Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.01.2024, Az. 8 AS 19/23

8. Senat | REWIS RS 2024, 221

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Gegenstand

Befangenheitsantrag - Beschlussunfähigkeit des Landesarbeitsgerichts - Zuständigkeit des zunächst höheren Gerichts


Tenor

Die Ablehnungsgesuche des Klägers vom 21. November 2023 werden als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Vorsitzenden der Kammern 5, 3, 25, 19 und 11 des [X.] richten.

Gründe

1

I. Die [X.]en streiten im Ausgangsverfahren darüber, ob die Beklagte dem Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen hat wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts.

2

Das Arbeitsgericht hat die auf Zahlung einer Entschädigung iHv. (mindestens) 7.500,00 Euro gerichtete Klage durch Versäumnisurteil vom 8. November 2022 abgewiesen und den dagegen gerichteten Einspruch des [X.] durch Zweites Versäumnisurteil vom 1. Februar 2023 verworfen. Das [X.] hat die Berufung des [X.], die dieser damit begründet hat, ein Fall der Säumnis habe im Termin der mündlichen Verhandlung, auf die das Zweite Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts ergangen ist, nicht vorgelegen, durch Urteil vom 14. November 2023 (- 7 [X.]/23 -) zurückgewiesen.

3

Mit Schriftsatz vom 21. November 2023 hat der Kläger [X.] gegen die Vorsitzende der [X.] des [X.]s Berlin-Brandenburg, [X.], die ehrenamtliche [X.]in [X.] und den ehrenamtlichen [X.] [X.] sowie „sämtliche Vertreter ausweislich Ziffer 1.2.1 des [X.]“ gestellt.

4

Zur Begründung seiner [X.] gegen die Vorsitzende der [X.], die ehrenamtliche [X.]in [X.] und den ehrenamtlichen [X.] [X.] hat der Kläger insbesondere geltend gemacht, bereits vor der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] vom 14. November 2023 seien Absprachen mit anderen [X.]n am [X.] Berlin-Brandenburg erfolgt. Zudem seien dem [X.] Willkür und eine einseitige Prozessführung zugunsten der gegnerischen [X.] anzulasten. Zur mündlichen Verhandlung habe die [X.] - nach ihrer Erläuterung zur Vorbeugung einer Eskalation - zwei schwerbewaffnete Justizvollzugsbeamte hinzugezogen, ohne die [X.]en hierüber vor der Verhandlung zu unterrichten und ohne dass für die Maßnahme eine Veranlassung bestanden habe. Nachdem der Kläger innerhalb einer gewissen Zeit nicht zu der Verhandlung vor dem [X.] erschienen gewesen sei, habe die Vorsitzende der [X.] erklärt, dass für den weiteren Verlauf der Verhandlung auf die Anwesenheit der [X.] verzichtet werden könne. Außerdem habe die Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, das Zweite Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts habe nicht ergehen dürfen. Es sei nicht feststellbar, „wann die Ladung zugegangen sei“. Ungeachtet dessen habe die [X.] nach Schluss der mündlichen Verhandlung die Berufung des [X.] zurückgewiesen und damit zu seinem Nachteil eine Überraschungsentscheidung getroffen. Von diesen Ablehnungsgründen habe er - der Kläger - erst mit Erhalt des ihm am 21. November 2023 zugestellten Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 14. November 2023 Kenntnis erlangt.

5

Es bestehe gegen sämtliche [X.]innen und [X.] am [X.] die Besorgnis der Befangenheit. Die Kammern verstießen vorsätzlich gegen geltendes Recht. Es sei unter den [X.]innen und [X.]n abgesprochen, die Rechtsmittel des [X.] „abzuweisen“. Auf dieser Grundlage habe er bereits in einem anderen vor dem [X.] Berlin-Brandenburg geführten Verfahren (- 4 [X.]/22 -) gegen sämtliche [X.]innen und [X.] am [X.] einen Befangenheitsantrag gestellt.

6

In ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 28. November 2023 hat sich die Vorsitzende der [X.] zu den gegen sie vorgebrachten Ablehnungsgründen geäußert. Im unmittelbaren [X.] hat sie die Vorlage der dienstlichen Stellungnahme mit Akte und Ablehnungsgesuch an das [X.] verfügt, ohne dass zuvor dienstliche Stellungnahmen weiterer abgelehnter [X.]innen und [X.] eingeholt worden sind.

7

II. Die [X.] gegen die Vorsitzenden der Kammern 5, 3, 25, 19 und 11 sind offensichtlich unzulässig. Hinsichtlich der [X.] gegen die ehrenamtliche [X.]in [X.] und den ehrenamtlichen [X.] [X.] sowie hinsichtlich der Vorsitzenden der [X.] und der weiteren Vorsitzenden [X.]innen und [X.] des [X.]s sieht der Senat von einer Entscheidung ab. Es liegt im Ermessen des übergeordneten Gerichts, über welche der [X.] es - unter dem Gesichtspunkt der Sachangemessenheit - entscheidet ([X.] 8. Dezember 2021 - XII ARZ 39/21 - Rn. 11; 25. August 2020 - VIII ARZ 2/20 - Rn. 22, [X.]Z 226, 350). Eine Entscheidung über sämtliche [X.] ist nicht erforderlich, um die Entscheidungsfähigkeit des [X.]s wiederherzustellen. Der Vorsitzende der [X.] ist aufgrund der vorliegenden Entscheidung als nach Nr. 1.2.2 iVm. Nr. 1.2.1 des [X.] des [X.]s Berlin-Brandenburg zuständiger Vorsitzender in der Lage, über die [X.] gegen die in der Sache zuständige Vorsitzende der [X.] zu entscheiden. Im Fall seiner Verhinderung treten an seine Stelle die weiteren nach Nr. 1.2.2 iVm. Nr. 1.2.1 des [X.] berufenen Vorsitzenden der Kammern 3, 25, 19 und 11.

8

1. Das [X.] ist als das gegenüber dem [X.] Berlin-Brandenburg im Rechtszug zunächst höhere Gericht nach § 46 Abs. 2 ArbGG iVm. § 45 Abs. 3 ZPO für die Entscheidung über die [X.] zuständig ([X.] 7. Februar 1968 - 5 [X.]/68 -). Das [X.] hat die [X.] vorgelegt, weil dort davon ausgegangen worden ist, dass es beschlussunfähig iSv. § 45 Abs. 3 ZPO geworden ist. Um Verzögerungen der sachlichen Erledigung des Rechtsstreits zu vermeiden, ist die Zuständigkeit des nach § 45 Abs. 3 ZPO im Rechtszug zunächst höheren Gerichts auch dann eröffnet, wenn die abgelehnten [X.] zulässigerweise selbst über das Ablehnungsgesuch hätten entscheiden können ([X.] 8. Dezember 2021 - [X.] 39/21 - Rn. 9; 25. August 2020 - [X.] 2/20 - Rn. 16, [X.]Z 226, 350).

9

2. Die [X.] gegen die Vorsitzenden der Kammern 5, 3, 25, 19 und 11 sind offensichtlich unzulässig.

a) Enthält ein Ablehnungsgesuch lediglich Ausführungen, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist es offensichtlich unzulässig. In derartigen Fällen bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten [X.]innen und [X.]; diese sind auch von einer Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen ([X.] 2. November 2023 - 2 BvR 1565/22 - Rn. 4). Ein Ablehnungsgesuch, das sich pauschal gegen einen gesamten Spruchkörper oder sogar gegen sämtliche [X.] eines Gerichts richtet, ist in der Regel eindeutig unzulässig ([X.] 25. August 2020 - [X.] 2/20 - Rn. 19, [X.]Z 226, 350; 8. Juli 2019 - [X.] - Rn. 5).

b) Die [X.] gegen die Vorsitzenden der Kammern 5, 3, 25, 19 und 11 begründet der Kläger pauschal damit, sämtliche [X.] des [X.]s seien befangen. Diese Begründung ist gänzlich ungeeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Eine Ausnahme von der Regel, dass die pauschale Ablehnung sämtlicher [X.]innen und [X.] eines Gerichts regelmäßig offensichtlich unzulässig ist, ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass der Kläger die pauschale Ablehnung aller Vorsitzenden des Gerichts damit begründet, diese hätten sich abgesprochen. Der Kläger begründet seine Behauptung, sämtliche [X.]innen und [X.] hätten sich zu seinen Lasten abgesprochen, in keiner Weise nachvollziehbar. Entsprechendes gilt, soweit er seine Behauptung, die [X.] verstießen vorsätzlich gegen geltendes Recht, auf die Vorsitzenden der Kammern 5, 3, 25, 19 und 11 bezieht.

III. Das [X.] wird nunmehr durch den Vorsitzenden der [X.] als Befangenheitsvertreter der Vorsitzenden der [X.] mit den dafür vorgesehenen ehrenamtlichen [X.]innen und [X.]n über die Befangenheitsanträge vom 21. November 2023 zu entscheiden haben, soweit sie sich gegen die Vorsitzende der [X.] und die ehrenamtliche [X.]in sowie den ehrenamtlichen [X.] richten, die am Urteil vom 14. November 2023 mitgewirkt haben.

IV. Sollten im [X.] an den vorliegenden Beschluss des Senats gemäß § 45 Abs. 3 ZPO noch weitere inhaltsgleiche [X.] des [X.] in [X.] nach § 15 Abs. 2 AGG - erstmals oder zum wiederholten Male - angebracht werden, wird das [X.] eine eigene Verwerfung dieser [X.] als unzulässig in Betracht zu ziehen haben (vgl. [X.] 25. August 2020 - VIII ARZ 2/20 - Rn. 30 mwN, [X.]Z 226, 350).

        

    Spinner    

        

    Pulz    

        

    Berger    

        

        

        

        

        

        

                 

Meta

8 AS 19/23

25.01.2024

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend ArbG Potsdam, 8. November 2022, Az: 4 Ca 1162/22, Versäumnisurteil

§ 46 Abs 2 ArbGG, § 42 Abs 2 ZPO, § 42 Abs 2 ZPO, § 46 Abs 2 ArbGG, § 45 Abs 3 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.01.2024, Az. 8 AS 19/23 (REWIS RS 2024, 221)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 221

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

XI ZB 13/19

VIII ARZ 2/20

XII ARZ 39/21

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