Bundessozialgericht, Urteil vom 22.08.2013, Az. B 14 AS 85/12 R

14. Senat | REWIS RS 2013, 3273

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

ARBEITSLOSENGELD UNTERKUNFTSKOSTEN

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Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfteilen bei Bedarfsgemeinschaften - Ausnahmefälle - Berücksichtigung wirksamer vertraglicher Vereinbarungen bei Wohngemeinschaften


Leitsatz

Wenn mehrere Personen in einer Wohnung leben, sind die Aufwendungen für die Unterkunft innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft regelmäßig nach dem Kopfteilprinzip zu verteilen; andernfalls, beispielsweise in einer Wohngemeinschaft, gehen wirksame vertragliche Abreden vor.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 26. April 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch des [X.] auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem [X.] ([X.]B II).

2

Der im Jahre 1969 geborene Kläger, der seit dem 1.1.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezieht, mietete ab dem 1.9.2004 mit seiner damaligen Lebensgefährtin gemeinsam als Hauptmieter eine 81 Quadratmeter große Dreizimmerwohnung und sie vereinbarten mündlich, dass beide jeweils die Hälfte der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung tragen. [X.] wurde die gemeinsame Tochter geboren. Die tatsächlichen Aufwendungen für diese Wohnung betrugen insgesamt 559,00 Euro (370,00 [X.], 115,00 Euro kalte Betriebskosten und 74,00 Euro Kosten für die Beheizung mit Erdgas). Aufgrund der Angaben des [X.] und der Kindesmutter, sie hätten sich unter Aufrechterhaltung der gemeinsamen Wohnung getrennt, sah das beklagte Jobcenter den Kläger als alleinstehenden Hilfebedürftigen an und bewilligte ihm für die [X.] von Januar 2008 bis Juni 2008 monatliche Leistungen in Höhe von 527,68 Euro, die sich aus der Regelleistung für einen alleinstehenden Hilfebedürftigen in Höhe von 347,00 Euro sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 180,68 Euro zusammensetzten (Bescheid vom 21.12.2007, Widerspruchsbescheid vom 1.7.2008).

3

Nachdem der Kläger während des anschließenden Klageverfahrens den Umfang seiner Nutzung der Wohnung unter Übersendung eines Grundrisses dargestellt hatte, bewilligte der Beklagte für den streitgegenständlichen [X.]raum nunmehr monatliche Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 217,80 Euro (Änderungsbescheid vom 29.9.2008). Die auf die Übernahme der darüber hinaus gehenden - hälftigen - Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gerichtete Klage hat das Sozialgericht ([X.]) abgewiesen (Urteil vom 11.12.2009), das [X.] ([X.]) hat die hiergegen erhobene - vom [X.] zugelassene - Berufung des [X.] zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger könne nicht mehr als ein Drittel der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beanspruchen, weil diese nach Kopfteilen auf ihn, die Kindesmutter und das gemeinsame Kind aufzuteilen seien, ohne dass es darauf ankomme, ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliege. Die von ihm und der Kindesmutter getroffene Vereinbarung über die hälftige Teilung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sei unbeachtlich.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 1 [X.]B II. Entgegen der Auffassung des [X.] sei eine Abweichung vom Kopfteilprinzip auch aufgrund einer zivilrechtlichen Vereinbarung möglich. Die Vereinbarung zwischen ihm und der Kindesmutter sei nicht unbeachtlich, weil anderenfalls sein Bedarf nicht vollständig gedeckt werde.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des [X.]s Berlin-Brandenburg vom 26. April 2012 und des [X.] vom 11. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2008 in der Fassung des [X.] vom 29. September 2008 zu verurteilen, ihm für den [X.]raum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2008 monatlich weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 53,21 Euro zu zahlen.

6

Der Beklagte hat sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des [X.] ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des [X.] und der Zurückverweisung an das [X.] begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ). Die Feststellungen des [X.] reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob dem [X.]läger die beantragten höheren Leistungen zustehen.

8

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist die vom [X.]läger begehrte Aufhebung der Urteile des [X.] und des SG und das unter Abänderung des Bescheides vom 21.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] in der Fassung des gemäß § 96 SGG Gegenstand des [X.]lageverfahrens gewordenen Änderungsbescheides vom 29.9.2008 auf die Verurteilung des Beklagten gerichtete Begehren, ihm für den [X.]raum von Januar 2008 bis Juni 2008 [X.]osten für Unterkunft und Heizung in Höhe von weiteren 53,21 [X.] monatlich zu zahlen. Der Betrag ergibt sich aus der Differenz der vom [X.]läger vor dem [X.] beantragten hälftigen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung von 271,01 [X.] und den vom Beklagten zuletzt bewilligten 217,80 [X.]. Die Beschränkung des Streitgegenstandes allein auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (vgl nur [X.] vom 7.11.2006 - B 7b [X.] - [X.], 217 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]8).

9

2. Rechtsgrundlage für die vom [X.]läger begehrten und über die vom Beklagten monatlich bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung hinausgehenden weiteren 53,21 [X.] sind § 22 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm §§ 7, 9, 19 [X.] in der für die strittige [X.] geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen [X.]punkt geltende Recht anzuwenden.

Nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] erhalten Leistungen nach dem [X.] Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a [X.] noch nicht vollendet haben, die erwerbsfähig ([X.]) und hilfebedürftig ([X.]) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.] haben ([X.]). Den Feststellungen im angefochtenen Urteil kann zwar entnommen werden, dass der [X.]läger die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters und des gewöhnlichen Aufenthalts erfüllt, allerdings fehlen ausreichende Feststellungen zur Erwerbsfähigkeit des [X.] und insbesondere zu dessen Hilfebedürftigkeit.

Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen [X.]räften und Mitteln, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus zu berücksichtigendem Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält (§ 9 Abs 1 [X.]). Nach § 9 Abs 2 Satz 1 [X.] ist bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ua auch das Einkommen des Partners zu berücksichtigen. Nach § 9 Abs 2 Satz 3 [X.] gilt schließlich (im Grundsatz) jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen [X.]räften und Mitteln gedeckt ist.

Wegen dieser gesetzlichen Vorgabe, wonach Hilfebedürftigkeit ausnahmslos vom Bedarf aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft und des der Bedarfsgemeinschaft zufließenden Einkommens und des vorhandenen Vermögens abhängig ist, darf bei Prüfung der Hilfebedürftigkeit als Teil der Anspruchsvoraussetzungen nicht offen bleiben, ob ein Antragsteller mit anderen Personen eine Bedarfsgemeinschaft bildet (BSG vom 16.4.2013 - [X.] AS 71/12 R, zur [X.] vorgesehen) (dazu 3.). Anschließend ist zu klären, wie hoch die einzelnen Bedarfe aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind, wobei vorliegend eine Beschränkung auf die allein umstrittenen Leistungen für Unterkunft und Heizung erfolgen kann (dazu 4.). Zudem wäre noch zu klären, wie hoch ihre zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sind, um abschließend entscheiden zu können, in welchem Umfang der [X.]läger hilfebedürftig ist und Anspruch auf die hier allein streitigen (weiteren) Leistungen für Unterkunft und Heizung hat.

3. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Entscheidung, ob der [X.]läger im streitigen [X.]raum in einer Bedarfsgemeinschaft mit der [X.]indesmutter nach § 7 Abs 3 [X.] Buchst c [X.] (in der ab dem 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.], [X.] 1706) oder mit dem gemeinsamen [X.]ind nach § 7 Abs 3 [X.] [X.] lebte, hat das [X.] nicht festgestellt, es hat nur ungeprüft die Annahme des Beklagten übernommen, dass zwischen dem [X.]läger und der [X.]indesmutter keine Bedarfsgemeinschaft bestanden habe.

Nach § 7 Abs 3 [X.] Buchst c [X.] gehört als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person zur Bedarfsgemeinschaft, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser Wille wird nach § 7 Abs 3a [X.] vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben ([X.]), mit einem gemeinsamen [X.]ind zusammenleben ([X.]), [X.]inder oder Angehörige im Haushalt versorgen ([X.]) oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen ([X.]). Ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen. Es mangelt hier bereits an Feststellungen des [X.] zum Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts zwischen dem [X.]läger und der [X.]indesmutter (vgl zu Einzelheiten BSG vom [X.] AS 34/12 R - [X.], 250 = [X.]-4200 § 7 [X.]2, Rd[X.]3 f). Ebenso fehlen Feststellungen, um entscheiden zu können, ob die Voraussetzungen des § 7 Abs 3 [X.] [X.] im Hinblick auf die im Jahre 2005 geborene gemeinsame Tochter erfüllt sind (vgl hierzu nur Urteil des Senats vom 16.4.2013 - [X.] [X.]/12 R - [X.]-4225 § 1 [X.] Rd[X.]5 ff).

Diese Feststellungen sind nicht entbehrlich, weil der [X.]läger den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen für die Unterkunft und Heizung beschränkt hat. Denn auch die Höhe dieses Anspruches kann von dem zu berücksichtigenden Einkommen (und Vermögen) des Hilfebedürftigen und ggf weiterer Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft trotz der Anrechnungsregelung in § 19 Satz 3 [X.] in der damaligen Fassung abhängen.

4. Um über die vorliegend (nur) umstrittenen höheren Leistungen des [X.] für Unterkunft und Heizung entscheiden zu können, mangelt es ebenfalls an ausreichenden Feststellungen des [X.].

Die Leistungen (heute Bedarfe) für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 [X.]). Zur Berechnung dieser Bedarfe sind die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, deren Angemessenheit und ihre Verteilung auf die in der Wohnung lebenden Personen zu ermitteln sowie ggf weitere mögliche Einwände zu prüfen (vgl zu diesen Prüfungsschritten BSG vom 29.11.2012 - [X.] [X.]/12 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]3 ff).

Ausgehend von den seitens der Beteiligten nicht gerügten, bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) waren in der streitigen [X.] als tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung insgesamt 559,00 [X.] aufzubringen (Nettokaltmiete von 370,00 [X.], kalte Betriebskosten von 115,00 [X.], [X.]osten für die Beheizung mit Erdgas von 74,00 [X.]).

Nicht abschließend beurteilt werden kann, ob diese tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend der vertraglichen Abrede zwischen dem [X.]läger und der [X.]indesmutter oder - ohne Berücksichtigung dieser Abrede - nach [X.]opfteilen zwischen ihnen und der gemeinsamen Tochter aufzuteilen sind.

a) Die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind nach gefestigter Rechtsprechung des BSG im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro [X.]opf aufzuteilen, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen nutzen (vgl BSG vom 23.11.2006 - B 11b [X.] - [X.], 265 = [X.]-4200 § 20 [X.], Rd[X.]8 f; BSG vom 18.6.2008 - [X.]/11b [X.]/06 R - [X.]-4200 § 22 [X.]2; BSG vom 27.1.2009 - [X.]/7b [X.] - [X.]-4200 § 21 [X.] Rd[X.]9; BSG vom 29.11.2012 - [X.] [X.]/12 R - [X.]-4200 § 22 [X.]). Dem ist die Literatur gefolgt (vgl nur [X.] in Lehr- und Praxiskommentar [X.], 4. Aufl 2011, § 22 Rd[X.] f; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 10/2012, [X.] § 22 Rd[X.]9 f; [X.] in Eicher, [X.], 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 69). Hintergrund für dieses auf das [X.] ( vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 - BVerwGE 79, 17) zurückgehende "[X.]opfteilprinzip" sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf dem Grunde nach abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des [X.] nicht zulässt.

Aufbauend auf dieser Rechtsprechung hat der Senat in seiner Entscheidung vom 29.11.2012 ([X.] [X.]/12 R - [X.]-4200 § 22 [X.] ) eine Abweichung vom [X.]opfteilprinzip für diejenigen Fälle bejaht, in denen eine andere Aufteilung aufgrund eines Vertrages bei objektiver Betrachtung angezeigt ist, und nochmals betont ([X.] AS 161/11 R - [X.]-4200 § 22 [X.] ), dass vom [X.]opfteilprinzip abzuweichen ist, wenn der Nutzung einer Wohnung andere bindende vertragliche Regelungen zugrunde liegen.

b) In der [X.]onsequenz bedeutet dies, dass innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft die Aufteilung der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung grundsätzlich nach [X.]opfteilen zu erfolgen hat und es ohne Belang ist, wer den Mietzins schuldet und wer welchen Teil der Wohnung tatsächlich nutzt. Ihre Rechtfertigung findet die grundsätzliche Anwendung des [X.]opfteilprinzips in diesen Fällen in der Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen gerade innerhalb einer "aus einem Topf wirtschaftenden" Bedarfsgemeinschaft eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des [X.] nicht zulässt. Gleiches gilt im Grundsatz auch bei [X.] unter Verwandten.

Ausnahmen hiervon sind - auch innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft - bei einem über das normale Maß hinausgehenden Bedarf einer der in der Wohnung lebenden Person wegen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit denkbar (vgl BSG vom 23.11.2006 - B 11b [X.] - [X.], 265 = [X.]-4200 § 20 [X.], Rd[X.]8 f; BSG vom 27.1.2009 - [X.]/7b [X.] - [X.]-4200 § 21 [X.] Rd[X.]9) oder wenn der Unterkunftskostenanteil eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft wegen einer bestandskräftigen Sanktion weggefallen ist und die Anwendung des [X.]opfteilprinzips zu Mietschulden für die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft führen würde (BSG vom [X.] - B 4 [X.]/12 R, zitiert nach der Terminmitteilung und dem Terminbericht).

Demgegenüber ist in [X.]onstellationen, in denen mehrere Personen eine Wohnung nutzen, ohne eine Bedarfsgemeinschaft zu bilden, zB bei Wohngemeinschaften, für die Aufteilung der Unterkunftskosten - abweichend vom [X.]opfteilprinzip - derjenige Anteil entscheidend, der nach den internen Vereinbarungen auf den jeweiligen Mitbewohner entfällt. Maßgebend ist insoweit, ob eine wirksame vertragliche Vereinbarung besteht (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 10/2012, [X.] § 22 Rd[X.]9 und 52 mwN). Wenn eine solche Vereinbarung wirksam geschlossen worden ist, geht diese der auf den aufgezeigten praktischen Erwägungen beruhenden Aufteilung nach [X.]opfteilen vor. Bei Wohngemeinschaften dürfte im Übrigen die Nutzungsintensität die Grundlage der vertraglichen internen Abreden sein, in welchem Umfang die Mitglieder der [X.] zu den Gesamtkosten der Unterkunft und Heizung beizutragen haben.

c) Ausgehend von diesen Maßgaben kommt es - auch in diesem Zusammenhang - darauf an, ob zwischen dem [X.]läger und der [X.]indesmutter sowie dem gemeinsamen [X.]ind im streitigen [X.]raum eine Bedarfsgemeinschaft bestanden hat. Sollte das [X.] zu dem Ergebnis gelangen, dass dies der Fall war, verbleibt es nach den derzeitigen Feststellungen des [X.] bei der am [X.]opfteilprinzip orientierten Verteilung der [X.]osten der Unterkunft und Heizung, weil Umstände, die ein Abweichen vom [X.]opfteilprinzip auch innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft zuließen, nicht festgestellt wurden.

Wenn das [X.] zu der Überzeugung gelangt, dass eine solche Bedarfsgemeinschaft im streitigen [X.]raum nicht bestanden hat, wird es die Umstände der vertraglichen Abrede im Einzelnen zu ermitteln, zu würdigen und insbesondere von einem Scheingeschäft (§ 117 Abs 1, § 133 Bürgerliches Gesetzbuch) abzugrenzen haben. Bei der Gesamtwürdigung der Umstände ist für die Auslegung der Vereinbarungen insbesondere die spätere tatsächliche Übung der Parteien, mithin der tatsächliche Vollzug des [X.] zu berücksichtigen (vgl Urteil des Senats vom [X.] - [X.] AS 31/07 R - [X.]-4200 § 22 [X.]1 Rd[X.]7 ff; vgl auch BSG vom [X.] - B 4 AS 37/08 R - [X.]-4200 § 22 [X.]5 Rd[X.]7-28). Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung wird auch zu beachten sein, dass aus dem vom [X.] mitgeteilten [X.]punkt des Abschlusses der vertraglichen Abrede im Jahre 2004 folgt, dass dies kein Vertrag zu Lasten des beklagten Jobcenters war (vgl zu diesem Aspekt auch Urteil des Senats vom 29.11.2012 - [X.] [X.]/12 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]8-28). [X.]ommt das [X.] nach der Würdigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis, dass eine wirksame vertragliche Abrede getroffen worden ist, wird es die auf der Grundlage dieser Vereinbarung auf den [X.]läger entfallenden tatsächlichen Aufwendungen für die [X.]osten der Unterkunft und Heizung zugrunde zu legen haben. Des Weiteren wird zu prüfen sein, ob es dem [X.]läger im Hinblick auf die Veränderung der tatsächlichen Grundlage der vertraglichen Abrede durch die Geburt der gemeinsamen Tochter möglich gewesen wäre, eine Vertragsanpassung zu erreichen (vgl Urteil des Senats vom 29.11.2012 - [X.] AS 161/11 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]0-21 sowie BSG vom [X.] - B 4 AS 8/09 R - [X.], 179 = [X.]-4200 § 22 [X.]4, Rd[X.]3; BSG vom 24.11.2011 - [X.] AS 15/11 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]6; BSG vom 16.5.2012 - B 4 AS 132/11 R - [X.]-4200 § 22 [X.] Rd[X.]2).

Die Entscheidung über die [X.]osten des Verfahrens bleibt dem [X.] vorbehalten.

Meta

B 14 AS 85/12 R

22.08.2013

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Berlin, 11. Dezember 2009, Az: S 158 AS 21595/08, Urteil

§ 22 Abs 1 S 1 SGB 2, § 7 Abs 3 SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 22.08.2013, Az. B 14 AS 85/12 R (REWIS RS 2013, 3273)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3273

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