Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.12.2012, Az. 4 AZR 199/11

4. Senat | REWIS RS 2012, 427

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Gegenstand

Eingruppierung einer Kindertagesstättenleiterin - Leitung von zwei Kindertagesstätten


Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 1. Februar 2011 - 16 [X.]/10 [X.] - aufgehoben.

2. Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. Februar 2010 - 1 [X.]/09 [X.] - klarstellend wie folgt neu gefasst:

[X.]s wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin vom 1. Januar bis zum 31. Oktober 2009 nach der [X.]ntgeltgruppe 10 [X.]/[X.] und ab dem 1. November 2009 nach der [X.]ntgeltgruppe S 15 [X.]-BT-V zu vergüten sowie auf die jeweiligen Differenzbeträge zur erhaltenen Vergütung Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende [X.]ingruppierung der Klägerin.

2

Die beklagte Samtgemeinde unterhält sieben Kindertagesstätten in eigener Trägerschaft und betreut diese nach einem einheitlichen Konzept. Die Klägerin ist seit 1991 bei der [X.] beschäftigt, zuletzt als Leiterin von Kindertagesstätten. [X.] beiderseitiger Tarifgebundenheit galt für das Arbeitsverhältnis zunächst der Bundes-Angestelltentarifvertrag ([X.]) und gilt nunmehr der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der Fassung für die Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber ([X.]/[X.]). Die Klägerin wurde zuletzt nach der [X.] 9, Stufe 6 [X.]/[X.] vergütet.

3

Bis zum 31. Oktober 2006 leitete die Klägerin die Kindertagesstätte „[X.]“ in [X.], in der 39 Kinder betreut werden. Zusätzlich wurde ihr ab dem 1. November 2006 die Leitung der Kindertagesstätte „Im Wald“ in V übertragen, in der im [X.]raum vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008 durchschnittlich 90 gleichzeitig belegbare Plätze vorhanden und vergeben waren. Für die Leitung der beiden Kindertagesstätten stehen insgesamt 36 der 39 Stunden der tarifvertraglichen Wochenarbeitszeit der Klägerin - proportional aufgeteilt pro [X.]inrichtung - zur Verfügung, da weitere drei Wochenstunden für eine [X.] angesetzt sind, die nicht mit der ihr übertragenen Leitungstätigkeit zusammenhängt. Die beiden Kindertagesstätten werden haushaltsrechtlich, organisatorisch und personell - mit Ausnahme der Leitungsposition - getrennt behandelt. Für beide Kindertagesstätten werden gemeinsame Veranstaltungen und in zeitlichen Abständen gemeinsame Dienstbesprechungen durchgeführt. Die Klägerin gibt für beide Kindertagesstätten die Teamführung und die Schwerpunktbildung in der pädagogischen Arbeit einheitlich vor. Für beide [X.]inrichtungen bestehen einheitliche Handlungsleitlinien und Standards für die [X.]ingewöhnung der Kinder.

4

Die Klägerin hat für die [X.] ab dem 1. Januar 2009 ein [X.]ntgelt nach der [X.] 10 [X.]/[X.] iVm. der [X.]. [X.]. 4 der Vergütungsordnung ([X.]) Anlage 1a zum [X.] - Angestellte im Sozial- und [X.]rziehungsdienst - verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Leitungstätigkeit für die beiden Kindertagesstätten sei ein einheitlicher Arbeitsvorgang. Die Betreuungsplätze der [X.]inrichtungen „Im Wald“ und „[X.]“ seien zusammenzurechnen. Neben dem Wortlaut spreche für die Zusammenrechnung auch der Sinn und Zweck der [X.]. Die Tarifvertragsparteien hätten den Grad der Verantwortung nach der Zahl der zu betreuenden Kinder bemessen wollen.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 die monatlichen Vergütungsdifferenzen zwischen der [X.] 9 und der [X.] 10 TVöD/[X.] nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der [X.]ZB ab Fälligkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Leitung zweier Kindertagesstätten seien zwei selbstständig zu bewertende Arbeitsvorgänge. [X.]ine Zusammenrechnung von Betreuungsplätzen verschiedener [X.]inrichtungen sei tariflich nicht vorgesehen. Bereits der Wortlaut der [X.]. [X.]. 4 [X.] und die Protokollnotizen sprächen für eine isolierte [X.]rhebung der Durchschnittsbelegung jeder [X.]inrichtung. [X.] werde allein auf die Leitung der [X.]inrichtung „Kindertagesstätte“ und nicht etwa auf die Verantwortung im Zusammenhang mit einer bestimmten Anzahl von Kindertagesstättenplätzen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat auf die Berufung der [X.] die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils im Rahmen ihres zuletzt gestellten Antrages. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist begründet. Das Berufungsurteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Das [X.] hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat für den [X.]raum vom 1. Januar bis zum 31. Oktober 2009 einen Anspruch auf Vergütung nach der [X.] 10 [X.]/[X.]. der [X.]. [X.]. 4 der Vergütungsordnung ([X.]) Anlage 1a zum [X.] - Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst - sowie ab dem 1. November 2009 nach der dann einschlägigen [X.] S 15 [X.] - Besonderer Teil Verwaltung - ([X.]-BT-V). Sie erfüllt das tarifliche [X.] der Leitung „von Kindertagesstätten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 100 Plätzen“.

9

I. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats als sog. Elementenfeststellungsklage (ua. [X.] 22. Oktober 2008 - 4 [X.] - Rn. 11 mwN, [X.]E 128, 165) zulässig. Der Antrag der Klägerin ist - wie sie nach Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat - dahin auszulegen, dass er für die [X.] ab dem 1. November 2009 auf das gleichlautende [X.] der [X.] S 15 [X.]-BT-V gerichtet ist.

II. Die Klage ist begründet. Die Klägerin erfüllt das tarifliche [X.] Leitung „von Kindertagesstätten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 100 Plätzen“ jedenfalls aufgrund einer zusammenfassenden Betrachtung (§ 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-[X.]. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 [X.]) ihrer gesamten Tätigkeit als Leiterin der Kindertagesstätten „Im Wald“ und „[X.]“.

1. Für den [X.]raum vom 1. Januar bis zum 31. Oktober 2009 folgt der Anspruch der Klägerin aus der [X.] 10 [X.]/[X.]. der [X.]. [X.]. 4 der Vergütungsordnung ([X.]) Anlage 1a zum [X.] - Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst -. Diese ist - wie auch § 22 [X.] - gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrages vom 13. September 2005 zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den [X.] und zur Regelung des Übergangsrechts ([X.]) im genannten [X.]raum nach wie vor anzuwenden. Der [X.]/[X.] enthält insoweit noch keine eigenen Eingruppierungsregelungen.

a) Deshalb ist zunächst von den Vorgaben der Vergütungsordnung ([X.]) Anlage 1a zum [X.] - Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst - auszugehen, in denen geregelt ist:

        

„Vergütungsgruppe IV b

        

…       

        
        

4.    

Angestellte als Leiter von Kindertagesstätten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 100 Plätzen.

                 

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 9 und 10)

        

…       

        
        

Vergütungsgruppe IV a

        

…       

        
        

4.    

Angestellte als Leiter von Kindertagesstätten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 100 Plätzen

                          

nach vierjähriger Bewährung in der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 4.

                 

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 9 und 10)

        

…       

        

Protokollerklärungen:

                 

…       

        
                 

9       

Kindertagesstätten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals sind Krippen, Kindergärten, Horte, Kinderbetreuungsstuben, Kinderhäuser und Tageseinrichtungen der örtlichen Kindererholungsfürsorge.

                 

10    

Der Ermittlung der Durchschnittsbelegung ist für das jeweilige Kalenderjahr grundsätzlich die Zahl der vom 1. Oktober bis 31. Dezember des vorangegangenen Kalenderjahres vergebenen, je Tag gleichzeitig belegbaren Plätze zugrunde zu legen.“

b) Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der [X.]. [X.]. 4 [X.]. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Leitung der beiden Kindertagesstätten „Im Wald“ und „[X.]“ um zwei Arbeitsvorgänge iSv. § 22 [X.] handelt. Das tarifliche [X.] ist aufgrund der notwendigen zusammenfassenden Betrachtung der beiden Leitungstätigkeiten nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-[X.]. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] gleichwohl erfüllt. Entgegen der Auffassung des [X.]s sind die Durchschnittsbelegungszahlen der beiden Einrichtungen zusammenzurechnen. Damit ist das [X.] der [X.]. [X.]. 4 [X.] einer Durchschnittsbelegung von mindestens 100 Plätzen ohne Weiteres erreicht. Auf die durch das Berufungsgericht nicht plausibel festgestellten Arbeitszeitanteile kommt es nicht an.

aa) Ob es sich bei den beiden von der Klägerin ausgeübten Leitungstätigkeiten um einen einheitlichen Arbeitsvorgang handelt, erscheint nach den bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht gesichert.

(1) Nach § 22 Abs. 2 [X.] ist die Klägerin in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren [X.]en die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dies ist dann der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines [X.]es dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Nach der hierzu vereinbarten Protokollnotiz sind Arbeitsvorgänge Arbeitsleistungen einschließlich [X.], die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtungsweise abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Entscheidendes Kriterium ist danach das Arbeitsergebnis (st. Rspr., ua. [X.] 25. August 2010 - 4 [X.] - Rn. 22 mwN, AP [X.] 1975 §§ 22, 23 Nr. 315; 25. Februar 2009 - 4 [X.] - Rn. 18 mwN, AP [X.] 1975 §§ 22, 23 Nr. 310). Die Übernahme einer Leitungstätigkeit spricht regelmäßig für die Annahme eines einheitlichen Arbeitsvorgangs (st. Rspr., ua. [X.] 16. Mai 2012 - 4 [X.] - Rn. 22, [X.] 2012, 699; 15. Dezember 2010 - 4 [X.]/09 - Rn. 26, [X.] § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 33; 29. November 2001 - 4 [X.] II 5 a der Gründe, [X.]E 100, 35; 31. August 1988 - 4 [X.] -; 18. Mai 1988 - 4 [X.] - [X.]E 58, 283). Allerdings wird bei nebeneinander ausgeübten Leitungstätigkeiten ggf. unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit nicht ohne Weiteres, sondern nur unter bestimmten Umständen, von einem einzigen einheitlichen Arbeitsvorgang auszugehen sein (vgl. [X.] 6. Juli 2011 - 4 [X.] - Rn. 71; 15. Dezember 2010 - 4 [X.]/09 - Rn. 26, aaO).

(2) Nach dem Wortlaut des [X.]es „Angestellte als Leiter von Kindertagesstätten“, das die Tarifvertragsparteien mit einer Staffelung von Durchschnittsbelegungsplätzen über mehrere Vergütungsgruppen vorgesehen haben, ist jedenfalls die Funktion der Leitung einer Kindertagesstätte grundsätzlich als einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen.

Dass sich die Leitung mehrerer Kindertagesstätten ausnahmsweise als ein einheitlicher Arbeitsvorgang iSv. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 iVm. der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 [X.] bestimmen lässt, ist dem Wortlaut der Tarifnorm nicht zu entnehmen. Die Art und Weise der Verwendung des Plurals und des [X.] in dem Textteil „Angestellte als Leiter von Kindertagesstätten“ gibt hierfür keine ausreichenden Anhaltspunkte, sondern ist neutral gefasst.

(3) Nach den bisherigen Tatsachenfeststellungen spricht viel dafür, dass die Leitungstätigkeit der Klägerin nicht einheitlich, sondern jeweils auf die Leitung der einzelnen, örtlich, organisatorisch und haushaltsrechtlich getrennten Einrichtungen und damit auf zwei verschiedene Arbeitsergebnisse gerichtet ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die von den Beschäftigten auszuübenden Tätigkeiten einheitlich geplant und für beide Einrichtungen gemeinsam abgestimmt und koordiniert werden (dazu bereits [X.] 16. Mai 2012 - 4 [X.] - Rn. 24, [X.] 2012, 699). In [X.]abständen durchgeführte gemeinsame Dienstbesprechungen machen allein noch keine einheitliche Leitung der beiden Einrichtungen aus. Demgegenüber spräche es allerdings gegen die Annahme von zwei getrennten Arbeitsvorgängen, wenn die Leitungstätigkeiten der Klägerin tatsächlich nicht klar voneinander getrennt und während der Anwesenheit und Leitung in einer der Einrichtungen auch jeweils Fragen der anderen Einrichtung zu bearbeiten wären.

bb) Diese Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Selbst bei der vom [X.] angenommenen Voraussetzung von zwei getrennten Arbeitsvorgängen - Leitung der Kindertagesstätte „Im Wald“ und Leitung der Kindertagesstätte „[X.]“ - sind diese Leitungstätigkeiten der Klägerin entgegen der Auffassung des [X.]s nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-[X.]. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] tariflich einheitlich zu bewerten. Damit wird die Durchschnittsbelegungszahl von 100 Plätzen iSd. [X.]es der [X.]. [X.]. 4 iVm. der Protokollerklärung Nr. 10 ohne Weiteres erreicht.

(1) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-[X.]. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] können zur Beurteilung, ob eine tarifliche Anforderung erfüllt ist, unterschiedliche Arbeitsvorgänge zusammenfassend und einheitlich beurteilt werden, wenn die Feststellung erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge erfolgen kann.

(a) Die Tarifnorm greift damit auf den in § 22 Abs. 2 [X.] niedergelegten Grundsatz zurück, wonach der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert ist, deren [X.]en die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Zwar wird dieser Grundsatz für den Regelfall in § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 [X.] insofern wieder eingeschränkt, als danach die auszuübende Tätigkeit den [X.]en einer Vergütungsgruppe bereits dann entspricht, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines [X.]es der jeweiligen Vergütungsgruppe erfüllen. Dann bedarf es auch nur einer Überprüfung derjenigen Arbeitsvorgänge, die die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Angestellten ausmachen.

Kann jedoch die Erfüllung einer tariflichen Anforderung erst bei Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 [X.]), ist nach dem Willen der Tarifvertragsparteien hierzu erforderlichenfalls die gesamte Tätigkeit des Beschäftigten, also die Summe aller Arbeitsvorgänge, zu überprüfen (vgl. [X.] 16. Mai 2012 - 4 [X.] - Rn. 39, [X.] 2012, 699; 16. Juni 1982 - 4 [X.] -; 28. April 1982 - 4 [X.] - AP [X.] 1975 §§ 22, 23 Nr. 62; 25. November 1981 - 4 [X.] - AP [X.] 1975 §§ 22, 23 Nr. 51 = EzA [X.] §§ 22 - 23 [X.]. [X.]). In Anwendung der Bestimmung ist es begrifflich und rechtlich möglich, dass sich die Erfüllung eines tariflichen Merkmales, welches auch quantitativen und/oder qualitativen Charakter hat, erst aus der Zusammenfassung aller Arbeitsvorgänge eines Angestellten ergibt ([X.] 16. Mai 2012 - 4 [X.] - Rn. 39 mwN, aaO; 8. Februar 1978 - 4 [X.] - [X.]E 30, 32, 42). Mit dieser Tarifnorm wird sichergestellt, dass einem Angestellten des öffentlichen Dienstes auch diejenige Qualifizierung seiner Tätigkeit zugutekommt, die sich daraus ergibt, dass nebeneinander mehrere Tätigkeiten ausgeübt werden, aus deren Summierung sich erst die Erfüllung bestimmter tariflicher Merkmale ergibt ([X.] 28. April 1982 - 4 [X.] - aaO; 25. November 1981 - 4 [X.] - aaO).

(b) Dabei lässt sich nicht allgemein festlegen, in welchen Konstellationen die tariflichen Anforderungen eines [X.]es erst bei einer Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden können. Wegen der Vielfalt der tatsächlichen Verhältnisse lässt sich dies nicht abstrakt formulieren. Es kann stets nur im konkreten Einzelfall beurteilt werden, ob ausnahmsweise eine zusammenfassende Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge zur Feststellung einer tariflichen Anforderung erforderlich ist. Die in § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] enthaltene sprachliche Wendung „in der Regel“ ist daher auf den konkreten Fall zu beziehen. Dies bedeutet, dass bei den hierfür in Betracht kommenden Fallgestaltungen die Erfüllung einer bestimmten Anforderung regelmäßig erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden kann (ausf. [X.] 20. Juli 1983 - 4 [X.] 271/83 - AP [X.] 1975 §§ 22, 23 Nr. 75; ebenso 16. Mai 2012 - 4 [X.] - Rn. 40, [X.] 2012, 699).

(2) Entgegen der Auffassung des [X.]s sind die Voraussetzungen für eine zusammenfassende Betrachtung der beiden Leitungstätigkeiten der Klägerin gegeben. Dementsprechend hat hier nach den Vorgaben der Tarifvertragsparteien nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-[X.]. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] eine Zusammenrechnung der einzubeziehenden Betreuungsplätze der beiden Einrichtungen zu erfolgen.

(a) Nach dem Tarifwortlaut knüpft die Entgeltstaffelung bei der Leitung von Kindertagesstätten ausschließlich an die Zahl der vergebenen Plätze an, nämlich an die Durchschnittsbelegung einer Mindestzahl von Plätzen im letzten Quartal des Vorjahres (Referenzzeitraum; vgl. zu diesem näher [X.] 19. März 2003 - 4 [X.] - [X.]E 105, 291, 295 f.). Die Tarifvertragsparteien gehen mit ihrer pauschalierten Betrachtungsweise davon aus, dass die Anforderungen an die Leitung einer Kindertagesstätte und damit die tarifliche Wertigkeit der maßgebenden Tätigkeit steigen, je mehr Plätze vergeben sind, also je mehr Kinder die Einrichtung gleichzeitig betreut ([X.] 4. April 2001 - 4 [X.] [X.]E 97, 251, 256 f.). Weitere Kriterien, die sich auf die Eingruppierung der Leitung einer Kindertagesstätte auswirken könnten (etwa die Zahl der unterstellten Mitarbeiter/innen, die Qualifikation, die Schwierigkeit der Tätigkeit, der Umfang der Verantwortung usw.) sind in der Tarifnorm nicht aufgeführt worden (zu dem den Tarifvertragsparteien dabei zustehenden großen Gestaltungsspielraum [X.] 4. April 2001 - 4 [X.] aaO S. 261 f.).

Ist die Durchschnittsbelegung demnach von einer allein entscheidenden Bedeutung für die Eingruppierung, ist es gerechtfertigt, die gleichzeitige Leitung zweier Kindertagesstätten tariflich einheitlich anhand der Gesamtkinderzahl zu bewerten (ähnlich wie bei der Anforderung von „gründlichen Fachkenntnissen“ in mehreren Arbeitsvorgängen [X.] 24. August 1983 - 4 [X.] - AP [X.] 1975 §§ 22, 23 Nr. 78). Die tatsächlichen Anforderungen, die die Tarifvertragsparteien ausschließlich an der Zahl der vergebenen Plätze festgemacht haben, dürften bei der Leitung zweier Kindertagesstätten gegenüber der Leitung einer Kindertagesstätte mit der gleichen Gesamtzahl von betreuten Kindern eher höher sein, da eine Reihe von organisatorischen und erzieherischen Leitungsaufgaben zusätzlich anfallen.

(b) Damit entspricht die Bedeutung des Aufgaben- und Verantwortungskreises der Klägerin - mindestens - derjenigen der Leitung einer Kindertagesstätte von der Größe bzw. der Kinderanzahl der beiden von ihr geleiteten Einrichtungen. Bei der notwendigen zusammenfassenden Betrachtung der Leitungstätigkeiten der Kindertagesstätten „Im Wald“ und „[X.]“ der Beklagten durch die Klägerin liegt die Durchschnittsbelegung im Referenzzeitraum für das [X.] (1. Oktober 2008 bis 31. Dezember 2008) bei 129 Plätzen (90 plus 39 Plätze) und damit über dem Schwellenwert der [X.]. [X.]. 4.

2. Seit dem 1. November 2009 hat die Klägerin einen Anspruch auf ein Entgelt nach der [X.] S 15 [X.]-BT-V.

a) Die Eingruppierung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst einer Kindereinrichtung als unselbstständiger Teil der Gemeindeverwaltung (vgl. [X.]/[X.] S. 17 f.) richtet sich gemäß § 56 [X.] - Besonderer Teil Verwaltung - ([X.]-BT-V) iVm. der dazugehörigen Anlage (Anlage zu Abschnitt [X.], Sonderregelungen, [X.] § 56) nach den Merkmalen des Anhangs zur Anlage C ([X.]). Diese Beschäftigten erhalten abweichend von § 15 Abs. 2 [X.] Entgelt nach der Anlage C, in die am 1. November 2009 nach den Vorgaben des § 28a [X.] übergeleitet worden ist. Dabei ist, solange der [X.] in den §§ 12 und 13 noch keine eigenen Eingruppierungsregelungen enthält, auch diesbezüglich nach § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.] nach wie vor § 22 [X.] anzuwenden (vgl. auch [X.]/[X.] S. 52, 112; [X.] Überleitung in die [X.] im Sozial- und Erziehungsdienst PersR 2010, 4).

b) Das von der Klägerin als erfüllt beanspruchte [X.] ist der [X.] S 15 zugeordnet:

        

„1.     

Beschäftigte als Leiterinnen/Leiter von Kindertagesstätten mit einer Durchschnittsbelegung von mindestens 100 Plätzen.

                 

(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 8 und 9)

        

…       

        

Protokollerklärungen:

        

…       

        

8.    

Kindertagesstätten im Sinne dieses Tarifmerkmals sind Krippen, Kindergärten, Horte, Kinderbetreuungsstuben, Kinderhäuser und Kindertageseinrichtungen der örtlichen Kindererholungsfürsorge.

        

9.    

Der Ermittlung der Durchschnittsbelegung ist für das jeweilige Kalenderjahr grundsätzlich die Zahl der vom 1. Oktober bis 31. Dezember des vorangegangenen Kalenderjahres vergebenen, je Tag gleichzeitig belegbaren Plätze zugrunde zu legen. Eine Unterschreitung der maßgeblichen je Tag gleichzeitig belegbaren Plätze von nicht mehr als 5 v.H. führt nicht zur Herabgruppierung. Eine Unterschreitung auf Grund vom Arbeitgeber verantworteter Maßnahmen (z.B. Qualitätsverbesserungen) führt ebenfalls nicht zur Herabgruppierung. Hiervon bleiben organisatorische Maßnahmen infolge demografischer [X.] unberührt.“

c) Diese Vorgaben sind erfüllt. Ausgehend von den noch maßgebenden Vorgaben des § 22 [X.] ergibt sich für die im Verhältnis zu dem [X.] der [X.]. [X.]. 4 der Vergütungsgruppen für den Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1a zum [X.] gleichlautenden Vorgaben bezüglich der Arbeitsvorgänge der Leitung der Kindertagesstätten „Im Wald“ und „[X.]“ der Beklagten und deren zusammenfassende Betrachtung nichts anderes als für das [X.] der [X.]. [X.]. 4 [X.].

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Creutzfeldt    

        

    Winter    

        

        

        

    [X.]    

        

    [X.]    

                 

Meta

4 AZR 199/11

12.12.2012

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Braunschweig, 11. Februar 2010, Az: 1 Ca 411/09 E, Urteil

§ 22 Abs 2 UAbs 2 S 2 BAT, TVöD BT-V, § 17 Abs 1 S 1 TVÜ-VKA, Anl 3 TVÜ-VKA, TVöD

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.12.2012, Az. 4 AZR 199/11 (REWIS RS 2012, 427)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 427

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