Bundessozialgericht, Beschluss vom 26.03.2014, Az. B 3 KS 6/13 B

3. Senat | REWIS RS 2014, 6748

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Gegenstand

Künstlersozialversicherung - Architekt - Innenarchitekt - Design - kreative Komponente - künstlerische Tätigkeit - Künstlereigenschaft


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 8. November 2013 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der 1969 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Innenarchitektur. Unter der Firma "Atelier Steps Architektur- und Designplanung" bot er bis zum 31.7.2012 die planerische Gestaltung (Raumkonzepte) von Innenräumen aller Art im Zuge des Neubaus, Umbaus und Ausbaus sowie der Umgestaltung unter besonderer Einbeziehung der Licht- und Farbgestaltung an ([X.]), wobei er sich nach eigenen Angaben schwerpunktmäßig mit dem Entwurf von fest installierten Möbelstücken, von dreidimensionalem Corporate Identity und von temporären Räumen befasst hat. Seit dem 1.8.2012 lebt und arbeitet er in den USA.

2

Seinen mit der selbstständigen Tätigkeit als "Möbeldesigner, Raumgestalter, Farbgestaltung, Innenarchitekt, Gastdozent Hochschule" begründeten Antrag vom [X.] auf Feststellung der Versicherungspflicht als "bildender Künstler" in der Künstlersozialversicherung ([X.]) lehnte die beklagte Künstlersozialkasse ab, weil die Tätigkeitsbereiche des [X.] zum Berufsbild des Innenarchitekten gehörten und die Innenarchitektur nicht vom Kunstbegriff des Künstlersozialversicherungsgesetzes ([X.]G) erfasst werde (Bescheid vom [X.], Widerspruchsbescheid vom [X.]). Die auf die Feststellung der Versicherungspflicht in der [X.] für die Zeit vom [X.] bis zum 31.7.2012 beschränkte Klage hat das [X.] abgewiesen (Urteil vom 6.7.2011). Das L[X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen (Urteil vom 8.11.2013): Die Tätigkeit des [X.] gehöre zur Innenarchitektur, die nach der Verkehrsanschauung ebenso wie die Architektur von Gebäuden ("Baukunst") nicht Kunst im Sinne des [X.]G sei. Dass er das volle Berufsbild des Innenarchitekten nicht ausschöpfe, sondern sich auf die planerische kreative Raumgestaltung beschränke, sei unerheblich. Bei der Designertätigkeit des [X.]G gehe es nicht - wie hier - um die Erfüllung eines Auftrages, konkrete Räume dauerhaft oder temporär zu gestalten, sondern darum, Entwürfe für die äußere Gestaltung von Produkten und Gegenständen aller Art nach ästhetisch-funktionalen Gesichtspunkten anzufertigen und [X.] gegen ein Entgelt (zB Lizenzgebühren) die Nutzung der Entwürfe (Vermarktung) zu überlassen. Das Möbeldesign könne zwar grundsätzlich eine Form der bildenden Kunst iS des § 2 [X.]G darstellen, sei hier aber nur Bestandteil der konkreten planerischen Raumgestaltung und damit Teil der Innenarchitektur, zumal es an der Verwertung der Möbelentwürfe durch Dritte fehle.

3

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des L[X.].

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der durch § 160 Abs 2, § 160a Abs 2 [X.]G normierten Form begründet worden ist. Sie ist deshalb ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1, § 169 [X.]G). Der Kläger weist zwar auf einen gesetzlichen Zulassungsgrund hin, nämlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]G), jedoch ist dieser Zulassungsgrund nicht so dargelegt worden, wie § 160a Abs 2 [X.] [X.]G dies verlangt.

5

1. Zur Begründung der Grundsätzlichkeit der Rechtssache muss erläutert werden, dass und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (vgl [X.] [X.] 1500 § 160a [X.]; B[X.]E 40, 158 = [X.] 1500 § 160a [X.] und B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.]) und dass sie klärungsfähig und klärungsbedürftig ist (B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.]), im Falle der Revisionszulassung also entscheidungserheblich wäre (B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.]). [X.] ist grundsätzlich nicht (mehr) gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage höchstrichterlich bereits entschieden ist (B[X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.] 8). Um eine fortbestehende [X.] darzutun, muss in solchen Fällen unter Auswertung der bisherigen Rechtsprechung des B[X.] substantiiert vorgetragen werden, dass neue, bisher noch nicht berücksichtigte Argumente bestehen oder dass gegen die Entscheidung des B[X.] von dritter Seite, etwa im Schrifttum, in nicht unerheblichem Umfang Kritik vorgebracht worden ist (B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 65). Diese Anforderungen betreffen die gesetzliche Form iS von § 169 [X.]G (vgl [X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 48). Ihnen genügen die Darlegungen des [X.] nicht.

6

a) Der Kläger hat - sinngemäß - folgende Rechtsfrage aufgeworfen: "Ist die Tätigkeit eines Innenarchitekten, der sich schwerpunktmäßig mit dem reinen Entwurf von fest installierten Möbelstücken, von dreidimensionalem [X.] und von temporären Räumen (zB Gestaltung der Settings von Pressekonferenzen, Entwurf von Messeständen) beschäftigt, als bildende Kunst iS des § 2 [X.]G zu bewerten?"

7

b) Damit hat der Kläger zwar eine Rechtsfrage formuliert, es fehlt aber an der nachvollziehbaren Darlegung der [X.] dieser Frage. Der Beschwerdebegründung ist nicht zu entnehmen, dass die bisher vorliegende Rechtsprechung des B[X.] zu diesem Problemkreis keine hinreichend sichere Antwort auf diese Frage zulässt. Dazu hätte der Kläger die einschlägigen Entscheidungen des B[X.] auswerten müssen. Die Künstlereigenschaft von Architekten und Innenarchitekten ist verneint worden, weil beiden Berufen zwar eine erhebliche kreative Komponente eigen ist, die Berufsbilder in ihrer gesamten Bandbreite aber nach der Verkehrsanschauung [X.]r Art sind (B[X.] Urteil vom 12.11.2003 - [X.] KR 39/02 R - [X.] 4-5425 § 24 [X.] 1 zur fehlenden Abgabepflicht einer Hochschule, die das Studium der Architektur und der Innenarchitektur anbietet, weil es sich nicht um eine Ausbildungseinrichtung für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten iS des § 24 Abs 1 S 1 [X.] 9 [X.]G handelt; Urteil vom [X.] - [X.] KR 37/04 R - [X.] 4-5425 § 2 [X.] 5 zum Architekturberuf als allgemeiner technischer Beruf; Beschluss vom 12.8.2004 - [X.] KR 12/04 B - zur Innenarchitektur als [X.] Tätigkeit). In entsprechender Weise sind auch alle Berufe aus dem Bereich des Kunsthandwerks als nicht-künstlerisch eingestuft worden, weil sie trotz ihrer kreativen Komponente in der Gesamtschau handwerklich geprägt sind und das Handwerk keine Kunst im Sinne des [X.]G darstellt (B[X.]E 82, 164 = [X.] 3-5425 § 2 [X.] 8 zum [X.]; B[X.]E 80, 136 = [X.] 3-5425 § 2 [X.] 5 zum Cembalobauer; B[X.] [X.] 3-5425 § 25 [X.] zur Gemäldefotografie für ein Diaarchiv; B[X.] [X.] 4-5425 § 24 [X.] 3 und § 2 [X.] 18 zur Werbefotografie). Ein Kunsthandwerker kann erst dann als bildender Künstler im Sinne des [X.]G anerkannt werden, wenn er sich auf das reine Entwerfen der äußeren Gestalt von Gegenständen (einschließlich der Farbgebung) nach ästhetischen, den vorgesehenen Verwendungszweck und die Funktion uneingeschränkt währenden Gesichtspunkten (Gestaltung der "schönen Form") beschränkt und dabei die kommerzielle Nutzung der Entwürfe [X.] gegen Entgelt (zB Lizenzgebühren) überlässt. In solchen Fällen verlässt ein Kunsthandwerker den handwerklichen Bereich und wird als Produktdesigner, Industriedesigner, Schmuckdesigner, Modedesigner, Möbeldesigner, [X.], Textildesigner oder [X.] zum professionellen künstlerischen Designer (B[X.] [X.] 3-5425 § 2 [X.] zum Industriedesigner für Tür- und Festerbeschläge; B[X.]E 98, 152 = [X.] 4-5425 § 2 [X.] zum Tätowierer und Tattoo-Designer; B[X.] [X.] 4-5425 § 2 [X.] 19 und 21 zur Modedesignerin). Bei derartigen [X.] handelt es sich nach der Verkehrsanschauung um eigenständige, verselbstständigte Berufsbilder mit künstlerischem Charakter, die sich von der handwerklichen bzw kunsthandwerklichen Berufsausübung deutlich abheben.

8

Der Kläger legt keine Umstände dar, die darauf schließen lassen könnten, dass sich seine planerische Entwurfstätigkeit in vergleichbarer Weise in Richtung eines reinen, von konkreten Projekten unabhängigen "Raumdesigns" verselbstständigt und so den Bereich der Innenarchitektur verlassen hat. Nach den Feststellungen des L[X.] entwirft der Kläger die Räume ausnahmslos auftrags- und projektbezogen, verharrt dabei also im Tätigkeitsfeld der Innenarchitekten. Sein Arbeitseinkommen (§ 15 [X.]B IV) erzielt er aus der Durchführung innenarchitektonischer Aufträge und nicht aus der Vermarktung seiner Raumgestaltungsentwürfe durch Dritte. Durch die rein projektbezogenen Entwürfe von fest installierten Möbelstücken, die in die gestalteten Räume als Inventar integriert sind, wird der Kläger auch nicht zum selbstständigen Möbeldesigner, sondern arbeitet auch insoweit als Innenarchitekt.

9

2. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

Meta

B 3 KS 6/13 B

26.03.2014

Bundessozialgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KS

vorgehend SG Berlin, 6. Juli 2011, Az: S 36 KR 282/10, Urteil

§ 2 S 1 KSVG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 26.03.2014, Az. B 3 KS 6/13 B (REWIS RS 2014, 6748)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6748

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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