Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2015, Az. IV ZR 48/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7785

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 48/13
Verkündet am:

22. Juli 2015

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 17.
Juni 2015 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des [X.]s Mün-chen
I
6. Zivilkammer
-
vom
20.
Dezember 2012 wird auf Kosten der Klägerseite zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 2.687,58

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im
Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Kapitallebensversiche-rung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d.
[X.] mit [X.] zum 1.
November 2004 nach dem so genannten [X.] des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d.
[X.] mit dem Versicherungsschein vom 17.
September 2004 die 1
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Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach §
10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes ([X.]) und eine schriftliche Belehrung über das Widerspruchsrecht in drucktechnisch deutlicher Form gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F.

D. [X.] zahlte fortan Prämien in Höhe
von insgesamt 3.556,79

Mit Schreiben vom 6.
April 2010 kündigte d.
[X.] den Vertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung zum 1.
Juni 2010 und zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 3.
Februar 2011
erklärte d. [X.] schließlich "den Widerspruch gem. §
5a [X.] a.F.
bzw. nach §
8 [X.], bzw. den Widerruf nach §
355 BGB".

Mit der Klage verlangt d.
[X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt 2.687,58

Nach Auffassung d.
[X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil das [X.] mit den [X.] nicht vereinbar sei.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

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4
-

I. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D.
[X.] habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zu-stande gekommen. D. [X.] habe mit dem Versicherungsschein die nach §
5a [X.] a.F. erforderlichen Unterlagen erhalten und dem Vertrag nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieser Unterlagen widersprochen. Zutreffend sei d. [X.] auch über das ihm zustehende Widerspruchsrecht belehrt worden. Die Regelung des [X.] verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.

II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

D.
[X.]
kann nicht gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB Rückzah-lung der Prämien verlangen.

1. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des [X.] sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d.
[X.] mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucher-information und eine drucktechnisch deutlich gestaltete Widerspruchsbe-lehrung. Die Revision beanstandet ohne Erfolg, dass der Versicherer den Begriff der Textform nicht erläutert habe. Ohne die gesetzliche Erläute-rung in §
126b BGB kennen zu müssen, kann d. [X.] diesem Begriff ohne weiteres entnehmen, dass er den Widerspruch in letztlich lesbarer Form dem Versicherer übermitteln und als Urheber erkennbar sein muss. Er kann ersehen, dass er seine Erklärung in Schriftzeichen und einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise festhalten muss und eine le-diglich mündliche Erklärung nicht genügt. In diesem Verständnis wird er durch den in der Belehrung enthaltenen Hinweis bestärkt, dass zur Wah-8
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rung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genüge. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d.
[X.] den Widerspruch nicht.

2. Ob solchermaßen nach dem [X.] geschlossene Versi-cherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §
5a [X.] a.[X.] unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
16
ff.; [X.], Be-schluss vom 2.
Februar 2015 -
2 BvR 2437/14, [X.], 514 Rn.
30
ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den [X.] scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das [X.] mit den ge-nannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D.
[X.] ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschafts-rechtswidrigkeit des [X.] nach [X.] und Glauben wegen wi-dersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger [X.] auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die [X.]widrigkeit liegt darin, dass d.
[X.] nach ordnungsgemäßer Belehrung über die [X.], den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, die-sen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des [X.] durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den [X.] Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 aaO Rn.
32-42; [X.], Beschluss vom 2.
Februar 2015 aaO Rn.
42 ff.). D. [X.] verhielt sich objektiv wider-sprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemach-te Widerspruchsfrist ließ er bei Vertragsschluss im September 2004 un-genutzt verstreichen. D. [X.] zahlte von November 2004 bis Mai 2010, 12
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somit
fünf Jahre und sieben Monate
die Versicherungsprämien. Nach der Kündigung im April 2010 ließ er weitere zehn Monate vergehen, bis er im Februar 2011 den Widerspruch erklärte. Die jahrelangen Prämienzahlun-gen des bereits im September 2004 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten [X.] haben bei der [X.] ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des [X.]. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. [X.] auch erkenn-bar.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.12.2011 -
231 [X.] 15601/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 20.12.2012 -
6 S 963/12 -

Meta

IV ZR 48/13

22.07.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2015, Az. IV ZR 48/13 (REWIS RS 2015, 7785)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7785

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IV ZR 73/13

2 BvR 2437/14

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