Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.02.2016, Az. 4 AZR 950/13

4. Senat | REWIS RS 2016, 15679

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Gegenstand

Eingruppierung einer Erzieherin mit einer Zusatzausbildung als Heilpädagogische Förderlehrerin


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 31. Oktober 2013 - 5 [X.]/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin sowie über die Bezahlung von jeweils 3,22 [X.] im Zeitraum März 2007 bis November 2010.

2

Die Klägerin ist beim Beklagten aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 24. Juli 2001 seit September 2001 als Angestellte beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

        

„…    

        

1       

        

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 29,77 Stunden. …

        

2       

        

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den [X.] vom 23.02.1961 ([X.]) in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeber jeweils geltenden Fassung, der einschlägigen Sonderregelung [X.] 2 y zum [X.] und den zusätzlichen für den Bereich des Arbeitgebers verbindlichen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an ihre Stelle tretenden Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung.

        

3       

        

…       

        

Die Angestellte ist gem. § 22 [X.] in Vergütungsgruppe V b eingruppiert.

        

…“    

4

Die Klägerin war zu Beginn des Arbeitsverhältnisses zunächst als Erzieherin tätig. Nachdem sie eine berufsbegleitende staatliche sonderpädagogische Zusatzausbildung zur Heilpädagogischen [X.]n im [X.] 2006 erfolgreich abgeschlossen hatte, wurde sie fortan im Förderzentrum des Beklagten eingesetzt. Auf den Lohnabrechnungen für die Monate September/Oktober 2007 wurde sie der Personengruppe „Heilp. [X.]“ zugeordnet. Die Klägerin erhielt seit Oktober 2007 eine Vergütung nach [X.] 9 Stufe 5 [X.]/[X.] und seit Oktober 2012 nach [X.] 9 Stufe 6 [X.]/[X.].

5

Mit Schreiben vom 2. Februar 2007 bot der Beklagte der Klägerin unter Hinweis darauf, dass sie statt der arbeitsvertraglich vereinbarten 29,77 Zeitstunden nur 26,55 Zeitstunden (entsprechend 20 Unterrichtsstunden) im Förderzentrum wöchentlich erbringe, an, entweder die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ab März 2007 zu reduzieren oder die Differenz von 3,22 Zeitstunden zukünftig in der heilpädagogischen Tagesstätte abzuleisten. Einen ihr übermittelten und von Arbeitgeberseite bereits unterzeichneten „Nachtrag zum Arbeitsvertrag“ vom 2. März 2007, der eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 26,55 Stunden vorsah, unterzeichnete die Klägerin nicht. Sie erbrachte in der Folgezeit weiterhin regelmäßig eine wöchentliche Arbeitszeit im Umfang von 26,55 Zeitstunden. Ab März 2007 reduzierte der Beklagte das monatliche Bruttoentgelt der Klägerin deshalb von 2.190,34 Euro auf 1.953,44 Euro.

6

Mit Schreiben vom 29. November 2010 forderte der spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Beklagten zur Erläuterung der Diskrepanz zwischen der im schriftlichen Arbeitsvertrag genannten Arbeitszeit von 29,77 Stunden und der tatsächlichen Beschäftigung im Umfang von nur 26,55 Stunden auf. Mit einem weiteren Schreiben von Februar 2011 bat er um Mitteilung, ob eine Abrechnung des Anspruchs auf Nachzahlung des Differenzlohns erfolgen werde.

7

Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - die Auffassung vertreten, ihr stehe für den Zeitraum März 2007 bis November 2010 wegen Annahmeverzugs die Zahlung von je 236,90 Euro brutto für insgesamt 45 Kalendermonate zu. Mit der unterbliebenen Unterzeichnung der Vertragsänderung habe sie ein konkludentes Angebot zur Leistung von weiteren 3,22 Wochenstunden abgegeben, sofern ein Angebot sowieso nicht bereits entbehrlich sei. Zudem sei der Beklagte mindestens ab August 2010 zur Zahlung einer Vergütung nach [X.] 10 [X.]/[X.] verpflichtet. Der Arbeitsvertrag verweise auf den [X.] und auf den Nachfolgetarifvertrag [X.]/[X.]. Tarifliche Eingruppierungsregelungen für Heilpädagogische Förderlehrer enthielten diese Tarifwerke aber nicht. Die dadurch entstehende Lücke sei mittels einer ergänzenden Vertragsauslegung durch die entsprechende Heranziehung der Richtlinien der [X.] ([X.]) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-RL [X.]) in der vor dem 10. März 2011 geltenden Fassung und nicht durch die Richtlinien der [X.] ([X.]) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte an allgemeinbildenden und an berufsbildenden Schulen (Lehrer-RL [X.]) zu schließen. Gemäß [X.] 4. der Lehrer-RL [X.] stehe ihr nach vierjähriger Bewährung eine Vergütung nach VergGr. IVa [X.] zu, was nach Inkrafttreten des [X.]/[X.] der [X.] 10 entspreche. Letztlich folge auch aus § 612 BGB ein Anspruch auf Höhergruppierung nach dem Erwerb ihrer Zusatzqualifikation.

8

Die Klägerin hat zuletzt - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt:

        

1.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 1. August 2010 ein Entgelt nach der [X.] 10 TVöD/[X.] zu zahlen,

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, an sie 10.660,50 Euro brutto zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung.

9

Der Beklagte hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, dass [X.] schon aufgrund der Anfang 2007 einvernehmlich erfolgten Arbeitszeitreduzierung nicht bestünden. Auch habe die Klägerin die Arbeitsleistung im erweiterten Umfang nicht angeboten. Etwaige Ansprüche seien zudem nach § 37 [X.]/[X.] verfallen. Die Klägerin sei des Weiteren zutreffend eingruppiert. Sie sei Erzieherin und werde allein aufgrund ihrer Zusatzausbildung nicht zur Lehrkraft. Die Lehrer-RL [X.] seien ohnehin nicht einschlägig.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die [X.]erufung der Klägerin gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts ohne Rechtsfehler zurückgewiesen. Der [X.]eklagte ist weder zur Vergütung der Klägerin nach [X.] 10 [X.]/[X.] ab 1. August 2010 noch zur Zahlung von 10.660,50 Euro brutto für den Zeitraum von März 2007 bis November 2010 verpflichtet.

I. Der als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Antrag zu 1. der Klägerin ist unbegründet.

1. Die Klägerin ist nicht seit dem 1. August 2010 nach der [X.] 10 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung seit dem 1. Oktober 2005 anwendbaren [X.]/[X.] in seiner jeweiligen Fassung zu vergüten.

a) Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass sie tatsächlich als Heilpädagogische Förderlehrerin und nicht lediglich als Erzieherin eingesetzt wird. Es kann ferner zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit einer Heilpädagogischen Förderlehrerin als diejenige einer Lehrkraft im tariflichen Sinne anzusehen ist (anders als Art. 60 Abs. 2 [X.] nahelegt; vgl. dazu aber auch [X.] 1. Juli 2009 - 4 [X.] - Rn. 35 mwN sowie Anlage [X.] zum [X.]-V Protokollerklärung zu Nr. 1), so dass die [X.] auf die tariflichen [X.]estimmungen hinsichtlich der Eingruppierung „ins Leere“ ginge, da die Anlage 1a zum [X.]/[X.] nach Nr. 5 der [X.]emerkungen zu allen Vergütungsgruppen der [X.] [X.]/[X.] bei Lehrkräften keine Anwendung findet. Dann könnte insoweit eine Lücke in der arbeitsvertraglichen Vereinbarung vorliegen, wenn man - wiederum zu Gunsten der Klägerin - angesichts dessen die ausdrückliche Vereinbarung einer Eingruppierung in der [X.]. [X.] [X.] nicht ausnahmsweise als konstitutive eigenständige Vertragsbestimmung ansehen will.

b) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auch für diesen Fall nicht aus den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung.

aa) [X.]ei einer lückenhaften vertraglichen Vereinbarung tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach [X.] und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit bzw. [X.] bekannt gewesen wäre. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. [X.] Zeitpunkt für die Feststellung und [X.]ewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (vgl. [X.] 18. April 2012 - 4 [X.] - Rn. 20, [X.]E 141, 150). [X.]ei der Lückenfüllung ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (vgl. [X.] 19. Mai 2010 - 4 [X.] - Rn. 31, [X.]E 134, 283).

bb) Auch bei Anwendung dieser Grundsätze hätte die Klägerin keinen Anspruch auf ein Entgelt nach der [X.] 10 [X.]/[X.]. Dabei kann erneut zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass nicht die Lehrer-RL [X.] zur Lückenfüllung heranzuziehen wären, obwohl sich die Parteien mit ihrer arbeitsvertraglichen [X.]ezugnahme der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien des [X.]/[X.] unterstellt haben. Die von ihr angestrebte Rechtsfolge einer entsprechenden Eingruppierung ergibt sich selbst bei einer Anwendung der [X.] nicht.

(1) Zunächst führt die Anwendung der [X.] nicht zu einer Eingruppierung und damit zu einem Entgeltanspruch nach einer [X.] des [X.] - und zwar weder in der Fassung für den [X.] noch in derjenigen für den [X.]ereich der [X.] -, weil die dort benannten Tätigkeiten jeweils einer [X.] des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder ([X.]) zugeordnet sind.

(2) Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt zudem nicht die entsprechenden Anforderungen derjenigen Vergütungsgruppen, die eine Überleitung in die [X.] 10 [X.]/[X.] gem. Anlage 1 zum TVÜ-[X.] oder in die [X.] 10 [X.] gem. Anlage 2 Teil [X.] zum TVÜ-Länder („Lehrkräfte, für die nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen die Anlage 1a zum [X.]/[X.]-O nicht gilt … Überleitung Lehrkräfte ‚Nichterfüller‘“) vorsehen. Hierfür wäre eine Eingruppierung in die [X.]. [X.] [X.] einerseits oder in die [X.]. [X.] [X.] mit ausstehendem Aufstieg nach [X.] [X.] erforderlich. Deren Tätigkeitsmerkmale erfüllt die Klägerin nicht.

(a) Die am 1. August 2010 geltenden [X.] idF vom 13. Juni 2007 lauten - soweit von Interesse - auszugsweise wie folgt:

        

„[X.].     

Sonstige Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis an allgemein bildenden und an berufsbildenden Schulen

        
                 

…       

        
                 

III.   

Lehrkräfte an Sonderschulen

        
                          

…       

                 
                                                     
                                                     
                          

4.    

Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung, Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung und

        
                                            

mit abgeschlossener zusätzlicher Spezialausbildung (z.[X.]. heilpädagogischer, sozialtherapeutischer oder sozialpsychiatrischer Ausbildung)

                 
                                            

als pädagogische Unterrichtshilfen

IV b   

                                   

nach mindestens vierjähriger [X.]erufsausübung

                 
                                            

nach Ablegung der Zusatzausbildung

 IV a 

                          

…       

                 
                          

6.    

Erzieher, Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen, [X.], Logopäden und [X.]eschäftigungstherapeuten

        
                                            

mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung und Zusatzausbildung

                 
                                            

als pädagogische Unterrichtshilfen

V b     

                                   

mit mindestens vierjähriger [X.]ewährung in

        
                                            

dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe

 IV b“

                                                              

(b) Die Voraussetzungen der Tätigkeitsmerkmale aus [X.]. III. 4. [X.] erfüllt die Klägerin nicht, auch wenn sie über eine abgeschlossene zusätzliche Spezialausbildung als Heilpädagogische Förderlehrerin verfügt. Sie ist weder Jugendleiterin mit staatlicher Prüfung noch [X.] oder Sozialarbeiterin mit staatlicher Anerkennung. Wenn die Richtlinien Anwendung fänden, wäre sie als ausgebildete Erzieherin nach [X.]. III. 6. [X.] nicht nach der [X.]. [X.] [X.] zu vergüten, sondern wohl - ohne dass es darauf entscheidungserheblich ankäme - nach den [X.]. [X.] bzw. [X.] [X.]. Folglich wäre sie nach Inkrafttreten des [X.] bzw. [X.] jedenfalls nicht in die [X.] 10 [X.]/[X.] bzw. [X.] übergeleitet worden (vgl. Anlage 1 zum TVÜ-[X.] bzw. Anlage 2 Teil [X.] zum TVÜ-Länder).

(3) [X.]ei Anwendung der [X.] in der ab dem 10. März 2011 geltenden Fassung, die eine unmittelbare Zuordnung der Tätigkeiten zu den neuen [X.]n vorsieht, ergibt sich nichts anderes. Gem. [X.]. III. 6. bzw. 7. dieser Richtlinien sind Erzieher als pädagogische Unterrichtshilfen ebenfalls lediglich nach [X.] 9 [X.] zu vergüten.

2. Auch aus anderen vertraglichen oder tariflichen Rechtsgrundlagen resultiert der begehrte Anspruch der Klägerin nicht.

a) Aus der Anwendung der Anlage 1a zum [X.]/[X.] ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf eine Vergütung nach der [X.] 10 [X.]/[X.].

aa) Dies entspräche bei Anwendung der Überleitungsregelungen aus dem TVÜ-[X.] im konkreten Fall einer - früheren - Eingruppierung in der [X.]. [X.] oder [X.] (mit ausstehendem Aufstieg nach [X.]) [X.] (§ 17 Abs. 7 Satz 1 TVÜ-[X.] iVm. Anlage 1). Für die Zuordnung der Tätigkeit der Klägerin zu einer entsprechenden Vergütungsgruppe gibt es keine Anhaltspunkte.

bb) Unterstellt, die Klägerin wäre als Lehrkraft eingesetzt worden und es fänden, wie der [X.]eklagte gemeint hat, auf ihr Arbeitsverhältnis die Lehrer-RL [X.] Anwendung, ergäbe sich auch aus diesen kein Anspruch auf die begehrte Eingruppierung. Hinsichtlich des Wortlauts der Richtlinien kann auf die oben zitierten [X.] verwiesen werden, die mit einer hier bedeutungslosen sprachlichen Abweichung ([X.]. III. 6.: „nach [statt: ‚mit‘] mindestens vierjähriger [X.]ewährung…“) wortlautidentisch dem der Lehrer-RL [X.] sind. Die dazu oben dargelegten Ausführungen gelten deshalb uneingeschränkt auch für die letzteren.

b) Die Klägerin kann sich auch nicht erfolgreich auf § 612 [X.]G[X.] berufen. Selbst wenn man zu ihren Gunsten von einer fehlenden Vergütungsvereinbarung iwS (die Tatbestandsvoraussetzung der Norm ist, vgl. dazu [X.]/Preis 16. Aufl. § 612 [X.]G[X.] Rn. 2 mwN) ausgehen würde, hat sie keine Tatsachen dargelegt, aus denen sich als „übliche“ Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 [X.]G[X.] einer Heilpädagogischen Förderlehrerin ein Entgelt nach [X.] 10 [X.]/[X.] ergebe (vgl. zum Erfordernis der Darlegung von Anknüpfungstatsachen [X.] 17. Dezember 2014 - 5 [X.] - Rn. 29, [X.]E 150, 223). Die Ausführungen der Klägerin in der Revisionsbegründung, der [X.]eklagte vergüte nach Vergütungsgruppen, weshalb sie wegen der zusätzlich erworbenen Qualifikation „nach dem Wortlaut des § 612 I [X.]G[X.] eine Vergütungsgruppe höhergruppiert werden [müsse], also im Ergebnis in die Vergütungsgruppe 10 [X.]“ sind im Hinblick auf die [X.]estimmung der üblichen Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 [X.]G[X.] ungeeignet. Der Erwerb einer Zusatzqualifikation muss keineswegs zwangsläufig zu einer höheren Vergütung führen. Auch insoweit bedarf es einer Anspruchsgrundlage, die vorliegend nicht gegeben ist.

c) Auf eine [X.] des [X.]eklagten und daraus resultierende Schadensersatzansprüche stützt die Klägerin ihr [X.]egehren in der Revision nicht mehr. Insoweit handelt es sich um einen eigenen Streitgegenstand, der in der Revision nicht zur Entscheidung angefallen ist. Gleiches gilt für die Anspruchsbegründung mit einem vermeintlich treuwidrigen Handeln des [X.]eklagten.

3. Ob die Klägerin ggf. einen Anspruch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gründen könnte, war nicht zu entscheiden, denn die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen ihren Anspruch gegen den [X.]eklagten hierauf nicht gestützt. Gleichwohl war das Urteil des [X.]s aber insoweit rechtsfehlerhaft und wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu korrigieren, als es einen möglichen Anspruch der Klägerin gegen den [X.]eklagten aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes abgelehnt hat.

a) Der [X.] nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nicht nur dann verletzt, wenn einer Partei etwas zugesprochen wird, ohne dass sie dies beantragt hat, sondern auch, wenn ihr ein Anspruch aberkannt wird, den sie nicht zur Entscheidung gestellt hat ([X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 21, [X.]E 151, 235).

b) Die Klägerin hat sich in den Vorinstanzen nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt. Sie hat zwar ausgeführt, sie könne nicht verstehen, warum andere Kursteilnehmer bei ihren jeweiligen Arbeitgebern im Geltungsbereich des [X.] nach Abschluss der Zusatzausbildung höhergruppiert worden seien und sie nicht. Darin liegt jedoch nur eine bloße Kundgabe einer empfundenen Ungerechtigkeit und noch keine eigenständige Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

c) Indem das [X.] einen möglichen Anspruch der Klägerin aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausdrücklich verneint hat, hat es gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Das Urteil ist daher - ohne dass es eines förmlichen Entscheidungsausspruchs bedurfte - zu berichtigen, um eine sonst eintretende Rechtskraft auszuschließen (vgl. [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 23 mwN, [X.]E 151, 235).

II. Der Klägerin steht kein Anspruch auf die begehrten [X.] für den Zeitraum März 2007 bis November 2010 aus Annahmeverzug zu (§ 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 [X.]G[X.]). Dabei kann dahinstehen, ob der arbeitsvertragliche [X.] zwischen den Parteien (konkludent) auf 26,55 Wochenstunden herabgesetzt worden ist, wie der [X.]eklagte meint. Auch wenn dies nicht der Fall wäre, fehlte es jedenfalls an dem nach §§ 293 ff. [X.]G[X.] erforderlichen Angebot der Klägerin.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]esarbeitsgerichts kommt ein Gläubiger gem. § 293 [X.]G[X.] in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung grundsätzlich tatsächlich anbieten, § 294 [X.]G[X.]. Unter den Voraussetzungen des § 295 [X.]G[X.] genügt ein wörtliches Angebot. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber zumindest konkludent erklärt hat, er werde die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen. Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des [X.]esarbeitsgerichts davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 [X.]G[X.] entbehrlich (st. Rspr., zuletzt etwa [X.] 25. Februar 2015 - 5 [X.] - Rn. 41 mwN, [X.]E 151, 45).

2. Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung befand sich der [X.]eklagte im gesamten Zeitraum März 2007 bis November 2010 nicht im Verzug. Die Klägerin hat weder tatsächlich noch wörtlich ihre Arbeitsleistung insoweit angeboten.

a) Ein wörtliches Angebot genügt, wenn der Arbeitgeber vorher erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder wenn eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers unterbleibt. Das wörtliche Angebot muss als rechtsgeschäftsähnliche Handlung dem Arbeitgeber zugehen (grdl. [X.] 21. März 1985 - 2 [X.] - zu [X.] II 1 der Gründe) und es muss sich inhaltlich auf die geschuldete Arbeitsleistung, dh. am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise beziehen ([X.] 24. September 2014 - 5 [X.] - Rn. 37, [X.]E 149, 144).

b) Ein entsprechendes Angebot der Klägerin liegt nicht vor.

aa) Entgegen der Revision stellt die fehlende Reaktion der Klägerin auf das Änderungsangebot des [X.]eklagten vom 2. März 2007 kein „konkludentes“ Angebot dar. Hierbei ging es um eine mögliche Einigung der Parteien über den Inhalt des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses. Der Erklärungswert des Schweigens der Klägerin geht jedenfalls nicht über die Ablehnung des Angebots auf eine vertragliche Stundenreduzierung hinaus.

bb) Auch das Schreiben der Klägervertreter vom 29. November 2010 an den [X.]eklagten hat diesen nicht in Annahmeverzug gesetzt. Abgesehen davon, dass es nur dann für den letzten Tag des geltend gemachten mehr als dreieinhalbjährigen [X.] Wirkung hätte entfalten können, wenn es noch am selben Tage dem [X.]eklagten zugegangen wäre, wozu die Klägerin im Übrigen nichts vorgetragen hat, wird in dem Schreiben keine [X.]ereitschaft der Klägerin zur Ableistung der weiteren 3,22 Stunden erklärt, sondern „um kurze Erläuterung“ der verminderten [X.]eschäftigung gebeten, weil man „dies mit dem Wortlaut des Arbeitsvertrages nicht ganz in Einklang bringen“ könne. Eine unbedingte [X.]ereitschaft zur erweiterten Leistungserbringung am Folgetag ist darin nicht zu erkennen.

3. Auf die Frage des Verfalls des weitaus größten Teils der Ansprüche gem. § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.]-AT kommt es danach nicht mehr an.

III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Mayr    

                 

Meta

4 AZR 950/13

24.02.2016

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Nürnberg, 25. April 2012, Az: 2 Ca 1252/11, Urteil

VergGr 10 TVöD, Anl 1a VergGr Vb BAT, Anl 1a VergGr IVa BAT, § 293 BGB, § 294 BGB, § 295 BGB, § 296 BGB, § 615 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.02.2016, Az. 4 AZR 950/13 (REWIS RS 2016, 15679)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15679

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