Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.10.2016, Az. IX ZR 128/16

9. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4005

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Gegenstand

Beiordnung eines Notanwalts im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beim BGH nach erfolgter Mandatsniederlegung


Tenor

Der Antrag des [X.] auf Beiordnung eines Notanwalts für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wird abgelehnt.

Gründe

1

Nach § 78b ZPO kann einer [X.] ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Hat die [X.] - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und mandatiert, kommt im Fall einer späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur in Betracht, wenn sie die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dass es sich so verhält, ist von der [X.] substantiiert darzulegen (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Dezember 2013 - [X.], [X.], 425 Rn. 9; vom 12. März 2014 - V ZR 253/13, Rn. 1 nv; vom 24. Juni 2014 - [X.], NJW 2014, 3247 Rn. 2; vom 27. November 2014 - [X.], [X.], 540 Rn. 2).

2

Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Der Kläger hat mit [X.] vom 14. September 2016 dargelegt, der zunächst beauftragte, beim [X.] zugelassene Rechtsanwalt Dr. M.         habe darauf bestanden, die von ihm, dem Rechtsanwalt, gefertigte Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde unverändert einzureichen. Damit sei er, der Kläger, wegen erheblicher Meinungsverschiedenheiten nicht einverstanden gewesen.

3

Nach gefestigter Rechtsprechung des [X.]s kann keine Beiordnung eines Notanwalts verlangt werden, wenn der bei ihm zugelassene und an sich zur Vertretung bereite Rechtsanwalt nicht willens war, eine Revisionsbegründung nach den Vorstellungen oder Vorgaben der [X.] zu fertigen. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim [X.] zuwider, wenn die [X.] einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen ([X.], Beschluss vom 13. September 2013 - [X.], [X.]. 2013, 826 Rn. 4; vom 18. Dezember 2012 - [X.] 239/12, NJW 2013, 1011 Rn. 4; vom 12. März 2014 - V ZR 253/13, Rn. 2 nv; vom 24. Juli 2014 - [X.], Rn. 2 nv; vom 17. September 2014 - [X.], Rn. 3 nv; vom 20. Mai 2015 - [X.], Rn. 2).

4

In einer neueren Entscheidung hat der V. Zivilsenat des [X.]s allerdings offen gelassen, ob an der zitierten Rechtsprechung (kritisch dazu [X.], [X.], 1181, 1185 ff; Vollkommer, [X.], 569 f; [X.], [X.]. 2014, 301 ff; vgl. aber auch Nassall, [X.]. 2014, 498 f) ohne jede Einschränkung festzuhalten sei ([X.], Beschluss vom 16. September 2015 - [X.], NJW 2016, 81 Rn. 5). Auch nach Ansicht dieses Senats ist die Mandatsniederlegung jedoch dann von der [X.] zu vertreten, wenn diese auf der Aufnahme von Ausführungen in die [X.] besteht, die für die Entscheidung des [X.] offenkundig ohne Bedeutung sind. Einem Rechtsanwalt kann nicht zugemutet werden, evident unerhebliche Ausführungen in seine Rechtsmittelbegründung aufnehmen zu müssen. Wäre er bereits beigeordnet worden, könnte er in einem solchen Fall gemäß § 48 Abs. 2 [X.] seine Entpflichtung verlangen (vgl. hierzu auch [X.], [X.]/NV 2016, 938 Rn. 10).

5

Diese sehr engen Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger will, soweit verständlich, wegen eines Klageverfahrens gegen einen gerichtlichen Sachverständigen eine Aussetzung des hiesigen Verfahrens, in welchem ein Rechtsanwalt auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden soll, nach § 251 ZPO erreichen. Er hat den beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt Dr. M.        , der bereits eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gefertigt und ihm, dem Kläger, übermittelt hatte, mit Schreiben vom 14. August 2016 angewiesen, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Diesem Schreiben zufolge sollte der Aussetzungsantrag mit Art. 20 GG und dem Grundrecht auf ein rechtsstaatliches Verfahren begründet werden. So sollte eine Aufarbeitung sämtlichen Unrechts erreicht werden, welches dem Kläger im Zusammenhang mit der Versetzung in den Ruhestand zugefügt worden sein soll. Die Voraussetzungen des § 251 ZPO liegen jedoch schon deshalb nicht vor, weil ein gleichlautender Antrag der Gegenseite fehlt. Ein auf den Ausgang des vorliegenden Verfahrens bezogener wichtiger Grund, welcher die Aussetzung als zweckmäßig erscheinen lässt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Das Angebot des zunächst beauftragten Rechtsanwalts, die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde unverändert, also ohne den aussichtslosen Aussetzungsantrag einzureichen, hat der Kläger abgelehnt.

Kayser                              Lohmann                                 Pape

                  Möhring                               [X.]

Meta

IX ZR 128/16

13.10.2016

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 25. Mai 2016, Az: I-18 U 68/15, Urteil

§ 78b ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.10.2016, Az. IX ZR 128/16 (REWIS RS 2016, 4005)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4005

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