Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.09.2009, Az. VII ZR 82/08

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 1808

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 10. September 2009 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: [X.] §§ 133 B, [X.], 313 Wird in einem Vergabeverfahren aufgrund öffentlicher Ausschreibung nach VOB/A der Zuschlag nach Verlängerung der Bindefristen durch die Bieter später erteilt als in der Ausschreibung vorgesehen, kann ein Mehrvergütungsanspruch nicht allein daraus hergeleitet werden, dass sich im Hinblick auf die spätere Zuschlagsertei-lung die Kalkulationsgrundlagen geändert haben (Fortführung von [X.], Urteil vom 11. Mai 2009 - [X.], [X.], 1131 = NZBau 2009, 370). Diese Kalkulationsgrundlagen sind grundsätzlich keine Geschäftsgrundlage des später geschlossenen Vertrages. [X.], Urteil vom 10. September 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 2009 durch [X.] Dr. [X.], [X.] Kuffer, [X.], die Richterin [X.] und [X.] Eick für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des [X.] vom 7. März 2008 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin betreibt die Sanierung und Rekultivierung ehemaliger Braunkohletagebauflächen. Die Beklagte, deren alleinige Gesellschafterin die [X.] ist, ist der bergrechtlich verantwortliche Projektträ-ger für den Sanierungsbergbau. Die Parteien streiten um [X.] betref-fend das Vorhaben "Restloch K.-Abraumbandbetrieb". 1 Die Maßnahme wurde im Juli 2000 ausgeschrieben. Als Ausführungs-zeitraum war der 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2002 vorgegeben, als [X.] für die Angebote und Zuschlagstermin der 31. Oktober 2000. 2 Die Klägerin gab am 26. September 2000 das günstigste Angebot ab. Wegen der von der Klägerin darin angegebenen Energiekosten führte die [X.] - 3 - klagte mit der Klägerin und zwei weiteren Bietern am 6. Oktober 2000 [X.]. Der Berechnung der Klägerin lag ein sehr günstiges Angebot für den Bezug elektrischer Energie von der B. zugrunde, dessen Annahme bis zum Ablauf der Bindefrist am 31. Oktober 2000 erfolgen konnte. 4 Am 17. Oktober 2000 leitete ein Mitbewerber ein Vergabenachprüfungs-verfahren nach §§ 102 ff. [X.] ein. Die Beklagte bat die Klägerin daher mit Schreiben vom 19. Oktober 2000 um Verlängerung der Bindefrist. Mit [X.] vom 23. Oktober 2000 erklärte die Klägerin zunächst, sie stimme der [X.] nicht vorbehaltlos zu, weil sich die Angebote ihrer eigenen Lieferan-ten an der ursprünglichen Zuschlagsfrist orientierten. Mit Schreiben vom 26. Oktober 2000 erklärte sich die Klägerin mit einer Fristverlängerung bis 30. November 2000 einverstanden, behielt sich aber Schadensersatzansprüche vor, weil ihr Angebotspreis vom Strompreis ihres Energielieferanten abhänge und ihr durch den verspäteten Zuschlag Nachteile entstehen könnten. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2000 wiederholte die Klägerin diesen Vorbehalt, verteidigte ihr Angebot jedoch gleichwohl als Bestgebot. Auf zwei weitere Nach-fragen der Beklagten zur Verlängerung der Bindefrist stimmte die Klägerin die-ser bis letztlich 31. Dezember 2000 zu, wiederholte dabei jedoch jeweils ihren Vorbehalt für den Fall, dass die Energiekosten sich dadurch erhöhten, dass die [X.] nicht verlängert werden könnte. Am 21. Dezember 2000 erhielt die Klägerin den Zuschlag auf ihr Angebot vom 26. September 2000 zu einer Auftragssumme von 32.326.396 DM unter Einbeziehung der VOB/B. Die Klägerin macht - soweit für die Revision noch von Bedeutung - eine Mehrvergütung in Höhe von 1.832.365,54 • wegen Mehrkosten beim [X.] geltend. Diese seien wegen der Verzögerung des Zuschlags durch das Nachprüfungsverfahren dadurch eingetreten, dass die ihrer Kalkulation ur-sprünglich zugrunde liegenden Energiepreise nicht mehr zu erlangen gewesen 5 - 4 - seien. Der Stromlieferant habe sich nur bis zum 30. November 2000 an sein günstiges Angebot binden lassen. Sie habe sich deshalb auf dem Strommarkt anderweitig eindecken müssen. 6 Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. 7 Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klä-gerin ihren [X.] weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision ist unbegründet. 8 I. Das Berufungsgericht hält das Verlangen der Klägerin auf Erstattung der Mehrkosten wegen erhöhter Strombezugskosten für nicht gerechtfertigt. 9 Ein solcher Anspruch ergebe sich nicht aus dem durch den Zuschlag vom 21. Dezember 2000 zustande gekommenen Vertrag. Eine Nachforde-rungsmöglichkeit wegen erhöhter Strombezugspreise sei nicht [X.] geworden. Der Zuschlag sei auf das ursprüngliche Angebot vom 26. September 2000 erteilt worden, ein verändertes Angebot habe weder sei-tens der Klägerin noch der Beklagten vorgelegen. Die Bindefristverlängerungen enthielten keine dahingehenden Erklärungen. 10 - 5 - Der durch unveränderten Zuschlag zustandegekommene Vertrag enthal-te keine Regelung über eine Preisanpassung wegen der durch die Verzögerung des Zuschlags erhöhten Strompreise. Preisänderungen, die nicht am Markt ins-gesamt eingetreten seien, sondern nur einen Bieter individuell getroffen hätten, rechtfertigten keine Preisänderungen. Auch sei die vertragliche Ausführungsfrist unverändert geblieben. Die analoge Anwendung von § 2 Nr. 5 VOB/B scheide aus, weil es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handele, die einer Analogie nicht zugänglich sei. 11 Eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage komme nicht in Betracht. Die Erwartung der Klägerin, sie könne bei Vertragsschluss Strom noch zu den von ihr kalkulierten Preisen be-ziehen, sei nicht Geschäftsgrundlage geworden. Es sei schon zweifelhaft, ob der dahingehende Geschäftswille der Klägerin für die Beklagte hinreichend er-kennbar geworden sei. Jedenfalls handele es sich nicht um eine Geschäfts-grundlage für beide Parteien, sondern allenfalls um eine einseitige Erwartung der Klägerin, zu der die Beklagte kein Einverständnis erklärt habe. Vielmehr habe sich ein Risiko verwirklicht, das allein die Klägerin als Bieterin zu tragen habe. Es würde auch dem System des Vergaberechts zuwiderlaufen, wenn ein Bieter die allein seinem Einfluss und Verhandlungsgeschick unterliegende [X.] ohne Anknüpfung an objektive Umstände wie die Verschie-bung der vertraglichen Ausführungsfrist zur Geschäftsgrundlage machen kön-ne. Denn er könne ohne Risiko auf niedrigstem Niveau anbieten, wenn er bei sich später herausstellender Unauskömmlichkeit des Angebots Mehrkosten im Wege der Vertragsanpassung verlangen könne. Das [X.] den Wettbewerb aller Bieter. Der Bieter sei nicht in seinem Vertrauen darauf geschützt, dass der Zuschlag zu einem bestimmten [X.]punkt erteilt werde, er müsse vielmehr mit einem Nachprüfungsverfahren rechnen. Solange die vertraglichen [X.] - 6 - fristen nicht verändert würden, sei er daher nicht schützenswert. Aus § 242 BGB und der Kooperationspflicht der Parteien ergebe sich nichts anderes. II. 13 Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. 14 1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass mit dem [X.] der Beklagten der Vertrag mit dem Inhalt des Angebots der Klägerin vom 26. September 2000, wie es wörtlich zu verstehen ist, zustande gekommen ist. Nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont der [X.] konnte das ohne ausdrückliche Ergänzungen oder Änderungen abge-gebene Angebot der Klägerin nur so verstanden werden, dass es die Bedin-gungen der Ausschreibung akzeptierte. Der Ausschreibungstext enthält keine Regelung für den Fall einer verzögerten Vergabe. Er kann auch nicht über sei-nen Wortlaut hinaus dahin verstanden werden, dass im Fall einer verzögerten Vergabe Abweichungen oder ergänzende Regelungen gelten sollten. Auch den Erklärungen der Klägerin, der Verlängerung der Bindefrist zu-zustimmen, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei lediglich die Bedeutung zugemessen, dass das ursprüngliche Vertragsangebot inhaltlich konserviert und die rechtsgeschäftliche Bindungsfrist an das Angebot gemäß § 148 BGB, zugleich Bindefrist nach § 19 Nr. 3 VOB/A, verlängert werden sollte. Sie hat damit auch das Preisangebot aufrechterhalten, ohne damit einen Preisände-rungsvorbehalt erklärt zu haben. Dass sie sich Schadensersatzansprüche vor-behalten und inhaltlich erklärt hat, sie wolle keine Nachteile aus der verzögerten Vergabe haben, ist ohne Belang. Denn mit dieser Erklärung hat sie die Verga-bebedingungen nicht ändern wollen, sondern sich lediglich eventuelle Rechte 15 - 7 - aus dem nach den unveränderten Vergabebedingungen abzuschließenden [X.] vorbehalten. 16 Auch die Auslegung des Zuschlagsschreibens durch das Berufungsge-richt ist nicht zu beanstanden. Mit ihm hat die Beklagte das vorliegende Ange-bot der Klägerin unverändert angenommen, und zwar auch dann, wenn die Klägerin in ihre Erklärungen zur Bindefristverlängerung Vorbehalte betreffend Ansprüche auf verzögerungsbedingte Mehrkosten aufgenommen hätte. Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht den Grundsätzen, die der [X.] in der Entscheidung vom 11. Mai 2009 ([X.], [X.], 1131 = NZBau 2009, 370; zur Veröffentlichung in [X.] be-stimmt) aufgestellt und ausführlich begründet hat. Hierauf wird Bezug genom-men. Eine abweichende Beurteilung ist nicht deshalb veranlasst, weil die Kläge-rin ihren Anspruch nicht auf eine Veränderung der Ausführungszeit, sondern darauf stützt, dass der Zuschlag später erteilt worden ist. 17 2. Eine Preisanpassung wegen erhöhter Stromkosten auf der Grundlage einer ergänzenden Vertragsauslegung, wie sie im Urteil vom 11. Mai 2009 ent-wickelt wurde, kommt nicht in Betracht. 18 a) Die ergänzende Vertragsauslegung setzt eine zu füllende Regelungs-lücke im Vertrag voraus. Eine solche Lücke kann bestehen, wenn sich im [X.] keine Regelung für den Fall findet, dass sich durch die Verzögerung des Vergabeverfahrens die im Vertrag festgelegten Leistungspflichten ändern und es bei den vereinbarten Ausführungsfristen aus tatsächlichen Gründen nicht verbleiben kann ([X.], Urteil vom 11. Mai 2009 - [X.], [X.]O). 19 b) Ändern sich die Kalkulationsgrundlagen eines Bieters infolge einer Verschiebung des Zuschlags, ohne dass dies zu einer Änderung der [X.] - 8 - rungsfristen führt, kommt eine Preisanpassung nach den Grundsätzen der er-gänzenden Vertragsauslegung nicht in Betracht. Ein solcher Vertrag enthält keine Regelungslücke. Der in der Ausschreibung vorgesehene [X.]punkt des Zuschlags wird nicht Vertragsbestandteil. Die Revision kann sich auch nicht darauf berufen, dass nach den Ausführungen des [X.]s im Urteil vom 11. Mai 2009 ([X.], Rdn. 52) die Verzögerung des Vergabeverfahrens nicht zu Lasten des Bieters gehen darf, der sich im Wettbewerb durchgesetzt hat, und die Einrichtung des Vergaberechtsschutzes die Rechtsstellung des Auftragge-bers stärken, nicht schwächen soll. Diese Erwägungen stehen im [X.] mit der durch eine Veränderung der Bauzeit veranlassten ergänzenden Vertragsauslegung und der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung. Sie enthalten keinen allgemeinen Grundsatz, dass die mit der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens verbundenen Nachteile stets zu einer Vertragsanpas-sung führen müssten. c) Im vorliegenden Fall hat sich die vertraglich geschuldete Leistung nicht geändert. Die in der Ausschreibung vorgesehene Ausführungszeit vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2002 ist unverändert geblieben. Die vertragli-che Bauzeit musste daher den Umständen nicht angepasst werden. Insoweit unterscheidet sich der Fall von dem Sachverhalt der Entscheidung vom 11. Mai 2009 ([X.]). Während dort die Klage mit der Verschiebung der Ausfüh-rungsfristen begründet wurde, ist die vorliegende Klage allein auf die Verschie-bung des Zuschlagstermins gestützt. 21 3. Eine Preisanpassung kann entgegen der Auffassung der Revision nicht aus § 2 Nr. 5 VOB/B abgeleitet werden. § 2 Nr. 5 Satz 1 VOB/B ist eine Vertragsbestimmung, die eine Vereinbarung eines neuen Preises unter der Voraussetzung vorsieht, dass durch die Änderung des [X.] oder [X.] Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im [X.] - 9 - trag vorgesehene Leistung geändert werden. Diese Regelung ist nur auf solche Änderungen des [X.] oder Anordnungen des Auftraggebers anwend-bar, die den geschlossenen Vertrag abändern. Ihnen liegt zugrunde, dass das Äquivalenzverhältnis des geschlossenen Vertrages erhalten bleiben muss, wenn der Auftraggeber durch Ausübung eines einseitigen Bestimmungsrechts den Leistungsinhalt ändert. Es liegt auf der Hand, dass § 2 Nr. 5 VOB/B nicht den Fall regelt, dass der Auftraggeber eine Bindefristverlängerung erbittet. Denn in diesem Fall wird der Leistungsinhalt des Vertrages nicht berührt. Es ändern sich möglicherweise durch die Bindefristverlängerung des Bieters seine Kalkulationsgrundlagen. § 2 Nr. 5 VOB/B bietet keine Grundlage, deswegen eine Preisanpassung zu verlangen. 4. Die Auffassung des Berufungsgerichts, eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) komme nicht in Betracht, begegnet keinen Bedenken. 23 a) Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsschluss bestehenden ge-meinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner [X.] und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertrags-partei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (st. Rspr.: [X.], Urteil vom 25. Februar 1993 - [X.] ZR 24/92, [X.] 121, 379; Urteil vom 8. Februar 2006 - [X.]I ZR 304/04, NJW-RR 2006, 1037; Urteil vom 28. März 2006 - [X.], [X.] 167, 25, jeweils m.w.N.). Ob ein bestimmter Um-stand Geschäftsgrundlage ist, unterliegt wie auch die Auslegung rechtsge-schäftlicher Willenserklärungen der tatrichterlichen Beurteilung und ist für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend. Diese Bindung entfällt jedoch, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder 24 - 10 - Erfahrungssätze durch das Tatgericht verletzt worden sind oder wesentliche Umstände des Sachverhalts unberücksichtigt geblieben sind. 25 b) Zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, dass die auf dem preiswerten Angebot des Stromlieferanten beruhende Kalkulation der Klägerin deshalb nicht Geschäftsgrundlage geworden ist, weil der Geschäftswille der Beklagten erkennbar nicht darauf aufbaute. Es ist Sache des Unternehmers, wie er den Preis eines Bauvertrags kalkuliert. Er trägt allgemein das Risiko ei-ner auskömmlichen Kalkulation ([X.], Urteil vom 7. Juli 1998 - [X.], [X.] 139, 177, 180 f.; Urteil vom 25. Juni 1987 - [X.] ZR 107/86, [X.], 683, 684 = [X.] 1987, 237, 238; Urteil vom 4. Oktober 1979 - [X.] ZR 11/79, [X.], 63, 65; Urteil vom 28. September 1964 - [X.] ZR 47/63, [X.], 1253, 1254). Die Kalkulation eines Unternehmers wird grundsätzlich nicht Ge-schäftsgrundlage, selbst wenn sie dem Besteller offengelegt wird ([X.], Urteil vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312, 2313). Es müssen be-sondere Umstände hinzukommen, die die Annahme rechtfertigen, der Auftrag-geber habe die Kalkulation in seinen Geschäftswillen ungeachtet dessen auf-genommen, dass es grundsätzlich Sache und Risiko des Unternehmers ist, wie er kalkuliert (vgl. [X.], Urteil vom 19. Dezember 1985 - [X.] ZR 188/84, [X.], 334 = [X.] 1986, 128). [X.]) Solche Umstände will die Revision daraus ableiten, dass die Kläge-rin, für die Beklagte erkennbar, die Bindefrist nur deshalb verlängert hat, weil sie sonst aus dem Wettbewerb ausgeschieden wäre. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass dann, wenn eine Kalkulation darauf beruhe, dass ein Lieferant oder Nachunternehmer ein bis zum Zuschlagstermin befristetes Angebot abge-geben habe, das mit der Verlängerung der [X.] und Bindefrist verbunde-ne Risiko, der Lieferant oder Nachunternehmer werde sein Angebot nicht ver-längern, dem Auftraggeber aufzuerlegen sei. Der Bieter dürfe nicht genötigt 26 - 11 - werden, aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden, indem er die Bindefrist nicht verlängere. Das würde den Wettbewerb verfälschen und dazu führen, dass der für den ursprünglich vorgesehenen Zuschlagszeitraum wirtschaftlichs-te Bieter von einem Konkurrenten durch die Einleitung eines [X.] aus dem Wettbewerb gedrängt werden könne. 27 [X.]) Dem kann so nicht gefolgt werden. (1) Richtig ist allerdings, dass der Bieter sein Angebot unter Berücksich-tigung der Binde- und Zuschlagsfrist kalkulieren kann. Eine solche Kalkulation ist zunächst nicht riskant. Sie schafft relative Preissicherheit und erlegt dem Bieter nur die allgemeinen Risiken sich ändernder Preise auf. Diese [X.] kann er durch die Einholung von Angeboten der Lieferanten und [X.] minimieren, die sich bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an ihr Angebot gebunden halten. Dass der Bieter mögliche Änderungen der [X.] nicht einkalkuliert, ist nicht zu beanstanden. Er ist dazu nicht verpflichtet und es kann ihm bei einer Vergabe auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er solche Änderungen nicht einkalkuliert hat (vgl. [X.], Urteil vom 15. April 2008 - [X.], [X.], 1502 = NZBau 2008, 505 = [X.] 2008, 614). [X.] ist auch, dass der Bieter in einem Vergabeverfahren, das nicht den Rege-lungen der VOB/A unterliegt, auf ein Ansinnen des [X.], die Binde-frist zu verlängern, andere Möglichkeiten hat als in einem Vergabeverfahren mit einer öffentlichen Ausschreibung. Er kann in diesem Verfahren die [X.] davon abhängig machen, dass seinem Verlangen auf [X.] zugestimmt wird. Auf diese Weise kann er auf die sich durch die [X.] der Bindefrist ergebenden Änderungen der Kalkulationsgrundlage reagieren. Diese Möglichkeit hat der Bieter nicht, wenn er einer Bitte auf [X.] der Bindefrist in einem durch öffentliche Ausschreibung eingeleiteten Vergabeverfahren nach der VOB/A zustimmt. Es ist ihm nicht gestattet, wegen 28 - 12 - durch die Verschiebung der Bindefrist veränderter Kalkulationsgrundlagen eine Änderung des angebotenen Preises zu verlangen. Das verstieße gegen das Nachverhandlungsverbot, § 24 Nr. 3 VOB/A. Würde er mit der [X.] ein neues Angebot vorlegen, müsste dies gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 a) VOB/A ausgeschlossen werden. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter ausgerichtetes Vergabeverfahren ist nur zu gewährleisten, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebender Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden ([X.], Urteil vom 18. September 2007 - [X.], [X.], 572 = NZBau 2008, 137; Urteil vom 24. Mai 2005 - [X.], [X.], 1620 = NZBau 2005, 594 = [X.] 2005, 703; Beschluss vom 18. Mai 2004 - [X.], [X.] 159, 186, 192). Der Bieter kann also einer [X.]verlängerung nur zustimmen, wenn er das ursprüngliche Angebot auf-rechterhält. Ist er aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, das Angebot aufrechtzuerhalten, muss der Bieter die Bindefristverlängerung verweigern. Auf diese Weise macht er den Weg frei für andere Bieter, unter Umständen sogar solche, die das Nachprüfungsverfahren eingeleitet haben. (2) Diese Umstände allein vermögen jedoch nichts daran zu ändern, dass der Wille des Auftraggebers nicht dahin geht, die Kalkulationsgrundlagen des Auftragnehmers zur Geschäftsgrundlage des Vertrages zu machen. An der allgemeinen Risikozuordnung für Änderungen der Kalkulationsgrundlagen än-dert sich nichts, wenn der Auftragnehmer einer Bindefristverlängerung zu-stimmt. Denn damit erklärt er, dass der angebotene Preis bis zum Ablauf der Bindefrist, die zugleich Zuschlagsfrist ist, gilt. Das Risiko etwaiger Unwägbarkei-ten wegen der Kalkulationsgrundlagen ist ihm unverändert zuzuordnen. 29 Dem Auftraggeber ist zwar auch bekannt, dass der Bieter nur die Wahl hat, die Zustimmung zu erklären oder aus dem Verfahren auszuscheiden. Das rechtfertigt es jedoch nicht, dem Auftraggeber über die Grundsätze des [X.] - 13 - falls der Geschäftsgrundlage die damit verbundenen Risiken einer Veränderung der Kalkulationsgrundlagen zuzuweisen. Dem steht schon entgegen, dass da-mit elementare Grundsätze des [X.] im Vergabeverfahren verletzt würden. Es wäre mit den Grundsätzen des fairen, transparenten und dem Gleichbehandlungsgebot verpflichteten [X.] nicht zu vereinbaren, wenn der Bieter über eine Anpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage einen neuen Preis für die unveränderte Leistung verlangen könnte. Denn auf diese Weise würde ohne eine Veränderung des [X.] nachträglich allein der Preis verändert, mit dem er sich im Wettbewerb durchgesetzt hat. Das ginge nicht nur zu Lasten des Auftraggebers, sondern auch zu Lasten derjenigen Bieter, die auf der Grundlage ihrer Kalkulation einer Bindefristverlängerung ebenfalls zugestimmt und damit eine Bindung an ihren Preis erklärt haben. Dabei kann nicht Rücksicht darauf genommen werden, dass der zunächst günstigste Bieter im Einzelfall selbst dann noch der [X.] gewesen wäre, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, den Preis im Vergabeverfahren anzupassen. Diese Erwägung muss außer Betracht bleiben, weil das Vergabeverfahren eine Verhandlung über den Preis nicht zulässt und deshalb im maßgeblichen [X.]raum kein Raum für eine Überprüfung des Prei-ses ist. Hinzu kommt, dass der Auftraggeber die Kalkulationsgrundlagen regel-mäßig nicht kennt und seinerseits ein unabwägbares Risiko eingehen würde, wenn der Auftragnehmer einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages hätte. Er hat deshalb keinen Anlass, die Kalkulationsgrundlagen in seinen Geschäfts-willen aufzunehmen. Das ist auch nicht anders, wenn er vom Bieter auf ein Kal-kulationsproblem aufmerksam gemacht wird, das darin besteht, dass nach [X.] der ursprünglichen Zuschlagsfrist eine bis dahin sichere Bindung des [X.] nicht mehr besteht. Das ist für den Auftraggeber kein Anlass, das ent-sprechende Risiko zu übernehmen. Allein die Erklärung, der Auftragnehmer 31 - 14 - wolle durch die Bindefristverlängerung keine Nachteile durch die fehlende [X.] übernehmen und es würden Schadensersatzansprüche vorbehalten, [X.] dem Auftraggeber dieses Risiko nicht zuzuweisen. 32 (3) Ein Bieter kann sich nicht darauf berufen, der Wettbewerb würde durch die Aufrechterhaltung des ursprünglichen Preises für die Dauer der [X.] zu seinen Lasten verfälscht. Mit der Verlängerung der [X.] übernimmt er die Verantwortung dafür, dass sein Preis weiterhin unver-ändert angeboten wird. An diesem Preis muss er sich gerade zum Schutz des [X.] grundsätzlich festhalten lassen. Es ist das allgemeine Risiko ei-nes öffentlichen Vergabeverfahrens, dass der Bieter ausscheiden muss, wenn er den Preis nicht halten kann. Derjenige, der an einem solchen Verfahren teil-nimmt, kann sich nicht darauf berufen, die damit verbundenen Risiken seien unzumutbar und müssten deshalb vom Auftraggeber übernommen werden. Der [X.] muss nicht entscheiden, inwieweit die Bitte um Verlängerung der Binde-frist angesichts dieser unbefriedigenden Lage für den Bieter vergabekonform ist. Verlängert der Bieter die Bindefrist ungeachtet eines eventuell bestehenden Vergabeverstoßes, kann er nicht geltend machen, der Preis müsse über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage angepasst werden. (4) Mit dem Festhalten am angebotenen Preis werden auch keine verga-berechtlichen Grundsätze verletzt. So kann der Bieter, der auf diese Weise mit-telbar gezwungen wird, aus dem Verfahren auszuscheiden, nicht geltend ma-chen, er sei zu schützen, weil er zunächst das wirtschaftlichste Angebot im [X.] auf die ausgeschriebene Bindefrist abgegeben habe. Ihm müsse deshalb die Möglichkeit der Preisanpassung gewährt werden. Das würde, wie bereits dargelegt, den Wettbewerb verfälschen. Auch kann er nicht geltend machen, es sei ihm nicht zuzumuten, aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden und damit auf die Amortisierung seiner Angebotskosten zu verzichten. Ein Bieter, der an 33 - 15 - einem öffentlichen Vergabeverfahren teilnimmt, hat keine geschützte Rechtspo-sition dahin, dass sich seine Angebotskosten stets amortisieren. Zwar kommt bereits mit der Anforderung der Ausschreibungsunterlagen zwischen Auftrag-geber und Bieter ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis zustande, das die Parteien zu gegenseitiger Rücksichtnahme und Sorgfalt verpflichtet. Bei schuldhafter Verletzung dieses Vertrauensverhältnisses durch den Ausschrei-benden können nach den Grundsätzen einer Haftung für Verschulden bei [X.]sverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB) Schadensersatzansprüche des Bieters entstehen, die grundsätzlich auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet sind (vgl. [X.], Urteil vom 8. Sep-tember 1998 - [X.], [X.] 139, 259, 261), also auch die Aufwendungen für das Angebot umfassen. (5) Grundsätzlich unmaßgeblich ist auch, ob der Bieter ausreichend [X.] hatte, über die Bitte auf Verlängerung der Bindefrist nachzudenken. Eine zu kurze [X.] kann vergaberechtlich bedenklich sein. Darauf kommt es jedoch im Zusammenhang mit der Frage, ob die Kalkulation Geschäftsgrundlage gewor-den ist, nicht an. 34 5. Die Nachteile, die der Bieter durch die Verlängerung der Bindefrist er-leidet, sind den Regelungen des Vergabeverfahrens zuzuordnen, die dafür Sor-ge tragen, dass alle Bieter gleich behandelt werden, die notwendige Transpa-renz erzielt wird und der wirtschaftlichste Bieter den Zuschlag erhält. Dass der wirtschaftlichste Bieter durch ein Nachprüfungsverfahren Nachteile erleiden könnte, ist vom Gesetzgeber gesehen worden. Er hat deshalb unter bestimmten Umständen eine Schadensersatzverpflichtung des Antragstellers oder [X.] vorgesehen, wonach missbräuchliche Antragstellung auch zum Ersatz des den Beteiligten entstandenen Schadens verpflichtet, § 125 [X.]. Dass die Voraussetzungen dieses Schadensersatzanspruchs aus gutem 35 - 16 - Grund hoch sind, kann nicht zum Nachteil des Auftraggebers gehen. Mit dem Nachprüfungsverfahren verwirklicht sich ein Risiko, das dem Vergabeverfahren immanent ist und das jeder Bieter zu tragen hat. Kalkuliert er insoweit nicht [X.] im Hinblick auf einen späteren Zuschlag, hat er eine schwächere [X.]position als diejenigen Bieter, die ihre Preise nicht im Hinblick auf die ursprünglich vorgesehene Zuschlagsfrist kalkulieren. 6. [X.] kann, inwieweit eine Preisanpassung möglich ist, wenn der Auftraggeber einen sog. "offenen" oder "externen" [X.] aus-nutzt (dazu vgl. [X.], Urteil vom 19. Dezember 1985 - [X.] ZR 188/84, [X.]O; [X.] in [X.]/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 5. Teil, [X.]). Ein solcher "offener" [X.] liegt nach den [X.] des Berufungsgerichts nicht vor. Die Klägerin hat zwar das Risiko einer nicht auskömmlichen Kalkulation offengelegt. Dieses Risiko war aber von ihr erkannt und bewusst eingegangen worden. 36 7. Aus [X.] ergibt sich, dass es auch nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht Ansprüche auf Preisanpassung aus § 242 BGB in Verbindung mit der Kooperationspflicht der Parteien eines [X.] hat. Auch lässt sich kein Anspruch aus dem Rechtsgedanken des § 2 Nr. 5 Satz 1 VOB/B derart herleiten, dass der Auftraggeber die Risiken einer Veränderung der Kalkulationsgrundlage zu übernehmen hätte. 37 - 17 - III. 38 [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. [X.] Kuffer [X.] [X.] Eick Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 28.04.2005 - 95 O 167/03 - [X.], Entscheidung vom 07.03.2008 - 21 U 150/05 -

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VII ZR 82/08

10.09.2009

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.09.2009, Az. VII ZR 82/08 (REWIS RS 2009, 1808)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 1808

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