Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2015, Az. IV ZR 308/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 10059

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 308/12

Verkündet am:

10. Juni 2015

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 6.
Mai
2015 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 13.
September 2012
wird
auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 5.230,99

gesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer:
im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer aufgeschobenen Ren-tenversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d.
[X.] mit [X.] zum 1.
Dezember 2004
nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der seinerzeit
gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 1
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erhielt d.
[X.] mit dem Versicherungsschein vom 21.
Dezember 2004 die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach §
10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes ([X.]) und im Versicherungsschein eine schriftliche Belehrung über sein Widerspruchsrecht in drucktechnisch deutlicher Form gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F.

D. [X.] zahlte von Dezember 2004 bis Ende Mai 2010 Prämien in Höhe von insgesamt 13.200

Mit Schreiben vom 7.
April 2010
erklärte d. [X.] den "Widerspruch gem. §
5a [X.] a.F. bzw. den Widerspruch nach §
8 [X.], bzw. den Widerruf nach §
355 BGB höchstvorsorglich die An-fechtung nach §
119 I BGB, hilfsweise die Kündigung". Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert an d. [X.].
Mit Schreiben vom 7.
Juli 2011 erklärte d. [X.] erneut den Widerspruch.

Mit der Klage verlangt d.
[X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge abzüglich des bereits gezahlten [X.] zu-züglich Zinsen, insgesamt 5.230,99

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil das Policenmodell mit den [X.] nicht vereinbar sei.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision
hat keinen Erfolg.
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I. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D.
[X.] habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zu-stande gekommen. Die Widerspruchsbelehrung im Versicherungsschein sei drucktechnisch deutlich hervorgehoben und auch inhaltlich ord-nungsgemäß. D. [X.] sei darauf hingewiesen worden, dass der [X.] in Textform zu erfolgen habe. Was unter Textform zu verstehen sei, habe der Versicherer nicht im Einzelnen erläutern müssen. D. [X.] sei auch darüber belehrt worden, dass die 30-tägige Widerspruchsfrist be-ginne, wenn d.
[X.] die zuvor genannten Unterlagen -
der [X.], die darin enthaltenen Versicherungsbedingungen und die Ver-braucherinformation
-
vollständig vorlägen. Die Regelung des Policen-modells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensver-sicherung.

II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

D.
[X.]
kann nicht gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB Rückzah-lung der Prämien verlangen.

1. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des [X.] sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d.
[X.] mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucher-information und eine Widerspruchsbelehrung. Die Revision beanstandet ohne Erfolg, dass der Versicherer den Begriff der Textform nicht erläutert habe. Ohne die gesetzliche Erläuterung in §
126b BGB kennen zu müs-sen, kann d. [X.] diesem Begriff ohne weiteres entnehmen, dass er den 8
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Widerspruch in letztlich lesbarer Form dem Versicherer übermitteln und als Urheber erkennbar sein muss. Er kann ersehen, dass er seine Erklä-rung in Schriftzeichen und einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten
Weise festhalten muss und eine lediglich mündliche Erklärung nicht ge-nügt. In diesem Verständnis wird er durch den in der Belehrung enthalte-nen Hinweis bestärkt, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige [X.] des Widerspruchs genüge. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 30-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d.
[X.] den Widerspruch nicht.

2. Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versi-cherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §
5a [X.] a.[X.] unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
16
ff.; [X.], Be-schluss vom 2.
Februar 2015 -
2 BvR 2437/14, [X.], 514 Rn.
30
ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den [X.] scheidet bereits deshalb
aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtli-nien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D.
[X.] ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des [X.] nach [X.] und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des [X.] auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus [X.] herzuleiten. Die [X.]widrigkeit liegt darin, dass d.
[X.] nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den [X.] ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des [X.] durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung 12
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aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsur-teil vom 16.
Juli 2014 aaO Rn.
32-42; [X.], Beschluss vom 2.
Februar 2015 aaO Rn.
42 ff.). D. [X.] verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchs-frist ließ er bei Vertragsschluss Ende 2004/Anfang 2005 ungenutzt ver-streichen. D. [X.] zahlte von Dezember 2004 bis Ende Mai 2010, somit fünf Jahre und fünf Monate die Versicherungsprämien und erklärte erst im April 2010 den Widerspruch. Die jahrelangen Prämienzahlungen des bereits Ende 2004 über die Möglichkeit, den Vertrag
nicht zustande kommen zu lassen, belehrten [X.] haben bei der Beklagten ein schutz-würdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese ver-trauensbegründende Wirkung war für d. [X.] auch erkennbar.

[X.] [X.]

Dr.
Karczewski

[X.] [X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.02.2012 -
13 O 156/11 -

OLG Schleswig, Entscheidung vom 13.09.2012 -
16 U 27/12 -

Meta

IV ZR 308/12

10.06.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2015, Az. IV ZR 308/12 (REWIS RS 2015, 10059)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10059

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IV ZR 73/13

2 BvR 2437/14

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