Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.05.2017, Az. XII ZB 403/15

12. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 11606

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Gegenstand

Vergütung des Berufsbetreuers: Bestellung neben einem im beschränkten Umfang Bevollmächtigten


Leitsatz

Eine entsprechende Anwendung des § 6 VBVG auf die Vergütung eines neben einem Bevollmächtigten bestellten Betreuers scheidet aus, wenn die Betreuung wegen des von vornherein beschränkten Umfangs der Vollmacht erforderlich wird (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 8. Juli 2015, XII ZB 494/14, FamRZ 2015, 1710 und vom 20. März 2013, XII ZB 231/12, FamRZ 2013, 873).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des [X.] vom 5. August 2015 wird zurückgewiesen.

Das [X.] ist gerichtskostenfrei. Die außergerichtlichen Kosten des [X.]s werden der Betroffenen auferlegt.

Wert: bis 2.000 €

Gründe

I.

1

Gegenstand des Verfahrens ist die Festsetzung einer Betreuervergütung.

2

Die Betroffene und ihr 2010 verstorbener Ehemann übertrugen 2003 ihrer Tochter, der Beteiligten zu 1, das ihnen gehörende Hausgrundstück in [X.] im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Zu Gunsten der Eltern wurde zugleich ein Nießbrauchsrecht bestellt. Die Betroffene erteilte 2005 ihrer Tochter eine Vorsorgevollmacht.

3

Nach dem Umzug der an Demenz leidenden Betroffenen in ein Pflegeheim im Jahr 2012 regte die Tochter die Bestellung eines Betreuers an, da sie das Hausgrundstück veräußern und zuvor den Nießbrauch löschen lassen wollte. Das Amtsgericht bestellte den Beteiligten zu 2, einen Rechtsanwalt, zum Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Verwertung der Rechte an dem Grundstück. Nachdem das Nießbrauchsrecht - betreuungsgerichtlich genehmigt - durch notariellen Vertrag vom 14. Mai 2013 gegen eine Ausgleichszahlung aufgehoben worden war, hob das Amtsgericht die Betreuung auf.

4

Auf Antrag des Betreuers hat das Amtsgericht die Betreuervergütung nach §§ 4, 5 [X.] auf 2.266 € festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihr Anliegen weiter, die Betreuervergütung gemäß §§ 6 Satz 1, 1 Abs. 2, 3 [X.] nach tatsächlichem Aufwand festsetzen zu lassen.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

6

1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Beteiligte zu 1 sei zwar an einer Vertretung der Betroffenen in Bezug auf eine Aufhebung des [X.] an dem Hausgrundstück gehindert gewesen, weil ihr insoweit nach §§ 1908 i Abs. 1, 1796 BGB die Vertretungsbefugnis durch die Bestellung des Beteiligten zu 2 zum Betreuer implizit entzogen worden sei. Dies habe jedoch nicht zur Folge gehabt, dass dem Beteiligten zu 2 nur eine Vergütung nach tatsächlichem Aufwand zustehe. § 6 [X.] ordne dies lediglich für den Fall an, dass ein Betreuer, nicht aber ein Bevollmächtigter aus Rechtsgründen an der Vertretung des Betroffenen gehindert sei. Die Vorschrift sei auch nicht analog anzuwenden, da der Gesetzgeber die Ausnahme von der Pauschalvergütung nach §§ 4, 5 [X.] bewusst auf wenige Sonderfälle beschränkt habe.

7

2. Dies hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Eine ausnahmsweise nach §§ 6 Satz 1, 1 Abs. 2, 3 [X.] festzusetzende Vergütung scheitert bereits daran, dass ein Fall des § 1899 Abs. 4 BGB und auch die Voraussetzungen einer nach der Senatsrechtsprechung (Senatsbeschluss vom 8. Juli 2015 - [X.] 494/14 - FamRZ 2015, 1710 Rn. 12 f.) möglichen analogen Anwendung der Vorschrift nicht vorliegen.

8

a) Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Tochter im Sinne der §§ 1908 i Abs. 1, 1796 BGB an einer Vertretung der Betroffenen aus Rechtsgründen gehindert war, weil ihr die Vertretungsbefugnis vom Amtsgericht durch die Bestellung des Beteiligten zu 2 zum Betreuer implizit entzogen worden sei.

9

Zwar ist die der Tochter erteilte Vorsorgevollmacht in den Gründen des angefochtenen Beschlusses als eine „umfassende“ bezeichnet. Dies widerspricht aber der im Beschluss hierfür in Bezug genommenen Vollmachtsurkunde vom 19. Mai 2005. Zum Umfang der Vollmacht ist darin ausgeführt:

"I. Im vermögensrechtlichen Bereich die Befugnis

1. Verträge oder sonstige Vereinbarungen mit Kliniken, Alten- oder Pflegeheime abzuschließen.

2. Anträge auf Leistungen der Kranken- und der Pflegeversicherung. …"

Die Aufhebung des [X.] war mithin von der Vollmacht nicht umfasst, so dass sich die Frage, ob die Tochter als Bevollmächtigte an der Aufhebung des [X.] entsprechend einem Betreuer nach § 1899 Abs. 4 BGB rechtlich verhindert war, nicht stellte. Schon wegen des begrenzten Umfangs der Vorsorgevollmacht konnte der [X.] durch das Amtsgericht dementsprechend auch keine implizite Entziehung der Vertretungsbefugnis nach §§ 1908 i, 1796 BGB entnommen werden. Ein Betreuungsbedarf ergab sich vielmehr aus dem Umstand, dass die Betroffene aufgrund ihrer Erkrankung insoweit selbst nicht ausreichend handlungsfähig war und mangels hierfür getroffener Vorsorge auch keine anderweitigen Hilfemöglichkeiten zur Verfügung standen.

Die Vergütung nach §§ 6 Satz 1, 1 Abs. 2, 3 [X.] scheidet somit schon deswegen aus, weil eine der rechtlichen Verhinderung eines Betreuers vergleichbare Lage im Sinne der Senatsrechtsprechung (Senatsbeschluss vom 8. Juli 2015 - [X.] 494/14 - FamRZ 2015, 1710 Rn. 12 f.) nicht bestand.

b) Abgesehen vom Fall einer § 1899 Abs. 4 BGB entsprechenden Verhinderung des [X.] kann die Vergütungsregelung des § 6 [X.] über die dort genannten Sonderfälle hinaus schließlich nicht analog auf Betreuer angewandt werden, die nur für eine Angelegenheit bestellt worden sind (Senatsbeschluss vom 20. März 2013 - [X.] 231/12 - FamRZ 2013, 873 Rn. 16 ff.). Die Festsetzung der Betreuervergütung nach §§ 4, 5 [X.] ist somit rechtmäßig.

Dose     

      

[X.]     

      

Günter

      

Nedden-Boeger     

      

Guhling     

      

Meta

XII ZB 403/15

03.05.2017

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Köln, 5. August 2015, Az: 1 T 348/13

§ 6 Abs 1 VBVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.05.2017, Az. XII ZB 403/15 (REWIS RS 2017, 11606)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11606

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Zitiert

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