Bundessozialgericht, Urteil vom 18.02.2010, Az. B 4 AS 5/09 R

4. Senat | REWIS RS 2010, 9213

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Grundsicherung für Arbeitsuchende - Zuschuss statt Darlehen nach § 9 Abs 4 SGB 2 - Anfechtungs- und Verpflichtungsklage - Untersuchungsmaxime - Hilfebedürftigkeit - keine Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen des Stiefvaters zugunsten des Stiefkindes vor dem 1.8.2006 - Unterhaltsvermutung des § 9 Abs 5 SGB 2 - Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft - Einkommens- und Vermögensberücksichtigung)


Tatbestand

1

[X.] ist, ob die Kläger in der [X.] vom [X.] bis [X.] Anspruch auf Leistungen nach dem [X.] als Zuschuss oder als Darlehen haben.

2

Die 1999 und 2002 geborenen Kläger leben mit ihrer Mutter und [X.] zusammen, der nicht ihr leiblicher Vater ist und mit dem ihre Mutter seit August 2005 verheiratet ist. [X.] ist seit 1994 zusammen mit seinem Bruder je zur Hälfte Miteigentümer eines mit einem vermieteten Haus bebauten Grundstücks in [X.], welches mit einem lebenslangen Nießbrauch zu Gunsten seiner Großmutter belastet ist. Zumindest bis September 2004 sind hieraus Mieteinnahmen erzielt worden. [X.] bewilligte den Klägern sowie deren Mutter und Stiefvater für die [X.] vom [X.] bis 30.9.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem [X.] in Höhe von 1.258,46 Euro und vom 1.10.2005 bis [X.] in Höhe von monatlich 1.230,60 Euro lediglich als Darlehen (Bescheid vom 16.9.2005; Widerspruchsbescheid vom 16.2.2006).

3

Im sozialgerichtlichen Verfahren haben die Kläger geltend gemacht, das Hausgrundstück sei wertlos und mit erheblichen Grundschulden belastet, die dessen Wert überstiegen. Das lebenslange Nießbrauchsrecht zu Gunsten der Großmutter des [X.] beeinträchtige den Wert des Grundstücks und mache dessen Verwertung unzumutbar. Zudem werde der Substanzwert des Hauses durch dessen Baufälligkeit erheblich vermindert. Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom [X.]). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] ausgeführt, die Vermögensverhältnisse des [X.] seien unklar. Aufklärungsverfügungen habe er unbeantwortet gelassen. Nachweise zum Beleg seiner Behauptung, dass der Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück praktisch wertlos sei und hierauf Grundschulden lasteten, die dessen Wert überstiegen, habe er - auch auf gerichtliche Aufforderung - nicht eingereicht. Weitere denkbare Ermittlungen (beispielsweise in Form eines Sachverständigengutachtens über den Wert des Grundstücks und ggf dessen Veräußerungsmöglichkeiten am Markt) erschienen erst sinnvoll, wenn geklärt sei, in welcher Höhe das Eigentum noch belastet sei.

4

Das L[X.] Niedersachsen-Bremen hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 19.6.2008). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das L[X.] ausgeführt, den Klägern stehe im streitigen [X.]raum allenfalls ein Anspruch auf Leistungen nach dem [X.] als Darlehen zu. [X.] sei zur Hälfte Miteigentümer eines bebauten Grundstücks, welches in der Vergangenheit erhebliche Mieteinnahmen abgeworfen habe. Ob im streitigen [X.]raum Mieteinnahmen erzielt worden seien, könne ungeklärt bleiben. [X.] habe diesen Umstand unberücksichtigt gelassen und die Kläger darauf verwiesen, das nicht selbst bewohnte Hausgrundstück zu verwerten. Dies sei rechtlich nicht zu beanstanden, wenn - wie hier - der Grundsicherungsträger für eine Übergangsphase bis zur Verwertung des Grundstücks den Lebensunterhalt durch eine darlehensweise Leistungsgewährung sicherstelle. Anhaltspunkte dafür, dass die Verwertung des Grundstücks nicht möglich oder unzumutbar gewesen sei, seien nicht erkennbar. Noch im September 2004 sei eine Wohnung in diesem Haus durch den Vater von [X.] an die Mutter der Kläger zu einem Preis vermietet worden, den der Beklagte oberhalb der [X.] des § 22 [X.] eingestuft habe. [X.] habe nicht dargelegt, in welcher Höhe das Grundstück mit Grundschulden belastet sei. Die Berufung sei auch nicht begründet worden. Eine wirtschaftliche Bewertung des der Großmutter eingeräumten Nießbrauchsrechts und weitere Ermittlungen seien ohne weiterführende Angaben nicht möglich. Wegen der fehlenden Mitwirkung des Stiefvaters der Kläger müssten auch diese damit rechnen, dass ihnen der Lebensunterhalt allenfalls als Darlehen geleistet werde.

5

Mit ihren Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung von § 9 Abs 2 Satz 2 [X.] in der bis zum 31.7.2006 geltenden Fassung. Hinsichtlich der Neufassung des § 9 Abs 2 Satz 2 [X.] stelle sich die Frage, ob die volle Einstandspflicht des Partners mit Verfassungsrecht, insbesondere mit Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG), Art 6 Abs 1 GG und Art 1 Abs 1 iVm Art 20 GG vereinbar sei, weil die Regelung einer faktischen Unterhaltspflicht des neuen Partners aus Vermögen für fremde Kinder gleichkomme, die allein an den Umstand der Bedarfsgemeinschaft mit der Mutter der Kinder anknüpfe.

6

Die Kläger beantragen,

das Urteil des [X.] vom 19. Juni 2008 und den Gerichtsbescheid des [X.] vom 3. April 2007 aufzuheben sowie den Bescheid vom 16. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2006 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihnen die für die [X.] vom 1. September 2005 bis 28. Februar 2006 erbrachten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss zu gewähren.

7

[X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Aus der Gesamtkonzeption des [X.] und dem Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft ergebe sich, dass das Vermögen des [X.] auch bei den Klägern zu berücksichtigen sei.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]) . Der [X.] kann auf Grund der Feststellungen des [X.] nicht abschließend entscheiden, ob ihnen im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem [X.] als Zuschuss statt als Darlehen zustanden.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 16.9.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.2.2006, mit dem der [X.] die begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] für den Zeitraum vom [X.] bis [X.] als Darlehen bewilligt hat. Die hiergegen gerichtete Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§ 54 Abs 1, 56 [X.]) zulässig, weil die angefochtenen Bescheide des [X.]n den [X.] enthalten, dass die Leistungen lediglich als Darlehen bewilligt werden ([X.], [X.] [X.] AS 36/07 R - [X.], 68 = [X.]-4200 § 23 [X.], jeweils Rd[X.]3; [X.], Urteil vom 27.1.2009 - [X.] [X.]/07 R - [X.]-4200 § 12 [X.]2 Rd[X.]6) . Nach den Anträgen der Kläger ist nicht über höhere Leistungen nach dem [X.] zu befinden, sondern nur darüber, ob die zugebilligten Darlehensleistungen als Zuschuss hätten erbracht werden müssen. Da der [X.] bereits geleistet hat und deshalb nicht erneut zur Leistung verurteilt werden kann, muss lediglich der Rechtsgrund der Zahlung (Zuschuss statt Darlehen) verändert werden ([X.] vom 19.5.2009 - B 8 [X.] 7/08 R - Rd[X.]0) . Auch für diesen geltend gemachten Anspruch auf Umwandlung der Leistungen in eine zuschussweise Bewilligung von [X.]-Leistungen gilt, dass grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen sind.

Ob den Klägern nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften die bewilligten Grundsicherungsleistungen als Zuschuss statt als Darlehen zustehen, kann der [X.] nicht abschließend beurteilen. Zwar bildeten die Kläger mit ihrer Mutter und [X.] als ihrem Stiefvater eine Bedarfsgemeinschaft. Anders als vom [X.] offenbar angenommen, entfiel ihre [X.]keit aber nicht schon wegen eines innerhalb der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens des Stiefvaters [X.], weil nach der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung des § 9 Abs 2 Satz 2 [X.] lediglich das Einkommen und Vermögen der Mutter der Kläger, nicht jedoch dasjenige des Stiefvaters berücksichtigt werden konnte. [X.] Einkommen oder Vermögen des [X.] konnte nach dem bis zum 31.7.2006 geltenden Recht nur nach den Regelungen zu dessen Berücksichtigung bei [X.] nach § 9 Abs 5 [X.] die [X.]keit der Kläger mindern bzw ausschließen. Eine solche Prüfung hat das [X.] aber nicht vorgenommen. Es fehlen rechtliche Erörterungen und tatsächliche Feststellungen dazu, ob die Voraussetzungen dieser Regelung zur Einkommens- und Vermögensberücksichtigung vorliegen.

1. Leistungen nach dem [X.] erhalten nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ([X.] 2954) Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.] haben (erwerbsfähige [X.]e). [X.] iS von § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 9 Abs 1 [X.] ist ua, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, ua aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen ([X.]) sichern kann, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 12 [X.] sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände - mit ihrem Verkehrswert (§ 12 Abs 4 Satz 1 [X.]) - zu berücksichtigen. Dabei kann hier nicht schon ohne weitere Feststellungen allein der Umstand, dass ein Nießbrauchsrecht auf dem Haus lastet, den Grundsicherungsträger von der Prüfung der tatsächlichen Verwertbarkeit eines von dem [X.]en nicht selbst bewohnten [X.] entbinden, zumal schon nicht festgestellt ist, ob von dem Nießbrauchsrecht sämtliche der im Haus offenbar vorhandenen Wohnungen umfasst sind und ob das Haus von der Großmutter des [X.] auf Grund des Nießbrauchsrecht bewohnt wird (vgl aber auch [X.], Urteil vom 6.12.2007 - [X.]/7b [X.] zur Konstellation der wegen eines auf dem Grundstück lastenden Nießbrauchsrechts festgestellten tatsächlichen Nichtverwertbarkeit eines Erbbaurechts am Grundstück und Eigentums am Wohnhaus: [X.], 248 ff Rd[X.]2 = [X.]-4200 § 12 [X.]) . Ob und in welchem Umfang einem [X.]en die Verwertung zumutbar ist, regeln § 12 Abs 2 und Abs 3 [X.] ([X.], Urteil vom [X.] - B 4 AS 58/08 R - [X.]E 103, 153 ff = [X.]-4200 § 12 [X.]3, Rd[X.]8 mwN) . Nach Maßgabe dieser Vorschriften kann es sich bei den hier in die Prüfung einzubeziehenden Vermögensgegenständen des Stiefvaters der Kläger (vgl zu den Vermögensgegenständen bei ungeteilter Erbengemeinschaft [X.], Urteil vom 27.1.2009 - [X.] [X.]/07 R - [X.]-4200 § 12 [X.]2 Rd[X.]9) grundsätzlich um verwertbares Vermögen handeln, aus dem nach den Feststellungen des [X.] in der Vergangenheit zumindest Mieteinnahmen erzielt werden konnten.

2. a) Dieses etwaige Vermögen des [X.] kann aber - anders als vom [X.] offenbar angenommen - nicht nach den Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen in Bedarfsgemeinschaften ein (teilweises) Entfallen der [X.]keit der Kläger bewirken. Zwar bildeten die Kläger auch eine Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Stiefvater. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören gemäß § 7 Abs 3 [X.] idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ([X.] 2954) neben den erwerbsfähigen [X.]en ([X.]) insbesondere als Partner der erwerbsfähigen [X.]en der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte ([X.]a) und die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, soweit sie nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts beschaffen können ([X.] 4). Dabei folgt aus § 7 Abs 3 [X.] 4 [X.] wie auch im Umkehrschluss aus § 9 Abs 2 Satz 1, Satz 2 [X.], dass Einkommen und Vermögen der minderjährigen Kinder einer Bedarfsgemeinschaft bei der Berechnung der Leistungen der Eltern bzw eines Elternteils außer Betracht bleiben. Dies bedeutet, dass Einkommen und Vermögen des minderjährigen Kindes anders als dasjenige des volljährigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft nicht zur Verteilung innerhalb dieser nach § 9 Abs 2 Satz 3 [X.] ansteht und die Ermittlung des Bedarfs der Kläger folglich zunächst unter Berücksichtigung allein ihres Einkommens und Vermögens vorzunehmen ist ([X.], Urteil vom [X.] - B 4 AS 58/08 R - [X.]E 103, 153 ff = [X.]-4200 § 12 [X.]3, Rd[X.]5; [X.], Urteil vom 18.6.2008 - [X.] [X.]/07 R - [X.]-4200 § 9 [X.] 4 Rd[X.]4 f) . Hier unterschreitet das Einkommen der Kläger ihren Bedarf iS des § 28 Abs 1 Satz 3 [X.] iVm § 20 Abs 2 und § 19 Satz 1 [X.] [X.] idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ([X.] 2954) sowie § 22 Abs 1 [X.]. Dem (zunächst darlehensweise gewährten) Sozialgeld gemäß § 28 Abs 1 Satz 3 [X.] [X.] in Höhe von monatlich 207,00 Euro stand im streitigen Zeitraum jeweils nur das Kindergeld in Höhe von 154,00 Euro gegenüber (vgl zur Berücksichtigung von Kindergeld als Einkommen des Kindes nach § 11 Abs 1 Satz 3 [X.]: [X.], Urteil vom [X.] - B 11b [X.] - [X.]-4200 § 11 [X.]0 Rd[X.]5) , das nicht ausreichte, um ihren Bedarf zu decken. Über Vermögen verfügten die Kläger nicht.

b) Die demnach gegebene [X.]keit der Kläger entfiel aber nicht schon wegen eines innerhalb der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens des [X.] Nach § 9 Abs 2 Satz 1 [X.] idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ([X.] 2954) sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. § 9 Abs 2 Satz 2 [X.] bestimmt, dass bei minderjährigen unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können, auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen sind. Nach dieser Regelung konnte bei den Klägern lediglich das Einkommen und Vermögen ihrer Mutter, nicht jedoch dasjenige des Stiefvaters herangezogen werden. Nach § 9 Abs 2 Satz 2 [X.] in der durch Art 1 [X.] 8 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 ([X.] 1706) geltenden Fassung, durch den mit Wirkung vom 1.8.2006 bei § 9 Abs 2 Satz 2 [X.] nach den Worten "oder dessen Elternteils" die Wörter "und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners" eingefügt worden sind, findet (noch) keine Anwendung. § 9 Abs 2 Satz 2 [X.] in der bis zum 31.7.2006 geltenden Fassung kann andererseits nicht über den Wortlaut hinaus dahin ausgelegt werden, dass Einkommen des Partners eines Elternteils wie Einkommen des Elternteils zur Bedarfsdeckung des mit ihm nicht verwandten oder verschwägerten Kindes heranzuziehen ist. Insofern schließt sich der [X.] der Rechtsprechung des 14. [X.]s des [X.] an ([X.], [X.] [X.] [X.]/08 R - [X.], 76 ff Rd[X.]7 = [X.]-4200 § 9 [X.] 7) .

3. Ob die [X.]keit der Kläger nach den Regelungen zu [X.] (§ 9 Abs 1 iVm Abs 5 [X.]) verringert bzw entfallen ist, kann der [X.] auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] nicht beurteilen. Leben [X.]e in [X.] mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird nach § 9 Abs 5 [X.] vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Diese Vermutungsregelung kann grundsätzlich Anwendung finden, weil mit der Heirat der Mutter der Kläger und des [X.] im August 2005 eine Schwägerschaft entstanden ist (vgl § 1590 [X.] ) . Weitere tatbestandliche Voraussetzung für das Eingreifen der Vermutungsregelung des § 9 Abs 5 [X.] ist die Bildung einer [X.]. Dabei ist der Begriff der [X.] gegenüber demjenigen der Wohngemeinschaft dadurch gekennzeichnet, dass ihre Mitglieder nicht nur vorübergehend in einer Wohnung zusammenleben, sondern einen Haushalt in der Weise führen, dass sie aus einem "Topf" wirtschaften (BT-Drucks 15/1516 [X.]; [X.], Urteil vom 19.2.2009 - B 4 [X.]/07 R - [X.], 258 ff = [X.]-4225 § 1 [X.], Rd[X.]3) . Das Bestehen einer solchen [X.] muss - auch im Unterschied zur vergleichbaren Regelung in § 36 Satz 1 [X.] XII - ausdrücklich festgestellt werden ([X.], Urteil vom 27.1.2009 - [X.] [X.]/08 R - [X.]-4200 § 9 [X.] Rd[X.]6) . Das angefochtene Urteil enthält insofern schon keine Feststellungen zu der Frage, ob eine [X.] auch zwischen den Klägern und [X.] iS des § 9 Abs 5 [X.] vorliegt. Dies erscheint zwar naheliegend, muss aber - gerade wegen der zwischen dem Stiefvater und den Klägern hier nicht vorhandenen Unterhaltspflichten - ausdrücklich festgestellt werden.

4. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das [X.] auch die weiteren Anwendungsvoraussetzungen des § 9 Abs 5 [X.] prüfen und dabei nach Maßgabe des § 103 Satz 1 [X.] den Sachverhalt aufklären müssen, wobei Beteiligte in Fällen einer mangelnden Mitwirkung über die Folgen der Nichtbeachtung einer gerichtlichen Aufforderung zur Mitwirkung zu belehren sind, soweit ihnen dies nicht bereits konkret geläufig ist ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 103 Rd[X.]7a; [X.] [X.] [X.] 55 zu § 103 [X.]; [X.] 1500 § 103 [X.]3 und 27 mwN) . Das [X.] wird zu beachten haben, dass die Unterstützungsvermutung des § 9 Abs 5 [X.] nur eingreift, wenn - nach Bejahung einer [X.] - nach dem Einkommen und Vermögen der Verwandten oder Verschwägerten eine Unterstützung "erwartet werden kann". Bezogen auf die streitige Verwertung des [X.] ist insofern zu werten, dass hier offenbar ausschließlich Sachvermögen vorliegt, dessen Einsatz fraglich sein könnte (vgl zur Berücksichtigung von Sachvermögen bei nicht unterhaltsverpflichteten Mitgliedern einer [X.] vgl zB [X.] in Eicher/Spellbrink, [X.], 2. Aufl 2008, § 9 Rd[X.]3) .

Bei der Ermittlung des einzusetzenden Vermögens ist weiter § 4 Abs 2 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim [X.]/Sozialgeld ([X.]/[X.] ) idF vom 20.10.2004 ([X.] 2622) heranzuziehen. Diese Regelung bestimmt, dass bei der nach § 9 Abs 5 [X.] zugrunde liegenden Vermutung Vermögen nicht zu berücksichtigen ist, das nach § 12 Abs 2 [X.] abzusetzen oder nach § 12 Abs 3 [X.] nicht zu berücksichtigen ist. Die Regelung findet allerdings im Sinne einer "unteren Grenzziehung" zur Bestimmung nur der Höhe des zu berücksichtigenden Vermögens erst Anwendung, wenn die (weiter gefassten) tatbestandlichen Voraussetzungen für das Eingreifen der Unterstützungsvermutung des § 9 Abs 5 [X.] erfüllt sind (vgl [X.], Grundsicherung und Sozialhilfe, II.7 Rd[X.]7, Stand August 2006). Zu der weiter vom [X.] zu prüfenden Frage, ob etwaige Mieteinnahmen des [X.] als Einkommen im Rahmen der Unterstützungsvermutung des § 9 Abs 5 [X.] zu beachten sind, bestimmt § 1 Abs 2 Satz 1 Alg II-V, dass die um Absetzbeträge nach § 11 Abs 2 [X.] bereinigten Einnahmen in der Regel nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, soweit sie einen Freibetrag in Höhe des doppelten Satzes der nach § 20 Abs 2 [X.] maßgebenden Regelleistung (zzgl der anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung) sowie darüber hinausgehend 50% der diesen Freibetrag übersteigenden bereinigten Einnahmen nicht überschreiten (vgl hierzu auch [X.], Urteil vom 19.2.2009 - B 4 [X.]/07 R - [X.], 258 ff = [X.]-4225 § 1 [X.], Rd[X.]2) . Insofern sind auch die Angaben des Stiefvaters der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] zu den Mieteinnahmen zu berücksichtigen.

Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Meta

B 4 AS 5/09 R

18.02.2010

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Hildesheim, 3. April 2007, Az: S 33 AS 295/06, Gerichtsbescheid

§ 9 Abs 2 S 2 SGB 2 vom 24.12.2003, § 9 Abs 2 S 2 SGB 2 vom 20.07.2006, § 9 Abs 4 SGB 2 vom 24.12.2003, § 9 Abs 5 SGB 2 vom 24.12.2003, § 11 SGB 2, § 12 SGB 2, § 1 Abs 2 S 1 AlgIIV, § 4 Abs 2 AlgIIV, § 54 Abs 1 SGG, § 56 SGG, § 103 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 18.02.2010, Az. B 4 AS 5/09 R (REWIS RS 2010, 9213)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9213

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