Bundessozialgericht, Urteil vom 10.03.2011, Az. B 3 KS 4/10 R

3. Senat | REWIS RS 2011, 8726

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Künstlersozialversicherung - Entwurf von Modeartikeln sowie von Gebrauchs- und Industrieprodukten - überwiegende Verwertung durch Vergabe von Lizenzen - künstlerische Tätigkeit - Einstufung als Künstler bei grundsätzlich handwerklicher Tätigkeit


Leitsatz

Im Bereich des Entwurfs von Modeartikeln sowie von Gebrauchs- und Industrieprodukten ist als Designer nur die Person anzusehen, die ihre Entwürfe mindestens überwiegend durch die Vergabe von Lizenzen verwertet. Wer hingegen solche Güter nach eigenen Entwürfen selbst fertigt oder im eigenen Namen fertigen lässt und sie anschließend vermarktet, ist als Produzent und nicht als Designer iS des KSVG anzusehen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des [X.] vom 16. September 2009 und des [X.] vom 7. Juni 2007 geändert und die Klage abgewiesen.

Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin als Modedesignerin in der Künstlersozialversicherung (KSV).

2

Die Klägerin ist ausgebildete Damenschneiderin und hat ein Studium der Erziehungswissenschaft abgeschlossen. Nach Tätigkeit in einem [X.] von Juni 2004 bis Ende 2005 eröffnete sie zum 1.1.2006 ein eigenes Ladengeschäft sowie einen Internetshop, in denen sie von ihr selbst entworfene Kleidungsstücke, Modeaccessoires sowie andere aus Stoff gefertigte Produkte vertreibt. Diese hatte sie anfangs auch selbst hergestellt. Seit dem Ausscheiden aus dem [X.] befasst sie sich eigenen Angaben zufolge aber nur noch mit dem Entwerfen ihrer Kollektion und lässt die Produktion von [X.] - Praktikanten und freien Mitarbeitern/-innen - durchführen. Den Verkauf und Vertrieb der fertigen Kleidungsstücke und Modeaccessoires führt sie nach wie vor in [X.] durch.

3

Im Januar 2005 beantragte die Klägerin bei der beklagten Künstlersozialkasse ([X.]) die Feststellung ihrer Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz ([X.]) seit Juni 2004. Zu diesem Zeitpunkt habe sie sich in dem [X.] selbstständig gemacht und entwerfe Kleidungsstücke und Accessoires aus verschiedenen Materialien, die anderweitig gefertigt und von ihr vermarktet würden. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Tätigkeit der Klägerin ungeachtet der gestalterischen Elemente mit eigenschöpferischem Charakter in erster Linie von handwerklichen Aspekten geprägt werde (Bescheid vom 14.3.2005; Widerspruchsbescheid vom 7.11.2005).

4

Das [X.] hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Versicherungspflicht der Klägerin in der [X.] seit 11.1.2005 festgestellt. Die in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zur Tätigkeit von Modedesignern, die ihre Entwürfe nicht selbst herstellten, seien nicht frei von Widersprüchen. Eine Differenzierung zwischen Selbst- und Fremdvermarktung erscheine nicht sachgerecht. Die Klägerin sei als Künstlerin wie Industrie- oder Web-Designer zu erachten (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat das erstinstanzliche Urteil geändert, soweit das [X.] die Versicherungspflicht auch für den Zeitraum von Juni 2004 bis Dezember 2005 festgestellt hat und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen: Seit dem Ausscheiden aus dem [X.] Ende Dezember 2005 fertige die Klägerin die vertriebenen Bekleidungsstücke und Accessoires nicht mehr selbst, sondern beschränke sich auf deren Entwurf. Dies sei dem Bereich der bildenden Kunst zuzuordnen, denn ihre selbstständige Tätigkeit sei der eines Grafik-, Mode-, Textil- oder [X.] und [X.] vergleichbar. Dass die Klägerin die Produkte weiter selbst vermarkte, stehe nicht entgegen, dies überwiege den künstlerischen Teil nicht (Urteil vom [X.]).

5

Mit ihrer vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung der §§ 1 und 2 [X.]. Die Klägerin sei keine Modedesignerin iS des [X.]. Vielmehr fielen die von ihr nachgewiesenen Tätigkeiten grundsätzlich unter Anlage B Abschnitt 1 Nr 19 der Handwerksordnung (HwO - Damen- und Herrenschneidermeisterin). Zu deren Aufgabenbereich gehöre auch das Anfertigen von Entwürfen. Nach den in der Rechtsprechung des erkennenden Senats entwickelten Grundsätzen könne bei der manuellen Fertigung von Einzelstücken nach eigenen Entwürfen nicht gesondert auf den eigenschöpferischen Anteil an der Gesamtleistung abgestellt werden (Verweis auf Urteil vom 24.6.1998 - B[X.]E 82, 164, 167 f = [X.] 3-5425 § 2 [X.] f - [X.]).

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des L[X.] Niedersachsen-Bremen vom [X.] und des [X.] Bremen vom [X.] zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der [X.]eklagten hat Erfolg. Zu Unrecht hat das [X.] entschieden, dass die Klägerin als Modedesignerin der Versicherungspflicht nach dem [X.] unterliegt. Weder entspricht ihre Tätigkeit der einer Designerin iS des [X.] (dazu unter 3.) noch hat sich die Klägerin aus dem angestammten [X.]ereich des ([X.] gelöst und ist als in [X.] anerkannte Künstlerin anzusehen (dazu unter 4.).

9

1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Feststellungsanspruchs ist § 1 iVm § 2 Satz 1 [X.]. Dabei ist hier § 1 [X.] in der Fassung des [X.] in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004 ([X.]) und § 2 [X.] in der Fassung des 2. [X.]-Änderungsgesetzes vom 13.6.2001 ([X.] 1027) anzuwenden. Nach § 1 [X.] werden selbstständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der [X.] Pflegeversicherung versichert, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben ([X.]) und im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die [X.]eschäftigung erfolgt zur [X.]erufsausbildung oder ist geringfügig iS des § 8 SG[X.] IV ([X.]). Nach § 2 Satz 1 [X.] ist Künstler im Sinne dieses Gesetzes, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Im vorliegenden Fall kommt ersichtlich nur das "Schaffen von bildender Kunst" iS des § 2 Satz 1 [X.] in [X.]etracht. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind hier aber nicht erfüllt.

2. In § 2 Satz 1 [X.] werden drei [X.]ereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten des Schaffens, Ausübens und Lehrens umschrieben, nämlich die Musik sowie die bildende und die darstellende Kunst. Eine weitergehende Festlegung, was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen künstlerischer [X.]etätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber spricht im [X.] nur allgemein von "Künstlern" und "künstlerischen Tätigkeiten", auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs hat er hingegen bewusst verzichtet ([X.]T-Drucks 8/3172 [X.]). Dieser [X.]egriff ist deshalb aus dem Regelungszweck des [X.] unter [X.]erücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen (vgl [X.]-5425 § 24 [X.] Rd[X.]3 und [X.], 160, 161 = [X.]-5425 § 2 [X.] - jeweils mwN; zum Kunstbegriff des Art 5 GG vgl [X.] 30, 173, 188 ff und 81, 108, 116; zur Zielrichtung des [X.] vgl [X.]T-Drucks 9/26, [X.] und [X.]T-Drucks 8/3172, [X.] ff). Aus den Materialien zum [X.] ergibt sich, dass der [X.]egriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfassen soll, mit denen sich der "[X.]ericht der [X.]undesregierung über die wirtschaftliche und [X.] Lage der künstlerischen [X.]erufe ([X.])" aus dem Jahre 1975 ([X.]T-Drucks 7/3071) beschäftigt ([X.], 160, 165 f = [X.]-5425 § 2 [X.] f; [X.], 246, 250 = [X.]-5425 § 1 [X.]; vgl auch [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl 2009, § 2 Rd[X.] 3 und 9; Schriever "Der [X.]egriff der Kunst im Künstlersozialversicherungsrecht" in: von [X.]/[X.] , Festschrift 50 Jahre [X.], 2004, [X.], 714 f). Der Gesetzgeber hat damit einen an der Typologie von Ausübungsformen orientierten Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps (z[X.] Theater, Malerei, Musik) entspricht. [X.]ei diesen [X.]erufsfeldern ist das [X.] Schutzbedürfnis der [X.]etroffenen zu unterstellen, ohne dass es auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankommt oder eine bestimmte Werk- und [X.] vorausgesetzt wird ([X.]SG aaO). So liegt es im Falle der Klägerin aber nicht, weil sie weder wie eine Designerin tätig ist (dazu unter 3.) noch in [X.] über eine Anerkennung als Künstlerin verfügt (dazu unter 4.).

3. Zunächst entspricht die Tätigkeit der Klägerin nicht der einer Designerin iS des [X.]. Soweit der Entwurf von Modeartikeln sowie von Gebrauchs- und Industrieprodukten betroffen ist, gilt als Designer/-in nur diejenige Person, die ihre Entwürfe ganz oder zumindest überwiegend durch die Vergabe von Lizenzen verwertet. Wer hingegen solche Güter nach eigenen Entwürfen selbst fertigt oder im eigenen Namen fertigen lässt und sie anschließend vermarktet, ist nach der Wertung des [X.] als Produzent und nicht als Designer anzusehen.

a) Grundsätzlich zählt allerdings auch das Design zu den in den Schutzbereich des [X.] einbezogenen [X.]erufsfeldern. Designer sind zwar im [X.] nicht als eigene [X.]erufsgruppe gesondert aufgeführt, jedoch ist das "Design" im [X.] der bildenden Kunst umfassend gleichberechtigt gegenübergestellt, darunter mit besonderer Nennung der [X.]erufsgruppen der Grafik-Designer, der [X.] sowie der [X.] (vgl [X.]T-Drucks 7/3071 [X.]). Diesem Verständnis entsprechend hatte auch der Verordnungsgeber der zwischenzeitlich wieder aufgehobenen "Verordnung zur Durchführung des [X.]" ([X.]DV) vom 23.5.1984 ([X.] 709) die Gruppe ua der Mode-Designer dem [X.]ereich der bildenden Kunst zugerechnet (vgl § 2 Abs 2 [X.] [X.]DV). In diesem Sinne ist der erkennende [X.] in seiner Rechtsprechung wie selbstverständlich von der Künstlereigenschaft der Mode-Designer ausgegangen, weil die Tätigkeit mit der von [X.], [X.]n oder Layoutern vergleichbar sei (vgl [X.]-5425 § 2 [X.] Rd[X.] 7 - Web-Designer). Dem entspricht in der Rechtsprechung des [X.] auch die Zuordnung jeglicher anderer Design-[X.]erufe zum Typus des bildenden Künstlers iS des [X.] (vgl [X.]SG [X.]-5425 § 25 [X.] - Gestaltung von [X.]; [X.]SG [X.]-5425 § 2 [X.]1 - Industriedesigner; Urteil vom 4.3.2004 - [X.] 3 KR 15/03 R - Layouter; [X.]-5425 § 2 [X.] Rd[X.] 7 - Web-Designer; Urteil vom [X.] - [X.] 3 KR 7/04 R - [X.]erufsfachschule für Designberufe; [X.]-5425 § 24 [X.] - Kommunikations- und Designkonzepte).

b) Künstlerstatus iS des [X.] hat im [X.]ereich des Entwurfs von Modeartikeln sowie von Gebrauchs- oder Industrieprodukten allerdings nur der Designer, der seine Tätigkeit auf das Entwerfen beschränkt und mit der Produktion/Vermarktung der entworfenen Güter nicht befasst ist. Als Künstler anzusehen iS von § 2 Satz 1 [X.] ist ein Designer ausschließlich um seiner gestaltenden Tätigkeiten wegen. Design ist die formgerechte und funktionale Gestaltung von Gegenständen aller Art unter künstlerisch-ästhetischen Gesichtspunkten. Dabei wird unter dem [X.]egriff Produkt- oder Industriedesign eine den Erfordernissen der (handwerklichen, gewerblichen oder industriellen) Produktion angepasste Gestaltung von Gebrauchsgegenständen aller Art verstanden ([X.], [X.], 20. Aufl 1996, [X.]and 10, Stichwort "Industriedesign"). Demgemäß hat der [X.] als charakteristisches Merkmal des Industriedesigns den Entwurf der äußeren Gestalt von Gegenständen (einschließlich der Farbgebung) nach ästhetischen, den vorgesehenen Verwendungszweck und die Funktion uneingeschränkt wahrenden Gesichtspunkten (Gestaltung der "schönen Form") angesehen und dies als eine eigenschöpferisch gestaltende, der "bildenden Kunst" iS des § 2 [X.] zuzurechnende Tätigkeit gewertet (vgl [X.]SG [X.]-5425 § 2 [X.]1 S 46 - Industriedesigner). Deshalb hat er die Erstellung von Entwürfen für Tür- und Fensterbeschläge durch Designer als künstlerische Tätigkeit iS des [X.] qualifiziert und dem [X.]ereich "bildende Kunst" zugeordnet, solange damit nicht die handwerkliche oder industrielle Produktion der Gegenstände durch die den Entwurf erstellende Person verbunden ist (aaO [X.]). Vergleichbar hat er die Tätigkeit eines [X.] als künstlerisch qualifiziert, sofern dieser sich auf das Entwerfen und Zeichnen von [X.] und Vorlagen als Arbeitsmittel für Tattoo-Studios beschränkt, ohne selbst die Entwürfe auf die menschliche Haut zu übertragen (vgl [X.], 152 = [X.] 4-5425 § 2 [X.]1, Rd[X.]1 - Tätowierer; ähnlich auch [X.], 164, 167 f = [X.]-5425 § 2 [X.] S 30 - [X.] und [X.]-5425 § 2 [X.] Rd[X.]5 - Web-Designer).

c) Grundsätzlich keine künstlerische Tätigkeit ist dagegen das Herstellen oder die Produktion von Gebrauchsgütern (zu den Ausnahmen unten 4.). Dies gilt zunächst ständiger Rechtsprechung des [X.]s zufolge für die handwerksmäßige Fertigung. Die [X.] ist nach ihrer Anlage als "Künstler"-Sozialversicherung ausschließlich für künstlerische und nicht für handwerksmäßig ausgeübte [X.]erufe geschaffen worden (vgl dazu schon [X.], 136, 138 = [X.]-5425 § 2 [X.] S 15 - Cembalobauer). Demzufolge begründen schöpferische Leistungen keine Anerkennung als künstlerisch iS von § 2 Satz 1 [X.], solange sie über den [X.]ereich des Handwerklichen nicht hinausgehen (vgl [X.], 164, 165 f = [X.]-5425 § 2 [X.] S 28 - [X.]; [X.]SG [X.]-5425 § 25 [X.]1 S 56 - Gemäldefotografie; [X.], 152 = [X.] 4-5425 § 2 [X.]1, Rd[X.]8 - Tätowierer). Nicht anders verhält es sich bei industriell hergestellten Produkten, bei denen am Anfang ein Entwurf steht, der sodann in der Fertigung Gestalt annimmt und an dessen Ende die - möglichst gewinnbringende - Vermarktung folgt. Versicherungsschutz iS des § 2 Satz 1 [X.] genießt nicht der Produzent, sondern nur der mit dem Entwurf betraute Designer, weil dessen Werk nach den für die Aufstellung des [X.]s maßgebenden Kriterien einem der drei [X.]ereiche künstlerischer Tätigkeit zuzurechnen ist. Die Abgrenzung ist unproblematisch bei Designern, die sich auf das Entwerfen der Produktvorlagen beschränken und ihre Einkünfte ausschließlich oder zumindest weit überwiegend aus Lizenzen für die Überlassung der Entwürfe beziehen. In diesem Fall ist das verwertete Arbeitsergebnis - der [X.] - einer der Kunstgattungen der [X.] zuzurechnen, nämlich der bildenden Kunst. Anders liegt es indes, wenn jemand ein Produkt nach eigenen Entwürfen selbst anfertigt und anschließend sogar die Vermarktung vornimmt, also seine Einkünfte nicht allein aus der Überlassung eines Entwurfs zur Verwertung durch Dritte erzielt, sondern vielmehr aus der Produktion und/oder der anschließenden Veräußerung der Gegenstände. Dann mag der [X.] zwar auch von der Güte des eigenen Entwurfs abhängen, aber das vorbereitende Design ist nur ein Teilbereich des komplexen Tätigkeitsbildes. In der Gesamtschau prägend ist vielmehr eine Einheit aus Entwurf, Produktion und Vermarktung, wobei dies gleichermaßen für in kleiner und in großer Serie produzierte Gegenstände gilt. Ebenso wie beim Kunsthandwerker steht auch bei der Herstellung/Vermarktung selbst entworfener Produkte die Verwertung der Produktpalette im Vordergrund, sodass wegen einer etwaigen Versicherungspflicht nach dem [X.] nicht mehr allein auf die eigenschöpferische Leistung beim Entwurf angeknüpft werden kann.

d) Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall. Zwar hat das [X.] unangegriffen und deshalb für den [X.] bindend (§ 163 SGG) festgestellt, dass die Klägerin sich zunächst auf das Entwerfen der von ihr vertriebenen Modeartikel und Accessoires beschränkt und an deren Herstellung nicht unmittelbar selbst mitwirkt, sondern dies durch freie Mitarbeiter/-innen und Praktikanten erledigen lässt. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie umfassend in den Produktionsablauf und die Vermarktung der fertigen Produkte eingebunden ist. Zum einen werden die Entwürfe nach ihren Angaben und auf ihre Rechnung gefertigt und es kann keinen Unterschied machen, ob die Herstellung durch sie selbst, durch eigene Angestellte (dann entfiele die Versicherungspflicht womöglich schon aus anderen Gründen) (vgl § 1 [X.] [X.]) oder durch freie Mitarbeiter/-innen und Praktikanten erfolgt. Zum anderen ist die Klägerin Inhaberin eines Ladengeschäfts sowie [X.]etreiberin eines Internetshops, wo sie die entworfenen Modeartikel und Accessoires selbst anbietet und verkauft. Das schließt es aus, die Klägerin als Modedesignerin iS von § 2 Satz 1 [X.] qualifizieren zu können.

4. Die Klägerin hat sich auch nicht dermaßen aus dem angestammten handwerklichen [X.]erufsfeld gelöst, dass sie als in [X.] anerkannte Künstlerin der Versicherungspflicht nach dem [X.] unterliegen könnte.

a) Allerdings ist, wie der [X.] schon wiederholt entschieden hat, nicht schlechthin jede Tätigkeit, die dem Handwerksbereich zuzuordnen ist, aus der Versicherungspflicht nach dem [X.] ausgeklammert. Zwar gilt im Grundsatz für alle handwerklichen [X.]erufe, dass sie keine Versicherungspflicht nach dem [X.] begründen. Darunter fallen alle Gewerbe, die als zulassungspflichtige Handwerke betrieben werden können (§ 1 Abs 2 HwO - Anlage A der HwO), sowie die in der Anlage [X.] der HwO genannten Gewerbe, die als zulassungsfreie Handwerke oder handwerksähnliche Gewerbe betrieben werden können (§ 18 Abs 2 HwO), aber darüber hinaus auch alle nicht in der HwO verzeichneten handwerklichen Tätigkeiten im weiteren Sinne (vgl zusammenfassend zuletzt [X.], 152 = [X.] 4-5425 § 2 [X.]1 Rd[X.]8 - Tätowierer). Jedoch kommt eine Einstufung als Künstler auch bei grundsätzlich handwerklicher Tätigkeit ausnahmsweise dann in [X.]etracht, wenn der [X.]etroffene mit seinen Werken in einschlägigen fachkundigen Kreisen als "Künstler" anerkannt und behandelt wird und deshalb den [X.]ereich der rein handwerksmäßigen [X.]erufsausübung verlassen hat (vgl [X.], 136, 140 = [X.]-5425 § 2 [X.] S 17 - Cembalobauer; [X.], 164, 168 = [X.]-5425 § 2 [X.] S 31 - [X.]; [X.], 152 = [X.] 4-5425 § 2 [X.]1, Rd[X.]2 - Tätowierer).

b) Anerkennung als Künstler können Angehörige grundsätzlich handwerklich geprägter [X.]erufe indes nur für solche Werke erfahren, die ihrerseits dem Kunstbegriff des [X.] genügen und daher den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps (z[X.] Theater, Malerei, Musik) entsprechen. Dafür reicht es nicht aus, dass die Ausführung in Fachkreisen als besonders qualitätsvoll oder hochwertig angesehen wird, wie das [X.] möglicherweise zu verstehen sein könnte (vgl [X.], 152 = [X.] 4-5425 § 2 [X.]1 Rd[X.]2 - Tätowierer). Vielmehr ist eine Zuordnung zum [X.]ereich der Kunst nur dann anzunehmen, wenn der [X.]etroffene mit seinen Werken in einschlägigen fachkundigen Kreisen als "Künstler" anerkannt und behandelt wird (vgl [X.], 136, 140 = [X.]-5425 § 2 [X.] S 16 - Cembalobauer). Wie der [X.] bereits entschieden hat, ist hierfür bei Vertretern der bildenden Kunst vor allem maßgebend, ob der [X.]etroffene an Kunstausstellungen teilnimmt, Mitglied von [X.] ist, in [X.] aufgeführt wird, Auszeichnungen als Künstler erhalten hat oder andere Indizien auf eine derartige Anerkennung schließen lassen (vgl [X.], 164, 168 = [X.]-5425 § 2 [X.] S 31 - [X.]). Als ein solches Indiz hat der [X.] z[X.] die Abbildung oder [X.]esprechung einer Arbeit in einer Kunstzeitschrift angesehen (vgl [X.], 152 = [X.] 4-5425 § 2 [X.]1, Rd[X.]2 - Tätowierer). Nicht ausreichend dagegen ist der [X.]esuch von [X.] (vgl [X.], 164, 169 = [X.]-5425 § 2 [X.] S 32 - [X.]).

c) Diese besonderen Kriterien sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der vom [X.] festgestellte Sachverhalt gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Arbeiten der Klägerin durch Fachkreise der bildenden Kunst (z[X.] Kunstkritiker, Museumsleute, Galeristen, [X.]) dieser Kunstgattung zugerechnet würden. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die regelmäßige Teilnahme an Ausstellungen und die dem vorgeschaltete Auswahl durch Fachjurys verweist, lässt sich nicht erkennen, dass es sich dabei um Kunstausstellungen handeln könnte, die zumindest im weiteren Sinne der bildenden Kunst zuzurechnen wären. Vielmehr spricht alles dafür, dass es sich um kunsthandwerkliche Verkaufsausstellungen handelt, denen für die Anerkennung in Künstlerkreisen keine Indizwirkung zukommt.

           

5. [X.] beruht auf § 193 SGG.

                          

Meta

B 3 KS 4/10 R

10.03.2011

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: KS

vorgehend SG Bremen, 7. Juni 2007, Az: S 4 KR 177/05, Urteil

§ 1 KSVG vom 09.12.2004, § 2 S 1 KSVG vom 13.06.2001

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 10.03.2011, Az. B 3 KS 4/10 R (REWIS RS 2011, 8726)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8726

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 3 KS 1/11 R (Bundessozialgericht)

Künstlersozialversicherung - diplomierte Modedesignerin - Mitinhaberin eines Modeateliers - alleinige Zuständigkeit für das Modedesign - …


B 3 KS 6/13 B (Bundessozialgericht)

Künstlersozialversicherung - Architekt - Innenarchitekt - Design - kreative Komponente - künstlerische Tätigkeit - Künstlereigenschaft


B 3 KS 1/10 R (Bundessozialgericht)

Künstlersozialversicherung - Werbefotografie ist bildende Kunst - Rechtsstreit zwischen Unternehmer und Rentenversicherungsträger - keine notwendige …


B 3 KS 5/13 R (Bundessozialgericht)

Künstlersozialabgabe - Zahlungspflicht - kunstverwertender Unternehmer - Diplom-Designer - Inhaber eines Design-Büros - Auftragsvergabe an …


B 3 KS 1/14 B (Bundessozialgericht)

Künstlersozialversicherung - bildende Kunst - Kunsthandwerk bzw -gewerbe - Abgrenzungskriterien der Finanzgerichten bei Leistungen mit …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.