Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.05.2023, Az. X ZR 88/21

10. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 4299

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des 6. Senats ([X.]) des [X.] vom 11. August 2021 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des am 9. März 2009 angemeldeten und mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 2 228 895 (Streitpatents), das eine Wechselrichterschaltung betrifft.

2

Patentanspruch 1, auf den zehn weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der [X.]:

Wechselrichterschaltung zur Umwandlung einer Gleichspannung in eine dreiphasige netzfrequente Wechselspannung, mit einer zwischen einem [X.] und einem Energieversorgungsnetz (NE) angeordneten Relaisschaltung, die als Schaltstelle (4) zur galvanischen Trennung für aktive Leiter ([X.], [X.], [X.]) ausgeführt ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Relaisschaltung drei zweipolige Relais ([X.], [X.], [X.]) aufweist, wobei jedes Relais ([X.], [X.], [X.]) eine Steuerspule ([X.], [X.], [X.]) und zwei jeweils einer Steuerspule ([X.], [X.], [X.]) zugeordnete Relaiskontakte ([X.], [X.]; [X.], [X.]; [X.], [X.]) umfasst, dass jeweils nur ein Relaiskontakt ([X.]) eines Relais ([X.]) in Reihe mit einem Relaiskontakt ([X.]) eines der beiden anderen Relais ([X.]) verbunden ist, so dass pro aktiven Leiter ([X.], [X.], [X.]) immer zwei unabhängig zu betätigende Relaiskontakte ([X.] a, [X.]) vorhanden sind.

3

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig und die mit den Patentansprüchen 7 bis 10 geschützte Erfindung sei nicht so offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent wie erteilt und hilfsweise in fünf geänderten Fassungen verteidigt.

4

Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

5

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

6

I. Das Streitpatent betrifft eine Wechselrichterschaltung mit Relais zur trennbaren Verbindung mit einem dreiphasigen Wechselspannungsnetz.

7

1. Nach der Beschreibung des Streitpatents waren im Stand der Technik Wechselrichterschaltungen insbesondere für Photovoltaikanlagen mit einem mittleren Leistungsbereich von einigen zehn Kilowatt bekannt.

8

Für den [X.] an ein Energieversorgungsnetz seien besondere Normen zu beachten. Nach diesen müsse der Wechselrichter über eine selbsttätige Schaltstelle verfügen, die insbesondere ein Einspeisen in ein Teil- oder Inselnetz verhindert. Hierbei müsse der [X.] pro aktivem Leiter durch zwei unabhängig voneinander zu betätigende, in Serie liegende Schalter unterbrochen werden. Die Trennung müsse so aufgebaut sein, dass auch bei Auftreten eines einzelnen Fehlers die Sicherheitsfunktion gewahrt bleibe.

9

Bekannte Lösungen verwendeten hierfür sechs einpolige Relais. Dies sei teuer und erfordere viel Platz. Dreipolige Relais oder [X.]e seien nur für größere Leistungsbereiche verfügbar und benötigten noch mehr Raum.

2. Vor diesem Hintergrund betrifft das Streitpatent das technische Problem, eine Wechselrichterschaltung zur Verfügung zu stellen, die eine kompakte Ausführung des Wechselrichters erlaubt und dennoch die einschlägigen Normen erfüllt.

3. Zur Lösung schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 eine Wechselrichterschaltung vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

1. Wechselrichterschaltung zur Umwandlung einer Gleichspannung in eine dreiphasige netzfrequente Wechselspannung

2. mit einer zwischen einem [X.] und einem Energieversorgungsnetz (NE) angeordneten Relaisschaltung,

2.1 die als Schaltstelle (4) zur galvanischen Trennung für aktive Leiter ([X.], [X.], [X.]) ausgeführt ist.

3. [X.] weist drei zweipolige Relais ([X.], [X.], [X.]) auf.

3.1 Jedes Relais ([X.], [X.], [X.]) umfasst eine Steuerspule ([X.], [X.], [X.]) und zwei jeweils einer Steuerspule ([X.], [X.], [X.]) zugeordnete Relaiskontakte ([X.], [X.]; [X.], [X.]; [X.], [X.]).

4. Jeweils nur ein Relaiskontakt ([X.]) eines Relais ([X.]) ist in Reihe mit einem Relaiskontakt ([X.]) eines der beiden anderen Relais ([X.]) verbunden.

4.1 Pro aktiven Leiter ([X.], [X.], [X.]) sind immer zwei unabhängig zu betätigende Relaiskontakte ([X.], [X.]) vorhanden.

4. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung.

a) Zu Recht ist das Patentgericht davon ausgegangen, dass die Wechselrichterschaltung nach Merkmal 1 so ausgelegt sein muss, dass sie ohne Änderungen in Aufbau oder Schaltung eine dreiphasige Wechselspannung liefern kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind Zweck-, Wirkungs- oder Funktionsangaben in einem Patentanspruch, der eine Vorrichtung schützt, grundsätzlich dahin auszulegen, dass das Vorrichtungselement, auf das sie sich beziehen, so ausgebildet sein muss, dass es die betreffende Funktion erfüllen kann. Hierfür reicht es entgegen der Auffassung der [X.] nicht aus, dass diese Funktion durch eine Änderung der Konfiguration erfüllt werden kann, etwa durch das Aufspielen von Software oder das Hinzufügen von Komponenten ([X.], Urteil vom 11. Januar 2022 - [X.], [X.], 982 Rn. 50 ff. - SRS-Zuordnung).

b) Ob die Merkmale 3 bis 4.1 voraussetzen, dass neben den dort vorgesehenen drei Relais keine weiteren Relais zur Verbindung zwischen dem Wechselrichter und dem Versorgungsnetz vorhanden sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.

aa) Aus dem Zusammenhang der Merkmale ergibt sich allerdings, dass die in Merkmal 4.1 definierte Anforderung, wonach für jeden der drei aktiven Leiter jeweils zwei unabhängig voneinander zu betätigende Relaiskontakte vorhanden sein müssen, schon mit den drei zweipoligen Relais gemäß Merkmal 3 erfüllt werden muss, wie dies beispielhaft in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 2 dargestellt ist.

Abbildung

Bei diesem Beispiel wird der Leiter [X.] durch je einen Kontakt der Relais [X.] ([X.]) und [X.] ([X.]) geschaltet, der Leiter [X.] durch je einen Kontakt der Relais [X.] ([X.]) und [X.] ([X.]) und der Leiter [X.] durch je einen Kontakt der Relais [X.] ([X.]) und [X.] ([X.]).

bb) Ob aus den genannten Merkmalen darüber hinaus zu folgern ist, dass weitere Relais auch nicht für zusätzliche Funktionen vorhanden sein dürfen - etwa um die Zahl der Schaltkontakte pro Leiter zu erhöhen -, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Diese Frage ist für die Beurteilung des [X.] nicht entscheidungserheblich.

[X.]. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Erfindung sei insgesamt so offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

Der Gegenstand des Streitpatents beruhe jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Mit der [X.] ([X.]) sei ein Standard für eine dreiphasige Schaltstelle zwischen einer eigenen Erzeugungsanlage und dem öffentlichen Stromnetz bekannt gewesen, bei der die Verbindung zum Netz über zwei in Reihe liegende, unabhängig voneinander betätigbare Schalter erfolge. Aus mathematisch-kombinatorischen Grundüberlegungen ergebe sich, dass die dafür benötigten sechs Schaltkontakte mit sechs einpoligen, zwei dreipoligen oder drei zweipoligen Relais oder mit Mischformen realisiert werden könnten. Für eine Realisierung mit drei zweipoligen Relais ergäben sich zudem explizite Hinweise aus der [X.] Offenlegungsschrift Hei11-69661 ([X.]; [X.] Übersetzung [X.]a).

Die [X.] und [X.] beträfen nur Klarstellungen. Sie seien deshalb unzulässig, unterlägen aber auch inhaltlich keiner anderen Beurteilung als die erteilte Fassung. Die nach Hilfsantrag [X.]I vorgesehene Beschränkung, dass jede [X.] gesondert durch eine Ansteuerschaltung betätigbar sein müsse, betreffe eine übliche Ausgestaltung. Entsprechendes gelte für das gemäß Hilfsantrag IV vorgesehene [X.] auf einer Platine. Die in Hilfsantrag V vorgesehene Kombination dieser beiden Merkmale sei nicht anders zu beurteilen.

[X.]I. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren in den entscheidenden Punkten stand.

1. Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gegenstand der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 ausgehend von [X.] durch [X.] nahegelegt war.

a) [X.] ist die in der Beschreibung des Streitpatents (Abs. 6) angeführte [X.] für selbsttätige Schaltstellen zwischen einer netzparallelen Eigenerzeugungsanlage und dem öffentlichen Niederspannungsnetz.

aa) Wie auch die Beschreibung des Streitpatents anführt, fordert [X.] eine Schaltstelle mit Trennfunktion, um die unbeabsichtigte Einspeisung in ein vom übrigen Verteilungsnetz getrenntes Teilnetz (einen Inselnetzbetrieb) sowie unzulässige Spannungen und Frequenzen zu verhindern und die Eigenerzeugungsanlage gegen Fehler aus dem Niederspannungsnetz zu schützen ([X.]. 1).

Die Schaltstelle muss mindestens zwei in Reihe liegende Schalter aufweisen ([X.]. 4) und so gestaltet sein, dass ein einzelner Fehler nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktionen führt ([X.]. 4.1.1). Mindestens ein Schalter muss als Relais oder [X.] ausgeführt werden und für die Überspannungskategorie 2 geeignet sein. Bei einphasig einspeisenden Anlagen muss für den Außen- und für den Neutralleiter jeweils ein solcher Kontakt vorhanden sein, bei [X.] für jeden aktiven Leiter. Der zweite Schalter darf von den elektronischen Schaltelementen der Wechselrichter-Brückenschaltung oder einer anderen Schaltung gebildet werden ([X.]. 4.1.2).

bb) Damit sind, wie auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, die Merkmale 1 bis 2.1 offenbart.

b) [X.] betrifft ein Photovoltaik-Energieerzeugungssystem, das einen Netzverbindungsvorgang durchführt.

aa) Nach der Beschreibung von [X.] war im Stand der Technik ein System bekannt, wie es in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 8 schematisch dargestellt ist.

Abbildung

Bei diesem System kann der Stromrichter (23) über zwei Trennschalter (22a, 22b) mit einem einphasigen [X.] ([X.]) verbunden werden ([X.]a Abs. 4). Ein zwischen Stromrichter und Trennschalter angeordneter [X.] (24) und eine daran angeschlossene Zweigschaltung ([X.]) ermöglichen es, die photovoltaisch gewonnene Energie auch dann zu nutzen, wenn die Anlage vom Netz ([X.]) getrennt ist ([X.]a Abs. 5).

[X.] kritisiert, dass der Verzweigungsschaltung ([X.]) auch dann Strom zugeführt wird, wenn aufgrund einer Katastrophe eine Anomalie oder ein Stromausfall eintritt und deshalb die Möglichkeit eines Kurzschlusses oder einer Unterbrechung besteht ([X.]a Abs. 7).

bb) Zur Verbesserung schlägt [X.] vor, die Verzweigungsschaltung ([X.]) nur dann mit Energie zu versorgen, wenn nach der Trennung des Systems vom Netz ([X.]) ein hierfür vorgesehener Schalter ([X.]) manuell betätigt wird ([X.]a Abs. 8).

cc) Ein erstes Ausführungsbeispiel ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 schematisch dargestellt.

Abbildung

Zwischen dem Stromrichter (23) und dem [X.] (24) sind ein dreipoliger Umschalter (29a) und ein zweipoliger Umschalter (29b) angeordnet, die ebenso wie die Trennschalter (22a, 22b) als Relais ausgeführt sind ([X.]a Abs. 18). Die beiden Trennschalter (22a, 22b) tragen einer Richtlinie Rechnung, der zufolge jeweils zwei Kontakte für eine Netztrennung vorzusehen sind (Abs. 4). Die beiden Umschalter (29a, 29b) werden so angesteuert, dass sie nie gleichzeitig geschlossen sind. Sie bewirken, dass der [X.] (24) bei Verbindung mit dem Netz ([X.]) mit der zwischen den Leitungen b und c anliegenden Spannung versorgt wird, im Falle der Netztrennung hingegen mit der zwischen den Leitungen a und c anliegenden Spannung ([X.]a Abs. 19 f.).

Bei einer Trennung des Systems vom Netz ([X.]) wird auch der Umschalter (29a) ausgeschaltet ([X.]a Abs. 21). In diesem Stadium kann der Umschalter (29b) durch Betätigung eines Betriebsschalters ([X.]) eingeschaltet werden ([X.]a Abs. 22).

dd) Zwei Varianten eines anderen Ausführungsbeispiels sind in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 5 und 6 schematisch dargestellt.

Abbildung

Abbildung

In Figur 5 bestehen die Trennschalter (22a, 22b) und zwei Umschalter (29a1, 29a2) jeweils aus einem Relais mit je zwei Kontakten. Der Leiter a wird durch je einen Kontakt der beiden Umschalter (29a1, 29a2) geschaltet, die Leiter b und c durch je einen Kontakt der beiden Trennschalter (22a, 22b) ([X.]a Abs. 28 f.).

Damit ist die aufgrund einer Richtlinie bestehende Vorgabe, dass jeder Leiter durch mindestens zwei Kontakte vom Netz ([X.]) getrennt ist, eingehalten. Durch den Einsatz von Relais mit jeweils zwei Kontakten wird eine Kostensenkung ermöglicht ([X.]a Abs. 30). Wenn lediglich die Richtlinie eingehalten werden soll, können alternativ ein zweipoliges und zwei dreipolige Relais zum Einsatz kommen, wie dies in Figur 6 dargestellt ist (Abs. 31).

ee) Eine Variante zum ersten Ausführungsbeispiel wird anhand der nachfolgenden Figur 7 schematisch dargestellt.

Abbildung

Diese Variante weist keine Umschalter (29a, 29b) auf. Die beiden Abzweige [X.] und [X.] werden stets durch dieselben Leiter (a und b bzw. c und b) versorgt. Für die [X.] sind wie in Figur 1 zwei dreipolige Relais (22a, 22b) vorgesehen.

c) Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass es ausgehend von [X.] nahelag, zur Trennung der Anlage vom Netz drei zweipolige Relais einzusetzen, wie dies in den Merkmalen 3 bis 4.1 vorgegeben ist.

aa) Entgegen der Auffassung der Berufung ist [X.] ein tauglicher Ausgangspunkt für weitere technische Überlegungen.

Wie die Berufung im Ansatz zutreffend ausführt, offenbart [X.] allerdings keine konkreten Lösungen, sondern lediglich abstrakte Sicherheitsvorgaben. Gerade deshalb bestand aber Anlass, im Stand der Technik nach möglichst einfachen, kompakten und kostengünstigen Möglichkeiten zur Umsetzung dieser Vorgaben zu suchen.

bb) Entgegen der Auffassung der Berufung ergibt sich aus [X.] nicht die Vorgabe, nur solche Schalter einzusetzen, die die Eigenenergieanlage "insgesamt" vom Netz nehmen.

Wie die [X.] zutreffend darlegt, liefe dies darauf hinaus, dass jeder eingesetzte Schalter alle drei aktiven Leiter gemeinsam schaltet. Eine solche Anforderung enthält [X.] nicht.

In Einklang damit führt die Beschreibung des Streitpatents aus, dass zur Einhaltung der Vorgaben aus [X.] im Stand der Technik sechs einpolige Relais eingesetzt worden sind. Damit kann die von der Berufung postulierte Anforderung, die Anlage "insgesamt" vom Netz zu nehmen, ebenfalls nicht erfüllt werden.

cc) Ob es ausgehend hiervon nahelag, die Anzahl der eingesetzten Schalter oder Relais anhand von kombinatorischen Überlegungen zu bestimmen, wie sie das Patentgericht aufgezeigt hat, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Aus [X.] ergab sich jedenfalls die Anregung, dass die Vorgabe, drei Leiter mit je zwei unabhängig voneinander arbeitenden Kontakten zu schalten, auch mit drei zweipoligen Relais erfüllt werden kann.

(1) Entgegen der Auffassung der Berufung bestand ausgehend von [X.] Anlass, in [X.] nach Lösungen für die Verbindung zwischen Wechselrichtern und Netz zu suchen.

[X.] betrifft zwar den [X.] an ein einphasiges Netz und befasst sich detailliert mit der Möglichkeit eines Inselbetriebs, zu dem [X.] keine weiteren Hinweise enthält. Der [X.] von [X.] ist aber nicht auf diese Aspekte beschränkt. Die Ausführungen zu den Figuren 1, 5, 6 und 7 befassen sich vielmehr auch mit der Frage, wie die Vorgabe, drei Leiter mit je zwei Kontakten zu schalten, möglichst einfach realisiert werden kann.

Diese Frage stellt sich unabhängig von der Art des Netzes und sonstigen Aspekten der eingesetzten Schaltung. Daraus ergab sich die Veranlassung, die diesbezüglichen Ausführungen in [X.] auch für eine Anlage nach den Vorgaben aus [X.] in Betracht zu ziehen.

(2) Aus der in [X.] offenbarten Idee, anstelle von dreipoligen Relais ausschließlich zweipolige Relais gleicher Bauart einzusetzen, und dem Hinweis, damit Kosten sparen zu können ([X.]a Abs. 12, 30), ergab sich zugleich Veranlassung zu einer Schaltung mit den Merkmalen 3 bis 4.1.

Figur 5 der [X.] setzt für die Trennung zwischen Netz und Anlage zwar insgesamt vier zweipolige Relais ein. Dies ist aber dem Umstand geschuldet, dass diese Relais zusätzlich die Funktion haben, die Leiter b und c mittels des Umschalters (29a) schon vor dem [X.] (24) zu unterbrechen, weil dieser im Inselbetrieb über den Umschalter (29b) gespeist wird. Die in [X.] enthaltene Anregung, eine Funktion wahlweise mit zwei dreipoligen oder drei zweipoligen Relais zu verwirklichen, ist nicht auf diese spezielle Ausgestaltung beschränkt. Sie bezieht sich vielmehr auf jede Funktion, für die im Stand der Technik zwei dreipolige Relais eingesetzt wurden.

Dieser Zusammenhang erschließt sich insbesondere aus dem Vergleich der Figuren 5, 6 und 7.

Die drei zweipoligen Relais (22b, 29a1 und 29a2) in Figur 5 erfüllen dieselbe Funktion wie die zwei dreipoligen Relais (22b, 29a) in Figur 6. Diese Funktion besteht in einer Auftrennung der Leiter b und c vor dem [X.] (24), und in einer Trennung aller drei Leiter vom Netz. Daraus wird deutlich, dass sich der in der Beschreibung enthaltene Hinweis, eine Ausführung mit zweipoligen Relais könne Kosten sparen, nicht auf eine bestimmte Funktion bezieht, die mit den Relais verwirklicht werden soll, sondern allgemein auf Situationen, in denen zwei dreipolige Relais eingesetzt werden.

Dies gab Veranlassung, den als vorteilhaft bezeichneten Einsatz von drei zweipoligen Relais auch bei der in Figur 7 dargestellten Anordnung in Betracht zu ziehen. Dort werden zwei dreipolige Relais zur sicheren Trennung der Anlage vom Netz eingesetzt. Da der Funktion der Relais in diesem Zusammenhang keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, lag es nahe, auch insoweit drei zweipolige Relais als kostengünstige Alternative in Betracht zu ziehen.

2. Der Gegenstand des Streitpatents erweist sich auch in den Fassungen nach den [X.] nicht als patentfähig.

a) Der mit Hilfsantrag I verteidigte Gegenstand ist aus denselben Gründen nahegelegt wie der Gegenstand der erteilten Fassung.

aa) Nach Hilfsantrag I soll Merkmal 3 wie folgt geändert werden:

3' [X.] weist nur drei zweipolige Relais ([X.], [X.], [X.]) auf.

bb) Eine solche Ausgestaltung war aus den oben aufgezeigten Gründen ausgehend von [X.] durch [X.] nahegelegt.

b) Hilfsantrag [X.] sieht lediglich Änderungen in Bezug auf Patentanspruch 7 vor. Diese führen nicht zu einer abweichenden Beurteilung, weil auch mit diesem Antrag ein vollständiger, den Patentanspruch 1 umfassender Anspruchssatz verteidigt wird.

c) Der mit Hilfsantrag [X.]I verteidigte Gegenstand ist ebenfalls nicht patentfähig.

aa) Nach Hilfsantrag [X.]I soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag I folgendes Merkmal hinzugefügt werden:

5. Jede [X.] ([X.], [X.], [X.]) ist gesondert durch eine Ansteuerschaltung ([X.]) von einer gemeinsamen Steuereinheit ([X.]) betätigbar.

bb) Zu Recht hat das Patentgericht auch diese Ausgestaltung als naheliegend angesehen.

Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Möglichkeit, jedes der Relais gesondert zu betätigen, ausgehend von [X.] schon deshalb naheliegend, weil dadurch - zusammen mit weiteren Maßnahmen - ermöglicht wird, die in [X.] geforderte Einfehlersicherheit zu erreichen.

Zu diesem Zweck eine Ansteuerschaltung und eine gemeinsame Steuereinheit einzusetzen, ist angesichts des auch in der Streitpatentschrift aufgezeigten Bedürfnisses nach einem möglichst kompakten Aufbau ebenfalls naheliegend.

d) Für Hilfsantrag IV ergibt sich keine abweichende Beurteilung.

aa) Nach Hilfsantrag IV soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag I folgendes Merkmal hinzugefügt werden:

6. Jedes Relais ([X.], [X.], [X.]) ist als ein auf einer Schaltplatine [X.] Relais ausgeführt.

bb) Nach den Feststellungen des Patentgerichts war das [X.] im Stand der Technik eine gängige Vorgehensweise.

Die Beklagte zeigt keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser Feststellung begründen (§ 117 [X.] und § 529 Abs. 1 ZPO).

e) Die mit Hilfsantrag V verteidigte Kombination der Merkmale 3', 5 und 6 unterliegt keiner abweichenden Beurteilung.

IV. [X.] beruht auf § 121 Abs. 2 [X.] und § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]     

  

Hoffmann     

  

Deichfuß

  

Rombach     

  

Crummenerl     

  

Meta

X ZR 88/21

23.05.2023

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BPatG München, 11. August 2021, Az: 6 Ni 14/19 (EP), Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.05.2023, Az. X ZR 88/21 (REWIS RS 2023, 4299)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4299


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 6 Ni 14/19 (EP)

Bundespatentgericht, 6 Ni 14/19 (EP), 11.08.2021.


Az. X ZR 88/21

Bundesgerichtshof, X ZR 88/21, 23.05.2023.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 Ni 14/19 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitssache – "Wechselrichterschaltung mit Trennstelle" – erfinderische Tätigkeit


2 Ni 5/16 (EP) hinzuverb., 2 2 Ni 5/16 (EP) hinzuverb., 2 Ni 11/17 (EP) (Bundespatentgericht)

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


6 Ni 27/20 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitssache - "Waage" – Patentfähigkeit – erfinderische Tätigkeit


5 Ni 12/18 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Schalter mit verbesserter Vormagnetisierung (europäisches Patent)" – zur Frage der Patentfähigkeit


6 Ni 22/17 (EP) (Bundespatentgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

X ZR 4/20

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.