Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.01.2012, Az. 3 AZR 10/10

3. Senat | REWIS RS 2012, 10086

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Gegenstand

Zugehörigkeit des Rückkaufswertes einer Rückversicherung zur Insolvenzmasse


Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Klägers - das Urteil des [X.] vom 19. November 2009 - 7 [X.]/08 - teilweise aufgehoben, soweit dem Hilfsantrag stattgegeben wurde.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. November 2007 - 4 Ca 1782/07 - abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der ausgezahlte Rückkaufswert einer Rückdeckungsversicherung in der Insolvenzmasse verbleibt oder an den Kläger auszuzahlen ist.

2

Der 1947 geborene Kläger war bei der späteren Insolvenzschuldnerin seit dem 21. Juni 1999 zunächst als Geschäftsführer beschäftigt. Der Geschäftsführervertrag vom 11. Juni 1999 enthielt in § 7 ua. folgende Regelung:

        

„§ 7 [X.]ltersversorgung

        

7.1.   

…       

        

7.2.   

[X.] schließt für [X.] 20.000,- p.a. Jahresprämie eine Pensionsversicherung für den Geschäftsführer ab, die als unwiderruflich bzw. unverfallbar gilt, jedoch bei einem [X.]usscheiden aus dem Unternehmen zeitgemäß nach der Dienstzeit des Geschäftsführers abzurechnen ist.“

3

In einem Nachtrag zum Geschäftsführervertrag vom 27. Januar 2003 wurde unter § 5 „[X.]ltersversorgung“ vereinbart:

        

„5.1. 

…       

        

5.2.   

Der Paragraph ist bis 31.12.2005 ausgesetzt, das heißt, die jährlichen Leistungen von rd. € 10.225,-- werden für die [X.], 2004 und 2005 ausgesetzt; die [X.]ussetzung wird rückwirkend rückgängig gemacht, für den Fall, daß die Mitarbeiter von [X.] ihre tarifliche Jahresleistung wieder bekommen. Sollte die Rückerstattung der Jahresleistung an die Mitarbeiter nur teilweise erfolgen, erfolgt im gleichen [X.]erhältnis eine rückwirkende Teileinzahlung auf die [X.]ltersversorgung. Der Lebensversicherungsvertrag Nr. 4 wird für diese Jahre beitragsfrei gestellt. Der bisher geleistete Teil des [X.] Nr. 4 ist und verbleibt im Eigentum von Herrn E K .“

4

Bei der von der späteren Insolvenzschuldnerin bei der [X.] - jetzt [X.] - abgeschlossenen Lebensversicherung mit der [X.]ertragsnummer 4 handelt es sich um eine Rückdeckungsversicherung. [X.]ersicherte Person war der Kläger, [X.]ersicherungsnehmerin und Bezugsberechtigte die spätere Insolvenzschuldnerin.

5

§ 13 der [X.] ([X.] 86) bestimmt ua.:

        

„…    

        
        

(3)     

Sie können Ihre Rechte aus dem [X.]ersicherungsvertrag auch abtreten oder verpfänden.

        

(4)     

Die Einräumung und der Widerruf eines Bezugsrechts sowie eine [X.]btretung oder [X.]erpfändung von [X.]nsprüchen aus dem [X.]ersicherungsvertrag sind uns gegenüber nur und erst dann wirksam, wenn Sie uns vom bisherigen Berechtigten schriftlich angezeigt worden sind. …“

6

Mit [X.]blauf des 30. Juni 2004 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen und ab dem 1. Juli 2004 als [X.]ertriebsleiter beschäftigt. [X.]m 1. März 2005 wurde mit Beschluss des [X.]mtsgerichts - Insolvenzgericht - [X.] - 36g IN 460/05 - über das [X.]ermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der [X.] zum Insolvenzverwalter bestellt. Das [X.]rbeitsverhältnis des [X.] endete aufgrund Insolvenzverwalterkündigung vom 14. [X.]pril 2005 mit [X.]blauf des 31. Juli 2005.

7

Bereits mit Schreiben vom 21. Juli 2005 wandte sich der Kläger an den [X.]n und verwahrte sich gegen eine Einziehung der sich aus dem Lebensversicherungsvertrag Nr. 4 ergebenden [X.]ersicherungsleistung zur Insolvenzmasse. [X.]uf [X.]eranlassung des [X.]n wurde der Rückkaufswert der Lebensversicherung Nr. 4 am 1. September 2005 von der [X.] ausbezahlt und der Insolvenzmasse zugeführt.

8

Der Kläger hat mit seiner am 8. März 2007 beim [X.]rbeitsgericht eingereichten Klage geltend gemacht, dass ihm ein Recht zur [X.]ussonderung zustehe. Infolge der [X.]btretung der Lebensversicherung mit der [X.]ertragsnummer 4 sei er Inhaber der Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag geworden. Einer [X.]nzeige an die [X.] habe es zur Wirksamkeit dieser [X.]btretung nicht bedurft. Im Übrigen sei zu seinen Gunsten vor 2003 eine schriftliche [X.]erpfändungserklärung beim damaligen [X.]ersicherer, der [X.], eingegangen.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

den [X.]n zu verurteilen, an den Kläger 33.829,77 Euro nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 2. September 2005 zu bezahlen.

Der [X.] hat Klageabweisung beantragt. Er hat geltend gemacht, dass im Nachtrag zum Geschäftsführervertrag vom 27. Januar 2003 keine [X.]btretung enthalten sei und, selbst wenn eine solche in der [X.]ereinbarung zu sehen sein sollte, diese unwirksam wäre, weil sie der [X.]ersicherungsgesellschaft gegenüber nicht angezeigt worden sei. Im Übrigen habe er bereits mit Schreiben vom 19. Oktober 2005 gegenüber dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 [X.] angezeigt.

Das [X.]rbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat auf die Berufung des [X.]n das Urteil des [X.]rbeitsgerichts abgeändert und auf den im Berufungsverfahren vom Kläger gestellten Hilfsantrag hin festgestellt, dass der [X.] dem Kläger einen Betrag iHv. 33.829,77 Euro nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. September 2005 als Masseverbindlichkeit schuldet. Es hat im Tenor die Revision unbegrenzt, nach der Rechtsmittelbelehrung nur für den [X.]n zugelassen. Mit seiner Revision erstrebt der [X.] die vollständige [X.]bweisung der Klage. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision des [X.]n und verfolgt mit seiner [X.]nschlussrevision das Ziel der Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.]n ist begründet. Die [X.] des [X.] ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Insolvenzmasse weder ein Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes der Lebensversicherung noch auf Feststellung eines Zahlungsanspruchs in Höhe des Rückkaufswertes gegen die Masse zu. Ob dem Kläger gegen den [X.]n ein Recht auf abgesonderte Befriedigung nach § 50 Abs. 1 [X.] oder gegen den Insolvenzverwalter persönlich ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 60 [X.] zusteht, hatte der Senat im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht zu entscheiden.

A. Die Revision des [X.]n und die [X.] des [X.] sind zulässig.

I. Die Revision des [X.]n ist zulässig. Sie ist statthaft und wurde auch form- und fristgerecht eingelegt, § 74 Abs. 1 ArbGG, sowie frist- und ordnungsgemäß begründet, § 74 Abs. 1 ArbGG, § 551 Abs. 3 ZPO. Die Revision setzt sich insbesondere ausreichend mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander (vgl. hierzu [X.] 19. April 2005 - 9 [X.]/04 - zu I 1 der Gründe [X.], [X.] BErzGG § 15 Nr. 43 = EzA BErzGG § 15 Nr. 14).

II. Die [X.] ist in dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellten Umfang, dass mit ihr keine gegen den Insolvenzverwalter persönlich gerichteten Schadensersatzansprüche nach § 60 [X.] verfolgt werden, sondern der vom [X.] abgewiesene Hauptantrag, zulässig.

1. Die [X.] erfüllt die Voraussetzungen des § 554 ZPO.

a) Nach § 72 Abs. 5 ArbGG gelten für das Verfahren vor dem [X.] die Vorschriften der ZPO über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend, soweit das Arbeitsgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt. Gemäß § 554 Abs. 1 ZPO kann sich der Revisionsbeklagte der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der [X.] bei dem Revisionsgericht. Sie ist auch statthaft, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist, und bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären, § 554 Abs. 2 ZPO.

b) Dem wird die [X.] des [X.] gerecht. Die Anschließung ist am 12. April 2010 und damit innerhalb eines Monats nach der am 12. März 2010 erfolgten Zustellung des [X.] beim [X.] eingereicht und zugleich begründet worden, § 554 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Die Anforderungen des § 549 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 ZPO sowie des § 551 Abs. 3 ZPO sind erfüllt. Ob das [X.] in der Rechtsmittelbelehrung die Zulassung der Revision auf den [X.]n beschränkt hat und ob dies wirksam war, kann dahinstehen. Nach § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO kommt es für die Statthaftigkeit der [X.] nicht darauf an, ob das [X.] die Revision zugelassen hat (vgl. [X.] 16. Juni 2005 - 6 [X.] - zu II 3 der Gründe, [X.] BBiG § 14 Nr. 12 = EzA BBiG § 14 Nr. 13).

2. Sonstige Bedenken gegen die Zulässigkeit der [X.] bestehen nicht.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] muss die [X.] auch nach der Neuregelung des § 554 ZPO einen Lebenssachverhalt betreffen, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht ([X.] 22. November 2007 - I ZR 74/05 - Rn. 38 ff. [X.], [X.]Z 174, 244; [X.] 20. Mai 2009 - 5 [X.]/08 - Rn. 25). Im Revisionsverfahren können neue prozessuale Ansprüche grundsätzlich nicht zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden ([X.] 5. Juni 2003 - 6 [X.] - zu II 1 der Gründe, [X.] ZPO 1977 § 256 Nr. 81 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 2). Das Revisionsgericht prüft, ob die Vorinstanz über die Klage rechtsfehlerfrei entschieden hat. Der Beurteilung des [X.] unterliegt dabei nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Tatbestand des Berufungsurteils oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Es gilt der Grundsatz, dass die [X.] mit dem Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen wird ([X.] 25. April 1988 - II ZR 252/86 - zu 7 a der Gründe, [X.]Z 104, 215).

b) An diesen Grundsätzen gemessen ist die [X.] in dem vom Kläger klargestellten Umfang zulässig. Der Kläger verfolgt mit der [X.] seinen ursprünglichen, vom [X.] abgewiesenen Hauptantrag, gerichtet auf Zahlung eines Betrages von 33.829,77 Euro aus der Insolvenzmasse, weiter. Dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt. Über diesen Streitgegenstand hat das [X.] entschieden und dieser Anspruch steht mit dem in die Revisionsinstanz gelangten Anspruch auch in unmittelbarem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang.

B. Die Revision des [X.]n ist begründet. Die [X.] des [X.] ist hingegen unbegründet. Die Klage ist nur teilweise zulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie unbegründet. Dem Kläger steht gegen den [X.]n kein Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes aus der Rückdeckungsversicherung zu. Ansprüche nach § 47 und § 48 [X.] scheitern daran, dass die (vermeintliche) Abtretung der Rechte aus der Rückdeckungsversicherung zwischen der A und der Schuldnerin oder die Einräumung eines Bezugsrechts der Versicherungsgesellschaft entgegen § 13 [X.] 86 nicht angezeigt wurde. Ob die Lebensversicherung zwischen der A bzw. deren Rechtsvorgängerin und der Schuldnerin - wie vom Kläger behauptet - bereits vor 2003 an ihn verpfändet wurde, kann für den vorliegenden Rechtsstreit dahinstehen. Eine solche Verpfändung würde dem Kläger allenfalls ein Recht zur abgesonderten Befriedigung nach § 50 [X.] geben. Ein solcher Anspruch ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

I. Die Klage ist nur hinsichtlich des [X.] zulässig. Soweit der Kläger mit seinem Hauptantrag die Verurteilung des [X.]n zur Zahlung von 33.829,77 Euro [X.] Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 2. September 2005 begehrt, verfolgt er eine Masseverbindlichkeit. Diese Klage ist nach der am 19. Oktober 2005 angezeigten Masseunzulänglichkeit unzulässig.

1. Für Leistungsklagen, mit denen Masseverbindlichkeiten im Sinne der § 55 Abs. 1, § 209 Abs. 1 Nr. 3 [X.] verfolgt werden, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Nach § 210 [X.] ist, sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne der § 55 Abs. 1 Nr. 3, § 209 Abs. 1 Nr. 3 [X.] unzulässig ([X.] 11. Dezember 2001 - 9 [X.] der Gründe, [X.] [X.] § 209 Nr. 1 = EzA [X.] § 210 Nr. 1; [X.] 3. April 2003 - [X.]/02 - zu II 1 der Gründe, [X.]Z 154, 358).

Der Kläger verfolgt mit seinem Zahlungsantrag eine Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 3, § 209 Abs. 1 Nr. 3 [X.]. Der [X.] hat durch die vor dem 1. September 2005 erfolgte Kündigung des [X.] mit der A und die anschließende Einziehung des Rückkaufswertes zur Insolvenzmasse aus Sicht des [X.] die Insolvenzmasse ungerechtfertigt bereichert. Der Kläger geht davon aus, dass ihm hinsichtlich der Rechte aus der Rückdeckungsversicherung ein ihn zur Absonderung nach § 47 [X.] berechtigendes Recht zugestanden hat, das durch die Kündigung des [X.] und die Einziehung des Rückkaufswertes zur Insolvenzmasse verloren gegangen ist und zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse geführt hat. Ein derartiger Anspruch richtet sich gegen die Masse.

Der Insolvenzverwalter hat vor Erhebung der Klage mit Schreiben vom 19. Oktober 2005 gegenüber dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit angezeigt (§ 208 Abs. 1 [X.]). Das [X.] ist nach Vorlage einer Mehrfertigung dieses Schreibens im Berufungsverfahren von einer Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 208 Abs. 1 [X.] ausgegangen. Das Informationsportal der Insolvenzgerichte im [X.] weist unter dem 2. November 2005 eine Bekanntmachung des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - [X.] aus, wonach der [X.] am 19. Oktober 2005 Masseunzulänglichkeit angezeigt hat. Der im März 2007 erhobenen Klage fehlte damit von Anfang an das Rechtsschutzbedürfnis.

2. Der Hilfsantrag ist zulässig. Der Kläger hat an der begehrten Feststellung das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse. Dem steht der Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage nicht entgegen. Da eine Leistungsklage gegen den Insolvenzverwalter wegen Masseverbindlichkeiten nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit unzulässig ist, bleibt der Gläubiger auf den Weg der Feststellungsklage verwiesen ([X.] 11. Dezember 2001 - 9 [X.] 3 der Gründe, [X.] [X.] § 209 Nr. 1 = EzA [X.] § 210 Nr. 1; [X.] 3. April 2003 - [X.]/02 - zu II 1 der Gründe [X.], [X.]Z 154, 358). Einer solchen Klage kann deshalb das Feststellungsinteresse nicht versagt werden (vgl. [X.] 29. Oktober 2002 - 1 [X.] - zu I der Gründe, EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 4).

II. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger standen nach der ausschließlich maßgeblichen versicherungsrechtlichen Lage keine Rechte aus der Rückdeckungsversicherung zu, die ihm ein Aussonderungsrecht nach § 47 [X.] oder ein Ersatzaussonderungsrecht nach § 48 [X.] geben.

1. Allein nach der versicherungsrechtlichen Lage richtet sich, in welcher Weise der Arbeitgeber in der Lage ist, rechtswirksam auf die Versicherung zuzugreifen, und ob diese Rechte zu seinem Vermögen gehören, in dessen Verwaltung der Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 [X.] bei Insolvenzeröffnung eintritt (st. Rspr. des [X.], statt vieler 31. Juli 2007 - 3 [X.] - Rn. 14, [X.] 2008, 32; 15. Juni 2010 - 3 [X.] - Rn. 19, [X.]E 134, 372; ebenso: [X.] 18. Juli 2002 - [X.]/01 - zu II der Gründe, [X.] 2002, 2104; BVerwG 28. Juni 1994 - 1 [X.] 20.92 - zu 2 c cc ccc der Gründe, BVerwGE 96, 160).

2. Im Ergebnis kommt es deshalb darauf an, wie sich die konkrete versicherungsrechtliche Lage darstellt.

a) Bei der streitbefangenen Versicherung handelt es sich - wie das [X.] zu Recht ausgeführt hat - nicht um eine Direktversicherung, sondern um eine sog. Rückdeckungsversicherung. Die Rückdeckungsversicherung ist kein Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung, sondern eine Finanzierungsmaßnahme für eine unmittelbare Versorgungszusage (Direktzusage). Ist - wie vorliegend nach § 7.2. des [X.] vom 11. Juni 1999 - eine Direktzusage erteilt, die in voller Höhe der Versicherungsleistung entspricht, liegt eine sog. kongruente Rückversicherung vor. Gleichwohl ist Versicherungsnehmer und [X.] der Arbeitgeber/Dienstgeber (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Berenz/[X.] BetrAVG 4. Aufl. § 1 Rn. 92; [X.] in HK-[X.] 6. Aufl. § 47 Rn. 27; [X.] Die Lebensversicherung in der Insolvenz des Arbeitgebers [X.]). Dieser kann über die vertraglichen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verfügen, insbesondere sie auch verpfänden und abtreten. Der Arbeitnehmer/Dienstnehmer ist lediglich versicherte Person. Diesem stehen damit keine eigenen Rechte gegen den Versicherer zu, die er in der Insolvenz aussondern könnte.

b) Die Schuldnerin hat dem Kläger aus dem Versicherungsvertrag auch keine Rechte wirksam abgetreten. Es kann dahinstehen, ob § 5.2. Satz 4 des Nachtrags zum Geschäftsführervertrag vom 27. Januar 2003, wonach der bisher geleistete Teil des [X.] im Eigentum des [X.] ist und verbleibt, eine Abtretung nach § 398 BGB der Rechte aus dem Versicherungsvertrag beinhaltet oder die Einräumung eines Bezugsrechts zugunsten des [X.] darstellt. Beide Gestaltungen müssten nach § 13 Abs. 4 [X.] 86 zu ihrer Wirksamkeit der Versicherungsgesellschaft gegenüber angezeigt worden sein. Entgegen der Auffassung des [X.]s ist eine der Versicherung nicht angezeigte Abtretung nach § 13 Abs. 4 [X.] 86 absolut unwirksam.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.] macht § 13 Abs. 4 [X.] 86 die Wirksamkeit der Abtretung davon abhängig, dass sie der bisherige Verfügungsberechtigte dem Versicherer schriftlich angezeigt hat. Damit will der Versicherer als Schuldner der Forderungen nicht nur sicherstellen, dass seine Leistung für den vertraglich vorgesehenen Zweck verwendet wird. Er will insbesondere die Abrechnung übersichtlich gestalten und verhindern, dass ihm eine im Voraus nicht übersehbare Vielzahl von Gläubigern gegenübertritt. So will er weitergehend als durch den Schuldnerschutz der §§ 406 bis 410 BGB vor mehrfacher Inanspruchnahme geschützt sein ([X.] 31. Oktober 1990 - IV ZR 24/90 - zu 1 der Gründe, [X.]Z 112, 387; 23. April 1997 - [X.] - zu 2 b der Gründe, NJW 1997, 2747). Angesichts dieser erkennbaren Zielsetzung ist eine derartige Klausel nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers so auszulegen, dass sie als Ausnahme vom Regelfall der [X.] gemäß § 398 BGB vereinbarungsgemäß von vornherein für die zu begründende Forderung den (eingeschränkten) Abtretungsausschluss des § 399 Alt. 2 BGB festlegt. Die Wirkung dieses Abtretungsausschlusses besteht darin, dass eine abredewidrig nicht angezeigte Abtretung absolut unwirksam ist ([X.] 31. Oktober 1990 - IV ZR 24/90 - aaO; 19. Februar 1992 - IV [X.] - zu II 1 a und 2 der Gründe, [X.], 561; 23. April 1997 - [X.] - aaO; 10. März 2010 - IV ZR 207/08 - Rn. 13, [X.], 890).

Dem hat sich auch das [X.] zwischenzeitlich ausdrücklich angeschlossen ([X.] 19. April 2011 - 3 [X.] - Rn. 23, [X.] 2011, 2555). Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Argumentation des [X.]s fest. Das [X.] übersieht, dass die Einschränkung der [X.] nicht nur dem Schutz der Versicherungsgesellschaft, sondern auch der Sicherung des Versicherungszwecks dient. Dem stehen zu starke Erleichterungen der [X.] entgegen. Zudem sprechen auch Gesichtspunkte der Rechtssicherheit für die Auslegung des [X.].

bb) Danach ist eine in § 5.2. Satz 4 des Nachtrags zum Geschäftsführervertrag vom 27. Januar 2003 möglicherweise enthaltene Abtretung nach § 398 BGB oder Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts unwirksam, denn nach den Feststellungen des [X.]s ist eine schriftliche Anzeige der Einräumung eines Bezugsrechts oder der Abtretungserklärung gegenüber der Versicherungsgesellschaft nicht erfolgt. Diese Feststellungen sind nicht mit Verfahrensrügen angegriffen, weshalb der Senat an sie gebunden ist (§ 559 Abs. 2 ZPO).

III. Dem Kläger steht gegen den [X.]n auch kein Schadensersatzanspruch aus § 241 Abs. 2 BGB zu. Nach dem unter [X.] Gesagten wurden dem Kläger Rechte aus dem Rückdeckungsversicherungsvertrag nicht wirksam abgetreten. Deshalb kann er auch keinen Schadensersatzanspruch daraus herleiten, dass der Insolvenzverwalter den Rückkaufswert der Versicherung der Insolvenzmasse hinzugefügt hat.

IV. Der Senat hatte sich nicht mit der Frage zu befassen, ob dem Kläger ein Anspruch auf abgesonderte Befriedigung nach § 50 Abs. 1 [X.] zusteht, weil die Schuldnerin ihm die Rückdeckungsversicherung verpfändet hat.

Nach § 50 Abs. 1 [X.] sind Gläubiger, die an einem Gegenstand der Insolvenzmasse ein rechtsgeschäftliches Pfandrecht haben, nach Maßgabe der §§ 166 bis 173 [X.] für Hauptforderung, Zinsen und Kosten zur abgesonderten Befriedigung aus dem abgetretenen Recht berechtigt.

Ob die Schuldnerin die Rückdeckungsversicherung mit der A bzw. deren Rechtsvorgängerin - wie vom Kläger im Berufungsverfahren vorgetragen - bereits „vor 2003“ wirksam an ihn verpfändet hat und ob der vom Kläger insoweit gehaltene Sachvortrag substantiiert genug war, kann für diesen Rechtsstreit auf sich beruhen, denn jedenfalls gewährt § 50 Abs. 1 [X.] dem Kläger keinen Anspruch auf Zahlung des Rückkaufswertes aus der Lebensversicherung an ihn. Die Verpfändung einer Lebensversicherung zur Sicherung einer Versorgungszusage gewährt Rechte nur, wenn der Versorgungsfall eingetreten ist. Das Pfandrecht ist daher nur aufschiebend bedingt und berechtigt in der Insolvenz nur zur Hinterlegung einer Sicherheitsleistung bis die Bedingung eingetreten oder entfallen ist - §§ 191, 198 [X.] (vgl. [X.] 7. April 2005 - IX ZR 138/04 - NJW 2005, 2231).

V. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Brunke    

        

    H. Frehse    

        

        

Meta

3 AZR 10/10

17.01.2012

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Nürnberg, 20. November 2007, Az: 4 Ca 1782/07, Urteil

§ 72 Abs 5 ArbGG, § 241 Abs 2 BGB, § 47 InsO, § 48 InsO, § 50 Abs 1 InsO, § 55 Abs 1 Nr 3 InsO, § 209 Abs 1 Nr 3 InsO, § 210 InsO, § 256 Abs 1 ZPO, § 554 Abs 1 ZPO, § 554 Abs 2 ZPO, § 2 Abs 1 BetrAVG, § 191 InsO, § 198 InsO, §§ 1204ff BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.01.2012, Az. 3 AZR 10/10 (REWIS RS 2012, 10086)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10086

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

IX ZR 314/14

IX ZR 314/14

12 Sa 1051/15

6 Sa 1701/12

6 Sa 1702/12

6 Sa 1478/12

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