Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.10.2016, Az. 28 W (pat) 506/16

28. Senat | REWIS RS 2016, 3885

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Erinnerung gegen den Beschluss des Rechtspflegers – nicht (vollständig) und fristgerecht gezahlte Beschwerdegebühr – Rechtsmittelbelehrung weist auf Höhe, Zahlungsfrist sowie Folgen der Fristversäumung hin - kein Unverschulden - Beschwerde gilt als nicht eingelegt – keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2013 006 270

(hier: Erinnerung gegen den Beschluss des [X.])

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] im schriftlichen Verfahren in der Sitzung vom 17. Oktober 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, der Richterin [X.] und des [X.] Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Erinnerung der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des [X.] des 28. Senats des [X.] vom 7. September 2016 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 29. Juli 2015 hat die Markenstelle für Klasse 7 des [X.] die am 12. Februar 2014 eingetragene Wortmarke 30 2013 006 270 „Wanderer GF“ der Beschwerdeführerin aufgrund des Widerspruchs der Beschwerdegegnerin vom 13. Juni 2014 aus ihrer Unionsmarke 009 797 499 „Wanderer“ teilweise gelöscht. Der Beschluss war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, die wie folgt lautet:

2

„Rechtsbehelfsbelehrung

3

Erinnerung eingelegt werden. Die Erinnerung steht den am Verfahren vor dem [X.] Beteiligten zu. Sie hat aufschiebende Wirkung.

4

Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerde steht den am Verfahren vor dem Patent- und Markenamt Beteiligten zu. Sie hat aufschiebende Wirkung.

5

sind innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich beim [X.] einzulegen. Die Anschriften lauten:

6

[X.] Patent- und Markenamt, 80297 München

7

[X.] Patent- und Markenamt, Dienststelle [X.], 07738 [X.]

8

[X.] Patent- und Markenamt, [X.], 10958 Berlin

9

Beschwerde kann stattdessen auch in elektronischer Form eingereicht werden (§ 95a Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 [X.] i. V. m. § 130a Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO), § 12 der Verordnung über das [X.] ([X.]), §§ 1 ff. der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim [X.] (ERV[X.])). Die näheren (technischen) Voraussetzungen sind in der ERV[X.] aufgeführt.

Gebühr für das Erinnerungsverfahren (Gebührenverzeichnis zum Patentkostengesetz (PatKostG) Nr. 333 000 = [X.] 150,00) auf das Konto der [X.]/[X.] für das [X.] zu entrichten. Wird die Gebühr für das Erinnerungsverfahren nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt, so gilt die Erinnerung als nicht eingelegt (§ 6 Abs. 2 PatKostG).

Beschwerdegebühr (Gebührenverzeichnis zum [X.] 300 = [X.] 200,00) auf das Konto der [X.]/[X.] für das [X.] zu entrichten. Die Beschwerdegebühr ist für jeden Beschwerdeführer gesondert zu zahlen. Wird die Beschwerdegebühr nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt, so gilt die

Beschwerde als nicht eingelegt (§ 6 Abs. 2 PatKostG).

Für den Fall, dass in einem mehrseitigen Verfahren von einem Verfahrensbeteiligten Erinnerung und von einem anderen Verfahrensbeteiligten Beschwerde eingelegt wird, enthält § 64 Abs. 6 [X.] eine Sonderregelung.

Hinweise:

Bei der Zustellung durch die Post mittels Einschreiben durch Übergabe gilt dieses am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass das zuzustellende Dokument nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 94 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungszustellungsgesetz ([X.])). Bei der Zustellung mittels Einschreiben mit Rückschein gilt diese an dem Tag als bewirkt, den der Rückschein angibt (§ 94 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungszustellungsgesetz ([X.])).

Bei der Zustellung durch die Post mit [X.] ist der Tag der Zustellung auf der übergebenen Abschrift der [X.] oder auf der übergebenen Sendung vermerkt.

Bei Zustellung ins Ausland mittels eingeschriebenen Briefs durch Aufgabe zur Post gilt dieser zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] i. V. m. § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Der Erinnerung/der Beschwerde und allen Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.“

Der Beschluss ist der Beschwerdeführerin am 30. Juli 2015 auf dem Postweg mittels Einschreiben durch Übergabe übersandt worden. Als Zustelldatum ist auf dem Zustellnachweis der 2. August 2015 vermerkt. Dieser Tag war ein Sonntag.

Ebenfalls mit Beschlüssen vom 29. Juli 2015 hat die Markenstelle für Klasse 7 die Wortmarken der Beschwerdeführerin 30 2013 006 273 „Wanderer [X.]“ und 30 2013 006 272 „Wanderer MMS“ aufgrund des Widerspruchs der Beschwerdegegnerin aus ihrer Unionsmarke 009 797 499 „Wanderer“ teilweise gelöscht.

Die Beschwerdeführerin hat gegen die Beschlüsse vom 29. Juli 2015 mit am 19. September 2015 eingegangenem Schreiben vom 18. September 2015 „Einspruch und Beschwerde“ eingelegt. Die Parallelverfahren werden unter den Aktenzeichen 28 W (pat) 503/16 und 28 W (pat) 507/16 geführt. Sie hat unter Angabe des Verwendungszweckes „Wortmarke 302013006272+270+273 BESCHLUSS VOM 29.07.2015“ am 26. Oktober 2015 einen Betrag von 150,- € entrichtet, der am 4. Februar 2016 als Zahlung für das Verfahren 28 W (pat) 503/16 umgebucht wurde.

Der Rechtspfleger hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 3. Juni 2016 darauf hingewiesen, dass die [X.] nicht eingegangen sei und der Senat davon ausgehe, dass der angegriffene Beschluss der Beschwerdeführerin am 3. August 2015 zugegangen ist. Gleichzeitig hat er darauf hingewiesen, dass die Beschwerde gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht vorgenommen gelte, da die [X.] innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht gezahlt worden sei, wobei er der Beschwerdeführerin Frist zur Stellungnahme binnen eines Monats eingeräumt hat.

Die Beschwerdeführerin hat daraufhin in dem am 15. Juni 2016 eingegangenen ausgeführt, die [X.] eingezahlt zu haben, mit am 19. Juli 2016 eingegangenem Schreiben hat sie vorgetragen, bei einem Telefonat mit dem [X.] sei ihr mitgeteilt worden, sie solle Beschwerde einreichen und einen Betrag von 150,- € einzahlen, der am 22. Oktober 2015 von ihrem Konto abgebucht worden sei.

Mit Beschluss vom 7. September 2016, der der Beschwerdeführerin am 16. September 2016 zugestellt worden ist, hat der Rechtspfleger festgestellt, dass die Beschwerde der Markeninhaberin vom 18. September 2015 gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 7 des [X.] vom 29. Juli 2015 als nicht eingelegt gilt.

Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die [X.] von 200,- € nicht eingezahlt worden sei.

Hiergegen hat die Beschwerdeführerin mit am 27. September 2016 eingegangenem Schreiben ohne Datum Erinnerung eingelegt. Sie trägt vor, es sei für sie nicht erkennbar gewesen, dass für jeden Fall der Beschwerde jeweils ein Betrag von 200,- € habe eingezahlt werden müssen, wie sich aus dem vorausgegangenen Schriftverkehr mit dem [X.] ergebe. Die Namensrechte für „Wanderer MMS“ seien schon früher in ihrem Besitz gewesen und nur infolge eines Missverständnisses nicht verlängert worden. Speziell der Name „Wanderer MMS“ werde dringend von der Beschwerdeführerin benötigt. Sie hat Kopien ihres [X.] mit dem [X.] vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass ihr der angegriffene Beschluss vom 29. Juli 2015 spätestens am 4. August 2015 zugegangen war.

Die Beschwerdeführerin stellt sinngemäß den Antrag,

den Beschluss des [X.] des 28. Senats vom 7. September 2016 aufzuheben.

Die Beschwerdegegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Erinnerung ist gemäß §§ 23 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 11 Abs. 2 S. 6 RPflG zulässig, aber unbegründet. Der Senat wertet das Schreiben vom 18. September 2015 als Beschwerde, da das [X.] das Rechtsmittel des Einspruchs nicht vorsieht und die Beschwerdeführerin auf einen entsprechenden Hinweis des [X.] zum Ausdruck gebracht hat, dass sie ihr Rechtsmittel vor dem [X.] verfolgen will. Die Beschwerde gilt gemäß § 6 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PatKostG als nicht eingelegt, da die [X.] nicht gezahlt worden ist.

Die Beschwerdeführerin hat die spätestens am 4. September 2015 abgelaufene Frist zur Zahlung der [X.] versäumt.

Nach § 82 Abs. 1 S. 3 [X.] i. V. m. § 6 Abs. 1 S. 1 PatKostG ist für die Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist des § 66 Abs. 2 [X.] die [X.] zu zahlen, also innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses. Der angegriffene Beschluss des [X.] ist an die Beschwerdeführerin am 30. Juli 2015 mit Einschreiben durch Übergabe abgesandt worden. Ein postalischer Zustellungsnachweis liegt nicht vor, das auf dem Aktenvermerk vom 12. Februar 2016 angegebene Zustellungsdatum ist unzutreffend, da der 2. August 2015 ein Sonntag war, an dem Zustellungen nicht vorgenommen werden. Es steht aber nach den nunmehr von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen fest, dass der angegriffene Beschluss ihr spätestens am 4. August 2015 vorlag, sodass die Beschwerdefrist in jedem Fall an diesem Tag zu laufen begann und am 4. September 2015 endete. Innerhalb dieser Frist hat die Beschwerdeführerin die [X.] von 200,- € nicht gezahlt und dies auch bis heute nicht nachgeholt. Der am 26. Oktober 2015 eingezahlte Betrag von 150,- € war selbst im Fall einer Zuordnung zum hiesigen Beschwerdeverfahren unzureichend und zudem verspätet, da er fast zwei Monate nach Ablauf der Beschwerdefrist gutgeschrieben wurde (§ 2 Nr. 2 PatKostZV). Das hat zur Folge, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt (§ 82 Abs. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. § 6 Abs. 2 PatKostG).

Auch die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 91 [X.] liegen nicht vor, weil die Beschwerdeführerin die versäumte Handlung nicht nachgeholt hat, § 91 Abs. 4 [X.], und sie zudem nach ihrem eigenen Vortrag an der Einhaltung der Zahlungsfrist nicht ohne ihr Verschulden gehindert war. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf ihre Unkenntnis der Zahlungsverpflichtung beruft, hat sie diese zu vertreten. Denn die in dem angegriffenen Beschluss enthaltene Rechtsmittelbelehrung weist deutlich auf Höhe und Zahlungsfrist der [X.] sowie die Folgen der Fristversäumung hin. Bei pflichtgemäßer Kenntnisnahme konnte die Beschwerdeführerin ohne Schwierigkeiten erkennen, wann und in welcher Höhe [X.]en zu zahlen waren. Angesichts des klaren Wortlauts der Rechtsmittelbelehrung kann sie sich für ihre behauptete unverschuldete Unkenntnis nicht auf später erteilte, als unverbindlich gekennzeichnete Auskünfte der Service-Stelle des [X.] berufen.

Daher war die Erinnerung zurückzuweisen.

Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 11 Abs. 4 RPflG).

Meta

28 W (pat) 506/16

17.10.2016

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.10.2016, Az. 28 W (pat) 506/16 (REWIS RS 2016, 3885)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3885

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