Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 14.06.2011, Az. 2 BvR 1150/11

2. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2011, 5773

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Mangels Rechtswegerschöpfung (§ 90 Abs 2 S 1 BVerfGG) unzulässige Verfassungsbeschwerde eines Strafgefangenen - Auferlegung einer Missbrauchsgebühr iHv 20 Euro


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Dem Beschwerdeführer wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 20 Euro (in Worten: zwanzig Euro) auferlegt.

Gründe

1

1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Es fehlt bereits an der Erschöpfung des Rechtswegs und an Gründen dafür, dass das [X.] vor Erschöpfung des Rechtswegs entscheiden könnte (§ 90 Abs. 2 Satz 2 [X.]).

2

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer die Anfertigung von Kopien zwecks Einlegung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung des [X.] begehrt, ändert nichts daran, dass Rechtsschutz gegen die Ablehnung einer begehrten Maßnahme zunächst vor den Fachgerichten zu suchen wäre.

3

Unabhängig davon ist auch nicht ansatzweise dargelegt, dass der Beschwerdeführer durch die Weigerung der Justizvollzugsanstalt, ihm von den nach seinen Angaben bei der [X.] verschmutzen Unterlagen "kostenneutrale" Kopien - also Kopien auf ihre Kosten - zu fertigen, an der rechtzeitigen Einlegung der beabsichtigten Verfassungsbeschwerde gehindert wäre.

4

Selbst wenn der Beschwerdeführer durch eine rechtswidrige Maßnahme oder Unterlassung der Justizvollzugsanstalt an der Einhaltung der Frist für eine Verfassungsbeschwerde (§ 93 Abs. 1 [X.]) gehindert würde, könnte er im Übrigen mit einem binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erlangen (§ 93 Abs. 2 [X.]).

5

2. Die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr beruht auf § 34 Abs. 2 [X.]. Danach kann das [X.] eine Gebühr bis zu 2.600 € auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde einen Missbrauch darstellt. Die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde stellt unter anderem dann einen Missbrauch dar, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Das [X.] muss nicht hinnehmen, dass es an der Erfüllung seiner Aufgaben durch für jedermann erkennbar aussichtslose Verfassungsbeschwerden behindert wird und dadurch anderen Bürgern den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann ([X.], 219 <219>; 14, 468 <470>; stRspr).

6

Eine missbräuchliche Inanspruchnahme des [X.]s und darüber hinaus eine missbräuchliche Inanspruchnahme des [X.], der mit einem Eilantrag nach § 32 [X.] beansprucht wird, liegt hier - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer sich in Haft befindet und dadurch in seinen Möglichkeiten, sich über die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde zu informieren, beschränkt ist - vor. Das Erfordernis der Rechtswegerschöpfung ist dem Beschwerdeführer bekannt. Ihm musste auch bewusst sein, dass der vorliegende Fall keinen Anlass für einen Rechtsstreit, geschweige denn für einen Rechtsstreit vor dem [X.], bot. Es ist schon nicht nachvollziehbar, weshalb kopierfähige und demnach noch lesbare Unterlagen nicht auch unkopiert verwendungsfähig sein sollten. Ausweislich der beigefügten Abschrift des Ablehnungsbescheides der Justizvollzugsanstalt ist dem Beschwerdeführer zudem bekannt, dass Unterlagen, auf deren Kenntnis es für die Beurteilung einer Verfassungsbeschwerde ankommt, der Verfassungsbeschwerde nicht nur in Kopie, sondern zulässigerweise auch in einer Abschrift beigefügt werden können. Darüber hinaus war bereits dieser Bescheid nicht dahingehend abgefasst, dass die Anfertigung der Kopien ein für allemal abgelehnt werde. Vielmehr wurde der Beschwerdeführer ausdrücklich angehalten, nachvollziehbare Gründe zu nennen, deretwegen er die Kopien benötige. Bereits dies hätte ihn zum Nachdenken auch über die Erforderlichkeit einer Verfassungsbeschwerde veranlassen sollen.

7

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1150/11

14.06.2011

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

GG, § 34 Abs 2 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, StVollzG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 14.06.2011, Az. 2 BvR 1150/11 (REWIS RS 2011, 5773)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5773

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Referenzen
Wird zitiert von

2 BvR 800/12, 2 BvR 1003/12

2 BvR 1243/12

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