Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2009, Az. 5 StR 238/09

5. Strafsenat | REWIS RS 2009, 2368

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5 [X.][X.]BESCHLUSS vom 22. Juli 2009 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer Vergewaltigung u. a.

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 22. Juli 2009 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 24. Februar 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgeho-ben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Ju-gendschutzkammer des [X.] zurückverwiesen.
G r ü n d e
1 Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei tatein-heitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die mit der Sachrüge Erfolg hat. 1. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen: 2 In den Abendstunden des 10. September 2008 kam der betrunkene Angeklagte an einem Kiosk mit den beiden 15 bzw. 17 Jahre alten Neben-klägerinnen ins Gespräch. Diese begleiteten ihn in seine Wohnung, wo sie sich gemeinsam amüsierten. Als der Angeklagte abgelegtes Geld nicht wie-derfand, bezichtigte er die Mädchen des Diebstahls. Er wurde wütend und schlug diese in das Gesicht. Nunmehr kehrte die Lebensgefährtin des Ange-klagten in die Wohnung zurück und verdächtigte die Mädchen, auch ihre 3 - 3 - Pflegeprodukte eingesteckt zu haben. Sie und der Angeklagte schlugen jetzt abwechselnd auf die [X.] ein. Jetzt fasste der Angeklagte den Entschluss, die Mädchen für sexuelle Handlungen zu missbrauchen. Er schloss sie in das Wohnzimmer ein und sprach unter Vorhalt eines Messers mit einer 30 Zentimeter langen Klinge Todesdrohungen gegen sie aus. Im Rahmen des sich anschließenden, meh-rere Stunden währenden Geschehens erzwang der Angeklagte auf diese Weise von der 17 Jahre alten Nebenklägerin mehrfach Oral- und Vaginalver-kehr. Die jüngere Nebenklägerin veranlasste er, an ihm den Oralverkehr auszuüben; zweimal versuchte er zudem, sein Glied in ihre Scheide einzu-führen, nahm jedoch wegen ihres Weinens und der Erklärung, es sei für sie das —erste [X.], davon Abstand. Auch seine Lebensgefährtin bezog der [X.] in die sexuellen Handlungen mit ein. Sie kam den Aufforderungen nach, weil er auch ihr das Messer vorhielt und sie Angst vor dem ihr als [X.] bekannten Angeklagten hatte. Er zwang die Frauen, sich zu küssen und an sich untereinander den Oralverkehr auszuführen. 4 Bei diesen Taten war der Angeklagte alkoholbedingt in seiner [X.] erheblich vermindert. 5 2. Auch eingedenk des nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfungsmaßstabes (vgl. [X.], 384, 387; insoweit in [X.], 144 nicht abgedruckt) erweist sich die Beweiswürdigung des [X.] als durchgreifend rechtsfehlerhaft. 6 Das [X.] stützt seine Überzeugung von dem festgestellten Tatgeschehen auch auf ein durch den Angeklagten später [X.]. Dem Umstand, dass dieser für eine frühere unzutreffende gestän-dige Einlassung keine —plausible Erklärungfi habe abgeben können, misst das [X.] —indiziellen Charakterfi bezogen auf die Richtigkeit der Angaben der [X.] bei ([X.], 35). 7 - 4 - Die Auseinandersetzung mit dem wechselnden [X.] des Angeklagten weist jedoch gravierende Lücken auf. Angesichts des in den Urteilsgründen geschilderten Verfahrensgangs, der zur Abgabe jenes Ge-ständnisses geführt hat, hätte sich eine Erörterung eines rein prozesstakti-schen Motivs für die Abgabe eines Geständnisses aufgedrängt. Zugrunde liegt folgendes Geschehen: 8 Der Angeklagte hatte den Einsatz von Nötigungsmitteln von Anfang an abgestritten und einverständliche sexuelle Handlungen vonseiten der [X.] und seiner Lebensgefährtin behauptet. Nach der Verneh-mung der Lebensgefährtin und der [X.] in der Hauptverhand-lung sicherte die [X.] dem Angeklagten im Rahmen eines Verstän-digungsversuchs zu, für den Fall eines Geständnisses eine Strafobergrenze von vier Jahren nicht zu überschreiten. Der Angeklagte gab nach Beratung mit seiner Verteidigerin ein umfassendes Geständnis ab. In seinem letzten Wort behauptete er hingegen wieder, die [X.] hätten die sexu-ellen Handlungen freiwillig durchgeführt. Nach daraufhin erfolgtem Wieder-eintritt in die Beweisaufnahme widerrief er sein Geständnis substantiiert. Er habe seine geständige Einlassung nur abgegeben, weil ihm seine Verteidige-rin gesagt habe, dass er andernfalls eine höhere Strafe bekomme. Das [X.] erteilte den Hinweis, sich an seine Zusage der Strafobergrenze nicht mehr gebunden zu fühlen, und verurteilte den Angeklagten zu der dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 177 Abs. 4 StGB entnommenen Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten. 9 Diese Entwicklung stellt das [X.] zwar bei der Schilderung des [X.]s des Angeklagten dar. Bei der Würdigung des uneinge-schränkt verwerteten Geständnisses setzt es sich damit aber nicht auseinan-der. Es liegt indessen auf der Hand, dass in der Zusage der im Vergleich zur letztlich ausgeurteilten Strafe äußerst milden Strafobergrenze und in dem hierdurch ausgelösten Geständnisanreiz die von der [X.] vermisste Erklärung für die Abgabe des Geständnisses zu finden sein kann. Dieses 10 - 5 - Motiv für ein möglicherweise unzutreffendes Geständnis hätte umso mehr deshalb erörtert werden müssen, weil die Schere zwischen der [X.] für sich ge-nommen nicht rechtsfehlerhaft begründeten [X.] verhängten Strafe und der [X.] in Aussicht gestellten Strafobergrenze nicht ohne weiteres erklärlich ist. Die Beweisaufnahme war zum Zeitpunkt des Geständnisses bereits [X.] abgeschlossen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die [X.] zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wenn es das denkbare Motiv für ein mögli-cherweise unzutreffendes Geständnis berücksichtigt hätte. Denn sie hat [X.] auf das Fehlen einer —plausiblen Erklärungfi für ein falsches Ges-tändnis abgestellt. Ob [X.] wofür vieles spricht [X.] die Beweislage auch ohne Be-rücksichtigung des widerrufenen Geständnisses eine tatrichterliche Überzeu-gungsbildung getragen hätte, ist nicht zu bewerten. Die [X.] stützt ihre Überzeugung nämlich gerade auch auf das Geständnis. 11 12 3. Das neue Tatgericht wird für die Frage der Verwertbarkeit des Ge-ständnisses das im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Senat noch nicht in [X.] getretene Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafver-fahren (BTDrucks 16/12310) zu beachten haben. Nach § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO neuer Fassung gilt für ein im Rahmen einer fehlgeschlagenen [X.] ein Verwertungsverbot (dazu [X.], [X.]. [X.] § 257c Rdn. 28). [X.] [X.]

Meta

5 StR 238/09

22.07.2009

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2009, Az. 5 StR 238/09 (REWIS RS 2009, 2368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2368

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