Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.02.2019, Az. 2 ARs 35/19

2. Strafsenat | REWIS RS 2019, 10192

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Gegenstand

Jugendstrafverfahren: Abgabe des Verfahrens bei Aufenthaltswechsel


Tenor

1. Der Abgabebeschluss des Amtsgerichts [X.] - 353 Ds 76/17 jug. - vom 6. Juni 2018 wird aufgehoben.

2. Für die Untersuchung und Entscheidung der Sache ist das

Amtsgericht – Jugendrichter – [X.] – Zweigstelle [X.] –

zuständig.

Gründe

I.

1

Die Staatsanwaltschaft [X.] hat mit Datum vom 7. September 2017 beim Amtsgericht – [X.] – [X.], Zweigstelle [X.], gegen den zur Tatzeit 19 Jahre alten Angeklagten Anklage wegen eines im Zeitraum von Januar 2017 bis Mai 2017 in [X.] begangenen Verstoßes gegen das [X.] erhoben. Zugleich hat es die Verbindung zu einem weiteren seinerzeit dort bereits gegen den Angeklagten anhängigen Verfahren 353 Ds 41/17 jug. - 711 Js 18561/16 beantragt. Mit Beschluss vom 17. November 2017 hat das Amtsgericht [X.] die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Über den Antrag auf Verbindung der Verfahren hat es nicht entschieden. Termin zur mündlichen Verhandlung wurde auf den 6. Dezember 2017 bestimmt. Der Angeklagte, der noch unter seiner ehemaligen Meldeanschrift in [X.] geladen worden war, erschien nicht zur Hauptverhandlung. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde das Verfahren ohne Verhandlung zur Sache durch Gerichtsbeschluss gemäß § 205 StPO vorläufig eingestellt, da der Angeklagte unbekannten Aufenthalts war.

2

Mit Beschluss vom 6. Juni 2018 hat das Amtsgericht [X.] das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft [X.] mit der Begründung, der Angeklagte sei nach [X.] verzogen, an das Amtsgericht – [X.] – [X.] abgegeben.

3

Das Amtsgericht [X.] hält sich nicht für zuständig und hat das Verfahren mit Beschluss vom 12. Oktober 2018 dem [X.] als gemeinschaftlichem oberen Gericht zur Entscheidung vorgelegt. Aus seiner Sicht liegen die Voraussetzungen für eine Abgabe des Verfahrens nach § 42 Abs. 3 JGG nicht vor, weil der Angeklagte nicht nach der Eröffnung des Hauptverfahrens in den dortigen Bezirk verzogen ist. Es verweist insoweit darauf, dass der Angeklagte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits vor der Eröffnung des Hauptverfahrens durch das Amtsgericht [X.] mit unbekanntem Ziel abgesetzt habe, um einer angedrohten Abschiebung nach [X.] zu entgehen. Die Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht [X.] sei zudem nicht zweckmäßig, weil der Angeklagte im dortigen Bezirk nicht aufhältig oder wohnhaft sei.

II.

4

Der [X.] ist für die Entscheidung des zwischen den [X.] bestehenden Streits gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 StPO als gemeinschaftliches oberes Gericht berufen, weil die Amtsgerichte [X.] und [X.] in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte liegen.

5

Der [X.] hat dazu ausgeführt:

„Für die Verhandlung und Entscheidung der Sache ist das Amtsgericht – [X.] – [X.] zuständig. Unabhängig davon, dass schon unklar ist, ob der Angeklagte seinen Aufenthaltsort nach Anklageerhebung gewechselt hat, liegen die Voraussetzungen für eine Abgabe nach § 42 Abs. 3 JGG nicht vor. Denn – zumindest derzeit – steht nicht fest, ob der Angeklagte überhaupt in den Bezirk des Amtsgerichts [X.] verzogen ist oder sich aktuell dort aufhält. Die Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht [X.] stützen sich hinsichtlich des Wegzugs des Angeklagten nach [X.] auf Erkenntnisse, die die Polizei im Rahmen von Aufenthaltsermittlungen in dem weiteren ursprünglich gegen den Angeklagten beim Amtsgericht [X.] anhängigen Verfahren erlangt hat (Beiakte 5 Ds 43 Js 16639/18 jug. (ehemals 353 Ds 41/17 jug. - 711 Js 18561/16 - AG [X.])). Die Annahme, dass der Angeklagte nach [X.] verzogen sei, beruht jedoch nach Aktenlage allein auf der E-Mail eines E.    M.     (Vater des Angeklagten, [X.]. 5 d.A.) an eine Wohnungsbaugesellschaft in [X.], in welcher eine Anschrift in [X.] mitgeteilt wird (Beiakte [X.]. 56). Auch wenn es sich hierbei um den neuen Wohnsitz des [X.] handeln sollte und sich der Angeklagte während seiner Aufenthalte in [X.], die Gegenstand beider gegen ihn anhängiger Verfahren sind, regelmäßig bei seinem Vater aufgehalten hat ([X.]. 5 d.A., [X.]. 73 Beiakte), steht allein damit ein [X.] auch des Angeklagten nach [X.] noch nicht fest. Laut Auskunft des Einwohnermeldeamts der Stadt [X.] war er dort auch zu keinem Zeitpunkt gemeldet ([X.]. 40 d.A).“

Dem schließt sich der Senat an.

[X.]     

      

Appl     

      

Krehl 

      

Zeng     

      

Grube     

      

Meta

2 ARs 35/19

19.02.2019

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

§ 42 Abs 3 S 1 JGG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.02.2019, Az. 2 ARs 35/19 (REWIS RS 2019, 10192)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 10192

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