Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2015, Az. IV ZR 29/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9206

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 29/13

Verkündet am:

24. Juni 2015

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren gemäß §
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 29.
Mai 2015

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] am Main
vom 19.
Dezem-ber 2012
wird auf Kosten der Klägerseite zurückgewie-sen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 6.952,44 festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Lebensversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d.
[X.] mit [X.] zum 1.
November
2004
nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 1
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erhielt d.
[X.] mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingun-gen, eine Verbraucherinformation nach §
10a des [X.] ([X.]) und im Begleitschreiben vom 28. Dezember 2004
eine schriftliche Belehrung über das
Widerspruchsrecht gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F.

D. [X.] zahlte von November 2004
bis Juli 2010
Prämien in Höhe von insgesamt 7.985

Mit Schreiben vom 28. Juli 2010 erklärte d. [X.] den Widerspruch gemäß § 5a [X.] a.[X.] nach § 8 [X.], den Widerruf nach § 355 BGB, vorsorglich Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB und hilfsweise Kündigung. Der Versicherer behandelte diese Erklä-rung als Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 14.
Dezember 2010
erklärte d. [X.] vorsorglich nochmals unter ande-rem
den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt d.
[X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt 6.952,44

Nach Auffassung d.
[X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil keine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerspruchsrecht erfolgt und das Policenmodell mit den Lebensversi-cherungsrichtlinien der [X.] nicht vereinbar sei.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

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Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D.
[X.] habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zu-stande gekommen.
Die Widerspruchsfrist sei als Folge der Übersendung des Versicherungsscheins nebst den weiteren erforderlichen Unterlagen in Gang gesetzt worden. Die erteilte Widerspruchsbelehrung im [X.] sei drucktechnisch deutlich hervorgehoben und umfasse Be-ginn und Dauer der Widerspruchsfrist sowie die Form des Widerspruchs. Innerhalb der 30-tägigen Widerspruchsfrist habe d. [X.] den Widerspruch nicht erklärt.
Die Regelung des [X.] verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.

I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

D.
[X.]
kann nicht gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB Rückzah-lung der Prämien verlangen.

1. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des [X.] sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d.
[X.] mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucher-information und eine Widerspruchsbelehrung. Die Revision beanstandet ohne Erfolg, dass der Versicherer den Begriff der Textform nicht erläutert habe. Ohne die gesetzliche Erläuterung in § 126b BGB kennen zu müs-7
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sen, kann d. [X.] diesem Begriff ohne weiteres entnehmen, dass der
Wi-derspruch in letztlich lesbarer Form dem Versicherer übermittelt
und der
Urheber erkennbar sein muss. D. [X.] kann ersehen, dass die Erklärung in Schriftzeichen und einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten [X.] festgehalten sein muss und eine lediglich mündliche Erklärung nicht genügt. Dieses Verständnis wird unterstützt durch den in der Belehrung enthaltenen Hinweis, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige [X.] genüge. Entgegen der Ansicht der Revision ist es für d. [X.] nicht verwirrend, dass die Widerspruchsfrist im Antrag mit 14
Tagen und im [X.] mit 30 Tagen entsprechend der jeweiligen Gesetzeslage angegeben war, denn maßgeblich ist allein die Belehrung im Begleitschreiben.
Schließlich ist auch der Fristbeginn

anders als die Revision meint

nicht ungenau bezeichnet. Aus den in der Widerspruchsbelehrung in Bezug genommenen und mit dem Poli-cenbegleitschreiben mit übersandten "Verbraucherinformationen auf ei-nen Blick"
ergeben sich die fristauslösenden Unterlagen deutlich. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 30-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d.
[X.] den Widerspruch nicht.

2. Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versi-cherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §
5a [X.] a.[X.] unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
16
ff.; [X.], Be-schluss vom 2.
Februar 2015 -
2 BvR 2437/14, [X.], 514 Rn.
30
ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der [X.] scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtli-nien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D.
[X.] ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit 12
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des [X.] nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des [X.] auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus [X.] herzuleiten. Die Treuwidrigkeit liegt darin, dass d.
[X.] nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den [X.] ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des [X.] durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsur-teil vom 16.
Juli 2014 aaO Rn.
32-42; [X.], Beschluss vom 2.
Februar 2015 aaO Rn.
42 ff.). D. [X.] verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchs-frist ließ sie
bei Vertragsschluss 2004 ungenutzt verstreichen
und zahlte
bis zum Widerspruch im Juli 2010 fünfeinhalb Jahre die Versicherungs-prämien. Die jahrelangen Prämienzahlungen der bereits 2004
über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten

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[X.] haben bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den [X.] begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. [X.] auch erkennbar.

[X.] [X.] Dr. Karczewski

[X.] [X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.03.2012 -
2-23 O 357/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 19.12.2012 -
7 [X.] -

Meta

IV ZR 29/13

24.06.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2015, Az. IV ZR 29/13 (REWIS RS 2015, 9206)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9206

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IV ZR 73/13

2 BvR 2437/14

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