Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2017, Az. VIII ZR 295/15

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 14042

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:150317UVIIIZR295.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII ZR 295/15
Verkündet am:

15. März 2017

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 558, § 558a, § 558c, § 558d;
ZPO § 286 A, § 287
Bei Beurteilung eines Mieterhöhungsverlangens ist der Tatrichter in Fällen, in denen zwischen dem Erhebungsstichtag eines [X.] und dem Zugang des Zustim-mungsverlangens nachträglich ungewöhnliche Steigerungen der ortsüblichen [X.] festzustellen sind, im Rahmen des ihm dabei zukommenden weiten Be-urteilungsspielraums befugt, einen [X.] vorzunehmen, wenn ihm dies zur Bildung einer sachgerechten Einzelvergleichsmiete angemessen erscheint.

[X.], Urteil vom 15. März 2017 -
VIII ZR 295/15 -
LG [X.]

AG [X.]

-
2
-

Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO
mit Schriftsatzfrist bis zum 24. Februar
2017
am 15.
März
2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richter Prof.
Dr.
Achilles
und Dr. Schneider, die Richterin Dr.
Fetzer und [X.]
Bünger

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts
[X.] -
1. Zivilkammer -
vom 4. Dezember 2015 wird unter Verwerfung der weitergehenden Revision als unzulässig zurück-gewiesen, soweit sie sich gegen die Vornahme eines Stichtagszu-schlags auf die nach dem [X.] 2013 ermittelte ortsübliche Vergleichsmiete wendet.
Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tra-gen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagten sind seit 1988 Mieter einer den Klägern gehörenden
und
nach der Wohnflächenangabe im Mietvertrag circa
99
m² großen Wohnung in [X.]. Die seit vielen Jahren unveränderte Miete
beläuft sich auf monatlich
, sondern in der Miete enthalten
sind dabei allerdings die monatlichen [X.]
-
3
-

dungen der Kläger für Grundsteuer und Sachversicherungen
sowie die Nutzung eines Garagenstellplatzes.
Unter Bezugnahme auf den [X.] 2013
(Stand
Mai 2013)
und ausgehend von einer tatsächlichen Wohnungsgröße von 105 m2
for-derten die Kläger die Beklagten mit Schreiben vom 29. November 2013 auf, einer Erhöhung der [X.] dem 1. Februar 2014 zuzustimmen. Dabei rechneten
die Kläger zur Bestimmung der
zum Vergleich
heranzuziehen-den
Nettomiete
der Wohnung aus der bisher gezahlten Miete einen von ihnen Betriebskostenanteil für die Grundsteuer und die Sach-versicherungen
heraus. Die Beklagten akzeptierten die Erhöhung hinsichtlich und wiesen das
darüber hinausgehende
Miet-erhöhungsbegehren der Kläger zurück.
Das Amtsgericht hat der auf Zustimmung zur begehrten Mieterhöhung gerichteten
Klage in Höhe von monatlich weiteren

stattgegeben, was unter Berücksichtigung des von den Beklagten akzeptierten Betrages
eine monatlich zu und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht beschränkt zugelassenen Revision
verfolgen die Beklag-ten ihr Klageabweisungsbegehren in vollem Umfang weiter.

2
3
-
4
-

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht, das die Revisionszulassung bereits im Tenor sei-ner Entscheidung auf die Frage beschränkt hat, ob bei Ermittlung der ortsübli-chen Vergleichsmiete ein Zuschlag vorzunehmen ist für die bis zum Zugang der Mieterhöhung vergangene [X.]
und wie ein
möglicher
Zuschlag
zu berechnen ist,
hat zur Begründung seiner Entscheidung -
soweit für das Revisionsverfah-ren von Interesse -
im Wesentlichen ausgeführt:
Die von den Beklagten auf das formell ordnungsgemäße Mieterhöhungs-begehren hin geschuldete ortsübliche Miete betrage
jedenfalls
nicht weniger als Insbesondere
sei es angemessen, dabei auf die Vergleichsmiete, wie sie sich
aus dem
hier maßgeblichen einfachen und als solchem nicht in Frage gestellten [X.]
für die im Streit stehende Wohnung mit einem Mittelwert von 6,2
ergebe,
einen
auf den [X.]punkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens bezogenen
Stichtagszu-schlag vorzunehmen.
Denn der Mietspiegel sei im Gegensatz zur dynamischen ortsüblichen Vergleichsmiete
statisch, er spiegele also die ortsübliche [X.] nur zu einem in der Vergangenheit liegenden Erhebungsstichtag wider. Die Verwendung der Daten eines alten [X.], der zu einem weit in der Vergangenheit liegenden [X.]punkt errichtet worden sei, führte
deshalb [X.] zu einem rechtlich nicht begründbaren "Mietpreisstopp".
Im Streitfall sei
der Mietspiegel der Stadt [X.] des Jahres
2013 auf dem Stand von Mai 2013 gewesen, während den Beklagten das [X.] erst Ende November 2013 und damit 7 Monate später zuge-4
5
6
7
-
5
-

gangen sei. Der zwischenzeitlich erschienene Mietspiegel 2015 der Stadt
Reut-lingen (Stand Dezember 2014) zeige
eine deutliche Mietsteigerung, welche nicht ignoriert werden könne. Wenn man dem Mittelwert, wie er sich aus dem Mietspiegel 2013 ergebe, denjenigen des [X.] 2015 gegenüberstelle, der sich auf 7,05

2
belaufe, zeige
sich für den Vergleichszeitraum von 19
Monaten eine Steigerung von 12,35 Prozent, was einer monatlichen Steige-rung
von 0,65
Prozent
entspreche.
Diese
liege im Ergebnis deutlich über dem Zuschlag, den das Amtsgericht den Klägern anhand eines statistischen Preisin-dex für Wohnungsmieten in [X.] in Höhe von 1,16 Prozent für den gesamten [X.]raum von Mai 2013 bis Februar 2014 zwecks [X.] zugebilligt habe.
Anders als das Amtsgericht gemeint hat,
könne hinsichtlich der konkret zu berücksichtigenden Stichtagsdifferenz allerdings nicht
auf den Lebenshal-tungskostenindex oder einen
undifferenzierten [X.] abge-stellt werden. Es sei vielmehr die Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete zugrunde zu legen, die bei vergleichbaren Wohnungen eingetreten sei. Als ge-eigneter Anhaltspunkt komme dazu in erster Linie die aus den jeweiligen [X.] abzuleitende Mietpreisentwicklung in Betracht. Denn diese [X.] habe den Vorteil, dass sie sich auf die konkrete Mietpreisentwicklung am Ort beziehe. Liege im [X.]punkt der gerichtlichen Entscheidung ein neuer Mietspiegel vor, könne die maßgebliche Differenz durch Interpolation zwischen den Werten des alten und des neuen [X.] ermittelt werden. Liege ein neuer Mietspiegel noch nicht vor, komme eine Fortschreibung der Mieten unter Berücksichtigung der Entwicklung zwischen den beiden vorangegangenen [X.] in Betracht. Zwar müsse die Mietpreisentwicklung zwischen zwei Erhebungsstichtagen nicht
notwendig
linear verlaufen. Gleichwohl sei sie der als Alternative sonst nur in Betracht kommenden Einholung eines Sachverstän-digengutachtens
vorzuziehen, weil dieser Weg
den Mietspiegel entwerten
wür-8
-
6
-

de
und angesichts der üblicherweise relativ geringen streitigen Beträge auch unverhältnismäßig
wäre.
Der nach dieser Ermittlungsmethode, hier also durch Vergleich der Werte der Mietspiegel 2013 und 2015, sogar über dem 2
lautenden Ergeb-nis
des Amtsgerichts anzusiedelnde
Betrag der Vergleichsmiete sei -
ausge-hend von der vom Amtsgerichts unangegriffen angesetzten Wohnfläche des Mietvertrages -
um den

Betrag
der in der Miete im Sinne einer Teilinklusivmiete enthaltenen Kosten für Grundsteuer und Sachversicherungen sowie den

z-ten Zuschlag für das ebenfalls in den Preisspannen des [X.]s nicht enthaltene
Garagennutzungsentgelt zu erhöhen, so dass an sich sogar noch eine über den erkannten Betrag hinausgehende Mieterhöhung möglich gewesen wäre.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Prüfung, soweit sie
aufgrund des be-schränkten Umfangs der Revisionszulassung eröffnet ist,
stand.
1. Soweit die Revision sich auch dagegen wendet, dass das Berufungs-gericht
bei der von ihm
anhand des [X.]s 2013 zuzüglich ei-nes [X.]s ermittelten ortsüblichen Vergleichsmiete auf die zum Vergleich heranzuziehende Nettomiete
zusätzlich noch das Garagennutzungs-entgelt sowie
die in ihr ebenfalls nicht enthaltenen Betriebskostenanteile für die Grundsteuer und die Sachversicherungen aufgeschlagen
hat, um darüber die
strukturelle Vergleichbarkeit mit einer nach dem [X.] von den [X.] geschuldeten erhöhten Miete herzustellen,
ist das Rechtsmittel [X.] und damit als unzulässig zu verwerfen (§
543 Abs. 1, § 552 Abs. 1
ZPO). Denn insoweit ist
die Revision nicht zugelassen. Das Berufungsgericht hat die 9
10
11
-
7
-

Zulassung der Revision vielmehr wirksam auf die Frage der rechtlichen Zuläs-sigkeit des genannten [X.]s und seiner Berechnung beschränkt.
a) Das Berufungsgericht kann eine nach § 543 Abs. 2 ZPO auszuspre-chende Zulassung der Revision auf Teile des [X.] beschränken. Das ist im Streitfall durch die im Tenor
des angefochtenen Urteils ausgesprochene und in den Gründen noch einmal zusätzlich erläuterte Zulassungsbeschränkung auf den [X.] mit der nötigen Deutlichkeit dahin geschehen, dass das Berufungsgericht den Beklagten im darüber hinausgehenden Umfang gerade keine Überprüfung seiner Entscheidung ermöglichen wollte.
b) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung der Revisi-onszulassung ist entgegen der Auffassung der Revision auch wirksam. Zwar ist eine Beschränkung des Rechtsmittels
auf einzelne Rechtsfragen oder An-spruchselemente unzulässig. [X.] hat das Berufungsgericht aber die Möglichkeit, die Revision nur hinsichtlich eines tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs zuzulassen, auf den auch die [X.] selbst die Revision beschränken könnte (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 26. April 2016
-
XI [X.], [X.], 1031 Rn. 11; vom 4.
März 2014 -
XI [X.], [X.], 245 Rn. 21; Beschlüsse vom 7. Juni 2011 -
VI [X.]/10, ZUM 2012, 35 Rn. 4; vom 11. Januar 2011 -
VIII [X.], [X.], 137 Rn. 6; vom 16. Dezember 2010 -
III [X.], WM
2011, 526 Rn. 5; jeweils mwN).
Voraussetzung hierfür ist eine Selbständigkeit des von der Zulassungs-beschränkung erfassten Teils des Streitstoffs in dem Sinne, dass dieser in tat-sächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen [X.] beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann ([X.], Urteile vom 26. April 2016 -
XI [X.], aaO Rn. 12; vom 22. Oktober 2013 -
XI ZR 12
13
14
-
8
-

42/12, [X.]Z 198, 294 Rn. 27; [X.], Beschlüsse vom 7. Juni 2011 -
VI [X.]/10, aaO;
vom 16. Dezember 2010
-
III [X.], aaO). Allerdings muss es sich hierbei weder um einen eigenen Streitgegenstand handeln noch muss der betroffene Teil des Streitstoffs auf [X.] der Berufungsinstanz teilurteilsfä-hig sein; auch eine Beschränkung der Revisionszulassung auf einen
abtrennba-ren Teil eines prozessualen Anspruchs ist möglich
([X.], Urteile vom 26. April 2016
-
XI [X.], aaO; vom 4. März 2014 -
XI [X.], aaO;
vom 22.
Oktober 2013 -
XI [X.], aaO; vom 7. März 2013 -
IX ZR 64/12, WM
2013, 802 Rn. 9; Beschlüsse vom 7. Juni 2011 -
VI [X.]/10, aaO; vom 16. Dezember 2010 -
III [X.], aaO Rn. 5 f.). So verhält es sich im [X.].
Die Entscheidung des Berufungsgerichts über einen etwaigen
Stichtags-zuschlag stellt einen derart abgrenzbaren, rechtlich selbständigen Teil des Streitstoffs dar. Es kann dahin stehen, ob es sich auch bei dem
in der Miete enthaltenen Garagennutzungsentgelt und den
darin ebenfalls eingeschlossenen Betriebskostenanteilen
für die Grundsteuer und die Sachversicherungen
um gesondert zulassungsfähige Teile des Streitstoffs gehandelt hätte oder ob ihre
Berücksichtigungsfähigkeit
bei
Herstellung einer strukturellen Vergleichbarkeit der für die konkrete Wohnung zu bildenden Einzelvergleichsmiete anhand der
im Streitfall herangezogenen
Wohnwertmerkmale des einschlägigen Mietspie-gels auf andere Merkmale
hätte
ausstrahlen
können. Denn jedenfalls der [X.] setzt das
gegenständliche Vergleichsergebnis
als inhaltlich be-reits feststehend
voraus und knüpft daran lediglich noch zeitlich mit der Be-stimmung eines nach der Erstellung des [X.] liegenden
Vergleichszeit-punkts
unter Aufgreifen der seither eingetretenen Marktentwicklung
an.
Dass die
Bestimmung dieses
[X.]punktes und ein danach etwa zu ermittelnder
Ver-hältnissatz für die Fortschreibung der Einzelvergleichsmiete auf diesen [X.]-punkt
im genannten Sinne untrennbar mit der beschriebenen Merkmalsbestim-15
-
9
-

mung
und -bewertung anhand des [X.]
verbunden ist,
zeigt weder die Revision auf
noch ist dies sonst ersichtlich.
2. Soweit die Revision zulässig ist,
hat sie in der Sache keinen Erfolg und ist deshalb
zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat vielmehr
rechtsfehlerfrei angenommen, dass
ein [X.] in der genannten Höhe gerechtfertigt ist und dass
die Kläger danach [X.] 722

ch beanspruchen können.
a) Gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann ein Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete seit 15 Monaten unverändert geblieben ist. Die ortsübliche Mie-te wird dabei nach § 558 Abs. 2 Satz 1 [X.] aus den üblichen Entgelten
gebil-det, die in der Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe und Ausstat-tung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Veränderungen nach § 560 [X.] abgesehen, geändert worden sind. Insoweit hat der Senat
aufgrund der wirksam allein auf den [X.] und des-sen Bemessung beschränkten Revisionszulassung der Beurteilung, ob die von den Vermietern verlangte Mieterhöhung den dafür bestehenden Anforderungen
gerecht wird (vgl. dazu etwa Senatsurteile vom 20.
April 2005 -
VIII ZR 110/04, NJW 2005, 2074 unter [X.]; vom 16. Juni 2010 -
VIII ZR 99/09, NJW 2010, 2946 Rn. 9; vom 21. November 2012 -
VIII ZR 46/12, [X.], 775 Rn. 13 mwN), ungeprüft zugrunde zu legen, dass sich die zwecks Herstellung einer Ver-gleichbarkeit um das Garagennutzungsentgelt und die Betriebskostenanteile für die Grundsteuer und die Sachversicherungen zu bereinigende Einzelver-gleichsmiete für die im Streit stehende Wohnung nach den dafür maßgeblichen und mit Stand Mai 2013 ermittelten Vergleichsmerkmalen des [X.] 2013 der Stadt [X.] in einer

bewegt, deren
Mittelwert sich auf 6,2
zuzüglich eines Fassadendämmungszuschlags 16
17
-
10
-

von zwei Prozent beläuft (vgl. Musielak/Voit/Ball, ZPO, 13. Aufl., § 543 Rn. 20; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 543 Rn.
51 mwN).
b) In zeitlicher Hinsicht ist zur Beurteilung der Berechtigung einer vom Vermieter nach § 558 [X.] begehrten Mieterhöhung auf den Zugang des [X.] abzustellen, der damit auch den [X.]punkt für die Be-stimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete festlegt, bis zu der ein Anspruch auf Erhöhung der Miete besteht (vgl. Senatsurteil vom 26.
Oktober 2005 -
VIII ZR 41/05, NJW-RR 2006, 227
Rn.
15
mwN). Im Streitfall liegen zwischen diesem
[X.]punkt (29. November 2013) und dem
[X.]punkt, auf den der vom [X.] zur Vergleichsmietenbestimmung herangezogene [X.] Miet-spiegel aktualisiert worden ist (Mai 2013),
etwa
sieben Monate. Ob es dem mit der Beurteilung der Berechtigung einer Mieterhöhung befassten Tatrichter ge-stattet ist, dieser zeitlichen Differenz im Falle einer zwischenzeitlichen Steige-rung des Mietpreisniveaus durch Vornahme eines die Steigerung ausgleichen-den Zuschlags zu
begegnen, ist umstritten.
aa) Vor allem in der älteren Instanzrechtsprechung ([X.], NJW
1982, 945; [X.], NJW 1983, 1803, 1804; vgl. ferner die Nach-weise bei [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2014, § 558a Rn. 31) wird jedenfalls in Fällen,
in denen -
wie hier -
das Mieterhöhungsverlangen auf einen Mietspiegel gestützt ist, die Vornahme eines Zuschlags als dieser Art des auf eine lediglich periodische Aktualisierung angelegten
und deshalb auch keiner weiteren Schätzung zugänglichen
Begründungs-
und Beweismittels fremd an-gesehen. Die gegenteilige Auffassung
wertet einen Mietspiegel dagegen nur als wichtige, allerdings nicht bindende Informationsquelle;
die Gerichte seien des-halb
nicht gehindert, bei Prüfung der materiell-rechtlichen Begründetheit eines
-
wie auch im Streitfall -
ordnungsgemäßen Mieterhöhungsverlangens wegen einer Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete, die in der [X.] zwischen der 18
19
-
11
-

Datenerhebung zum Mietspiegel und dem Zugang des [X.] eingetreten ist
(sog. Stichtagsdifferenz), einen Zuschlag zum Mietspiegel-wert vorzunehmen ([X.], NJW-RR 1994, 334, 336; [X.],
NJW-RR 1997, 142, 143; vgl. ferner die Nachweise bei [X.]/[X.], aaO Rn. 32).
bb) Die letztgenannte Auffassung ist richtig.

(1) Bei der dem Tatrichter obliegenden Prüfung, ob die konkret vom Vermieter verlangte Mieterhöhung nach § 558 [X.] tatsächlich berechtigt ist, darf die ortsübliche Vergleichsmiete zwar nur auf der Grundlage von [X.]n bestimmt werden, welche
die tatsächlich und üblicherweise gezahl-ten Mieten für vergleichbare Wohnungen in hinreichender
Weise ermittelt ha-ben.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Tatrichter
dabei im Rahmen seiner freien Überzeugungsbildung
(§ 286 ZPO)
aber
nicht auf das im [X.] genannte [X.] im Sinne des §
558a Abs. 2 [X.] beschränkt.
Existiert ein ordnungsgemäßer Mietspiegel (§
558c [X.], § 558d [X.]), der Angaben für die in Rede stehende Wohnung enthält, darf dieser vom Tatrichter (mit-)berücksichtigt werden, wobei im Falle eines [X.], der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen er-stellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist (§ 558d Abs. 1 [X.]; qualifizierter Mietspiegel), sogar die in § 558d Abs. 3 [X.] vorgesehene Vermutungswirkung zum Tragen kommt (Senatsurteile vom 6. November 2013 -
VIII ZR 346/12, NJW 2014, 292 Rn. 13 f.; vom 21. November 2012 -
VIII ZR 46/12, aaO Rn. 13
ff.;
vgl. ferner [X.], [X.], 707, 708; BVerwG, NJW 1996, 2046 f.). Im Falle eines -
wie hier -
einfachen [X.] (§ 558c Abs. 1 [X.])
stellt sich
bei der richterli-chen
Überzeugungsbildung die Frage, ob diesem
eine mögliche Indizwirkung hinsichtlich der
richtigen Wiedergabe
der
ortsüblichen
Vergleichsmiete durch 20
21
-
12
-

die dort angegebenen Entgelte Bedeutung zukommt
(vgl. Senatsurteile
vom 3.

Juli 2013 -
VIII ZR 354/12, [X.]Z 197, 366 Rn. 23; vom 21. November 2012 -
VIII ZR 46/12, aaO Rn. 16; vom 16. Juni 2010 -
VIII ZR 99/09, aaO
Rn.
11
ff.).
(2) Darüber hinausgehende Bindungen an die Methodik und die [X.] eines [X.] oder sonst die Wahl der heranzuziehenden [X.]n bestehen nicht.
Insbesondere binden die Aktualisierungszyklen ge-mäß § 558c Abs. 1, § 558d Abs. 2 [X.] den Tatrichter nicht dahin, dass er in Fällen, in denen er seine Erkenntnisse (auch) auf einen Mietspiegel stützt, stets gehindert wäre, für ein innerhalb eines laufenden [X.] jegliche Aktualisierungsmöglichkeit außer Betracht zu lassen.
Auch den Gesetzesmaterialien ist nicht zu entnehmen, dass die
richterli-che
Überzeugungsbildung im Rahmen des § 286 ZPO Beschränkungen unter-liegen sollte. Im Gegenteil ist zu einer der Vorgängerbestimmungen des § 558a Abs. 2 [X.] frühzeitig klargestellt worden, dass zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete jedes Beweismittel zugelassen ist und im Streitfall der freien Beweiswürdigung unterliegt
(BT-Drucks. 7/2011, S.
10). Zudem war man sich auch im Gesetzgebungsverfahren von Anfang an bewusst, dass Mietspiegel nur die Marktverhältnisse zu einem bestimmten [X.]punkt wiedergeben und umso schneller veralten können, je höher die Preissteigerungsraten am Wohnungs-markt sind, und dass man sich dann möglicherweise anders behelfen müsse (vgl. BT-Drucks. 7/5160, S.

5

f.). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei späteren Änderungen der Regelungen über die Miethöhe hiervon wieder abrücken wollte, liegen nicht vor.
(3) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich auch sonst aus dem Umstand, dass ein einfacher Mietspiegel nach § 558c Abs. 3 [X.] alle zwei Jahre aktualisiert werden soll, nicht schließen, dass in der Zwischenzeit unter 22
23
24
-
13
-

keinen Umständen aktuellere Werte zugrunde gelegt werden dürften und auch Zuschläge wie der im Streit stehende [X.] generell ausgeschlos-sen sein sollten. Zwar sieht das Bundesverfassungsgericht
die Möglichkeit, oh-ne jede Verzögerung sofort und in voller Höhe die Marktmiete zu erhalten, als durch Art. 14 Abs. 1 Satz
1 GG
nicht garantiert an.
Dementsprechend hat es den Umstand, dass
Mietspiegel nur in einem zweijährigen oder gegebenenfalls
sogar noch größeren Turnus aktualisiert werden, nicht als so ausschlaggebend angesehen, dass ihre Verwendung deshalb unterbleiben sollte. Vielmehr habe der Gesetzgeber, der dieses Problem gesehen und in Kauf genommen habe, Mietspiegel angesichts ihrer sonstigen Vorteile gleichwohl als zur Bestimmung einer
den Erhöhungsmaßstab bildenden
marktorientierten Miete geeignet anse-hen dürfen
([X.],
NJW 1992, 1377
f.). Für die Handhabung der zivilpro-zessualen Verfahrensregeln zur Bestimmung der im Rahmen des §
558 [X.] festzustellenden ortsüblichen
Vergleichsmiete kann
daraus jedoch nichts abge-leitet werden, was umgekehrt gegen die Zulässigkeit eines
[X.]s
zur
Einzelvergleichsmiete sprechen könnte, der
auf den Werten
eines auf eine solche Marktorientierung angelegten [X.] aufbaut. Insbesondere [X.] die Revision nicht, dass ein Mietspiegel in erster Linie die Feststel-lung der ortsüblichen Vergleichsmiete vereinfachen soll, aber nicht noch zusätz-lich darauf abzielt, diese Miete über eine Beschränkung der sonst nach §
286 ZPO zugelassenen Beweismittel und Erkenntnisquellen ein für [X.] auf den jeweils letzten Aktualisierungszeitpunkt "einzufrieren".
c) Danach obliegt es dem Tatrichter, anhand aller zu beachtenden Um-stände des Einzelfalls zu beurteilen, ob es bei Heranziehung eines [X.] zur Bildung der Einzelvergleichsmiete sachgerecht erscheint, auf den sich [X.] ergebenden Wert einen [X.] vorzunehmen. Die [X.], die das Berufungsgericht dazu angestellt hat, und das von ihm gefundene Ergebnis halten sich im Rahmen des ihm dabei zukommenden weiten [X.]
-
14
-

lichen [X.] und sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstan-den.
aa) Einem -
wie hier -
einfachen Mietspiegel kommt zwar im Prozess ei-ne Indizwirkung für die zutreffende Wiedergabe der ortsüblichen [X.] zu, wobei es von den jeweiligen konkreten Umständen abhängt, wie weit [X.] Indizwirkung, die eine Heranziehung weiterer Beweismittel entbehrlich ma-chen kann, reicht (Senatsurteile vom 3. Juli 2013 -
VIII ZR 354/12, aaO; vom 21.
November 2012 -
VIII ZR 46/12, aaO; vom 16. Juni 2010 -
VIII ZR 99/09, aaO). Diese Indizwirkung ist nicht notwendig auf den Erhebungszeitpunkt be-schränkt, sondern kann sich auch auf einen nachfolgenden [X.]punkt innerhalb des von § 558c Abs. 3 [X.] beschriebenen Zweijahreszeitraums erstrecken, wenn kein zureichender Anhalt für eine ungewöhnliche Mietpreisentwicklung in die eine wie die andere Richtung besteht.
Auch einem in der Folgezeit angepassten Mietspiegel kommt für dessen zeitlichen Geltungsbereich eine entsprechende Indizwirkung zu. Diese lässt, wenn sie keinen konkreten Einwendungen ausgesetzt ist, über die sich danach ergebende Werte zudem einen Rückschluss auf die Mietsteigerungsrate seit der vorangegangenen Erhebung zu. Denn aus [X.] lassen sich -
wie auch der Senat kürzlich ausgeführt hat -
über deren unmittelbaren Bestim-mungszweck hinaus zugleich Erkenntnisse über den Umfang und die Ge-schwindigkeit eines möglichen [X.] gewinnen (Senatsurteil vom 4.
November 2015 -
VIII ZR 217/14, [X.]Z 207, 246 Rn. 89).
Hieran gemessen ist das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass im Streitfall zwischen den Erhebungszeitpunkten der Miet-spiegel 2013 und 2015 eine ungewöhnliche Mietpreisentwicklung stattgefunden hatte, die der Mietspiegel 2013 nicht mehr hinreichend abbilden konnte. Denn während der für die Wohnung maßgebliche Mittelwert des [X.] 2013 26
27
28
-
15
-

2
gelegen hat, lag derjenige des [X.] 2015 bereits bei 7,05

2, was für die dazwischen liegenden 19 Monate einer Steigerungs-rate von insgesamt 12,35 Prozent entspricht. Dies durfte das Berufungsgericht zum Anlass nehmen, die Indizwirkung des [X.] 2013 für die Bildung der im Streit stehenden Einzelvergleichsmiete als in zeitlicher Hinsicht für ge-schwächt zu erachten und einen [X.] vorzunehmen.
bb) Die Anforderungen an das dem Tatrichter bei Bemessung der Höhe des [X.]s nach
§ 287 Abs. 2 ZPO zukommende [X.] kann der Senat nur darauf überprüfen, ob die der Schätzung zugrunde gelegten Tatsachen und die dabei angewandte Methode auf grundsätzlich fal-schen oder offenbar unrichtigen Erwägungen beruhen, insbesondere Denkge-setze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind, ob wesentliche, die Ent-scheidung bedingende Tatsachen außer [X.] gelassen worden sind
oder ob die Entscheidung auf sonstigen, mit der Revision gerügten [X.] beruht ([X.], Urteile vom 20.
April 2005
-
VIII ZR 110/04, aaO unter II
2
d aa; vom 13. Juni 2012 -
XII ZR 49/10, [X.], 568 Rn. 14; jeweils mwN). Das ist nicht der Fall. Anders als die Revision meint, ist das Berufungs-gericht, das angesichts der geringen streitigen Beträge insoweit mit Recht auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens für unverhältnismäßig erach-tet hat, den bestehenden Vorgaben in jeder Hinsicht gerecht geworden.
Vor allem kann die gewählte Schätzungsmethode, den für erforderlich gehaltenen [X.] durch lineare Interpolation zwischen den für die Wohnung der Beklagten bekannten Werten des [X.]

2) 2) zu ermitteln, entgegen der Auffassung der Revision nicht als willkürlich eingestuft werden. Diese Methode hat im Streitfall vielmehr schon deshalb nahe gelegen, weil bei Bestimmung der maß-geblichen Einzelvergleichsmiete regelmäßig die Möglichkeit fehlt, ihre Höhe mit 29
30
-
16
-

mathematischer Genauigkeit gleichsam punktgenau zu ermitteln (vgl. [X.], Ur-teile vom 7. Oktober 2009 -
XII ZR 175/07, [X.], 38 Rn. 17; vom 13. Juni 2012 -
XII ZR 49/10, aaO Rn. 24). Erzielbar sind nur empirische, aus einer Be-obachtung des Marktes und seiner Entwicklungen abzuleitende Annäherungs-werte, für die sich eine Interpolationsmethode anbietet.
Für die dabei zu betrachtenden Werte auf diejenigen der nur durch einen verhältnismäßig kurzen [X.]abstand getrennten Mietspiegel von 2013 und 2015 zurückzugreifen, hat auf der Hand gelegen. Ebenso wenig begegnet es rechtli-chen Bedenken, wenn das Berufungsgericht den [X.] durch [X.] zwischen dem für die Wohnung der Beklagten bekannten Wert des [X.]

2) und demjenigen des [X.] 2015 (7,05

2) ermittelt hat. Dass das Berufungsgericht mangels gegenteiliger, auch von der Revision nicht aufgezeigter Anhaltspunkte von einer annähernd linear verlaufenen Mietpreissteigerung ausgegangen ist und dementsprechend linear interpoliert hat, ist nicht zuletzt auch angesichts des relativ kurzen zeitli-chen Abstandes zwischen den jeweiligen Erhebungszeitpunkten und der dadurch gegebenen Überschaubarkeit des Schätzungszeitraums beanstan-dungsfrei. Dass der sich danach bei einer monatlichen Steigerung von 0,65
Prozent ergebenden Steigerungsrate von 4,55
Prozent über sieben Mona-te hinweg die für einen zu schätzenden [X.] erforderliche Mess-

31
-
17
-

barkeit der Steigerung fehlte, liegt entgegen der Auffassung der Revision eben-falls fern.
Dr. Milger
Dr. Achilles
Dr. Schneider

Dr. Fetzer
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 20.03.2015 -
3 C 487/14 -

LG [X.], Entscheidung vom 04.12.2015 -
1 S 50/15 -

Meta

VIII ZR 295/15

15.03.2017

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2017, Az. VIII ZR 295/15 (REWIS RS 2017, 14042)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14042

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 295/15 (Bundesgerichtshof)

Mieterhöhungsverlangen bei Wohnraummiete: Vornahme eines Stichtagszuschlags durch den Tatrichter


VIII ZR 245/17 (Bundesgerichtshof)

Mieterhöhungsverlangen bei Wohnraummiete: Indizwirkung eines einfachen Mietspiegels


VIII ZR 227/10 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Revisionsrechtliche Nachprüfung der Auslegung eines Mietspiegels; Mietspiegel 2007 der Stadt Regensburg


VIII ZR 227/10 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 22/20 (Bundesgerichtshof)

Zustimmungsprozess zur Erhöhung der Wohnraummiete: Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei Vorliegen …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.