Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.04.2011, Az. AnwZ (Brfg) 14/10

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2011, 7267

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Gegenstand

Nichtzulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Verurteilung zu einer Geldstrafe


Tenor

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes [X.] vom 23. April 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Der im Jahr 1973 geborene Kläger hat am 12. September 2006 die 2. juristische Staatsprüfung abgelegt. Die Beklagte hat seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft mit Bescheid vom 18. Januar 2010 wegen Unwürdigkeit (§ 7 Nr. 5 [X.]) abgelehnt, weil er durch seit dem 10. Juli 2008 rechtskräftiges Urteil des [X.]     vom 16. Mai 2007 wegen Wählertäuschung in 46 Fällen, davon in einem Fall wegen Versuchs, zu einer [X.] von 90 Tagessätzen zu je 20 € verurteilt worden ist. Der Kläger hatte vom 25. Mai 2004 bis zum 4. April 2005 in mehreren Wahlkreisen in [X.]     Unterstützerunterschriften für die [X.]     gesammelt. Er gab sich dabei äußerlich nicht als Parteiangehöriger der R.     zu erkennen. Weil er davon ausging, dass die Partei von weiten Kreisen der Bevölkerung als rechtsradikal angesehen wurde, kaschierte er vielmehr sein wahres Anliegen der Wahlunterstützung, indem er Passanten mit der Frage ansprach, ob sie sich nicht auch für eine härtere Bestrafung von Kinderschändern einsetzen würden. Gleichfalls versuchte er, ein näheres Studium des [X.] für die Unterschrift zu verhindern, indem er es selbst mit Namen und Anschrift ausfüllte und die Passanten nur noch unterschreiben ließ, so dass ihnen der parteipolitische Hintergrund der Aktion verborgen blieb. Der Kläger hat die Feststellungen dieses Urteils nicht in Abrede gestellt.

2

Der [X.] hat die Klage abgewiesen. Der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

I.

3

Der von dem Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund des Bestehens ernsthafter Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

4

1. Das strafbare Verhalten des [X.] offenbart ein massiv gestörtes Verhältnis zu Recht und Gesetz. Er ist in zahlreichen Einzelfällen über einen längeren Zeitraum gegenüber der Öffentlichkeit täuschend tätig geworden, um die Vorschriften des Wahlgesetzes zu umgehen. Ein solches Verhalten lässt sich mit der von einem Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege erforderten Integrität nicht vereinbaren.

5

2. Die Höhe der [X.] lag zudem entgegen der Auffassung des [X.]s nicht unter der [X.] nach dem Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Nach § 4 Nr. 1 BZRG ist jede rechtskräftige Verurteilung zu Strafe durch ein [X.] Gericht in das Register einzutragen. Die Tilgungsfrist für Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen beträgt nach § 46 Abs. 1 Nr. 1a fünf Jahre; sie wird somit erst im Mai 2012 ablaufen (§§ 47 Abs. 1, 36 Abs. 1 Satz 1 BZRG). Die Bundesrechtsanwaltskammer erhält im Zulassungsverfahren nach § 41 Abs. 1 Nr. 11 BZRG eine unbeschränkte Auskunft, kein Führungszeugnis, in das nach § 32 Abs. 2 Nr. 5a BZRG Geldstrafen bis 90 Tagessätze nicht eingetragen werden.

6

3. Auch die Ausführungen des [X.]s zur erforderlichen Länge des [X.] sind im Ergebnis zutreffend.

7

Zwar darf dem Kläger nicht angelastet werden, dass er gegen das Urteil des [X.]     das Rechtsmittel der Revision eingelegt hat. Die Einlegung des Rechtsmittels als solche lässt - entgegen der anscheinend vom [X.] vertretenen Auffassung - nicht den Schluss zu, dass dem Kläger die Einsicht in das Unrecht seines Tuns gefehlt hat; ob etwa vom Kläger zu vertretende Ausführungen in der Revisionsbegründung eine andere Wertung rechtfertigen könnten, kann dahingestellt bleiben, weil der [X.] darauf nicht abgestellt hat.

8

Die Dauer der vom [X.] für erforderlich gehaltenen Wohlverhaltensphase erweist sich aber jedenfalls deswegen als angemessen, weil es sich - worauf der angefochtene Beschluss zutreffend hinweist - bei den Taten des [X.] angesichts der Tatumstände um keine leichteren Verfehlungen handelt, so dass eine Wohlverhaltensphase von vier bis fünf Jahren nach der Tat nicht ausreicht. Dies wird auch durch die Höhe der verhängten Strafe belegt, die sich mit 90 Tagessätzen deutlich von der unteren Strafrahmengrenze abhebt.

II.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

Tolksdorf                             Roggenbuck                                   Seiters

                        Stüer                                   [X.]

Meta

AnwZ (Brfg) 14/10

27.04.2011

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Hamm, 23. April 2010, Az: 1 AGH 13/10, Urteil

§ 7 Nr 5 BRAO, § 4 Nr 1 BZRG, § 41 Abs 1 Nr 11 BZRG, § 46 Abs 1 Nr 1a BZRG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.04.2011, Az. AnwZ (Brfg) 14/10 (REWIS RS 2011, 7267)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7267

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