Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.05.2018, Az. 8 C 13/17

8. Senat | REWIS RS 2018, 9392

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Gegenstand

Berechnung der Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz


Leitsatz

Tarifliche Mehrurlaubstage und gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen, dürfen bei der Berechnung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz nicht als Ausgleichstage berücksichtigt werden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Berechnungsmodalitäten der nach dem [X.] zulässigen durchschnittlichen Höchstarbeitszeit.

2

Das klagende [X.] wendet auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihm beschäftigten Ärzte - mit wenigen Ausnahmen - den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30. Oktober 2006 an, der derzeit in der Fassung des [X.] Nr. 6 vom 12. April 2017 gilt (nachfolgend: [X.]). Danach haben Ärzte in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts, wobei der Urlaubsanspruch generell 30 Tage beträgt (vgl. § 26 Abs. 1 [X.]).

3

Um die Einhaltung der höchstzulässigen Arbeitszeit nach dem [X.] ([X.]) sicherzustellen, führt der Kläger für seine Beschäftigten so genannte [X.]. Auf diesen werden die wöchentliche Höchstarbeitszeit als "Soll" verbucht und die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden als "Haben" erfasst. An den Tagen des gesetzlichen Mindesturlaubs wird ein dem Sollwert entsprechender Habenwert zugebucht. Über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehende Urlaubstage sowie auf Werktage fallende gesetzliche Feiertage verbuchte der Kläger hingegen mit einer geleisteten Arbeitszeit von null Stunden bei regulärem Sollwert. Damit konnten diese Tage zum Ausgleich für überdurchschnittlich geleistete Arbeit an anderen Tagen herangezogen werden.

4

Mit Bescheid vom 16. Juni 2011 ordnete die [X.] für alle bei dem Kläger als Arbeitnehmer beschäftigten Ärzte mit Ausnahme der Chefärzte an, dass alle Urlaubstage, auch soweit sie über den vierwöchigen gesetzlichen Mindesturlaub nach dem [X.] hinausgingen, bei den [X.] des § 3 Satz 2 und des § 7 Abs. 8 [X.] mit ihrer Regelarbeitszeit zu berücksichtigen seien. Sie dürften nicht als [X.] herangezogen werden. Ebenso wenig seien die gesetzlichen Feiertage als [X.] heranzuziehen.

5

Das Verwaltungsgericht hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen. Daraufhin hat der Kläger seine Berechnungsweise vorläufig aufgegeben, sich aber vorbehalten, sie nach der abschließenden gerichtlichen Klärung wieder aufzunehmen.

6

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Die Anordnung der [X.] sei rechtmäßig. Sie sei nach § 17 Abs. 2 [X.] zur Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit der Ärzte erforderlich, nachdem der Kläger ausdrücklich angekündigt habe, nach einer Klärung der Rechtslage seine in der Vergangenheit praktizierte Berechnungsweise gegebenenfalls wieder aufgreifen zu wollen. Entgegen seiner Auffassung dürften bei der Berechnung der durchschnittlichen Arbeitszeit als [X.] für geleistete überdurchschnittliche Mehrarbeit grundsätzlich nur solche Tage berücksichtigt werden, an denen der Arbeitnehmer nicht arbeite, obwohl er an sich zur Arbeit verpflichtet sei. Deshalb dürften bei der Führung der [X.] weder Tage bezahlten Erholungsurlaubs noch auf Werktage fallende gesetzliche Feiertage als [X.] angerechnet werden. Der Ausgleich von Mehrarbeit an einzelnen Arbeitstagen dürfe nur durch Minderarbeit an anderen Arbeitstagen, nicht aber durch fingierte Arbeitszeit in Zeiten bezahlten Erholungsurlaubs erfolgen. Für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, tarifrechtlichen Mehrurlaub bei der Berechnung der zulässigen Höchstarbeitszeit anders als den gesetzlichen Urlaubsanspruch - und zwar für den Arbeitnehmer ungünstiger - zu verrechnen, sei nichts ersichtlich. Auch eine an der [X.] 2003/88/[X.] orientierte Auslegung der § 3 Satz 2 und § 7 Abs. 8 [X.] verlange, bei der Berechnung der Durchschnittsarbeitszeit die Tage des tariflichen [X.] nicht als [X.] zu berücksichtigen. Ebenso wenig dürften auf Werktage fallende gesetzliche Feiertage als [X.] angerechnet werden. [X.] könnten nur solche Tage sein, an denen der Arbeitnehmer nicht arbeite, obwohl er an sich zur Arbeit verpflichtet sei. Das sei an gesetzlichen Feiertagen nicht der Fall; an diesen Tagen komme eine Beschäftigung nur ausnahmsweise in Betracht.

7

Mit der Revision verteidigt der Kläger seine frühere Praxis, übergesetzliche Urlaubstage sowie gesetzliche Wochenfeiertage als [X.] im [X.] zu bewerten. Ein Verbot, diese Tage nicht auf die durchschnittliche Höchstarbeitszeit anzurechnen, folge weder aus dem [X.] noch aus Unionsrecht. Das [X.] und der einschlägige Tarifvertrag regelten nicht, ob übergesetzliche Urlaubstage oder andere Tage der Arbeitsbefreiung in die Berechnung des Zeitausgleichs nach § 7 Abs. 8 [X.] einbezogen werden dürften. Damit existierten keine günstigeren Rechtsvorschriften, die eine Anrechnung von übergesetzlichen Urlaubstagen verbieten könnten. Die [X.] 2003/88/[X.] verbiete lediglich, gesetzliche Mindesturlaubstage als [X.] bei der Berechnung der Durchschnittsarbeitszeit nach § 7 Abs. 8 [X.] zu berücksichtigen. Die Anrechnung von übergesetzlichem Urlaub sei vom Anwendungsbereich der Richtlinie hingegen nicht erfasst. Etwas anderes folge nicht aus Art. 15 [X.] 2003/88/[X.], der den Mitgliedstaaten erlaube, günstigere Vorschriften zu erlassen. Von dieser Befugnis hätten weder der Gesetzgeber noch die Tarifvertragsparteien Gebrauch gemacht. Das Berufungsgericht verkenne darüber hinaus den strukturellen Unterschied zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und übergesetzlichem Mehrurlaub. Es treffe zwar zu, dass der Arbeitnehmer auch im Fall des übergesetzlichen Urlaubs von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit sei. Der tarif- bzw. individualvertraglich vereinbarte zusätzliche Urlaubsanspruch diene aber nicht dem Gesundheitsschutz oder einem Erholungszweck, sondern regele lediglich das synallagmatische Verhältnis von Arbeitszeit und Verdienst. Die Praxis, gesetzliche Wochenfeiertage als [X.] zu berücksichtigen, sei auch mit dem besonderen Schutz der Sonn- und Feiertage nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 [X.] vereinbar. Denn die Anrechnungsregelung bewirke nicht, dass an den betroffenen Feiertagen tatsächlich gearbeitet werde; diese würden lediglich als [X.] berücksichtigt.

8

Der Kläger beantragt,

das Urteil des [X.] für das [X.] vom 23. Juni 2016 und das Urteil des [X.] vom 22. November 2012 zu ändern und den Bescheid der [X.] vom 16. Juni 2011 aufzuheben.

9

Der Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Vertreter des [X.] hält das Berufungsurteil für zutreffend. Tarifrechtliche [X.]tage veränderten nicht das synallagmatische Verhältnis von Arbeitszeit und Verdienst, sondern dienten wie der gesetzliche Mindesturlaub der Erholung. Die Arbeitszeitrichtlinie enthalte Mindestvorgaben zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer. Sowohl das [X.] als auch das [X.] dienten der Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie und ließen für die Arbeitnehmer günstigere Regelungen zu.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt kein Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht ist ohne Verstoß gegen Bundesrecht davon ausgegangen, dass der Bescheid der [X.] vom 16. Juni 2011 rechtmäßig ist.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 17 Abs. 2 [X.] vom 6. Juni 1994 ([X.] [X.] 1170), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. November 2016 ([X.] [X.] 2500) - [X.] -. Danach kann die Aufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen anordnen, die der Arbeitgeber zur Erfüllung der Pflichten zu treffen hat, die sich aus diesem Gesetz und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Voraussetzungen der Norm zu Recht bejaht. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anordnung der [X.] erforderlich war, um die Einhaltung der nach dem [X.] zulässigen durchschnittlichen Höchstarbeitszeit sicherzustellen. Die vom Kläger in der Vergangenheit praktizierte Ausgestaltung der [X.] steht mit den Vorgaben des [X.]es nicht in Einklang. Urlaubstage, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen (1.), und gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen (2.), dürfen bei der Berechnung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit nach § 3 Satz 2, § 7 Abs. 8 Satz 1 [X.] nicht als Ausgleichstage herangezogen werden.

1. Nach der Grundregel des § 3 Satz 1 [X.] darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§ 3 Satz 2 [X.]).

a) Die in § 3 Satz 2 [X.] geregelte Höchstgrenze der durchschnittlichen werktäglichen Arbeitszeit setzt die Möglichkeit eines [X.] zwischen einzelnen Werktagen innerhalb eines [X.] voraus. Auch bei einer Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden ist die durchschnittliche werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden innerhalb des gesetzlich bestimmten [X.] einzuhalten. Werktag ist jeder Tag, der nicht Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist (vgl. auch § 3 Abs. 2 [X.] - [X.]).

Von der Grundregel des § 3 [X.] kann unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 [X.] unter anderem durch Tarifvertrag abgewichen werden. So kann die Arbeitszeit abweichend von § 3 [X.] über zehn Stunden werktäglich verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a [X.]). Der Tarifvertrag kann außerdem abweichend von § 3 [X.] einen anderen [X.] festlegen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b [X.]). Darüber hinaus ermöglicht § 7 Abs. 1 Nr. 4 [X.] auch eine Abweichung von § 6 Abs. 2 [X.]. Diese Vorschrift regelt die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer, die acht Stunden nicht überschreiten darf und auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden kann, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§ 6 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Hiervon abweichend kann nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a [X.] die Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich hinaus verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt; außerdem kann ein anderer [X.] festgelegt werden (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b [X.]).

Das [X.] lässt damit bestimmte tarifvertragliche Modifikationen der Arbeitszeitgestaltung zu und ermöglicht auf diese Weise eine Flexibilisierung der werktäglichen Arbeitszeit (vgl. § 1 Nr. 1 [X.]), setzt ihr aber zugleich Grenzen. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 [X.] darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von zwölf Kalendermonaten nicht überschreiten, wenn abweichende Regelungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 4 [X.] zugelassen werden. Die nach diesen Öffnungsklauseln zulässigen Abweichungen von den gesetzlich vorgegebenen Parametern für die werktägliche Arbeitszeit und den [X.] dürfen also nicht dazu führen, dass die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von 12 Kalendermonaten überschreitet.

Der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30. Oktober 2006 in der derzeit maßgeblichen Fassung des [X.] Nr. 6 vom 12. April 2017 (nachfolgend: [X.]) hat von den in § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b [X.] vorgesehenen Abweichungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht. So sieht § 6 Abs. 1 [X.] eine durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden vor, die auf fünf Tage, aus notwendigen betrieblichen oder dienstlichen Gründen auch auf sechs Tage verteilt werden kann. Daraus ergibt sich bei einer Verteilung der Arbeitszeit auf fünf Tage eine werktägliche durchschnittliche Arbeitszeit von 8,4 Stunden. Darüber hinaus legt § 6 Abs. 2 Satz 1 [X.] für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einen Zeitraum von einem Jahr fest und dehnt damit den [X.] auf den nach § 7 Abs. 8 Satz 1 [X.] höchstzulässigen Zeitraum aus.

b) Bei der Berechnung der danach zulässigen durchschnittlichen Höchstarbeitszeit dürfen Tage des gesetzlichen Mindesturlaubs sowie tarifvertraglich eingeräumte [X.]stage nicht als Ausgleichstage herangezogen werden. Zwar lässt sich dem Wortlaut des § 7 Abs. 8 Satz 1 [X.] und dessen Entstehungsgeschichte dazu nichts entnehmen. Aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschrift mit § 3 Abs. 2 [X.] und dem [X.] sowie aus dem Zweck der Regelung ergibt sich aber, dass ein Ausgleich zu viel geleisteter Arbeitszeit nur durch Freistellung zu anderen Arbeitszeiten innerhalb des [X.] erfolgen kann. Als Ausgleichstage können nur solche Tage dienen, an denen der Arbeitnehmer nicht schon wegen Urlaubsgewährung von der Pflicht zur Arbeit freigestellt ist.

§ 7 Abs. 8 [X.] wurde mit dem Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 ([X.] [X.] 3002) in das [X.] eingefügt. Die Regelung setzt Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/[X.] und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ([X.] 2003/88/[X.]) in nationales Recht um. Nach Art. 19 Abs. 2 [X.] 2003/88/[X.] können die Tarifvertragsparteien einen [X.] für Arbeitszeitverlängerungen von bis zu zwölf Monaten vereinbaren, wobei innerhalb dieses Zeitraums die Arbeitszeit nicht höher als durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich sein darf. Die Vorschrift enthält zugleich die an die Mitgliedstaaten gerichtete Maßgabe, die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer zu wahren. § 7 Abs. 8 [X.] dient ausweislich der Gesetzesmaterialien lediglich der Klarstellung und soll entsprechend den Vorgaben der Richtlinie sicherstellen, dass auch bei einer Verlängerung des [X.] die wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten wird ([X.]. 15/1587 S. 31). Für die Frage der Berechnungsmodalitäten der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit sind die Gesetzesmaterialien hingegen unergiebig.

Allerdings ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang des § 7 Abs. 8 Satz 1 [X.] mit § 3 Satz 2 [X.] und dem [X.], dass nur solche Tage als Ausgleichstage herangezogen werden können, an denen der Arbeitnehmer nicht schon wegen Urlaubsgewährung von der Arbeitspflicht freigestellt ist. § 7 Abs. 8 [X.] stellt klar, dass Abreden zur Flexibilisierung der Arbeitszeit gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 4 [X.] die Notwendigkeit des [X.] im Sinne des § 3 Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b [X.] nicht abbedingen können. Unverändert bleiben auch die gesetzlichen Anforderungen an den Ausgleich. Wie sich aus § 7 [X.] ergibt, definieren §§ 3 bis 6 [X.] einen zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitszeit unter Beachtung der jeweiligen Höchstgrenzen verteilt werden darf. Wird der Arbeitnehmer an einem Werktag dieses Zeitraums zur Überschreitung der regelmäßigen werktäglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden verpflichtet, muss dies dadurch kompensiert werden, dass der zeitliche Umfang seiner Arbeitspflicht an anderen Werktagen des [X.] entsprechend gemindert wird. Dies setzt eine Freistellung von der Arbeitspflicht an einem Tag voraus, an dem der Arbeitnehmer - ohne die Freistellung - zur Arbeit verpflichtet werden könnte. Daran fehlt es, wenn eine Arbeitspflicht an diesem Tag schon aus anderen rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Das trifft zu, wenn dem Arbeitnehmer für den betreffenden Tag Erholungsurlaub gewährt wurde, gleich ob es sich dabei um den gesetzlichen Mindesturlaub oder um tariflichen [X.] handelt. Nach § 1 [X.] hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Der Erholungsurlaub soll der Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers dienen und sichert ihm die Möglichkeit, für eine bestimmte Dauer im Jahr die ihm eingeräumte Freizeit zur selbstbestimmten Erholung zu nutzen ([X.], Urteil vom 20. März 2012 - 9 [X.] - [X.]E 141, 73 Rn. 23). Der Arbeitnehmer ist in diesem Zeitraum unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeitspflicht befreit. Für eine Freistellung zwecks [X.] stehen Urlaubstage damit nicht mehr zur Verfügung.

Die Entstehung des Urlaubsanspruchs ist auch nicht vom vorherigen Umfang der Arbeitsleistung abhängig. Der Erholungsurlaub muss also nicht durch Arbeitsleistung "verdient" werden. Er ist keine Gegenleistung des Arbeitgebers für erbrachte oder noch zu erbringende Arbeitsleistungen, sondern eine gesetzlich bedingte Verpflichtung des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis, den Arbeitnehmer von dessen Verpflichtung zur Arbeitsleistung für die Dauer des Urlaubs freizustellen (vgl. [X.], Urteile vom 28. Januar 1982 - 6 [X.] - [X.]E 37, 382 Rn. 14 und 17 und vom 8. März 1984 - 6 [X.] - [X.]E 45, 199 Rn. 24). Er ist deshalb auch nicht durch vorherige oder nachfolgende Arbeitsleistung auszugleichen. Dem liefe es zuwider, wenn Urlaubstage als Ausgleich für erbrachte oder noch zu erbringende Arbeitsleistung bei der Berechnung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit in Anrechnung gebracht würden.

Das gilt nicht nur für den nach § 3 Abs. 1 [X.] gesetzlich garantierten Mindesturlaub von jährlich 24 Werktagen, sondern auch für darüber hinaus gehende [X.]stage, die aufgrund Tarifvertrages oder individualrechtlich gewährt werden. § 3 Abs. 1 [X.], der die Dauer des jährlichen Mindesturlaubs bestimmt, differenziert nicht zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem [X.]. Der einschlägige Tarifvertrag enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien eine von der gesetzlichen Regelung abweichende arbeitszeitrechtliche Behandlung des tariflichen [X.]s hätten regeln wollen. Das Oberverwaltungsgericht ist in diesem Zusammenhang von einem Gleichlauf zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem [X.] ausgegangen (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 12. April 2011 - 9 [X.] - [X.]E 137, 328 Rn. 23). Diese Auslegung des [X.] durch das Berufungsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem [X.] differenzierender [X.] der Tarifvertragsparteien lässt sich aus dem Tarifvertrag nicht ableiten. Vielmehr trifft § 26 [X.] eine einheitliche Regelung für den Erholungsurlaub. Die tarifvertragliche Bestimmung erweitert den Urlaubsanspruch über das gesetzliche Mindestmaß hinaus, ohne eine Differenzierung zwischen gesetzlichen Mindesturlaubstagen und tariflichen [X.]stagen vorzunehmen und damit die Heranziehung von [X.]stagen als Ausgleichstage zu gestatten. Ob eine solche Regelung gesetzeskonform wäre, kann daher auf sich beruhen.

Die Auslegung des § 7 Abs. 8 Satz 1 [X.], die keine Heranziehung tariflicher [X.]stage als Ausgleichstage zulässt, fügt sich in den Zweck des [X.]es ein. Zweck des Gesetzes ist es, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung zu gewährleisten und die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern (§ 1 Nr. 1 [X.]). Die in § 7 [X.] vorgesehenen Öffnungsklauseln ermöglichen eine Flexibilisierung der Arbeitszeit innerhalb eines bestimmten zeitlichen, der tarifvertraglichen Gestaltung unterliegenden Rahmens. Sie gestatten jedoch keine Arbeitszeitverdichtung durch Erweiterung dieses Rahmens zulasten anderweitig geregelter Begrenzungen der Arbeitszeit. Tage, an denen eine Arbeitspflicht bereits nach dem [X.] ausgeschlossen ist, sollen weder als Arbeits- noch als Ausgleichszeit in Anspruch genommen werden können.

c) Unionsrecht steht dieser Auslegung der [X.] des [X.]es nicht entgegen. Art. 16 Buchst. b Satz 2 [X.] 2003/88/[X.] bestimmt, dass die nach Art. 7 [X.] 2003/88/[X.] gewährten Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs sowie die Krankheitszeiten bei der Berechnung des Durchschnitts der wöchentlichen Höchstarbeitszeit unberücksichtigt bleiben oder neutral sind. Danach dürfen die betreffenden Tage bei der Berechnung nicht als Ausgleichstage herangezogen werden. Die Arbeitszeitrichtlinie nimmt zwar lediglich auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen Bezug (Art. 7 Abs. 1 [X.] 2003/88/[X.]). Gleiches gilt jedoch auch für darüber hinausgehende, durch nationales Recht begründete [X.]stage. Denn die Richtlinie 2003/88/[X.] verfolgt nach ihrem vierten Erwägungsgrund das Ziel, Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu verbessern, ohne dass diese Zielsetzungen rein wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet werden dürfen. Demgemäß enthält die Richtlinie nach Art. 1 Abs. 1 lediglich Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung und gewährleistet damit ein Mindestschutzniveau.

Nach Art. 15 [X.] 2003/88/[X.] bleibt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen oder die Anwendung von für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigeren Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern zu fördern oder zu gestatten. Das umfasst auch die Einräumung eines über den unionsrechtlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsanspruchs. Da der Arbeitnehmer auch an solchen [X.]stagen von der Arbeitspflicht befreit ist, können diese Tage nicht als Ausgleich für eine Überschreitung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit herangezogen werden (vgl. auch [X.], Urteile vom 17. September 2015 - 2 C 26.14 - juris Rn. 63 und vom 20. Juli 2017 - 2 C 31.16 - [X.]E 159, 245 Rn. 57 f.).

Entgegen der Auffassung des [X.] entfaltet Art. 15 [X.] 2003/88/[X.] keine "Sperre" für günstigere nationale Regelungen als den in der Richtlinie vorgesehenen Mindeststandard der Arbeitszeitgestaltung (vgl. Art. 1 Abs. 1 [X.] 2003/88/[X.]). Vielmehr ist es im Sinne der so genannten acte-clair-Doktrin (vgl. hierzu: [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - [X.]/81 [[X.]:[X.]:C:1982:335], [X.] - Rn. 16) offenkundig, dass die Vorschrift über den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub hinausgehende und dem Arbeitnehmer günstigere nationale Urlaubs- und [X.] zulässt und für vernünftige Zweifel insoweit kein Raum bleibt. Eine Vorlage an den [X.] gemäß Art. 267 A[X.]V ist mithin nicht veranlasst.

2. Auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen, bei der Berechnung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit nach dem [X.] nicht als Ausgleichstage herangezogen werden dürfen, steht mit Bundesrecht in Einklang.

a) Das [X.] sieht in § 9 Abs. 1 [X.] ein grundsätzliches Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen vor. Eine Differenzierung zwischen Feiertagen, die auf einen Werktag fallen, und anderen Feiertagen trifft die Regelung nicht; sie erfasst ausnahmslos alle gesetzlichen Feiertage. Eine Beschäftigung von Arbeitnehmern an gesetzlichen Feiertagen kommt nach § 10 [X.] unter den dort genannten Voraussetzungen nur ausnahmsweise in Betracht. Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den [X.] einschließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist (§ 11 Abs. 3 Satz 2 [X.]). Zweck dieser Regelung ist es, dem Arbeitnehmer einen Ersatzruhetag als Ausgleich für einen durch Beschäftigung "verlorenen" Ruhetag zu gewähren. Allerdings finden die §§ 3 und 7 [X.] - und damit auch die darin enthaltenen [X.] - nach § 11 Abs. 2 [X.] nur dann entsprechende Anwendung, wenn der Arbeitnehmer an einem Feiertag beschäftigt wird. Bleibt ein [X.] arbeitsfrei, scheidet eine Anwendung der [X.] und damit auch seine Heranziehung als Ausgleichstag von vornherein aus.

Daran ändert die Öffnungsklausel des § 12 Nr. 2 [X.] nichts. Danach kann zwar durch Tarifvertrag abweichend von § 11 Abs. 3 [X.] der Wegfall von [X.] für auf Werktage fallende Feiertage vereinbart werden. § 6 Abs. 3 Satz 4 [X.] sieht aber grundsätzlich den Ausgleich eines Feiertags, der auf einen Werktag fällt, durch Freistellung an einem anderen Werktag innerhalb einer bestimmten Ausgleichsfrist vor. Nur wenn Freizeitausgleich nicht gewährt werden kann, tritt an dessen Stelle ein Entgelt für die ausnahmsweise ohne Freizeitausgleich geschuldete Arbeitsleistung (§ 6 Abs. 3 Satz 5 [X.]). Das Berufungsgericht hat diese tarifvertragliche Bestimmung revisionsrechtlich einwandfrei als eine Ausnahmeregelung verstanden, die eine Einzelfallprüfung erfordert, aber an dem Umstand, dass [X.]e grundsätzlich beschäftigungsfrei sind, nichts ändert. Damit gestattet sie keine Heranziehung von gesetzlichen Feiertagen als Ausgleichstage.

b) Aus dem Unionsrecht ergibt sich nichts anderes. Der Anwendungsbereich der [X.]-Arbeitszeitrichtlinie erstreckt sich nicht auf die Arbeitszeitgestaltung an Feiertagen. Deshalb beurteilt sich die Frage, ob gesetzliche Feiertage, die auf einen Werktag fallen, bei der Berechnung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit als Ausgleichstage herangezogen werden dürfen, ausschließlich nach den dargestellten nationalen Regelungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

8 C 13/17

09.05.2018

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 23. Juni 2016, Az: 4 A 2803/12, Urteil

Art 1 EGRL 88/2003, Art 7 EGRL 88/2003, Art 15 EGRL 88/2003, Art 16 EGRL 88/2003, Art 140 GG, Art 139 WRV, § 1 ArbZG, § 3 S 1 ArbZG, § 7 Abs 1 ArbZG, § 9 ArbZG, § 11 ArbZG, § 17 Abs 2 ArbZG, § 1 BUrlG, § 3 S 2 ArbZG, § 7 Abs 8 ArbZG, § 3 BUrlG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.05.2018, Az. 8 C 13/17 (REWIS RS 2018, 9392)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9392

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