Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2000, Az. AnwZ (B) 12/99

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2000, 3149

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[X.] ([X.]) 12/99vom14. Februar 2000in dem Verfahrenwegen Zulassung zur [X.]:ja[X.]GHZ:nein [X.]RAO §§ 6 Abs. 2, 7 Nr. 3 und 5, 41 Abs. 2; [X.] § 1a)Wurde dem Rechtsanwalt wegen schwerer Verstöße gegen die [X.] durch eine Tätigkeit als IM des [X.] der [X.] die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft entzogen oder eine Zulassung [X.] versagt, ist ein neuer Antrag in der Regel zulässig, wenn seitrechtskräftigem Abschluß des vorausgegangenen Verfahrens mindestens dreiJahre vergangen sind.b)[X.]eruhte die Wertung im Ausgangsverfahren, daß der [X.]ewerber unwürdig sei,den [X.]eruf des Rechtsanwalts auszuüben, auf dessen Tätigkeit als IM des [X.]der ehemaligen [X.], hat für die im Falle eines zulässigen Neuantrags zu tref-fende Abwägung die Sperrfrist des § 7 Nr. 3 [X.]RAO keine [X.]edeutung.- 2 -[X.]GH, [X.]eschluß vom 14. Februar 2000 - [X.] ([X.]) 12/99 - [X.] [X.] 3 -Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidentendes [X.]undesgerichtshofs [X.], [X.], [X.]. [X.] 14. Februar 2000beschlossen:Auf die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers wird der [X.]e-schluß des 1. Senats des [X.]s des [X.] vom 11. Dezember 1998 aufgehoben.Es wird festgestellt, daß der in dem Gutachten der [X.] vom 22. April 1998 angeführte [X.] § 7 Nr. 5 [X.]RAO nicht besteht.Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tra-gen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nichtstatt.Der Gegenstandswert des [X.]eschwerdeverfahrens wird [X.] [X.]:[X.] Antragsteller ist nach seinem juristischen Hochschulstudium, das ermit dem akademischen Grad eines [X.] abschloß, ab [X.] als Rechtsanwaltsassistent und ab Oktober 1982 als Rechtsanwalt in [X.] der Rechtsanwälte des [X.]ezirks H. aufgenommen worden. Von [X.] bis Juni 1989 war er als inoffizieller Mitarbeiter (IM) des [X.] der ehemaligen [X.] ([X.]) tätig.Mit [X.]escheid vom 21. September 1990 stellte der Minister der Justiz derehemaligen [X.] fest, daß die Zulassung des Antragstellers als Rechtsanwaltfortbestehe. Nach der [X.] wurde der Antragsteller beimAmtsgericht [X.], [X.] und [X.] zugelassen. Mit [X.]e-scheid vom 30. September 1994 hat der Justizminister des [X.] die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen seinerTätigkeit für das [X.] widerrufen und die sofortige Vollziehung der [X.]. Die Widerrufsverfügung wurde aufgrund des [X.]eschlusses desAnwaltssenats des [X.]undesgerichtshofs vom 11. Dezember 1995 ([X.] ([X.])37/95) bestandskräftig.Am 18. Dezember 1997 hat der Antragsteller bei der damals noch zu-ständigen Landesjustizverwaltung die Wiederzulassung zur [X.] beantragt. In dem daraufhin bei der zwischenzeitlichen [X.] 5 -eingeholten Gutachten gelangte diese zu dem Ergebnis, daß die [X.] § 7 Nr. 3 und 5 [X.]RAO zu versagen sei. Die Landesjustizverwaltung [X.] Gutachten dem Antragsteller zugestellt und das Zulassungsverfahren aus-gesetzt. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte keinen Erfolg; der [X.] stellte fest, daß der im Gutachten angeführte [X.] des § 7 Nr. 5 [X.]RAO vorliegt. Dagegen richtet sich die sofortige [X.]e-schwerde des Antragstellers.[X.] Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 [X.]RAO) und hatauch in der Sache Erfolg.1. Der Zulassungsantrag ist trotz der rechtskräftigen Entscheidung desbeschließenden Senats vom 11. Dezember 1995 ([X.] ([X.]) 37/95), mit der dieauf die Tätigkeit des Antragstellers als IM gestützte Widerrufsverfügung bestä-tigt hat, zulässig.a) Die Rechtskraft dieser Entscheidung versperrt allerdings den Weg füreine sachliche Prüfung des Zulassungsantrags, solange sich die Sachlage ge-genüber dem zur [X.]punkt der getroffenen Entscheidung gegebenen Sachver-halt nicht wesentlich geändert hat ([X.]uß vom 30. November 1987- [X.] ([X.]) 35/87 - [X.]GHZ 102, 252, 256). Das Verhalten des [X.]ewerbers, daszu seinem Ausschluß aus der Anwaltschaft geführt hat, kann jedoch nach eini-gen Jahren durch Wohlverhalten oder andere Umstände so an [X.]edeutung ver-lieren, daß es einer Zulassung nicht mehr im Wege steht. Trägt der [X.]ewerber- 6 -neue Tatsachen vor, die in dieser Hinsicht rechtlich erheblich sein können, [X.] der Rechtskraft der zu seinen Ungunsten ergangenen gerichtlichen Ent-scheidung nunmehr über das Zulassungsgesuch neu in der Sache zu befinden.Dabei macht es keinen Unterschied, ob das durch gerichtliche Entscheidungabgeschlossene vorausgegangene Verfahren den Widerruf der Zulassung oderdie Ablehnung eines [X.] zum Gegenstand hatte.b) [X.]etrifft das Verhalten, das zunächst den Vorwurf gerechtfertigt hat,der [X.]ewerber sei unwürdig, den [X.]eruf des Rechtsanwalts auszuüben, dessenTätigkeit für das [X.]-Regime, so kann es, wie der Senat bereits mehrfachentschieden hat, schon mit dem zunehmenden zeitlichen Abstand zum Zu-sammenbruch der [X.] so sehr an Gewicht verlieren, daß nach einer gewissen[X.] allein auf das frühere Verhalten die Versagung der Ausübung des [X.] im Hinblick auf Art. 12 GG nicht mehr gestützt werden kann([X.]. v. 16. Februar 1998 - [X.] ([X.]) 76/97; v. 5. Oktober 1998- [X.] ([X.]) 19/98 - [X.]RAK-Mitt. 1999, 144, 146). In diesen Fällen ist in der [X.] ein zeitlicher Abstand von mindestens drei Jahren zur [X.]eendigung des vor-ausgegangenen Verfahrens als wesentliche neue Tatsache anzusehen, sofernsich aus der Vorentscheidung nicht unmittelbar ergibt, daß der [X.]etroffene einelängere Wartezeit einhalten muß, bevor er, lediglich gestützt auf den [X.] und die Fortsetzung seines Wohlverhaltens, eine neue Sachprüfungverlangen kann.2. Wie der [X.] zutreffend erkannt hat, ist der [X.] nicht schon deshalb als unwürdig im Sinne von § 7 Nr. 5 [X.]RAO anzusehen,weil noch nicht acht Jahre seit der [X.]estandskraft der Widerrufsverfügung [X.] 7 -Eine unmittelbare Anwendung der [X.]estimmung des § 7 Nr. 3 [X.]RAOscheidet schon deshalb aus, weil der Antragsteller nicht durch ein [X.] Urteil nach § 114 Abs. 1 Nr. 5 [X.]RAO aus der [X.] worden ist. Allerdings beruht die in § 7 Nr. 3 [X.]RAO angeord-nete Sperrfrist auf einer Wertung, die auch für die nach § 7 Nr. 5 [X.]RAO zu-treffende Abwägung von [X.]edeutung ist. Dies setzt jedoch voraus, daß dasmaßgebliche Verhalten des Antragstellers mit Tatbeständen vergleichbar ist,die den Ausschluß aus der Rechtsanwaltschaft rechtfertigen (vgl. [X.]. v. 30. November 1992 - [X.] ([X.]) 34/92 - [X.]RAK-Mitt. 1993, 42, 43).Gründet sich der den [X.]ewerber treffende Vorwurf auf Verstöße gegen Grund-sätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit während seiner Tätigkeit [X.] in der ehemaligen [X.], ist kein Raum für eine [X.] oder Straftaten, die nach § 114 [X.]RAO zum [X.] aus der Rechtsanwaltschaft [X.] Nach § 7 Nr. 5 [X.]RAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zuversagen, wenn sich der [X.]ewerber eines Verhaltens schuldig gemacht hat, [X.] unwürdig erscheinen läßt, den [X.]eruf eines Rechtsanwalts auszuüben. [X.] hat der Senat in ständiger Rechtsprechung dahin [X.], daß der [X.]ewerber im [X.]punkt der gerichtlichen Entscheidung überdie Zulassung bei Abwägung seines schuldhaften Verhaltens und aller erhebli-chen Umstände - wie [X.]ablauf und zwischenzeitliche Führung - nach [X.] für den Anwaltsberuf (noch) nicht tragbar ist ([X.]. v. 21. November 1994 - [X.] ([X.]) 54/94 - [X.]RAK-Mitt. 1995, 71; [X.] November 1996 - [X.] ([X.]) 19/96 - [X.]RAK-Mitt. 1997, 122; v. 5. [X.] - [X.] ([X.]) 19/98 - [X.]RAK-Mitt. 1999, 144). Der Antragsteller hat dadurch- 8 -in schwerwiegender Weise gegen Grundsätze der Menschlichkeit und Rechts-staatlichkeit verstoßen, daß er in der [X.] von März 1984 bis Juni 1989 an das[X.] in beträchtlichem Umfang [X.]erichte über [X.], überKollegen im [X.]ezirk H. sowie in sonstigen ihm bekannt gewordenen Fällen [X.] und jedenfalls teilweise die [X.]etroffenen dadurch der Gefahr schwer-wiegender persönlicher Nachteile ausgesetzt hat. Auf die dazu im Senatsbe-schluß vom 11. Dezember 1995 ([X.] ([X.]) 37/95) getroffenen Feststellungennimmt der Senat [X.]ezug. Die gegen den Antragsteller aus den dort im einzelnenangeführten Gründen zu Recht erhobenen Vorwürfe erfordern es jedoch nicht,ihn gegenwärtig noch von der Anwaltschaft fernzuhalten.a) Inzwischen sind seit den letzten ihm zur Last fallenden Handlungenmehr als zehn Jahre vergangen. In Anbetracht dieser [X.]spanne kommt nun-mehr der Tatsache entscheidende [X.]edeutung zu, daß sich nicht hat klären las-sen, ob die [X.]erichte des Antragstellers an das [X.] den darin genannten Per-sonen tatsächlich wesentliche persönliche Nachteile zugefügt haben. Auch [X.], daß die Tätigkeit des Antragstellers der Stützung einer Staatsmachtgalt, die inzwischen untergegangen und deren System durch eine rechtsstaatli-che Ordnung ersetzt worden ist, fällt nunmehr bei der Abwägung zugunstendes [X.]ewerbers ins Gewicht. Der Senat hat deshalb in letzter [X.] schon [X.] darauf hingewiesen, daß eine Tätigkeit als IM des [X.], welche nicht nachweisbar einzelne davon betroffene Personen schwergeschädigt hat, nach Ablauf von zehn Jahren in der Regel für die Wertung, derehemalige IM sei unwürdig, den [X.]eruf des Rechtsanwalts auszuüben, keinetragfähige Grundlage mehr liefert ([X.]. v. 16. Februar 1998- [X.] ([X.]) 76/97; v. 5. Oktober 1998 - [X.] ([X.]) 19/98 - [X.]RAK-Mitt. 1999, 144,146).- 9 -b) Das Verhalten des Antragstellers seit [X.]eendigung seiner Tätigkeit fürdas [X.] liefert keine Gründe, die dazu führen können, bei einer Gesamtabwä-gung ihn auch jetzt noch als unwürdig anzusehen, den Anwaltsberuf auszu-üben. [X.]erufliche Pflichtverletzungen während seiner Tätigkeit als Anwalt biszum Erlaß des [X.] sowie anschließend als Unternehmensbe-rater sind nicht bekannt geworden. Entgegen der Meinung des [X.] kann aus der Art und Weise, wie der Antragsteller seine [X.]erufsaus-übung in einem totalitären Staat erläutert hat, nicht hergeleitet werden, daß erzu seiner damaligen Tätigkeit noch nicht die nötige innere Distanz [X.] oder kein menschliches Verständnis für die Opfer von Repressionsmaß-nahmen des ehemaligen [X.]-Staatsapparates aufzubringen vermag. [X.] Umstand, daß der Antragsteller nicht von sich aus seine Tätigkeit für das[X.] aufgedeckt hat, kommt heute keine wesentliche [X.]edeutung mehr zu. [X.] und Schuldgehalt der Tätigkeit als IM ist durch den inzwischen [X.] fünf Jahre andauernden Ausschluß aus der Rechtsanwaltschaft angemes-sen Rechnung getragen worden. Weder die Wahrung des Ansehens der An-waltschaft noch der Schutz der Rechtsuchenden machen es notwendig, [X.] weiterhin die Zulassung als Rechtsanwalt wegen Unwürdigkeit zuverweigern.4. Da der Versagungsgrund des § 7 Nr. 5 [X.]RAO erst im Laufe des [X.]e-schwerdeverfahrens entfallen ist, entspricht es nicht der [X.]illigkeit, eine [X.] 10 -tung außergerichtlicher Auslagen anzuordnen (vgl. § 40 Abs. 4 [X.]RAO i.V.m.§ 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG).[X.]FischerGanterOttenSaldittChristianWüllrich

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AnwZ (B) 12/99

14.02.2000

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2000, Az. AnwZ (B) 12/99 (REWIS RS 2000, 3149)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3149

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