Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.06.2011, Az. 4 AZR 737/09

4. Senat | REWIS RS 2011, 5711

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Korrigierende Rückgruppierung - keine Verwirkung allein durch Zeitablauf


Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 28. August 2009 - 3 [X.] 713/08 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 19. September 2008 - 15 Ca 1736/08 - auch hinsichtlich der Vergütungsgruppe [X.] und der [X.] 5 TV-L zurückgewiesen hat.

2. Die [X.]che wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Vergütung der Klägerin, insbesondere auch darüber, ob eine korrigierende [X.] vorliegt.

2

Die Klägerin ist seit 1972 am [X.] der [X.] beschäftigt. Bis Anfang 1991 hat sie als Fotografin erbbiologische Aufnahmen für [X.] erstellt. Dieser Aufgabenbereich entfiel mit dem zunehmenden Einsatz von DNA-Analysen. Seitdem wird die Klägerin für verschiedene andere Aufgaben eingesetzt: zu 60 % ihrer Arbeitszeit mit Schreibarbeiten, wie dem Schreiben von [X.], toxikologischen Befundberichten und Rechnungen; zu 35 % mit Verwaltungsarbeiten, wie dem [X.], dem Kopieren, dem Postversand und dem Anlegen und Archivieren von Akten und zu 5 % mit der Annahme und Ausgabe der Dienstkleidung.

3

Unter dem 15. August 1991 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag, in dessen § 1 Satz 1 und Satz 2 für die Zuordnung zu einer Gehaltsgruppe auf die Regelungen des [X.] Bezug genommen wird. Nach § 2 dieses Vertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem „Tarifvertrag zur Anpassung des [X.] - Manteltarifliche Vorschriften - ([X.]) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der [X.] ([X.]) jeweils geltenden Fassung“. In § 3 dieses Vertrages heißt es, dass die Klägerin „in der Vergütungsgruppe VIb der Anlage 1a/1b zum [X.] eingruppiert (§ 22 Abs. 3 [X.])“ ist, wonach sie in der Folgezeit auch vergütet wurde.

4

Ende Juni 2005 wurde der Klägerin von ihrem Vorgesetzten mitgeteilt, dass eine Bewertungsüberprüfung ihrer Tätigkeit vorgenommen worden sei. Daraus ergebe sich eine fehlerhafte Eingruppierung, weshalb sie rückgruppiert werde. Im August 2005 wurde die Klägerin in das Personalbüro bestellt, wo ihr von einer Mitarbeiterin ein Änderungsvertrag mit dem Datum des 11. August 2005 mit der Bemerkung „sie können ihn unterschreiben oder auch gehen“ vorgelegt wurde. In diesem von der Klägerin sodann unterzeichneten Vertrag heißt es unter § 1 Abs. 2:

        

„In § 4 des Arbeitsvertrages werden die Worte ‚Vergütungsgruppe VI b’ durch die Worte ‚Vergütungsgruppe [X.]’ ersetzt.“

5

Ab dem 1. September 2005 erhielt die Klägerin eine Vergütung nach der [X.]. [X.] [X.].

6

Zum 1. November 2006 erfolgte die Überleitung in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder ([X.]) vom 12. Oktober 2006 anhand der Regelungen des [X.] zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den [X.] und zur Regelung des Übergangsrechts ([X.]) vom 12. Oktober 2006. Seitdem erhält die Klägerin eine Vergütung nach der [X.] 3 [X.].

7

Mit ihrer am 21. April 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sie zuletzt mit ihren Hauptanträgen eine Vergütung nach der [X.]. VIb [X.] und ab dem 1. Oktober 2007 nach der „[X.] 6 [X.]“ geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, im Jahre 2005 sei es zu einer sog. korrigierenden [X.] gekommen. Der Beklagte als Arbeitgeber müsse deshalb darlegen und ggf. beweisen, dass die ursprüngliche Vergütungsgruppe fehlerhaft sei. Daran ändere sich nichts durch längeres Zuwarten bis zur Klage und auch nicht durch Unterzeichnung des Änderungsvertrages, denn die Bezeichnung der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag habe nur deklaratorische Bedeutung. Dem Beklagten sei es deshalb verwehrt, sich auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu berufen. Ihr stehe zumindest eine Vergütung nach der [X.]. VII [X.] und ab dem 1. Oktober 2007 nach der „[X.] 5 [X.]“ zu. Die von ihr ausgeführten Arbeiten erforderten gründliche Fachkenntnisse iSd. [X.]. VII Fallgruppe 1a [X.]. Jedenfalls erfordere ihre Tätigkeit mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse iSd. [X.]. [X.] Fallgruppe 1b [X.], so dass sie nach längst abgelaufener zweijähriger Bewährung in der [X.]. VII Fallgruppe 1c [X.] und [X.] 5 [X.] eingruppiert sei.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass sie über den 1. September 2005 hinaus in der [X.]. VIb [X.] eingruppiert ist;

        

2.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Oktober 2007 nach der [X.] 6 TVÜ-L zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der [X.] 6 TVÜ-L und der [X.] 3 TVÜ-L für die Monate Oktober 2007 bis einschließlich April 2008 ab Rechtshängigkeit sowie ab 1. Mai 2008 ab dem auf den Fälligkeitszeitpunkt folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen;

        

hilfsweise

        

1.    

festzustellen, dass sie über den 1. September 2005 hinaus in der [X.]. VII [X.] eingruppiert ist;

        

2.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Oktober 2007 nach der [X.] 5 TVÜ-L zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der [X.] 5 TVÜ-L und der [X.] 3 TVÜ-L für die Monate Oktober 2007 bis einschließlich April 2008 ab Rechtshängigkeit sowie ab 1. Mai 2008 ab dem auf den Fälligkeitszeitpunkt folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

9

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Auffassung, die Darlegungs- und Beweislast sei nicht wegen einer korrigierenden [X.] auf ihn übergegangen. Die Vergütung der Klägerin sei nicht einseitig, sondern vielmehr einvernehmlich mit der [X.] vom 11. August 2005 geändert worden. Die Parteien seien darin übereingekommen, dass die Auffassung des Beklagten zutreffe und die Klägerin fortan nur noch eine Vergütung nach der [X.]. [X.] [X.] erhalten solle. [X.] die Klägerin nun eine höhere Vergütung geltend, trage sie für das Vorliegen der Voraussetzungen die volle Darlegungs- und Beweislast. Unabhängig davon sei auch eine korrigierende [X.] möglich, denn die von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten entsprächen typischerweise der [X.]. [X.] [X.]. Das Recht, sich auf die Fehlerhaftigkeit der vormaligen Eingruppierung zu berufen, sei nicht verwirkt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Das [X.] hat die Berufung hinsichtlich der [X.] zu Recht zurückgewiesen, jedoch nicht hinsichtlich der Hilfsanträge, die auf die [X.]. [X.] und die [X.] 5 [X.] bezogen sind.

I. Die Klage ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig (vgl. zB 9. Dezember 2009 - 4 [X.] - Rn. 20, [X.] 132, 365; 8. Juni 2005 - 4 [X.] - zu I der Gründe, [X.] 115, 104). Das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO fehlt der Klägerin entgegen der Auffassung des [X.]s auch nicht für die beiden Feststellungsanträge, die auf eine Eingruppierung nach dem Entgeltsystem des abgelösten [X.] gerichtet und damit auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beschränkt sind. Mit der begehrten Feststellung wird für die Vergangenheit der Status der Klägerin bestimmt, der über die für den streitbefangenen Zeitraum zu leistende Vergütung hinaus auch für die Zukunft Bedeutung haben kann, etwa bei der Anrechnung von Beschäftigungszeiten ([X.] 20. Oktober 1993 - 4 [X.] - zu [X.] der Gründe mwN, [X.] 1975 §§ 22, 23 Nr. 173).

II. Die Klage ist hinsichtlich der beiden [X.] unbegründet. Ob die Klage hinsichtlich der beiden Hilfsanträge begründet ist, kann der Senat aufgrund des Fehlens tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend entscheiden.

1. Der [X.] fand im Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme Anwendung, die sich seit Inkrafttreten des [X.] auf diesen bezieht, in dessen Regelwerk die Klägerin auch übergeleitet worden ist. Seit dem 1. November 2006 bezieht sie eine Vergütung nach der [X.] 3 [X.]. Soweit die Klägerin sich in ihren Anträgen auf angebliche [X.]n des [X.] bezieht, ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang, dass tatsächlich eine Überleitung in den [X.] und eine Vergütung nach dessen [X.]n gemeint ist.

2. Der [X.] ist nicht verpflichtet, die Klägerin nach der [X.]. VIb [X.] bzw. ab dem 1. Oktober 2007 nach der [X.] 6 [X.] zu vergüten.

a) Es besteht kein eigenständiger, von der Tarifautomatik unabhängiger individualvertraglicher Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach der [X.]. VIb [X.]. Die Parteien haben im Änderungsvertrag vom 15. August 1991 einen derartigen Vergütungsanspruch der Klägerin nicht rechtsbegründend vereinbart. Darauf, welche Bedeutung der [X.] hat, kommt es danach in diesem Zusammenhang nicht mehr an.

aa) Die Nennung der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag mit einem öffentlichen Arbeitgeber ist im Regelfall als Wissenserklärung und nicht als Willenserklärung anzusehen. Die Angabe bezeichnet lediglich diejenige Vergütungsgruppe, die nach Auffassung der Arbeitgeberin nach den vereinbarten tariflichen Eingruppierungsregelungen zutreffend ist. Diese Angabe hindert ebenso wenig eine spätere Berufung des Arbeitnehmers auf eine höhere Vergütungsgruppe wie eine des Arbeitgebers auf eine niedrigere Vergütungsgruppe und die Durchführung einer korrigierenden [X.] ([X.] 20. April 2011 - 4 [X.] - Rn. 46; vgl. auch 16. Februar 2000 - 4 [X.] - [X.] 93, 340).

bb) Der [X.] enthält keine von dieser Regel abweichende konstitutive Vereinbarung einer bestimmten Vergütung. Es handelt sich um einen Formulararbeitsvertrag mit weitgehend vorgegebenen Regelungen. Bereits dies spricht gegen eine Abweichung von der Regel einer nur deklaratorischen Wirkung von [X.] in den Arbeitsverträgen im öffentlichen Dienst. Zudem wird mit § 1 Satz 1 und Satz 2 des [X.] für die Zuordnung zu einer Gehaltsgruppe auf die Regelungen des [X.] Bezug genommen, was einen Willen der Vertragsparteien, die Vergütungsgruppe unabhängig von den tarifvertraglichen Vorgaben festzulegen, ausschließt. Schließlich wird in § 3 nicht nur die „Vergütungsgruppe VIb“ genannt, sondern auch in [X.] danach mit „§ 22 Abs. 3 [X.]“ ausdrücklich auf die tarifvertragliche Bestimmung Bezug genommen, nach der die Vergütungsgruppe des Angestellten im Arbeitsvertrag anzugeben ist. Auch dies belegt, dass es hier nur darum geht, die tarifvertragliche Dokumentationspflicht zu erfüllen.

b) Einem Anspruch aus den Eingruppierungsregelungen des [X.] und denen des [X.] steht zwar nicht entgegen, dass im [X.] die [X.]. [X.] [X.] genannt ist. Auch insoweit handelt es sich um eine bloße Wissenserklärung ohne konstitutive Wirkung, die einem anderweitigen tarifvertraglichen Vergütungsanspruch nicht entgegensteht. Es besteht jedoch bereits deshalb kein Anspruch auf eine Vergütung nach der [X.]. VIb [X.] bzw. ab dem 1. Oktober 2007 nach der [X.] 6 [X.], weil die Klägerin nicht einmal behauptet hat, die tarifvertraglichen Voraussetzungen für eine derartige Vergütung zu erfüllen. Sie hat hierzu nicht nur nichts vorgetragen, sondern in der Revisionsinstanz sogar ausdrücklich erklärt, keine [X.] zu erheben gegenüber der Auffassung des [X.]s, die von ihr ausgeübten Tätigkeiten entsprächen dieser Vergütungsgruppe nicht. Hiernach kommt es für die Entscheidung über die begehrte Eingruppierung in die [X.]. VIb [X.] nicht auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast an. Es steht fest, dass die Klägerin eine Vergütung nach [X.]. VIb [X.] nicht zu beanspruchen hat. Es ist deshalb auch unerheblich, ob es sich bei den Vorgängen im Jahre 2005 um eine korrigierende [X.] handelte.

c) Auch der Grundsatz von [X.] und Glauben gemäß § 242 BGB hindert den [X.]n nicht daran, sich auf das Fehlen der tariflichen Voraussetzungen für die von 1991 bis einschließlich August 2005 gezahlte Vergütung nach der [X.]. VIb [X.] zu berufen und die Klägerin rückzugruppieren. Dieses Recht ist nicht verwirkt.

aa) Dem Arbeitgeber kann es zwar im Einzelfall unter besonderen Umständen nach [X.] und Glauben verwehrt sein, sich zur Begründung der [X.] auf eine fehlende tarifliche Voraussetzung für die bisher gewährte Vergütung zu berufen, wenn für den Arbeitnehmer ein entgegenstehender Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist ([X.] 16. Februar 2000 - 4 [X.] - mwN, [X.] 93, 340; 17. Mai 2000 - 4 [X.] - mwN, AP [X.] §§ 22, 23 Nr. 17 = EzA TVG § 4 [X.] Nr. 2; 8. Oktober 1997 - 4 [X.] - mwN, [X.] § 23b Nr. 2). Die Annahme einer Verwirkung setzt neben dem Zeitablauf das Vorliegen besonderer, ein schützenswertes Vertrauen begründender Umstände voraus ([X.] 27. Januar 2010 - [X.] - Rn. 32, [X.]Z 184, 117; 19. Oktober 2005 - [X.]/03 - Rn. 23, [X.], 219). Dieser hinreichende Vertrauenstatbestand kann durch zusätzliche Umstände begründet werden, die nach der Eingruppierungsmitteilung eingetreten sind (vgl. [X.] 16. Februar 2000 - 4 [X.] - aaO).

Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls ([X.] 19. Oktober 2005 - [X.]/03 - Rn. 23, [X.], 219). Die Bewertung durch das [X.] ist vom Revisionsgericht nur beschränkt überprüfbar, da es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs handelt ([X.] 23. September 2009 - 4 [X.]/08 - Rn. 18, [X.] §§ 22, 23 [X.] Nr. 6; [X.]/[X.] 11. Aufl. § 73 ArbGG Rn. 5). Die Überprüfung ist darauf beschränkt, ob das Berufungsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind, ob es alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil insoweit in sich widerspruchsfrei ist (zB [X.] 23. September 2009 - 4 [X.]/08 - mwN, aaO; 24. Januar 2007 - 4 [X.] - Rn. 32 mwN, [X.] 2007, 502; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] ArbGG 4. Aufl. § 73 Rn. 5 mwN).

bb) Das [X.] hat darauf erkannt, dass zwar das [X.] erfüllt ist, weil der [X.] die Klägerin für die Dauer von ungefähr vierzehn Jahren nach der [X.]. VIb [X.] vergütet hat, dass diesbezüglich jedoch keine besonderen Umstände vorgelegen hätten, die einen Vertrauenstatbestand auf Seiten der Klägerin begründen könnten. Das hält der Revision stand.

(1) Entgegen der Auffassung der Klägerin reicht auch ein langer Zeitraum von vierzehn Jahren allein nicht aus, in einer Art Wechselwirkung des Zeit- auf das Umstandsmoment das Erfordernis eines eigenständigen [X.] gänzlich entfallen zu lassen. Zwar besteht zwischen den ein Vertrauen begründenden Umständen und dem erforderlichen Zeitablauf eine Wechselwirkung insofern, als der Zeitablauf um so kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen zu stellen sind, je länger der abgelaufene Zeitraum ist ([X.] 19. Oktober 2005 - [X.]/03 - Rn. 23 mwN, [X.], 219; 19. Dezember 2000 - [X.] - zu II 4 b der Gründe, [X.]Z 146, 217). „Geringere Anforderungen“ sind jedoch etwas anderes als ein völliger Entfall des [X.] - wie von der Klägerin als „Mutation des [X.]s zum Umstandsmoment“ vorgeschlagen -. Das verkennt die Klägerin. Soweit die Klägerin sich zur Stützung ihrer Auffassung auf das Senatsurteil vom 8. Oktober 1997 (- 4 [X.] - [X.] § 23b Nr. 2) beruft, übersieht sie, dass im damaligen Fall anders als in ihrem Umstandsmomente vorlagen, nämlich eine mehrfache arbeitgeberseitige Bestätigung der streitgegenständlichen Eingruppierung durch einen „Nachtrag zum Arbeitsvertrag“ vom 10. Juli 1972, eine „Vorauswertung“ vom 12. Oktober 1972 und ein arbeitgeberseitiges Schreiben vom 25. April 1973. Der Hinweis auf das Senatsurteil vom 17. August 1994 (- 4 [X.] - [X.] §§ 22, 23 Lehrer Nr. 35) führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis; auch dort war ein Vertrauen begründendes Verhalten des Arbeitgebers, ein Umstandsmoment, gegeben, nämlich eine nach konkreter Fallgruppe bezeichnete [X.] im Arbeitsvertrag trotz des bei Vertragsschluss offensichtlichen Fehlens der für eine derartige Zuordnung erforderlichen Voraussetzungen.

(2) Die Wertung des [X.]s, dass im Fall der Klägerin neben das erfüllte [X.] keine besonderen, ein Vertrauen begründende Umstände getreten sind, wird auch nicht dadurch erschüttert, dass die Revision nun zusätzlich auf die Sachkunde der Personal- und Rechtsabteilung, besondere Eingruppierungsüberprüfungen aufgrund der Übergangsvorschrift zu § 22 [X.], das Alter der Klägerin und den Umstand hinweist, dass die Klägerin ihr Leben auf die streitgegenständliche Vergütungshöhe eingerichtet habe, was eine schützenswerte Vermögensdisposition sei. Abgesehen davon, dass die Klägerin ihren Vorwurf, diese und weitere Umstände seien vom Berufungsgericht übersehen worden, nicht näher begründet und neues Vorbringen im Revisionsverfahren unbeachtlich ist (§ 559 Abs. 1 ZPO), liegen in den genannten Faktoren keine besonderen, ausnahmsweise Vertrauen begründenden Umstände. Auch dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Änderungsvertrages vom 15. August 1991 bereits einer geänderten Tätigkeit nachgegangen ist oder dass die [X.] schließlich um zwei Vergütungsgruppen erfolgt ist, stellt weder allein noch in der Gesamtschau aller Aspekte einen Umstand dar, der es dem [X.]n verwehrte, sich auf die fehlende Erfüllung der tarifvertraglichen Voraussetzungen für die in der Vergangenheit bezogene Vergütung zu berufen. In keinem der von der Klägerin angeführten Faktoren ist ein Verhalten der einen Seite - bewusst oder unbewusst - erkennbar, welches für die andere Seite ein schützenswertes Vertrauen auf den Fortbestand des Bisherigen geschaffen hätte. Insbesondere ist der Klägerin die im [X.] als Hinweis auf die - vermeintliche - Rechtslage genannte Vergütungsgruppe nicht von dem [X.]n im Nachhinein nach Überprüfung noch einmal bestätigt worden.

3. Ob der [X.] verpflichtet ist, die Klägerin entsprechend ihren Hilfsanträgen nach der [X.]. [X.] und ab dem 1. Oktober 2007 nach der [X.] 5 [X.] zu vergüten, bedarf näherer Feststellungen.

a) Es obliegt entgegen seiner Auffassung dem [X.]n darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Klägerin eine Vergütung nach der [X.]. [X.] und ab dem 1. Oktober 2007 nach der [X.] 5 [X.] nicht zusteht.

aa) Der Arbeitgeber im öffentlichen Dienst ist grundsätzlich berechtigt, eine fehlerhafte tarifliche Eingruppierung zu korrigieren. Dieses Recht hat der [X.] im Jahre 2005 wahrgenommen und die Klägerin korrigierend rückgruppiert. Die im [X.] mitgeteilte und vom [X.]n damit damals für zutreffend angesehene [X.]. VIb [X.] hielt er nach Überprüfung im Jahre 2005 nicht für tarifvertragsgerecht. Er teilte der Klägerin Ende Juni 2005 die erfolgte Bewertungsüberprüfung ihrer Tätigkeit mit und kündigte die entsprechende korrigierende [X.] an. Diese wurde im Monat August 2005 durch die Umstellung der Vergütungszahlung zum Monat September 2005 bei gleichbleibender Tätigkeit vollzogen. Dass zusätzlich ein „Änderungsvertrag“ mit Nennung der neuen [X.]. [X.] [X.] von den Parteien unterzeichnet worden ist, ändert nichts daran, dass vom [X.]n eine [X.] vorgenommen worden ist. Dieser „Änderungsvertrag“, durch den die sich aus dem [X.] ergebende und bereits im Änderungsvertrag aus dem Jahre 1991 zugrunde gelegte Tarifautomatik nicht aufgehoben worden ist, stellt in der Sache nur eine Dokumentation der von dem [X.]n für richtig gehaltenen und von der Klägerin damals nicht in Frage gestellten tariflichen Wertigkeit der vertragsgemäßen Tätigkeit der Klägerin dar.

bb) In einem solchen Fall der korrigierenden [X.] muss der Arbeitgeber, wenn sich der Arbeitnehmer auf die ihm vom Arbeitgeber zuvor als maßgeblich mitgeteilte und der Vergütung zugrunde gelegte Vergütungsgruppe beruft, die objektive Fehlerhaftigkeit dieser bisher gewährten Vergütung darlegen und ggf. beweisen (vgl. nur [X.] 7. Mai 2008 - 4 [X.]/07 - Rn. 27 mwN, AP [X.] §§ 22, 23 Nr. 34; 16. Februar 2000 - 4 [X.] - [X.] 93, 340). Der Arbeitgeber hat die tarifliche Bewertung nach § 22 Abs. 2 [X.], wenn er dies denn für geboten hält, neu vorzunehmen. Ihn trifft die Darlegungs- und ggf. Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der zunächst mitgeteilten und umgesetzten und nunmehr nach seiner Auffassung zu korrigierenden Eingruppierung. Zu einer Änderung der mitgeteilten Vergütungsgruppe ist er nur berechtigt, wenn die bisherige tarifliche Bewertung, die er dem Arbeitnehmer gegenüber nachgewiesen hatte, fehlerhaft war.

cc) Die Klägerin hat das Recht, sich auf die Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zu berufen, nicht verwirkt. Dass die Klägerin den ihr vorgelegten „Änderungsvertrag“ vom 11. August 2005 unterzeichnet hat, ist ohne Bedeutung, da in diesem ein Vergütungsanspruch der Klägerin nicht rechtsbegründend vereinbart worden ist. Die Nennung der vom Arbeitgeber für zutreffend gehaltenen Vergütungsgruppe bindet die Klägerin nicht. Auch ist mit der im April 2008 eingereichten Klage angesichts eines Zeitraums von nicht einmal drei Jahren nach der korrigierenden [X.] bereits kein [X.] gegeben, welches für Verwirkung sprechen könnte.

b) Der [X.] ist der ihm in vollem Umfang obliegenden Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der tariflich zutreffenden Vergütung der Klägerin bisher nicht nachgekommen.

Auch das [X.] ist zwar von der umfassenden Darlegungs- und Beweislast des [X.]n ausgegangen. Es hat jedoch zu Unrecht angenommen, der [X.] habe bereits dargelegt, warum der Klägerin keine Vergütung nach [X.]. [X.] zusteht. Dies mag für die Fallgruppe 1a oder 1b dieser Vergütungsgruppe gelten. Es ist jedoch nicht zu erkennen, warum der Klägerin, die nach dem Vortrag des [X.]n ein Tätigkeitsmerkmal nach [X.]. [X.] [X.] erfüllt, ein [X.] in die [X.]. [X.] nicht zuerkannt worden ist. Das [X.] hat insoweit zu Unrecht angenommen, einen derartigen [X.] habe die Klägerin deshalb nicht erreicht, weil die Merkmale der [X.]. [X.] Fallgruppe 1a [X.] nicht erfüllt seien. Hierauf kommt es nicht an. Zum einen ist von dem [X.]n jedes einen [X.] nach [X.]. [X.] vermittelnde Tätigkeitsmerkmal der [X.]. [X.] [X.] auszuschließen. Zum anderen kommt eine Ausgangsbewertung der Tätigkeit der Klägerin nach einer niedrigeren Vergütungsgruppe als der [X.]. [X.] [X.] nicht in Betracht; denn sie stellte in der Sache eine dem [X.]n verschlossene weitere korrigierende [X.] dar. Erfüllt die Klägerin aber ein Tätigkeitsmerkmal der [X.]. [X.] [X.], schließt dies - soweit ersichtlich - die aktuelle Eingruppierung in [X.]. [X.] nur dann aus, wenn sich die Klägerin in ihrer langjährigen Tätigkeit tatsächlich nicht bewährt hat. Hierzu fehlt es an [X.]nvortrag und entsprechenden Feststellungen des [X.]s.

        

    Bepler    

        

    Creutzfeldt    

        

    Winter    

        

        

        

    Pfeil    

        

    Görgens    

                 

Meta

4 AZR 737/09

15.06.2011

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Leipzig, 19. September 2008, Az: 15 Ca 1736/08, Urteil

VergGr VII BAT-O, § 22 BAT-O, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.06.2011, Az. 4 AZR 737/09 (REWIS RS 2011, 5711)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5711

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 AZR 576/16 (Bundesarbeitsgericht)

Korrigierende Rückgruppierung - Vertrauensschutz


4 AZR 368/09 (Bundesarbeitsgericht)

Keine Prozessverwirkung nach Klagerücknahme im Vorprozess und dreijähriger Untätigkeit - Treuwidrigkeit einer korrigierenden Rückgruppierung


4 AZR 521/11 (Bundesarbeitsgericht)

Eingruppierung einer Stationsassistentin - Überleitung in neue Vergütungsordnung - korrigierende Rückgruppierung


6 AZR 487/15 (Bundesarbeitsgericht)

Eingruppierung eines an einem Gymnasium als Lehrer beschäftigten Diplom-Übersetzers nach dem niedersächsischen Eingruppierungserlass


4 AZR 721/08 (Bundesarbeitsgericht)

Zur Eingruppierung einer pädagogische Mitarbeiterin in einer Grundschule nach dem BAT - Tarifauslegung


Referenzen
Wird zitiert von

6 Sa 1036/17

4 Sa 1428/15

Zitiert

XII ZR 22/07

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.