Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2010, Az. 5 StR 194/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2010, 5130

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5 [X.] [X.] vom 6. Juli 2010 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u. a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 6. Juli 2010 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 9. Dezember 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.].
G r ü n d e
1 Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in [X.] mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge Erfolg. 1. Die durch das [X.] vorgenommene Beweiswürdigung hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Sie wird den besonderen Anforderungen nicht gerecht, die in der gegebenen Konstellation —Aussage gegen [X.] zu stellen sind (vgl. [X.]St 44, 153, 158 f.; 256, 257) und die es gebieten, dass der Tatrichter alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen [X.], in seine Überlegung einzubeziehen und eine umfassende Gesamtwür-digung aller Indizien vorzunehmen hat (vgl. [X.], 176, 177 m.w.N.; [X.], Beschlüsse vom 16. Juli 2009 [X.] 5 StR 84/09 [X.] und vom 27. April 2010 [X.] 5 [X.]). Namentlich gilt Folgendes: 2 - 3 - a) Nach den die Feststellungen tragenden Bekundungen der Neben-klägerin wurde das ohnehin eher ungewöhnliche Vergewaltigungsgeschehen noch weiter dadurch verkompliziert, dass der Mischlingshund der Ehefrau des Angeklagten, die zugleich Lebensgefährtin der Nebenklägerin war, nach dem Angeklagten schnappte, von diesem jedoch —[X.] wurde. Dies geschah, während der zur Tatzeit knapp 56 Jahre alte, wegen [X.] und erheblich alkoholisierte Angeklagte (Blutalkohol-konzentration: maximal 1,77 ›) den vaginalen und analen Geschlechtsver-kehr an der Nebenklägerin vollzog, wobei er diese zugleich auf die Tischplat-te niederdrückte und sich ihrer Tritte zu erwehren hatte ([X.]). Unter [X.] Vorzeichen hätte sich das Urteil nicht auf eine eher bruchstückhafte Darstellung beschränken dürfen. Vielmehr waren eine Mitteilung der näheren Einzelheiten (u. a. Größe und Alter des Hundes; Art, Dauer und Begleitum-stände der —Bissattackenfi) und deren Würdigung im Zusammenhang mit dem Tatgeschehen unerlässlich. 3 4 Der Senat weist in diesem Zusammenhang noch darauf hin, dass die Nebenklägerin [X.] was ihm aus einer zulässigen Verfahrensrüge bekannt ist [X.]das markante Detail der —[X.] erst in der Hauptverhandlung, nicht aber in den vorausgegangenen beiden polizeilichen Vernehmungen mitgeteilt hat. Im Rahmen der durch die Strafkammer vorgenommenen Konstanzana-lyse hätte sich das Urteil mit diesem das Kerngeschehen betreffenden Um-stand auseinandersetzen müssen. b) Als ein wesentliches Indiz für die Glaubwürdigkeit der Nebenkläge-rin werten es die Urteilsgründe, dass sich die Stimmung der Nebenklägerin am Tatmorgen wesentlich geändert hatte (bedrückt, schweigsam, appetitlos). —Ein einverständlicher Geschlechtsverkehrfi lasse —sich mit einem derartigen Verhalten nicht erklärenfi ([X.]). Hiergegen bestehen durchgreifende Bedenken. Denn Grund für das veränderte Verhalten konnten die Reue über einen [X.] möglicherweise aufgrund einer Alkohollaune [X.] mit dem Ehemann ihrer Lebensgefährtin durchgeführten Geschlechtsverkehr und die [X.] - 4 - wissheit darüber sein, ob der Angeklagte das Vorgefallene seiner Ehefrau offenbaren werde. c) Entsprechendes gilt für den von der Strafkammer als Indiz für die Richtigkeit des Vorwurfs herangezogenen Umstand, dass die Nebenklägerin nach den Vorfällen vermehrt dem Alkohol zugesprochen hat. Denn dieses Verhalten kann seine Erklärung in den nunmehr häufigen Streitigkeiten mit ihrer Lebensgefährtin finden, die letztlich zur Trennung führten. 6 d) Schließlich weist die Revision mit Recht darauf hin, dass die gebo-tene Gesamtwürdigung der den Fall prägenden zahlreichen Auffälligkeiten im angefochtenen Urteil zu kurz kommt. 7 8 2. Auf die durch den Beschwerdeführer erhobenen Verfahrensrügen kommt es damit nicht mehr an. Insbesondere kann dahingestellt bleiben, ob die Rüge nach § 338 Nr. 3 StPO wegen Befangenheit des Vorsitzenden auf-grund einer nach dessen Auffassung —launigenfi Äußerung zur Wahrschein-lichkeit einer Beweistatsache, die durch den Inhalt der dienstlichen Stellung-nahme in ihrer nachvollziehbar negativ empfundenen Wirkung auf den Ange-klagten eher noch verstärkt als entkräftet worden ist, im Ergebnis durchge-drungen wäre. 3. Für das weitere Verfahren bemerkt der Senat: 9 Auch im Rahmen der Strafzumessung angestellte Erwägungen des angefochtenen Urteils erscheinen bedenklich. So ist —ein gewisses Maß an krimineller Energiefi bzw. —eine nicht völlig unbedeutende kriminelle Energiefi ([X.]) notwendig mit dem Verbrechen der Vergewaltigung verbunden und kann deswegen nicht zur Strafschärfung führen. Dass die Tat im Hinblick auf die Anwesenheit des Zeugen S. mit einem hohen Entdeckungsrisi-ko verbunden war, spricht zudem mehr für ein Handeln des unbestraften [X.] - 5 - geklagten in alkoholbedingter Enthemmung als für ein erhöhtes Maß an kri-mineller Energie unter dem Aspekt besonderer Bedenkenlosigkeit. [X.] Raum [X.] [X.]

Meta

5 StR 194/10

06.07.2010

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2010, Az. 5 StR 194/10 (REWIS RS 2010, 5130)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5130

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5 StR 194/10

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