Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2018, Az. V ZR 65/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 11655

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:230318UVZR65.17.0

BUN[X.]S[X.]RICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
V ZR
65/17
Verkündet am:

23. März 2018

Langendörfer-Kunz

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 10 Abs. 2 Satz 3
a)
Die dauerhafte Änderung des Inhalts eines Sondernutzungsrechts und die dauerhafte Auf-hebung eines solchen Rechts können die übrigen Wohnungseigentümer gegen den Willen des [X.]n nur nach Maßgabe von §
10 Abs. 2 Satz 3 [X.] und auf dem darin geregelten Weg einer Anpassung oder Änderung der [X.]sordnung her-beiführen.
b)
Aus §
10 Abs. 2 Satz 3 [X.] kann sich auch ein Anspruch auf ersatzlose Aufhebung eines Sondernutzungsrechts ergeben, allerdings nur als ultima ratio, etwa wenn die [X.] zwingend benötigt wird, um unabwendbaren behördlichen Auflagen nachzu-kommen, und regelmäßig nur gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung.
c)
Selbst wenn die übrigen Wohnungseigentümer nach §
10 Abs. 2 Satz 3 [X.] die Aufhebung eines Sondernutzungsrechts verlangen können, ist der [X.] nicht verpflichtet, seine Sondernutzungsfläche im Vorgriff auf eine solche Aufhebung zur Verfü-gung zu stellen.
[X.], Urteil vom 23. März 2018 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2018
durch die Richterinnen
Prof. Dr.
Schmidt-Räntsch, Dr.
Brückner und Weinland und die Richter Dr.
Kazele und Dr.
Hamdorf

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel der [X.] werden
das Urteil der 29. Zivil-kammer des [X.] vom 9. Februar 2017 aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 10.
November 2015 in der Fassung des Ergänzungsurteils vom 15. Januar 2016 abge-ändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits
trägt die Klägerin mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die die Neben-intervenientin selbst trägt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Mitglied die Beklagte ist. In der von der [X.] im Jahre 2004 erteilten Baugenehmigung ist vorgesehen, die an der Straße gelegenen Stellplätze parallel zum Gebäude zu errichten, unter anderem auf der Fläche vor der Wohnung der [X.]. 1
-
3
-
Davon abweichend wurden die Stellplätze in einem rechten Winkel zu dem Ge-bäude ausgerichtet. Vor der Wohnung der [X.] befindet sich eine abge-zäunte Terrassen-
und Gartenfläche. In der [X.]sordnung wird dem jeweiligen Eigentümer der Wohnung der [X.] ein entsprechendes unent-geltliches Sondernutzungsrecht an dieser Fläche eingeräumt, welches in das Grundbuch eingetragen wurde. Die [X.], die dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten ist,
lehnt die nachträgliche Genehmigung der tatsächlichen Bauausführung ab und verlangt die Errichtung der Stellplätze parallel zum Ge-bäude, u.a. auf der Sondernutzungsfläche der [X.].

Die Klägerin verlangt von der [X.], es zu dulden, dass die Klägerin die Terrasse, den Rasen und die Pflanzen sowie den die Sondernutzungsfläche umgebenden Zaun entfernt
und auf der Fläche zwei Stellplätze errichtet, die dauerhaft
durch die Wohnungseigentümer oder Bewohner genutzt werden
kön-nen. Weiterhin verlangt die Klägerin von der [X.] die Duldung der Nut-zung ihrer Sondernutzungsfläche als Zufahrt zu weiteren Stellplätzen. In der Eigentümerversammlung vom 24. November 2010 wurde die gerichtliche Durchsetzung der Duldung der Umbaumaßnahmen beschlossen.

Das Amtsgericht hat der Klage Zug um Zug gegen eine Entschädigungs-der [X.] und die Anschlussberufung der Klägerin hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
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Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagte sei nach § 242 [X.] verpflichtet, der Klägerin die Sondernutzungsfläche zur Verfügung zu stellen und die baulichen Maßnahmen sowie die dauerhafte Nutzung der Fläche für Stellplätze und Zufahrten zu dulden. Dies folge daraus, dass die Inanspruch-nahme der Sondernutzungsfläche erforderlich sei, um den öffentlich-rechtlichen Vorgaben der bestandskräftigen Baugenehmigung zu genügen. Die [X.] habe den Antrag auf nachträgliche Legalisierung

der tatsächlichen Bauausführung abgelehnt, sodass nunmehr die Vorgaben der Baugenehmigung umzusetzen seien. Den Einwand der [X.], dass die Stellplätze an einer anderen Stelle des Grundstücks errichtet werden könnten, habe das Amtsgericht zu Recht als unsubstantiiert zurückgewiesen.

Einer vorherigen Änderung der [X.]sordnung, in der der [X.] das Sondernutzungsrecht eingeräumt worden sei, bedürfe es nicht. Zwar sei davon auszugehen, dass die in der [X.]sordnung festgeleg-ten rechtlichen Verhältnisse den tatsächlichen Gegebenheiten nach Abschluss der Bauarbeiten zur Erstellung eines baugenehmigungskonformen Zustands angepasst werden sollten, es sei aber nicht ersichtlich, warum die Gemein-schaftsordnung vorrangig geändert werden müsse. Eine Rechtsverkürzung der [X.] trete dadurch nicht ein, da die übrigen Miteigentümer gegen sie ei-nen Anspruch auf Zustimmung zu der Änderung hätten. Deren gerichtliche Durchsetzung führte daher lediglich zu einer zeitlichen Verzögerung.

4
5
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5
-
II.

Diese Erwägungen
halten einer revisionsrechtlichen
Prüfung nicht stand.

1. Anders als das Berufungsgericht meint, muss ein sondernutzungsbe-rechtigter
Wohnungseigentümer den umfassenden Mitgebrauch seiner [X.] durch alle
Wohnungseigentümer nicht dauerhaft dulden. [X.] anderes lässt sich
entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus §
242 [X.] ableiten.

a) Jeder Wohnungseigentümer ist zwar gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] zum
Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe der §§ 14 und 15 [X.] berechtigt. Das gilt aber nach § 15 Abs. 1 [X.] nicht für die Teile des gemeinschaftlichen Eigentums, an denen einzelnen Wohnungseigentümern
Sondernutzungsrechte zugewiesen sind. Wesensmerkmal von [X.] ist, dass sie dem begünstigten Wohnungseigentümer unter [X.] der übrigen (negative Komponente) das Recht zur Nutzung von Teilen des [X.]seigentums zuweisen (positive Komponente). Sie schränken damit die gesetzliche Befugnis jedes Wohnungseigentümers zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 13 Abs. 2 [X.] ein (vgl.
[X.], Urteil vom 13.
Januar 2017 -
V
ZR 96/16, [X.], 224 Rn.
31; Urteil vom 21.
Oktober 2016 -
V [X.], NJW-RR 2017, 712 Rn. 10; Urteil vom 8.
April 2016 -
V [X.], [X.] 2017, 12 Rn. 14; Urteil vom 2.
De-
zember 2011 -
V [X.], [X.], 676 Rn.
10). Es widerspräche daher dem Sinn und Zweck eines Sondernutzungsrechts, wenn der Sondernutzungs-berechtigte dauerhaft den Mitgebrauch seiner Sondernutzungsfläche
durch an-dere Wohnungseigentümer dulden müsste.

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7
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6
-

b) Allerdings wird
in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Ansicht vertreten, ein [X.]r könne unabhängig von einer Ände-rung der [X.]sordnung oder Vereinbarung nach Treu und Glauben gemäß § 242 [X.] aus dem [X.] verpflichtet sein, seine
Sondernutzungsfläche -
gegebenenfalls gegen Zahlung einer
angemessenen Entschädigung -
auf Dauer zum Mitgebrauch der Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen und die
Nutzung dieser Fläche auch durch andere [X.] zu dulden. Eine solche Verpflichtung wird etwa angenommen, wenn die Inanspruchnahme der Sondernutzungsfläche
zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen, etwa für einen Stellplatznachweis oder einen Kin-derspielplatz zwingend erforderlich ist (vgl. KG, [X.], 138, 139; BayObLG, [X.], 225). Dem folgen Teile der Literatur ([X.] in
Jenni-ßen, [X.], 5.
Aufl., § 5 Rn.
60a; [X.]/Then, [X.], 3.
Aufl., §
13 Rn.
43). Auch das Berufungsgericht stützt sich auf diese Ansicht.

c) Richtigerweise kommt § 242 [X.] aber jedenfalls
seit dem [X.] der [X.]-Novelle des Jahres 2007 am 1. Juli 2007
als Anspruchsgrundlage für den
dauerhaften
umfassenden Mitgebrauch
einer Sondernutzungsfläche durch andere Wohnungseigentümer nicht mehr in Betracht.

aa) Der Gesetzgeber hat mit §
10 Abs. 2 Satz
3 [X.] den zuvor aus §
242 [X.] abgeleiteten Anspruch eines Wohnungseigentümers auf eine von dem Gesetz dauerhaft abweichende Vereinbarung oder -
hier -
auf dauerhafte Anpassung einer bestehenden Vereinbarung kodifiziert. Dabei hat er nicht nur die bisherige hohe Schwelle
für einen
solchen Änderungs-
oder Anpassungs-anspruch

gewö

mehr, sondern nur
nur (BT-Drucks. 16/887, 9
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S.
18 f.; zum bisherigen Recht: [X.], Beschluss vom 13. Juli 1995 -
V [X.], [X.]Z 130, 304, 312). Mit der Einführung eines gesetzlichen Änderungs-
oder Anpassungsanspruchs einerseits und der Ausweitung der Beschlusskompetenz der [X.] in § 16 Abs. 3 und 4 [X.] andererseits hat sich der [X.] vielmehr auch für die Beibehaltung des bisherigen Verfahrens entschie-den, wonach
ein von den gesetzlichen Regelungen und den geltenden Verein-barungen abweichendes Verhalten erst verlangt werden
kann, wenn die Ände-rung erfolgt ist (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Juli 1995 -
V [X.], aaO S.
312 f.; Urteil vom 28. März 2018 -
V [X.], juris
Rn. 17).

[X.]) Diese Entscheidung des Gesetzgebers ändert allerdings nichts
da-ran, dass auch die Durchsetzung von Vereinbarungen wie bisher unter dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr (§ 242 [X.]) steht und im Einzelfall unzulässig sein kann ([X.], Beschluss vom 4. Mai 1995 -
V [X.], [X.]Z 129, 329, 334 f. für die Durchsetzung eines Hundehaltungs-verbots gegenüber einem blinden Wohnungseigentümer mit Blindenhund;
[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 10 Rn. 330). Sie lässt im Grundsatz auch die Befugnis der Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 1 [X.] unberührt, neben Regelungen zum Gebrauch des Sonder-
und des [X.]seigentums auch Regelungen zum Gebrauch von [X.] zu beschließen
(vgl. [X.], [X.], 750, 751; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 15 Rn. 355).

cc) Die dauerhafte Änderung des Inhalts
eines
Sondernutzungsrechts und die dauerhafte Aufhebung eines solchen
Rechts können die übrigen [X.] gegen den Willen des [X.]n aber nur nach Maßgabe von § 10 Abs. 2 Satz 3 [X.] und auf dem darin geregelten Weg einer Anpassung oder Änderung der [X.]sordnung herbeiführen.
Ein 12
13
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8
-
Sondernutzungsrecht gibt dem begünstigten Wohnungseigentümer das Recht, die übrigen Wohnungseigentümer von dem an sich nach § 13 Abs. 2 [X.] ge-gebenen Mitgebrauch auch der Sondernutzungsfläche auszuschließen und die-sen Teil des gemeinschaftlichen Eigentums allein zu gebrauchen. Die mit der Einräumung eines Sondernutzungsrechts
getroffene Grundlagenentscheidung für den ausschließlichen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums durch einzelne Wohnungseigentümer und gegen dessen Mitgebrauch durch alle kann nur durch Vereinbarung nach § 10 Abs.
2
Satz
2 [X.] oder durch den teilenden Eigentümer nach §
8 Abs. 2, § 5 Abs. 4 i.V.m. § 10 Abs. 2 [X.] begründet oder geändert werden (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Januar 2017 -
V
ZR 96/16, [X.], 224 Rn.
31; Urteil vom 21.
Oktober 2016 -
V [X.], NJW-RR 2017, 712 Rn. 10; Urteil vom 2. Dezember 2011 -
V [X.], [X.], 676 Rn.
10). Ebenso kann es schuldrechtlich nur durch eine Abänderung der [X.] verändert oder Beschluss vom 13. September 2000 -
V
[X.], [X.]Z 145, 133, 136). Dies gilt auch, wenn das Sondernutzungsrecht -
wie hier -
in der Teilungserklärung bzw. in der [X.]sordnung begründet wurde, weil diese ab dem [X.]-punkt, von
dem an sie von dem teilenden Eigentümer nicht mehr einseitig ge-ändert werden kann, einer Vereinbarung gleichsteht ([X.], Beschluss vom 13.
September 2000 -
V [X.], aaO;
Urteil vom 21.
Oktober 2016

V
ZR
78/16, aaO Rn. 25).

2. Die von dem Berufungsgericht angenommene
Verpflichtung der
[X.], ihre
Sondernutzungsfläche dauerhaft zum Mitgebrauch durch alle
Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen, lässt
sich auch nicht aus § 10 Abs. 2 Satz 3, § 15 Abs. 3 [X.]
herleiten.

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a) Die von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ergeben
schon einen
Aufhebungsanspruch der übrigen Wohnungseigentümer aus § 10 Abs. 2 Satz 3 [X.] nicht.

aa) Nach dieser Bestimmung kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus [X.] Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, ins-besondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, un-billig erscheint. Gegenstand einer Verände-rung der bestehenden Vereinbarungen sein, die die Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 2 Satz
2 [X.] durch (Änderungs-)Vereinbarung treffen könnten, da-mit im Grundsatz auch die Aufhebung eines bestehenden Sondernutzungs-rechts. Daran änderte es nichts, wenn das Sondernutzungsrecht -
wie hier -
gemäß § 10 Abs. 3 [X.] im Grundbuch eingetragen
ist. Nach § 10 Abs. 2 Satz
3 [X.] könnte zwar keine Veränderung der sachenrechtlichen Grundla-gen verlangt werden (vgl. [X.], Urteil vom 11. Mai 2012
V
ZR 189/11, NJW-RR 2012, 1036 Rn. 9). Zu den sachenrechtlichen Grundlagen der [X.] zählt das Sondernutzungsrecht aber auch nicht, und zwar selbst dann nicht, wenn es im Grundbuch eingetragen ist. Die Eintragung ändert den Charakter des Sondernutzungsrechts nicht, sondern stellt nur sicher, dass die Vereinba-rung auch gegenüber dem [X.] eines Wohnungseigentümers gilt
(vgl. [X.], Urteil vom 11. Mai 2012
V
ZR 189/11, aaO, Rn. 9; Beschluss vom 21. Dezember 1989 -
V [X.], [X.]Z 109, 396, 399). Daher kann sich aus §
10 Abs. 2 Satz 3 [X.] auch
ein
Anspruch auf ersatzlose Aufhebung eines
Sondernutzungsrechts ergeben, allerdings nur als ultima ratio, etwa wenn die Sondernutzungsfläche zwingend benötigt wird, um unabwendbaren [X.] Auflagen nachzukommen, und regelmäßig nur gegen Zahlung einer ent-15
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-
sprechenden Entschädigung (vgl. [X.] [X.]/[X.], [X.]. [1.1.2018], §
15 Rn. 301; [X.], [X.] 2008, 276, 277 f.; Häublein/[X.] in: [X.], [X.], [X.], 3. Aufl., Teil 17 Rn. 190; [X.], Das
Sondernut-zungsrecht nach dem [X.], § 5 Rn.
18).

[X.]) Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht festgestellt. Der gegen-wärtige Zustand der Wohnungseigentumsanlage entspricht zwar nicht den Festsetzungen der Baugenehmigung. Die Nebenintervenientin verlangt auch
die Inanspruchnahme der Sondernutzungsfläche der [X.]. Das allein rechtfertigt es aber nicht, der [X.] das Sondernutzungsrecht
nahezu voll-ständig zu entziehen. Eine derart weitgehende Maßnahme setzt
vielmehr vo-raus, dass andere Möglichkeiten nicht bestehen oder fehlgeschlagen sind. Feststellungen hierzu, insbesondere zu den Gründen dafür, dass
die verwal-tungsgerichtliche
Klage gegen die Stellplatzauflage
nicht weiterverfolgt wurde,
und zu der Frage, ob die Stellplätze an anderer Stelle (auf dem gemeinschaftli-chen oder einem anderen Grundstück) errichtet werden könnten, hat das [X.] nicht getroffen. Sie sind entgegen der Ansicht des Berufungsge-richts nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte entsprechende Alternativen
nicht substantiiert dargelegt hat. Das oblag
ihr nämlich
nicht. Die Aufhebung eines Sondernutzungsrechts kann zur Herstellung eines den bauordnungsrecht-lichen Anforderungen entsprechenden Zustands des gemeinschaftlichen Eigen-tums nur verlangt werden, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, diesen An-forderungen gerecht zu werden. Das Fehlen solcher Möglichkeiten ist deshalb Tatbestandsvoraussetzung sowohl des Aufhebungs-, als auch des Anspruchs auf einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums
zu dem bauordnungs-rechtlich vorgesehenen Zweck. Die Darlegungs-
und Beweislast dafür trifft nach den allgemeinen Regeln denjenigen, der diesen Anspruch geltend macht. Das ist hier die Klägerin, nicht die Beklagte. Es ist deshalb Aufgabe der Klägerin
17
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11
-
darzulegen und zu beweisen, dass die Vorgaben der Baugenehmigung zu den Stellplätzen
nicht auf andere Weise erfüllt werden können und die Änderung dieser Vorgaben öffentlich-rechtlich nicht in Betracht kommt. Mangels entspre-chender Feststellungen kann
nicht davon ausgegangen werden, dass solche Möglichkeiten nicht bestehen.

b) Selbst wenn die übrigen Wohnungseigentümer
nach §
10 Abs. 2 Satz
3 [X.] die Aufhebung eines
Sondernutzungsrechts verlangen können, ist der [X.] -
hier die Beklagte -
zudem nicht verpflichtet, seine Sondernutzungsfläche im Vorgriff auf eine solche Aufhebung zur Verfü-gung zu stellen.

aa) Zwar hat der [X.] einen unmittelbaren Anspruch auf ein der vorzu-nehmenden Änderung oder Regelung entsprechendes Verhalten bei der [X.] nach den Grundsätzen über den Wegfall der Ge-schäftsgrundlage in §
313 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 30. September 2011

V
[X.], [X.]Z 191, 139 Rn. 33 f.) und bei der Regelung der Benutzung eines gemeinschaftlichen Gegenstandes gemäß § 745 Abs. 2 [X.] ([X.], Ur-teil vom 19. September 2008 -
V [X.], [X.], 3703 Rn. 26) bejaht. In diesen Fällen ist es auch nicht erforderlich, die förmliche Regelung oder Ände-rung später nachzuholen.

[X.]) Diese Rechtsprechung lässt sich aber auf die [X.] nicht übertragen, weil sie auf den Besonderheiten des § 313 [X.] und des § 745 Abs. 2 [X.] beruht und das Wohnungseigentumsgesetz eine auf die Besonderheiten des Wohnungseigentums zugeschnittene abweichende Sonderregelung trifft.

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20
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12
-

(1) Die wechselseitigen Ansprüche auf Anpassung des Vertrags, die den Vertragsparteien nach dem Wegfall der Geschäftsgrundlage zustehen, haben dienende Funktion. Ihr Zweck erschöpft sich darin, den mit dem [X.] Leistungsaustausch unter den veränderten Umständen zur [X.] zu bringen
(vgl. [X.], Urteil vom 30. September 2011 -
V [X.], [X.]Z 191, 139 Rn. 25, 34; J. Schmidt-Räntsch
in: [X.]/[X.]/[X.] [Hrsg.], [X.], [X.], 166 f.; dies., [X.] 2012, 301, 309 f.). Diesem begrenzten Zweck entspricht es, den Vertragsparteien die Mög-lichkeit
zu geben, gleich den Leistungsaustausch zu verlangen, um dessen Verwirklichung es bei der Anpassung nach § 313 Abs. 1 [X.] geht. [X.] zielt der [X.] nach § 745 Abs. 2 [X.] zwar auf eine Rege-lung des Mitgebrauchs des gemeinschaftlichen Gegenstands durch die [X.]. Der Anspruch besteht aber nur, wenn der Mitgebrauch weder durch [X.] noch durch einen Mehrheitsbeschluss geregelt ist,
und gewinnt prak-tische Bedeutung nur, wenn keiner
der Teilhaber seinen Aufhebungsanspruch nach § 749 [X.] geltend gemacht hat ([X.]/[X.], [X.] [2015], §
749 Rn. 51 f.).

(2) Das ist bei der Wohnungseigentümergemeinschaft grundlegend [X.]. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist nach § 11 [X.] unauflöslich. Schon deshalb haben Vereinbarungen über den Gebrauch und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums für eine solche [X.] eine ähnlich grundlegende Bedeutung
wie die Satzung für einen
Verein. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und der Gebrauch des gemeinschaftlichen und des Sondereigentums richten sich nämlich gemäß § 15 Abs. 3, § 21 Abs. 4 [X.] in erster Linie nach den getroffenen Vereinbarungen. Solche Vereinba-rungen
müssen deshalb,
anders als nach den §§ 741 ff. [X.] über die Gemein-schaft,
gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 [X.] einstimmig getroffen werden, wenn ent-21
22
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-
sprechende Regelungen nicht bei der Aufteilung des Grundstücks in [X.] nach § 8 [X.] vorgesehen worden sind. Sie können daher nur durch eine allseitige Vereinbarung
geändert werden. Gegen den Willen einzel-ner Wohnungseigentümer kann eine solche Änderung nur durchgesetzt wer-den, wenn ein Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 2 Satz 3 [X.] einen ge-setzlichen Anspruch darauf hat.
Diese Hürden sind bewusst höher als bei der [X.] i.S.d. §§ 741 ff. [X.] und haben den Sinn, den [X.] gerade wegen der Unauflöslichkeit der [X.] eine dauerhafte Grundlage für Verwaltung und Gebrauch
des gemein-schaftlichen Eigentums zu geben. Es soll und muss Klarheit darüber herrschen, ob und in welchem Umfang hierfür die gesetzlichen Bestimmungen oder davon abweichende
Vereinbarungen maßgeblich sind (vgl. [X.], Urteil vom 23.
März
2018 -
V [X.], juris
Rn. 17). Das lässt sich nicht erreichen, ohne dass
die
Änderungen der Vereinbarungen auch dann in der [X.]sord-nung umgesetzt werden, wenn ein Wohnungseigentümer Anspruch darauf hat.

(3) Das
Ziel, dauerhaft klare Verhältnisse unter den
Wohnungseigentü-mern zu gewährleisten,
würde verfehlt, wenn einem Wohnungseigentümer das Recht eingeräumt würde, von den übrigen Wohnungseigentümern einen Ge-brauch des [X.]seigentums zu verlangen, der einer erst noch vorzu-nehmenden Änderung der Vereinbarungen entspricht. Ähnlich wie die einrede-weise Geltendmachung des Änderungsanspruchs nach § 10 Abs. 2 Satz 3 [X.] (dazu [X.], Urteil vom 23.
März 2018 -
V [X.], juris) führte ein Anspruch auf einen der zu beanspruchenden Änderung der Vereinbarungen entsprechenden Mitgebrauch des [X.]seigentums auf der [X.] eines Wohnungseigentümers dazu, dass der [X.] dieser Fläche eingeschränkt oder -
wie hier -
größtenteils aufgegeben würde, ohne dass es zu einer förmlichen Änderung der [X.]sordnung und,
bei [X.]
-
14
-
ner Eintragung der Vereinbarung nach § 10 Abs. 3 [X.] im Grundbuch, zu de-ren
Änderung kommt. Für [X.] des betroffenen [X.] stellt sich der Inhalt des Sondereigentums aber so dar, wie er sich aus der [X.]sordnung ergibt. Daran änderte es auch nichts, wenn über die Nutzung der Sondernutzungsfläche ein Rechtsstreit geführt würde. An dessen Entscheidung wären [X.] zwar nach § 10 Abs. 4 [X.] gebunden. Die Rechtskraft des Urteils erstreckte sich aber nicht auf die Vorfrage nach dem Inhalt und der Ausgestaltung des Änderungsanspruchs, wenn sie -
wie im vor-liegenden Fall -
nur inzident geprüft und nicht zum Gegenstand eines eigen-ständigen Klage-
oder Widerklageantrags gemacht würde
(vgl. [X.], Urteil vom 23. März 2018 -
V [X.], juris
Rn. 17). Die Folge wäre eine erhebliche Unsicherheit über die geltenden Vereinbarungen, die mit dem Fortschreiten der [X.] immer größer würde und den [X.]sfrieden gefährdete.

(4) Deshalb kann einem Wohnungseigentümer auch dann nicht das Recht eingeräumt werden, sich ohne Vornahme einer solchen Änderung auf Dauer und nicht nur im Einzelfall so zu verhalten, als wären sie geändert, wenn er eine entsprechende Änderung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 [X.] beanspru-chen könnte. Auch ein in diesem Sinne anspruchsberechtigter Wohnungseigen-tümer ist an die bestehenden Vereinbarungen gebunden, bis er ihre Änderung rechtskräftig durchgesetzt hat. Eine Ausnahme hat der [X.] nur in dem [X.] anerkannt, dass ein Wohnungseigentümer die Beseitigung eines den Vereinbarungen nicht entsprechenden Zustands verlangt, den er hinzunehmen und an den er im Zusammenwirken mit den übrigen Wohnungseigentümern die Vereinbarungen anzupassen hat (vgl. [X.], Urteil
vom
5. Dezember 2003

V
ZR 447/01, [X.], 1551, 1556; Urteil vom 21. Oktober 2016

V
ZR
78/16, NJW-RR 2017, 712 Rn. 29). Ansonsten muss sich jeder [X.] an die bestehenden Vereinbarungen halten, bis sie geändert 24
-
15
-
oder ein darin vorgesehener anderer Gebrauch von [X.]s-
oder Son-dereigentum genehmigt ist (vgl. [X.], Urteil
vom 13. Juli 2012 -
V [X.], [X.] 2012, 744 Rn. 9 f. für eine genehmigungsfähige, aber nicht genehmigte gewerbliche Nutzung einer Wohnung; Urteil
vom 21. Oktober 2016

V
ZR
78/16, NJW-RR 2017, 712 Rn. 28
für eine änderungsbedürftige [X.] in der [X.]sordnung). Den fakti-schen Entzug seines Sondernutzungsrechts, der mit einem
dauerhaften
Mitge-brauch der Sondernutzungsfläche durch
andere Wohnungseigentümer einher-ginge, muss
der [X.] bis dahin nicht hinnehmen;
er könnte
vielmehr seinerseits
gemäß §
15 Abs. 3 [X.] die Unterlassung bzw. Beseitigung einer entsprechenden Beeinträchtigung verlangen.

3. Der geltend gemachte [X.] folgt auch nicht aus dem Erstherstellungsanspruch gemäß §
21 Abs. 4 i.V.m. § 21 Abs.
5 Nr. 2 [X.]. Zwar kann danach jeder Wohnungseigentümer im Rahmen der ordnungsmäßi-gen Verwaltung grundsätzlich verlangen, dass das [X.]seigentum erstmals in einen der Teilungserklärung entsprechenden
Zustand versetzt wird. Dazu können auch Maßnahmen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderun-gen gehören,
wie etwa die Schaffung baurechtlich vorgesehener Stellplätze oder eines [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 26. Februar 2016

V
[X.], NJW 2016, 2181 Rn. 10 ff.; Urteil vom 9.
Dezember 2016

V
ZR
84/16, [X.], 177 Rn. 13). Den primären Maßstab für die Bestim-mung des herzustellenden Zustands des [X.]seigentums bilden aber weder die Vorgaben des [X.] noch die Festlegungen in der Baugenehmigung, sondern die Teilungserklärung. Sie gibt den Rahmen vor, der allerdings, soweit die Teilungserklärung keine Aussagen trifft,
durch die bau-ordnungsrechtlichen Vorschriften und die Baugenehmigung auszufüllen ist (vgl. [X.], Urteil vom 26. Februar 2016 -
V [X.], NJW 2016, 2181 Rn. 12). 25
-
16
-
Hier weicht die Teilungserklärung bei der Anordnung der Parkplätze und der Festlegung der [X.] von der Baugenehmigung ab. Dem ent-spricht die Ausführung des Gebäudes, das sich damit, soweit hier von [X.], in einem teilungserklärungskonformen Zustand befindet. Es geht deshalb nicht um den Erstherstellungsanspruch, sondern um die Frage, ob die durch die Nebenintervenientin angedrohte Stilllegung der Parkplätze nach den [X.] ordnungsmäßiger Verwaltung hingenommen werden muss und ob eine sachgerechte Lösung nur durch die Änderung der [X.]sordnung im Sinne einer ersatzlosen Aufhebung des Sondernutzungsrechts der [X.] erreicht werden kann. Da sich die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigen-tums aber gemäß § 21 Abs. 4 [X.] vorrangig nach den bestehenden Vereinba-rungen richtet, könnte die Einrichtung von Parkplätzen und einer Zufahrt auf der Sondernutzungsfläche der [X.] nur erreicht werden, wenn diese Verein-barungen
zuvor geändert worden sind.

III.

Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§
561 ZPO). Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, weil
sie zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO). Der geltend gemachte Duldungs-anspruch besteht nicht. Der Klägerin muss auch nicht Gelegenheit gegeben werden, den bisher nicht geltend gemachten Anspruch aus § 10 Abs. 2 Satz 3 [X.] auf Zustimmung zur Änderung der [X.]sordnung geltend zu machen. Dieser Anspruch ist ein Individualanspruch des jeweiligen einzelnen Wohnungseigentümers, den dieser selbst geltend machen muss und den die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht nach § 10 Abs. 6 Satz 3 [X.] an sich 26
-
17
-
ziehen kann ([X.], Urteil vom 13.
Oktober 2017 -
V [X.], [X.] 2018, 269
Rn. 10 ff.).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.

Schmidt-Räntsch Brückner

Weinland

Kazele Hamdorf

Vorinstanzen:

[X.], Entscheidung vom 10.11.2015 -
215 [X.]/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 09.02.2017 -
29 [X.] -

27

Meta

V ZR 65/17

23.03.2018

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2018, Az. V ZR 65/17 (REWIS RS 2018, 11655)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11655

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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