Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.02.2015, Az. 5 AZR 593/13

5. Senat | REWIS RS 2015, 14963

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Gegenstand

Kleine dynamische Bezugnahmeklausel - Tarifsukzession - ergänzende Vertragsauslegung - gewillkürte Prozessstandschaft


Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 16. Januar 2013 - 2 Sa 1150/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Tarifentgelterhöhungen und die tarifliche Einmalzahlung 2009.

2

Der 1954 geborene Kläger ist seit dem 1. Jan[X.]r 1979 bei der [X.], die nicht tarifgebunden und deren [X.]ehrheitsgesellschafterin die Stadt [X.] ist, als [X.]itarbeiter im Bereich [X.] beschäftigt. Die Beklagte betreibt die [X.]alle [X.] und führt im Interesse der Stadt [X.] und der Gemeinden des [X.] Veranstaltungen aller Art - darunter auch Feste, [X.]ärkte, Ausstellungen und [X.]essen - im eigenen und fremden Namen durch.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist zuletzt der [X.] vom 30. Juni 1999, der [X.]. regelt:

        

„§ 2   

        

[X.]err [X.] erhält eine Vergütung nach Lohngruppe IV, Stundenlohn z.Z. D[X.] 24,05 brutto.

        

§ 3     

        

Die vertragschließenden Parteien sind sich darüber einig, daß sich sowohl alle übrigen Rechte als auch die Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis nach den Bestimmungen der für die [X.] jeweils gültigen Betriebsvereinbarung richten, die somit Grundlage dieses Arbeitsvertrages ist.“

4

In einer Betriebsvereinbarung vom 8. Febr[X.]r 2001 (im Folgenden [X.]) heißt es auszugsweise:

        

„§ 2   

        

Anwendung von Tarifverträgen

        

(1)     

Soweit in dieser Vereinbarung keine besonderen Regelungen getroffen sind, werden Bestimmungen der Tarifverträge [X.] und B[X.]T-G in der Fassung vom 01.08.2000 sowie [X.] in der Fassung vom 01.01.1995 auf die Beschäftigungsverhältnisse wie folgt angewandt:

                 

A. [X.]itarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich:

                 

…       

                 

b)    

Arbeiter B[X.]T-G

                 

Der § 4 (Arbeitsvertrag, Nebenabreden), § 5 (Probezeit), § 8 (Vergütung), § 9 (Allgemeine Pflichten), § 10 (Ärztliche Untersuchung), § 11 (Nebenbeschäftigungen), § 11a (Personalakten), § 18 (Arbeitsversäumnis), § 28 (Sicherung des Lohnstandes bei Leistungsminderung), § 29 (Lohnfortzahlung bei persönlicher Arbeitsverhinderung), § 32 (1) (hier nur Reisekostenvergütung), § 36 (Forderungsübergang bei [X.]), § 39 (Sterbegeld), § 40 (Beihilfen), §§ 41 - 48 (Erholungsurlaub, Sonderurlaub), §§ 49 - 51 und §§ 53 - 57 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses), §§ 58 - 60 (Übergangsgeld), § 63 (Ausschlußfrist) und § 67 (Begriffsbestimmungen des [X.]mantel-Tarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (B[X.]T-G)).

                 

…       

        
        

§ 3     

        

Regelmäßige Arbeitszeit

        

(1)     

Für die Arbeitszeit der [X.]itarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich gelten die §§ 15 bis 16 a [X.] bzw. die §§ 14 und 15 B[X.]T-G in der Fassung vom [X.]“

5

Bis September 2005 vollzog die Beklagte die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst nach. Außerdem gewährte sie dem Kläger eine jährliche Sonderzahlung in [X.]öhe von 90 % des durchschnittlichen Entgelts der [X.]onate Juli bis September. Nach der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst des [X.] und der [X.] zum 1. Oktober 2005 ordnete die Beklagte den Kläger der [X.] 6/Stufe 6 [X.]-VKA zu. Tatsächlich erhielt der Kläger im Streitzeitraum einen Bruttostundenlohn von 13,69 Euro. Die nach der Tarifsukzession vereinbarten Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der [X.] gab die Beklagte nicht mehr weiter.

6

In einem Schreiben vom 21. Febr[X.]r 2007 teilte die Geschäftsführerin der [X.] den Beschäftigten mit:

        

„Betriebsvereinbarung

        

[X.] und [X.]erren,

        

anlässlich des Inkrafttretens des TVöD auf [X.] sowie auf [X.]ebene am 01.10.2005 sowie anlässlich des Inkrafttretens des Tarifvertrages der Länder in [X.] am 01.11.2006 hatte ich angestrebt, die zwischen [X.] und dem Betriebsrat der [X.] bestehende Betriebsvereinbarung vom [X.] in gemeinsamen Verhandlungen mit dem Betriebsrat zu überarbeiten und auf die neuen tariflichen Bestimmungen anzupassen. In der Vorbereitung dieser Anpassungsmaßnahmen habe ich [X.] juristisch beraten lassen. Dabei wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die vor meiner Amtszeit mit dem Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam ist. …

        

Ich möchte daher ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass die [X.] Gmb[X.] sich an die Betriebsvereinbarung ab sofort nicht mehr gebunden sieht. Sie wird lediglich einstweilen, namentlich bis zur Bekanntgabe einer neuen Regelung, angewendet. Dies geschieht allerdings ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und ohne Bindungswirkung für die Zukunft und ausschließlich für die Übergangszeit bis zur Bekanntgabe dessen, was zukünftig für den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gelten soll.

        

…“    

7

Daraufhin wandte sich der Betriebsrat mit Schreiben vom 10. [X.]ärz 2007 an die Belegschaft wie folgt:

        

„Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

        

wir nehmen Bezug auf das Schreiben von Frau Dr. P vom 21.02.2007. Darin geht die Geschäftsleitung davon aus, dass die am [X.] geschlossene Betriebsvereinbarung unwirksam sei. Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass sich die [X.] Gmb[X.] ab sofort nicht mehr an diese Vereinbarung gebunden sieht.

        

Wir als Betriebsrat der [X.] haben in dieser Angelegenheit ebenfalls eine Rechtsauskunft eingeholt. [X.]ier die wichtigsten Aussagen:

        

1.    

Unsere Betriebsvereinbarung vom [X.] ist weiterhin wirksam.

        

2.    

In unseren Arbeitsverträgen wird regelmäßig auf unsere Betriebsvereinbarung verwiesen. Selbst bei unterstellter Unwirksamkeit bleiben die darin enthaltenen Regelungen rechtsverbindlicher Bestandteil unserer Arbeitsverträge.

        

…“    

        

8

[X.]it Schreiben vom 27. September 2010 beantragte der Kläger bei der [X.] erfolglos, die „Ergebnisse der Tarifeinigung“ vom 27. Febr[X.]r 2010 auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden.

9

[X.]it der am 7. Jan[X.]r 2011 eingereichten Klage hat der Kläger die Tariferhöhungen im Öffentlichen Dienst der [X.] in den Jahren 2008 bis 2010, die im Jan[X.]r 2009 zu leistende tarifliche Einmalzahlung sowie entsprechend höhere Jahressonderzahlungen verlangt. Er hat geltend gemacht, § 2 Arbeitsvertrag enthalte eine dynamische Inbezugnahme der Tarifentgelte, die auch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst umfasse. Ausschlussfristen habe er nicht einhalten müssen. Die [X.] sei nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Es sei zudem rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Beklagte auf eine Ausschlussfrist in einer von ihr selbst für unwirksam gehaltenen Betriebsvereinbarung berufe.

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.926,91 Euro brutto und weitere 220,73 Euro an steuerfreien Zuschlägen nebst Zinsen in [X.]öhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.709,89 Euro seit dem 1. Jan[X.]r 2009, aus weiteren 2.769,29 Euro seit dem 1. Jan[X.]r 2010 und aus weiteren 2.668,46 Euro seit dem 1. Jan[X.]r 2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die vertragliche Vergütungsabrede enthalte keine dynamische Inbezugnahme des [X.]. Zumindest sei ein entsprechendes Entgelt anteilig der Verlängerung der [X.] im öffentlichen Dienst [X.]s von 38,5 auf 39 Stunden ab Juli 2008 zu kürzen. Zudem seien mögliche Ansprüche des Klägers nach § 63 B[X.]T-G bzw. § 37 [X.] wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Die entsprechende Regelung der [X.] gölte trotz deren Unwirksamkeit individ[X.]lrechtlich fort. Schließlich sei der Kläger wegen einer Abtretung nicht mehr aktivlegitimiert.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. [X.]it der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist hinsichtlich der gesamten Klageforderung prozessführungsbefugt.

1. Die Prozessführungsbefugnis ist das Recht, einen Prozess als die richtige Partei im eigenen Namen zu führen. Sie ist als Prozessvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen ([X.] 1. September 2010 - 5 [X.] - Rn. 10, [X.]E 135, 255; 19. Februar 2014 - 5 [X.] 1047/12 - Rn. 16).

2. Nach den Feststellungen des [X.]s hat der Kläger am 12. September 2005 zur Sicherung eines Darlehens der [X.] den pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens abgetreten, was die Darlehensgeberin am 25. Januar 2007 gegenüber der Beklagten offengelegt hat. Der durch gerichtlichen Beschluss festgestellte Schuldenbereinigungsplan hat nach § 308 Abs. 1 Satz 2 [X.] in der bis zum 30. Juni 2014 geltenden Fassung (im Folgenden aF) die Wirkung eines vollstreckbaren Prozessvergleichs iSd. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO und gestaltet die betreffenden Forderungen materiell-rechtlich um ([X.] 21. Februar 2008 - [X.]/06 - Rn. 16). Je nach Reichweite des Plans (vgl. § 305 Abs. 1 Nr. 4 [X.] aF) kann sich die materiell-rechtliche Gestaltung auch auf Sicherungsrechte beziehen (HK-[X.]/Waltenberger 7. Aufl. § 308 [X.] aF Rn. 6). Nach den Feststellungen des [X.]s ist davon auszugehen, dass die Sicherheit der [X.] durch den Schuldenbereinigungsplan nicht berührt worden i[X.] Der Kläger ist deshalb nicht Inhaber der Klageforderung, soweit diese der Pfändung unterliegt, und kann sie nur in gewillkürter Prozessstandschaft in eigenem Namen gerichtlich geltend machen.

a) Die gerichtliche Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen ist ein anerkanntes Institut des Prozessrechts. Neben der gesetzlichen Prozessstandschaft wird in der ständigen Rechtsprechung auch die Prozessstandschaft kraft Ermächtigung, die sog. gewillkürte Prozessstandschaft, anerkannt. Sie setzt neben der wirksamen Ermächtigung durch den Berechtigten ein eigenes schutzwürdiges Interesse des [X.] voraus. Wirksamkeit und Bestand einer Prozessführungsermächtigung richtet sich nach dem materiellen Recht. Die Prozessführungsermächtigung kann nach Klageerhebung erteilt werden und wirkt bei offengelegter Prozessstandschaft auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück. Ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die Entscheidung des Prozesses die eigene Rechtslage des Prozessführenden günstig beeinflusst ([X.] 23. September 2009 - 5 [X.] 518/08 - Rn. 14; 19. Februar 2014 - 5 [X.] 1047/12 - Rn. 21 - jeweils mwN).

b) Der Kläger hat ein rechtsschutzwürdiges Eigeninteresse an der Geltendmachung der an die [X.] abgetretenen Ansprüche.

Eine natürliche Person, die sich - anstelle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. § 308 Abs. 2 [X.] aF) - einem Schuldenbereinigungsplan unterworfen und verpflichtet hat, den pfändbaren Teil ihres Einkommens zur Schuldenbereinigung einzusetzen, hat regelmäßig ein schutzwürdiges Eigeninteresse daran, eine zur Schuldentilgung zu verwendende Forderung im eigenen Namen geltend zu machen und so ihre Verbindlichkeiten zu tilgen (siehe zur vergleichbaren Situation bei der eröffneten Verbraucherinsolvenz mit Antrag auf Restschuldbefreiung [X.] 19. Februar 2014 - 5 [X.] 1047/12 - Rn. 23).

Daran ändert das von der Revision angeführte [X.] der Beklagten nichts. Niemand hat Anspruch darauf, nur von einem zahlungskräftigen Kläger verklagt zu werden. Aus diesem Grunde hat der [X.] in der von der Revision angezogenen Entscheidung der gewillkürten Prozessstandschaft nur bei einem erkennbaren Missbrauch die Anerkennung versagt ([X.] 24. Oktober 1985 - VII ZR 337/84 - zu 2 c der Gründe, [X.]Z 96, 151). Ein solcher liegt im Streitfall nicht vor. Zudem wiegt im arbeitsgerichtlichen Verfahren das [X.] der Beklagten gering. Nach § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG hat die obsiegende Partei auch bei einem solventen Gegner keinen Anspruch auf Entschädigung wegen [X.] und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten. Überdies wird eine unbemittelte Partei in der Regel - so auch im Streitfall - einen Prozess nur mit Prozesshilfe führen können, so dass über § 114 ZPO „Schutz“ vor aussichtslosen oder mutwilligen Klagen besteht.

c) Nach der nicht angegriffenen Feststellung des [X.]s umfasst die Ermächtigung der [X.] alle pfändbaren Beträge der streitgegenständlichen Forderungen. Hinsichtlich der unpfändbaren Teile des Arbeitseinkommens ist der Kläger [X.] geblieben, § 400 BGB.

II. Die Klage ist begründet.

1. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom 30. Juni 1999 eine dynamische Vergütung vereinbart, die auch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst umfas[X.] Das ergibt die - ergänzende - Auslegung des § 2 Arbeitsvertrag, wonach der Kläger eine Vergütung „nach [X.]“ erhält. Bei dieser Klausel handelt es sich nach der vom [X.] in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.] (vgl. zB [X.] 15. Mai 2013 - 10 [X.] 325/12 - Rn. 17 mwN) vorgenommenen rechtlichen Wertung, die von der Revision nicht angegriffen wird, um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB).

2. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist die pauschale Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf tarifliche Vergütungsbestimmungen ohne Nennung fester Beträge und ohne Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags dynamisch zu verstehen, es sei denn, eindeutige Hinweise sprechen für eine statische Bezugnahme (vgl. [X.] 21. August 2013 - 5 [X.] 581/11 - Rn. 23 mwN). Hiervon ausgehend haben die Parteien mit § 2 Arbeitsvertrag die Vergütung zeitlich dynamisch, orientiert an der in Bezug genommenen tariflichen Vergütungsgruppe gestaltet, denn an Hinweisen auf eine statische Bezugnahme fehlt es. Das bestätigt die tatsächliche Handhabung der Beklagten, die unstreitig bis zur Tarifsukzession im öffentlichen Dienst die dortigen Tariferhöhungen weitergegeben hat.

Dass die [X.] dynamisch zu verstehen ist, unterstreicht § 2 Halbs. 2 Arbeitsvertrag, wenn dort festgehalten ist, der Stundenlohn betrage „z.Z.“ DM 24,05 brutto. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf die Formulierung „zurzeit“ so verstehen, dass der als Stundenlohn festgehaltene Euro-Betrag nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern sich entsprechend der in Bezug genommenen Lohngruppe entwickeln soll (vgl. [X.] 13. Februar 2013 - 5 [X.] 2/12 - Rn. 17). Ein Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte, den Zusatz „zurzeit“ unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass sich der festgehaltene Stundenlohn nur durch Parteivereinbarung erhöhen wird.

3. Anders als in Parallelfällen von Angestellten, in denen in der [X.] das Tarifwerk, nach dessen Vergütungsgruppen sich die Vergütung richten soll, benannt ist („[X.]“), fehlt beim Kläger - und anderen als „Arbeiter“ bei der Beklagten Beschäftigten - eine solche ausdrückliche Benennung der in Bezug genommenen Vergütungsordnung. Dass es die des [X.] ist, ergibt aber die Auslegung der Klausel. Die Beklagte kann im weitesten Sinne aufgrund ihrer Mehrheitsgesellschafterin und ihren Aufgaben dem kommunalen öffentlichen Dienst zugerechnet werden. Ihr durchschnittlicher Vertragspartner darf deshalb davon ausgehen, dass sich mit einer Klausel wie die dem Kläger gestellte die Vergütung nach der festgehaltenen Lohngruppe des im Bereich der [X.] geltenden Tarifwerks, also dem [X.], richten soll. Ein Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - ein anderes Bezugsobjekt in der Klausel benennen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er trotz seiner Nähe zum öffentlichen Dienst nicht die dort geltende Vergütungsordnung zur Anwendung bringen will. Die Anknüpfung der [X.] an eine Lohngruppe des [X.] bestätigt die tatsächliche Handhabung der Beklagten, die unstreitig bis zur Tarifsukzession im öffentlichen Dienst des [X.] und der [X.] die dortigen Tariferhöhungen weitergegeben und zudem den Kläger aus Anlass der Tarifsukzession in eine [X.] des [X.] übergeleitet hat. Wegen des objektiven Maßstabs bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen kommt es nicht darauf an, ob die [X.] bei der Klausel des § 2 Arbeitsvertrag möglicherweise ein anderes Bezugsobjekt im Auge hatte.

4. Die Vergütung des [X.] richtet sich seit dem 1. Oktober 2005 nach dem [X.] und dem [X.]. Das ergibt eine ergänzende Vertragsauslegung.

a) Der Wortlaut des § 2 Arbeitsvertrag trägt eine Erstreckung auf den [X.] nicht. Dieser ist nicht identisch mit dem [X.]. Ein Zusatz, dass auch die den „[X.] ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, fehlt. § 2 Arbeitsvertrag ist damit zeit-, nicht jedoch inhaltsdynamisch ausgestaltet (vgl. [X.] 16. Dezember 2009 - 5 [X.] 888/08 - Rn. 15 f.).

b) Durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst ist jedoch nachträglich eine Regelungslücke entstanden, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen i[X.] Dazu ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach [X.] und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre ([X.] 16. Dezember 2009 - 5 [X.] 888/08 - Rn. 18 ff., seither [X.] Rspr.).

Dabei ergibt sich aus der dynamischen Ausgestaltung der Vergütungsregelung zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien für den Fall einer Tarifsukzession das dem der [X.] zugrunde liegende tarifliche Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk als Bezugsobjekt der Vergütung vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach.

Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Vergütung für die Zukunft insoweit der [X.] der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der [X.] wirkt nicht anders auf die [X.] ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des in der [X.] benannten oder ihr zugrunde liegenden Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf [X.] werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den [X.] reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten.

c) Durch ergänzende Vertragsauslegung ist weiter zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung für die Vergütung des [X.] nach § 2 Arbeitsvertrag maßgebend sein soll. Es ist zu fragen, welches Tarifwerk die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie eine Tarifsukzession bedacht hätten. Dies ist der [X.] in der im Bereich der [X.] ([X.]) geltenden Fassung, weil die Beklagte aufgrund ihrer Mehrheitsgesellschafterin und ihren Aufgaben am ehesten dem öffentlichen Dienst der [X.] zuzurechnen i[X.] Dementsprechend hat die Beklagte, die nach den Feststellungen des [X.]s Mitglied im [X.] werden könnte, selbst eine Überleitung in die [X.]n des [X.] nach dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den [X.] und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 ([X.]) vorgenommen.

d) Die zeitdynamische Verweisung umfasst auch tarifliche „Einmalzahlungen“, die an die Stelle einer prozentualen Erhöhung der Vergütung treten ([X.] 18. Mai 2011 - 5 [X.] 213/09 - Rn. 26 mwN). Die Einmalzahlung 2009 ist eine zu der prozentualen Erhöhung tretende, mit dem Entgelt für Januar 2009 fällige (einmalige) Vergütung und keine von einem unmittelbaren [X.] unabhängige Sonderzahlung. Sie setzt voraus, dass der Beschäftigte an mindestens einem Tag des Monats Januar 2009 Anspruch auf Entgelt hat, § 2 TV über die einmalige Sonderzahlung 2009 vom 31. März 2008.

5. Die Höhe der [X.] ist nach der von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellung des [X.]s in der Berufungsinstanz unstreitig geworden. Deshalb kommt es nicht darauf an, dass der Kläger zur Berechnung der [X.] das tarifliche Tabellenentgelt, das ein monatliches ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 [X.]), entsprechend der Praxis der Beklagten in einen Stundenlohn umgerechnet und dabei - wiederum der Praxis der Beklagten folgend - bei einer betriebsüblichen Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden von 166,9 [X.] ausgegangen ist, obwohl der [X.] eine Bestimmung über die Monatsarbeitszeit nicht enthält und der Sechste Senat des [X.] zur Ermittlung einer rechnerischen regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit im öffentlichen Dienst den Faktor 4,348 verwendet (vgl. [X.] 27. März 2014 - 6 [X.] 621/12 - Rn. 27 mwN).

III. Die Vergütung des [X.] ist nicht wegen der zum 1. Juli 2008 erfolgten Verlängerung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst der [X.] von 38,5 auf 39 Wochenstunden zu reduzieren. Denn die durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst entstandene nachträgliche Regelungslücke ist zu diesem Zeitpunkt zu schließen. Das danach ermittelte Entgelt mindert sich allein wegen der späteren Verlängerung der Regelarbeitszeit im öffentlichen Dienst nicht. Das hat der Senat in dem Parallelverfahren - 5 [X.] 481/13 - entschieden. Auf die Begründung dieses Urteils (Rn. 24 ff.) wird verwiesen.

IV. Die streitgegenständlichen Forderungen sind nicht verfallen. Der Kläger musste weder die Ausschlussfrist des § 37 [X.] noch die des § 63 [X.] beachten. Auch insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils in dem Parallelverfahren - 5 [X.] 481/13 - vom heutigen Tag verwiesen (Rn. 28 ff.).

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Dombrowsky    

        

    Zorn    

                 

Meta

5 AZR 593/13

25.02.2015

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Münster, 17. Juni 2011, Az: 4 Ca 57/11, Urteil

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 37 TVöD, § 77 Abs 3 S 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.02.2015, Az. 5 AZR 593/13 (REWIS RS 2015, 14963)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14963

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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