Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2009, Az. IX ZR 197/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4130

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 197/07 Verkündet am: 2. April 2009 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf das am 20. Januar 2009 ge-schlossene schriftliche Verfahren durch [X.] Ganter und [X.] [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 17. Oktober 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des [X.] erkannt worden ist. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.944,82 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem [X.] auf 1.826,25 • seit dem 11. April 2006 und auf 118,57 • seit dem 13. Mai 2006 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt. Der Gegenstandswert des Revisionsverfahrens wird auf bis zu 2.000,00 • festgesetzt. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 11. März 2005 am 1. Juli 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.]1 - 3 - GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin bot ihren Kunden die [X.] an, am Erfolg oder Misserfolg von Optionsgeschäften teilzunehmen. Sie warb mit jährlich zu erzielenden Renditen zwischen 8,7 v.H. und 14,07 v.H. Die Beklagte erklärte am 17. September 2000 ihren Beitritt. Tatsächlich erlitt die Schuldnerin im Zeitraum der Beteiligung der Beklagten Verluste. Um diese zu verschleiern, leitete sie den Anlegern Kontoauszüge zu, in denen frei erfundene Gewinne ausgewiesen waren. Die Gelder der Anleger wurden nur zu einem geringen Teil und später überhaupt nicht mehr in Termingeschäften angelegt. Die Einlagen von Neukunden verwendete die Schuldnerin in der Art eines "Schneeballsystems" für Aus- und Rückzahlungen an Altkunden. Die Beklagte leistete im Jahr 2000 eine Einlage von 10.225,83 • und ein [X.] von 306,78 •. Sie erhielt am 11. Mai 2004 eine Auszahlung in Höhe von 15.055,49 •. Mit seiner Klage verlangt der Kläger aus Insolvenzanfechtung den Diffe-renzbetrag zwischen der an die Beklagte geleisteten Auszahlung und ihrer [X.] (4.829,66 •) zuzüglich vorgerichtlicher, auf die gerichtliche [X.] nicht anrechenbarer Rechtsanwaltskosten (234,15 •), jeweils zuzüglich Zinsen. Das Amtsgericht hat der Klage zu gut einem Drittel stattgegeben. Die Berufung des [X.] führte zu einer Verurteilung in Höhe von 3.118,99 •. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in vollem [X.] weiter. 2 Entscheidungsgründe: Die Revision des [X.] hat Erfolg und führt zur vollständigen [X.] der Beklagten. 3 - 4 - [X.] Das Berufungsgericht hat gemeint, dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 1 [X.] zu. Da die Schuldnerin nur vorgespiegelt habe, aus Termingeschäften Gewinne erzielt zu haben, seien die Gewinne objektiv ohne Gegenleistung der Beklagten ausgezahlt worden. Die Beklagte sei jedoch trotz des gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] eingreifenden Aufrechnungsverbots so zu stellen, als könne sie mit einem Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung des [X.] und des entgangenen Gewinns aus einer versäumten anderweitigen Anlage des bei der Schuldnerin eingelegten Betrages aufrechnen. Dies habe der [X.] unter Geltung der Konkursordnung so entschieden ([X.], 98, 105 f). Diese Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall übertragbar. 4 I[X.] Dies hält rechtlicher Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht Stand. 5 1. Noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, der [X.] könne die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten [X.] durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgelt-liche Leistung nach § 134 Abs. 1 [X.] anfechten. Dies entsprach schon der Rechtsprechung unter Geltung der Konkursordnung ([X.], 98, 101 ff; [X.], [X.]. v. 29. November 1990 - [X.] ZR 55/90, [X.], 331, 332 f), die der Senat im Anwendungsbereich der [X.] fortgeführt hat ([X.], [X.]. v. 13. März 2008 - [X.] ZR 117/07, [X.], 975 f Rn. 6 ff; v. 11. Dezember 2008 - [X.] ZR 195/07, [X.], 178, 179 f; zur Veröffentlichung in [X.]Z be-stimmt). Die Anfechtbarkeit ausgezahlter [X.] nach § 134 [X.] zieht 6 - 5 - die Revisionserwiderung weder im Allgemeinen in Zweifel noch greift sie die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts an, dass die Schuldnerin die Auszahlungen an die Anleger vollumfänglich in Form eines "Schneeballsys-tems" erbracht habe. 2. Hingegen bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei jedenfalls so zu stellen, als könne sie mit ihrem gegen die Schuldnerin begründeten Schadensersatzanspruch gegen den aus der Anfechtung gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 [X.] folgenden Rückge-währanspruch aufrechnen. Die Vorinstanz hat sich hierbei auf eine noch unter Geltung der Konkursordnung ergangene Rechtsprechung des Senats gestützt ([X.], 98, 105 f), die im Anwendungsbereich der [X.] [X.] nicht fortzuführen ist (vgl. [X.], [X.]. v. 11. Dezember 2008, aaO [X.] Rn. 7). Das jüngst ergangene Senatsurteil betrifft ein Parallelverfahren zu dem vorliegenden Rechtsstreit; auf die dort niedergelegten Gründe wird verwiesen. Insbesondere wird - anders als noch im Anwendungsbereich der Konkursord-nung - durch § 814 BGB ein Normwiderspruch nicht mehr hervorgerufen. Auch wenn es diese Vorschrift nicht gäbe und sich bereits vor Insolvenzeröffnung ein Bereicherungsanspruch der Schuldnerin und der Schadensersatzanspruch der Beklagten gegenübergestanden hätten, wäre eine wirksame Aufrechnung ge-mäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht in Betracht gekommen (vgl. [X.], [X.]. v. 11. Dezember 2008, aaO [X.] Rn. 8 ff). 7 Der Normzweck des § 814 BGB fordert auch aus anderen Gründen als dem durch die [X.] beseitigten Wertungswiderspruch keine Ein-schränkung des aus § 143 Abs. 1 [X.] folgenden [X.]s. Auf die Ausführungen in der [X.] wird auch insoweit Bezug genommen ([X.], [X.]. v. 11. Dezember 2008, aaO [X.] Rn. 14 ff). 8 - 6 - 3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). 9 a) Der Anspruch scheitert nicht an einem Wegfall der Bereicherung (§ 143 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Zu Unrecht meint die Beklagte, sie sei nicht bereichert, weil ihr in Höhe der Klageforderung ein Schadensersatzanspruch gegen die Schuldnerin zugestanden habe. Die Auszahlung ist nicht auf einen [X.] der Beklagten, sondern nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen auf die angeblich erzielten Gewinne sowie die Einlage erfolgt. Damit hat die Schuldnerin die Zahlung einem bestimmten (fiktiven) [X.] zugeordnet. Eine andere Sicht verbietet sich insbesondere im Hinblick auf den mit den Zahlungen verfolgten Zweck, der dahin ging, die Machenschaf-ten der Schuldnerin zu verdecken (vgl. [X.], [X.]. v. 11. Dezember 2008, aaO S. 181 Rn. 19). 10 Soweit die Beklagte außerdem meint, sie dürfe die Einlage als Aufwand für den Erwerb des Anspruchs auf Zinsen abziehen, übersieht sie, dass die [X.] bereits bei der Berechnung der Klageforderung berücksichtigt worden ist und nicht doppelt in Abzug gebracht werden darf. 11 b) Treu und Glauben (§ 242 BGB) stehen dem [X.] nicht entgegen. Es gibt keinen Grund, die Beklagte gegenüber anderen ge-täuschten Anlegern besser zu stellen (vgl. auch hierzu [X.], [X.]. v. 11. Dezem-ber 2008, aaO Rn. 21). 12 II[X.] - 7 - 1. Das angefochtene [X.]eil kann damit nicht bestehen bleiben. Es ist auf-zuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen einer [X.] auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und die Sache nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endent-scheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung getroffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). 13 2. Der Zinsanspruch auf die Hauptforderung ist in der begehrten Höhe ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechtigt (§ 143 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4 BGB, § 291 ZPO; [X.]Z 171, 38, 43 Rn. 13 ff). Da die Zinsen erst ab einem Zeitpunkt nach der Eröffnung begehrt werden, ist für den Zinsbeginn jener maßgeblich (§ 308 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Nebenforde-rung auf Ersatz der außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet. 14 [X.] Gehrlein

Fischer [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 25.05.2007 - 1 C 143/07 - [X.] i.d. OPf., Entscheidung vom 17.10.2007 - 2 S 70/07 -

Meta

IX ZR 197/07

02.04.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2009, Az. IX ZR 197/07 (REWIS RS 2009, 4130)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4130

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