalendertage liegen. § 3 Abs 3 Satz 1 [X.] spricht - abgesehen von dieser 30 Kalendertage-Begrenzung - von "verlegen" und von "zurückverlegen" in einer gleichsinnigen Weise, ohne an die [X.] noch eine weitere, engere Voraussetzung zu knüpfen als die in § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] geregelte 24-Stunden-Begrenzung.

c) Der [X.] folgt nicht der Ansicht, der Begriff der Verlegung sei einschränkend dahin auszulegen, dass die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zum [X.]punkt der Entlassung des Versicherten noch nicht aufgehoben, die Behandlung also noch nicht abgeschlossen ist. Dies stellt zwar eine an [X.] orientierte Lösung dar, die eine Verlegung ausschließt, wenn die Neuaufnahme in einem anderen Krankenhaus auf einem unerwarteten Geschehensverlauf beruht (vgl auch Thüringer L[X.] vom 28.8.2012 - [X.] 295/11 - juris Rd[X.] 23 ff; aA Hessisches L[X.] vom 14.6.2017 - L 8 KR 27/16 - juris Rd[X.] 30 ff; L[X.] Baden-Württemberg vom 22.11.2017 - L 5 KR 4644/16 - unveröffentlicht). Sie formuliert jedoch einen Anwendungsmaßstab, der sich weder mit dem Wortlaut von § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] noch mit dem allgemeinen Sprachgebrauch der Verlegung in Einklang bringen lässt. Zudem spricht ein systematischer Blick auf § 2 [X.] dagegen. Die dort geregelte "Wiederaufnahme in dasselbe Krankenhaus" führt zur Fallzusammenführung, wenn ein medizinischer Zusammenhang zum ersten Aufenthalt besteht (vgl § 2 Abs 1 Satz 1 [X.] 2 [X.]: "Einstufung in dieselbe Basis [X.]"; § 2 Abs 2 Satz 1 [X.] 2 [X.]: Eingruppierung "innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe …"). Für die Verlegung stellt die [X.] dagegen an keiner Stelle das Erfordernis einen solchen medizinisch begründeten Zusammenhang auf. Ihn dennoch hineinzuinterpretieren, setzte sich über diese Systematik hinweg. Schließlich brächte aber auch eine Orientierung an der behandelten Erkrankung ungelöste Folgefragen mit sich. Sie schlösse auch Fälle aus, in denen ein Versicherter noch im Krankenhaus eine neue Erkrankung erleidet (sich zum Beispiel unmittelbar vor Verlassen eines psychiatrischen Krankenhauses ein Bein bricht) und mit dem Krankenwagen in eine andere Klinik gefahren wird. Hier wäre ggf wieder eine Rückausnahme zu bilden.

Zwar trifft es zu, dass die Vertragsparteien die Fallzusammenführungen bei Wiederaufnahmen nach § 2 [X.] an eine Kombination aus einem prägenden sachlichen Zusammenhang und einem [X.]moment geknüpft haben. Im Unterschied dazu knüpft die Regelung in § 3 Abs 3 [X.] nach ihrem klaren Wortlaut aber gerade nicht an eine solche Kombination an, sondern ausschließlich an eine Rückverlegung. Sie verweist lediglich auf § 2 Abs 4 Satz 1 bis 7 [X.] im Sinne einer Rechtsfolgenverweisung. Der Begriff der Rückverlegung ist in § 3 [X.] - wie oben dargelegt - nicht eigenständig definiert.

Der [X.] folgt auch nicht der instanzgerichtlichen Rechtsprechung, soweit diese meint, die in § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] enthaltene Definition füge sich nicht konsistent in die sprachliche Einbettung des Verlegungsbegriffs sowohl in § 1 Abs 1 Satz 2 [X.] als auch in § 3 Abs 1 und 2 [X.] ein (vgl etwa das Bayerische L[X.] vom 11.4.2019 - [X.] 215/17 - juris Rd[X.] 23). In diesen Normen ist von einer Verlegung "in ein anderes Krankenhaus" und "aus einem anderen Krankenhaus" die Rede. Dies könnte zwar vordergründig für das Erfordernis eines aktiven Handelns des verlegenden Krankenhauses in dem Sinne sprechen, dass einerseits die Verlegung beabsichtigt ist und eingeleitet wird und andererseits der betroffene Patient (passiv) transferiert und vom neuen Krankenhaus "entgegen genommen" wird. Dies könnte eine Verlegung in einem allgemeinen Verständnis nahelegen, wonach Verlegung "(jemanden, etwas) von einem bisherig innegehabten Ort an einen anderen Ort legen" ([X.], abgerufen am 18.9.2020 unter [X.]) oder den "Transfer von einem Ort zum anderen" meinen ([X.], abgerufen am 18.9.2020 unter [X.]). Von einem solchen allgemeinen Sprachgebrauch weicht die Definition in § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] aber ab. Der in § 1 Abs 1 Satz 3 [X.] verwendete Begriff des "verlegenden Krankenhauses" kann für eine Auslegung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch schon deswegen nicht nutzbar gemacht werden, weil das [X.]element von nicht mehr als 24 Stunden definitionsgemäß auf die [X.] zwischen "Entlassung" und "Aufnahme" abstellt. Dem "verlegenden" Krankenhaus kommt mithin keine weitergehende Bedeutung als "dem ersten" Krankenhaus zu (im Gegensatz zum aufnehmenden als "dem zweiten" Krankenhaus).

d) Soweit die instanzgerichtliche Rechtsprechung meint, "Verlegung" dahingehend eingrenzen zu müssen, dass die Aufnahme in ein anderes Krankenhaus durch das entlassende Krankenhaus "veranlasst" sein muss (vgl etwa Bayerisches L[X.] vom 11.4.2019 - [X.] 215/17 - juris Rd[X.] 23), führte dies zu nicht mehr mit Wortlaut und Systematik zu beantwortenden Folgefragen. Es wäre dann insbesondere zu klären, wann eine solche Veranlassung (noch oder nicht mehr) vorliegt. Das Spektrum reichte hier von einer losen Empfehlung zur weiteren Behandlung in einem anderen Krankenhaus bis hin zu einem fest vereinbarten Termin in einer Folgeklinik oder sogar einem vereinbarten Abholszenario. Ein Maßstab wäre sinnvoll letztlich nur anhand von Sinn und Zweck einer Abschlagsregelung zu entwickeln und führte daher weg von den für Vergütungsregelungen geltenden engen Auslegungsmaßstäben. Auch in tatsächlicher Hinsicht ergäben sich Folgeprobleme. Gegebenenfalls wäre in jedem Einzelfall dazu zu ermitteln, was im [X.] besprochen wurde und was letztlich den Versicherten bewegt hat, sich binnen 24 Stunden erneut in eine (andere) Klinik zu begeben.

e) Es bleibt damit bei der einfachen Definition des § 1 Abs 1 Satz 4 [X.]. Soweit dies zur Konsequenz hat, dass sich aus der Definition des § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] zwangsläufig eine fehlerhafte (erste) Abrechnung ergibt, wenn das "verlegende" Krankenhaus von einer unerwarteten Aufnahme in ein anderes Krankenhaus binnen 24 Stunden nichts weiß, sind auch dies reine [X.]. Im Übrigen kann zB auch im Fall der Wiederaufnahme (vgl § 2 [X.]) nachträglich die erste Rechnung fehlerhaft werden. Dies ist dem Fallpauschalensystem insgesamt nicht fremd. Der [X.] verkennt nicht, dass die in § 1 Abs 1 Satz 4 [X.] getroffene Regelung in einzelnen Fällen zur Anwendung der Abschlagsregelung auch dann führen kann, wenn einem [X.] eine solche Abschlagsregelung "nicht sinnvoll" erscheinen mag. Dies ist jedoch die hinnehmbare Folge einer pauschalierenden und im Massengeschäft möglichst einfach handhabbaren Regelung. Sollte ein solches Ergebnis nicht erwünscht sein, obliegt es den Vertragsparteien, dies für die Zukunft zu ändern.

f) § 8 Abs 2 Satz 1 KHEntgG lässt sich keine Vorgabe dahingehend entnehmen, dass [X.] nur innerhalb desselben Behandlungsfalls vorgenommen werden dürfen (so das Thüringer L[X.] vom 28.8.2012 - [X.] 295/11 - juris Rd[X.] 25). Die Regelung verweist vielmehr auf § 9 Abs 1 Satz 1 [X.] 1 KHEntgG, der insoweit offen formuliert, dass ein [X.] "einschließlich (…) Regelungen zu [X.]n" zu vereinbaren ist. Die Vertragsparteien der [X.] sind am Maßstab des § 17b [X.] iVm § 9 Abs 1 KHEntgG darin frei, welche näheren Regelungen über [X.] und entsprechende [X.] sie vorsehen wollen (vgl B[X.] vom 17.12.2003 - [X.] KR 57/12 R - [X.]-5562 § 9 [X.] 4 Rd[X.] 14, unter Verweis auf BT-Drucks 16/10807 [X.] zu Art 2 [X.] 9 Buchst a des Gesetzentwurfs zum Krankenhausfinanzierungsreformgesetz). Davon haben die Vertragsparteien hier zulässig Gebrauch gemacht. Die Definition bewegt sich innerhalb dessen, was pauschalierend unter einer Verlegung verstanden werden kann.

3. Die Voraussetzungen einer Fallzusammenführung nach § 3 Abs 3 [X.] liegen hier nach den [X.], den [X.] bindenden (§ 163 [X.]G) Feststellungen des L[X.] vor.

Die Versicherte ist von dem anderen Krankenhaus (in dem sie vom 3. bis 11.11.2010 stationär behandelt worden war) in das Krankenhaus der Klägerin rückverlegt worden. Denn sie ist am 11.11.2010 um 16:30 Uhr aus dem anderen Krankenhaus entlassen und am Folgetag, dem 12.11.2010 um 10:20 Uhr - mithin innerhalb von 24 Stunden - im Krankenhaus der Klägerin aufgenommen worden. Die Versicherte wurde auch binnen 30 Tagen nach ihrer Verlegung aus dem ersten Krankenhaus in dieses wieder aufgenommen, nämlich bereits am neunten Tag nach ihrer Verlegung. Hiernach hatte das Krankenhaus nur Anspruch auf eine um den "[X.]" nach § 3 Abs 3 Satz 1 [X.] gekürzte Vergütung in Höhe von 5526,72 Euro.

4. [X.] folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm § 154 Abs 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 8/20 R

27.10.2020

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Lübeck, 7. Mai 2015, Az: S 3 KR 519/12, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 27.10.2020, Az. B 1 KR 8/20 R (REWIS RS 2020, 2288)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2288

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