Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.07.2015, Az. IV ZR 415/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7343

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 415/13
Verkündet am:

29. Juli 2015

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende
Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 1.
Juli 2015 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 14.
November 2013 wird auf Kosten der Klägerseite zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 7.614,41

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden [X.]
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Lebensversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags [X.]
[X.] mit [X.] zum 1.
Januar 2003 nach dem so genannten [X.] des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt [X.]
[X.] im Januar 2003 mit dem Versicherungsschein die [X.], eine Verbraucherinformation nach §
10a des Versi-1
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cherungsaufsichtsgesetzes ([X.]) und ein Begleitschreiben, das eine Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F.
enthielt.
Bei Antragstellung war [X.] [X.] in dem von ihm unterzeichne-ten
Antragsformular
auf das Widerspruchsrecht und darauf
hingewiesen worden, dass er auf dieses Widerspruchsrecht bei Übersendung des
Versicherungsscheins
nochmals gesondert hingewiesen werde.

D. [X.] zahlte von Januar 2003
bis Februar 2012
Prämien in Höhe von insgesamt 8.497,22

27.
Januar 2012
erklärte [X.] [X.] "den Widerspruch des Versicherungsvertrages gem. §
5a [X.] a.F.".
Der Versicherer zahlte auf die hilfsweise erklärte Kündigung den Rückkaufswert aus.

Mit der Klage verlangt [X.]
[X.] -
soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung
-
Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten [X.] nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], ins-gesamt 7.614,41

Nach Auffassung [X.]
[X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil das [X.] mit den [X.] nicht vereinbar sei.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt [X.]
[X.] das Klagebegehren weiter.
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Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D.
[X.] habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zu-stande gekommen. D. [X.] habe mit dem Versicherungsschein die erfor-derlichen Unterlagen samt Widerspruchsbelehrung erhalten. Die Beleh-rung in dem Begleitschreiben sei drucktechnisch hervorgehoben
und
auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Es bestünden keine Widersprüche zu dem Hinweis auf das Widerspruchsrecht
in dem
Antragsformular; [X.]
[X.] misstraue
mit Blick darauf
nicht der in dem Begleitschreiben ge-nannten Textform. Mit Ablauf der Widerspruchsfrist sei der schwebend unwirksame Vertrag endgültig rückwirkend wirksam geworden. Die Rege-lung des [X.] verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.

I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stan[X.]

D.
[X.]
kann nicht gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB Rückzah-lung der Prämien verlangen.

1. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des [X.] sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt [X.]
[X.] mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucher-7
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information und -
was die Revision nicht angreift
-
eine formell und in-haltlich ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung. Dabei ist es für [X.] [X.] unschädlich und damit -
wie die Revision einräumt
-
unerheblich, dass in dem [X.] eine Widerspruchsfrist von einem Monat genannt wurde, während die Frist gemäß §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. vor dem 8.
Dezember 2004 nur 14 Tage betrug. Die Revision bean-standet ohne Erfolg, die Belehrung in dem [X.] [X.] gegenüber der Belehrung in dem Antragsformular, weil dort
die erforderliche
Textform
nicht erwähnt worden sei. Die Belehrung im [X.] war jedoch nicht die maßgebliche, sondern diejenige in dem mit dem Versicherungsschein übersandten [X.]. Dass es auf diese Belehrung ankam, konnte [X.] [X.] eindeutig daraus ent-nehmen, dass der Versicherer in dem Antragsformular ausdrücklich
er-klärt
hatte, er werde auf das Widerspruchsrecht bei Übersendung des Versicherungsscheins nochmals gesondert hinweisen.
Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten Widerspruchsfrist erklärte [X.]
[X.] den [X.] nicht.

2. Ob solchermaßen nach dem [X.] geschlossene Versi-cherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §
5a [X.] a.[X.] unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
16
ff.; [X.], Be-schluss vom 2.
Februar 2015 -
2 BvR 2437/14, [X.], 514 Rn.
30
ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehr-te Vorlage an den [X.] scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das [X.] mit den ge-nannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D.
[X.] ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschafts-rechtswidrigkeit des [X.] nach Treu und Glauben wegen [X.]
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dersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger [X.] auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die Treuwidrigkeit liegt darin, dass [X.]
[X.] nach ordnungsgemäßer Belehrung über die [X.], den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, die-sen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des [X.] durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den [X.] Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 aaO Rn.
32-42; [X.], Beschluss vom 2.
Februar 2015 aaO Rn.
42 ff.).

D. [X.] verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest ver-traglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er bei Vertragsschluss im Januar 2003 ungenutzt verstreichen. D. [X.] zahlte von Januar 2003 bis Februar 2012, somit mehr als neun Jahre die [X.]. Die jahrelangen Prämienzahlungen des bereits Anfang 2003
über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu

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lassen, belehrten [X.] haben bei der Beklagten ein schutzwürdiges Ver-trauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese vertrauensbe-gründende Wirkung war für [X.] [X.] auch erkennbar.

[X.]

[X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.08.2013 -
16 O 67/13 -

O[X.], Entscheidung vom 14.11.2013 -
7 [X.] -

Meta

IV ZR 415/13

29.07.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.07.2015, Az. IV ZR 415/13 (REWIS RS 2015, 7343)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7343

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IV ZR 73/13

2 BvR 2437/14

7 U 198/13

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