Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.10.2010, Az. II ZR 219/09

2. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 2075

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Gegenstand

Vereinsrecht: Berechtigtes Interesse eines Vereinsmitglieds an Kenntnis von Name und Anschrift der übrigen Mitglieder


Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 27. August 2009 wird nach § 552a ZPO i.V.m. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Gründe

1

Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 21. Juni 2010 Bezug genommen. Die Stellungnahme des [X.] vom 30. September 2010, die keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte enthält, gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.

2

1. Grundsatzbedeutung ist entgegen der Auffassung des [X.] nicht deshalb zu bejahen, weil in der Literatur unterschiedliche Auffassungen dazu bestünden, ob den Vereinsmitgliedern über das Recht auf Einsicht in die Mitgliederliste hinaus auch ein Anspruch auf deren Überlassung zustehe. Dies ist jedenfalls deshalb nicht der Fall, weil der Senat ([X.], Beschluss vom 21. September 2009 - [X.], [X.], 27 Rn. 9) nach Erlass des Berufungsurteils für die [X.] ausgesprochen hat, dass der [X.]er die Übermittlung der Informationen, die ihm durch Einsicht in die Unterlagen der [X.] zugänglich sind, auch in elektronischer Form verlangen kann, sofern sie in einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert sind. Für den Verein gilt insoweit ersichtlich nichts anderes.

3

Ob das vom Berufungsgericht im konkreten Fall gewählte [X.] den [X.] entspricht, ist keine entscheidungserhebliche, klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Ebenso hängt die Beantwortung der weiteren Frage, ob die vom Berufungsgericht vorgenommene Einschaltung eines Treuhänders i.S. von § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] erforderlich ist, von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine abstrakt generelle Klärung scheidet auch insoweit aus.

4

2. Wie im Hinweisbeschluss des Senats ausgeführt, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler ein berechtigtes Interesse der Kläger an der Übermittlung der Mitgliederliste an einen Treuhänder bejaht. Abgesehen davon, dass jedenfalls das [X.] und die Mitgliederzeitung der Kontrolle des Vorstands unterliegen, gegen dessen geänderte Vereinspo[X.]ik die Kläger eine Opposition zu organisieren suchen, bieten die den Vereinsmitgliedern zur Verfügung stehenden vereinsinternen Foren einschließlich des [X.] nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine - einer Kontaktaufnahme mit den übrigen Vereinsmitgliedern über einen Treuhänder gleichwertige - Möglichkeit, in Ausübung ihres Mitgliedschaftsrechts eine repräsentative Anzahl der Mitglieder des [X.] für die Teilnahme an der Mitgliederversammlung zu gewinnen oder das für die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung erforderliche Quorum zu beschaffen und auf diese Weise Erfolg versprechend auf die vereinsrechtliche Willensbildung Einfluss zu nehmen. Die von den Klägern verfolgte aktive Teilnahme am Vereinsleben bedarf keiner satzungsrechtlichen Rechtfertigung; sie findet ihre Rechtsgrundlage unmittelbar in dem Mitgliedschaftsrecht der Kläger.

5

Überwiegende, einem Anspruch der Kläger deshalb entgegenstehende Interessen des [X.] und seiner Mitglieder sind nicht ersichtlich. Den berechtigten Interessen des Vorstands und der Mitglieder des [X.] wird gerade durch die Einschaltung eines neutralen Treuhänders Rechnung getragen. Die dennoch nicht gänzlich auszuschließende, aber eher hypothetische Möglichkeit eines Missbrauchs der übermittelten Informationen genügt nicht, um den Klägern die zur Wahrnehmung ihres vereinsrechtlichen Mitgliedschaftsrechts und zur aktiven Teilnahme an der Vereinspo[X.]ik benötigten Informationen zu verweigern. Für das von dem Vorstand des [X.] beanspruchte Recht, die von den Klägern zur Versendung vorgesehenen Mitteilungen vorab zu überprüfen und ihrer Versendung gegebenenfalls zu widersprechen, fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Dem [X.] und seinem Vorstand bleibt es überlassen, gegenüber den Vereinsmitgliedern zu den von den Klägern verfassten Mitteilungen nach deren Versendung Stellung zu beziehen und eine Mehrheit der Mitglieder für eine Fortführung ihrer Po[X.]ik zu gewinnen.

6

3. Ein Verstoß gegen das [X.] liegt nicht vor. Soweit die Revision, gestützt auf eine schriftliche Äußerung des [X.] - die Zuständigkeit dieser Behörde als Aufsichtsbehörde für den im Vereinsregister der [X.] eingetragenen [X.] mit Sitz in [X.] (§ 1 Abs. 2 der Satzung) ist freilich nicht ersichtlich (vgl. [X.]/Schomerus, [X.], 10. Aufl., § 38 Rn. 29) - die Hinzuziehung eines Treuhänders für nicht erforderlich i.S. von § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 2a [X.] und deshalb für rechtswidrig erachtet, weil die Mitteilungen auch über den [X.] selbst versandt werden könnten, beruht diese Sichtweise auf einer unzutreffenden zivilrechtlichen Beurteilung des vereinsrechtlichen Mitgliedschaftsrechts der Kläger. Abgesehen davon sind der Beklagte und seine Mitglieder durch die Einschaltung eines Treuhänders in datenschutzrechtlicher Hinsicht nicht beschwert. Denn es ist den Klägern als Mitgliedern eines Vereins grundsätzlich nicht verwehrt, auch selbst Einsicht in die Mitgliederliste zu nehmen bzw. die Übermittlung der dort enthaltenen Informationen in elektronischer Form an sich selbst zu verlangen ([X.], [X.] 2008, 677 f.; [X.], Urteil vom 15. November 1990 - 19 U 3483/90, juris Rn. 6 ff.; vgl. auch [X.], Beschluss vom 18. Februar 1991 - 1 BvR 185/91, juris Rn. 3; [X.], Beschluss vom 21. September 2009 - [X.], [X.], 27 für die [X.]-[X.]), sofern sie - wie hier - ein berechtigtes Interesse darlegen und ihrem Interesse nicht überwiegende Interessen des Vereins oder berechtigte Belange der Vereinsmitglieder entgegen stehen.

7

Ebenso ohne Erfolg rügt die Revision, die Haftungszuordnung in [X.]. c) des angefochtenen Urteils entspreche nicht der datenschutzrechtlichen Rechtslage. Die gesetzliche Haftung des Treuhänders nach § 7 [X.], §§ 823 ff. [X.] wird hierdurch nicht berührt.

Strohn                                Reichart                             Drescher

                    Löffler                                  Born

Meta

II ZR 219/09

25.10.2010

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 21. Juni 2010, Az: II ZR 219/09, Beschluss

§ 37 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.10.2010, Az. II ZR 219/09 (REWIS RS 2010, 2075)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2075


Verfahrensgang

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Az. II ZR 219/09

Bundesgerichtshof, II ZR 219/09, 25.10.2010.

Bundesgerichtshof, II ZR 219/09, 21.06.2010.


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