Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.09.2010, Az. 33 W (pat) 138/09

33. Senat | REWIS RS 2010, 2944

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Kostenfestsetzung im Löschungsverfahren – Begründetheit der Kostengrundentscheidung wird im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüft – zum Regelgegenstandswert in Löschungsverfahren - zum Interesse der Allgemeinheit an der Markenlöschung - Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten nach dem 1. Juli 2004: Anwendung des RVG – zum Rahmen der Geschäftsgebühr im Löschungsverfahren - keine tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit: Ansatz einer 1,3-fachen Mittelgebühr - zum Austausch der geforderten, nicht entstandenen Gebühr gegen eine entstandene, nicht geforderte Gebühr – zur Kostenverteilung in Kostenbeschwerdeverfahren


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke …

Kostenfestsetzung in dem Löschungsverfahren …

hat der 33. Senat ([X.]) des [X.] durch den Vorsitzenden [X.], [X.] und die Richterin Dr. Hoppe am 28. September 2010

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der vormalige Markeninhaber und Kostenschuldner zu tragen.

Der Gegenstandswert für das Kostenbeschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 1.679,80 €.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 4. Mai 2009 hat die Markenabteilung 3.4 die Löschung der Marke Nr. … ([X.]) angeordnet und dem vormaligen Markeninhaber die Kosten des [X.] auferlegt. Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, dass die Marke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] bösgläubig angemeldet worden sei.

2

Gegen diesen Beschluss hat der vormalige Markeninhaber keine Rechtsmittel eingelegt. Mit Antrag vom „21. Mai 2008“, eingegangen am 20. Juli 2009, hat der Antragsteller sodann die Festsetzung der ihm entstandenen Kosten wie folgt beantragt:

3

Gegenstandswert: 50.000,00 €

4

Gesamtbetrag -

5

Diesem Antrag ist der vormalige Markeninhaber mit Schriftsatz vom 10. September 2009 entgegengetreten. Er hat hierzu die Auffassung vertreten, dass gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 [X.] bei Verfahren vor dem [X.] im Regelfall jeder Beteiligte seine Kosten selbst trage. Es seien keine Gründe erkennbar, warum von diesem Grundsatz abgewichen werden solle.

6

Mit Beschluss vom 29. September 2009 hat die Markenabteilung 3.4 die von dem vormaligen Markeninhaber und Kostenschuldner an den Antragsteller und Kostengläubiger zu erstattenden Kosten sodann festgesetzt auf 1.679,80 €. Dabei ist die Markenabteilung von dem [X.] in Höhe von 50.000,00 € ausgegangen und hat folgende Gebühren festgesetzt:

7

1,3 Geschäftsgebühr § 13 [X.] - Nr. 2300  1.359,80 €

8

Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 [X.] 20,00 €

9

300,00 €

insgesamt 1.679,80 € .

Sie hat hierzu erläutert, dass die von dem Antragsteller begehrte Gebühr nach Nr. 3100 [X.] - [X.] nicht berechtigt gewesen und daher durch die [X.] in Höhe von 300,00 € ersetzt worden sei. Diese Gebühr habe angesetzt werden dürfen, weil die von dem Antragsteller genannte Größenordnung des zu erstattenden Betrages nicht überschritten worden sei.

Gegen die Kostenfestsetzung richtet sich die Beschwerde des vormaligen Markeninhabers und [X.] vom 15. Oktober 2009, die er nicht begründet hat.

II.

Die Beschwerde ist erfolglos.

1.

Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerde ist gemäß § 63 Abs. 3 Satz 3 [X.] statthaft und gemäß § 63 Abs. 3 Satz 4 [X.] auch fristgerecht eingelegt worden.

2.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

a) Soweit der vormalige Markeninhaber und Kostengläubiger im Löschungsverfahren eingewendet hat, dass keine Veranlassung für eine Kostenauferlegung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestehe, steht dieses Argument der vorgenommenen Kostenfestsetzung nicht entgegen. Das Kostenfestsetzungsverfahren, in dem nur über die Höhe der erstattungsfähigen Kosten zu entscheiden ist, ist von der vorausgegangenen - hier rechtskräftigen - Entscheidung über die Kostengrundentscheidung nämlich strikt zu trennen. Die Begründetheit der ergangenen Kostengrundentscheidung kann daher im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht überprüft werden ([X.] (pat) 4/02; Ströbele/[X.], [X.], § 63 Rd. 10).

b) Der von der Markenabteilung für die Gebührenbemessung angesetzte Gegenstandswert von 50.000 € ist nicht zu beanstanden, da dies dem [X.] in Löschungsverfahren entspricht (vgl. [X.], 27 W (pat) 68/02; [X.] [X.] 2006, 172; [X.]E 41, 100; 26 W (pat) 128/03; [X.] 17 W (pat) 182/04; Ströbele/[X.], [X.], 9. Aufl., § 71 Rd. 26; v. Schultz, [X.], 2. Aufl., § 71 Rd. 11; Fezer, [X.], 4. Aufl., § 71 Rd. 13). Da es im markenregisterrechtlichen Verfahren an Wertvorschriften für die Anwaltsgebühren fehlt, ist der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in entsprechender Anwendung von § 23 Abs. 3 S. 2 [X.] (früher § 8 Abs. 2 S. 2 [X.]) regelmäßig nach billigem Ermessen zu bestimmen. Grundlage für die Bewertung bildet im Markenlöschungsverfahren gemäß § 50 Abs. 1 [X.] das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung ([X.] (pat) 4/02; [X.] 24 W (pat) 240/03; [X.] [X.] 2006, 172; [X.]E 41, 100; [X.]E 21, 140). Bei einem Löschungsverfahren wegen bösgläubiger Anmeldung einer Marke, die - wie hier - einen Bezug zu einer bundesweit bekannten Marke aufweist, ist davon auszugehen, dass das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung der Marke zumindest diesem [X.] entspricht. Abzustellen ist hier insbesondere auch auf das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der von der Rechtsordnung missbilligten Beeinträchtigung und Störung des [X.] durch die angegriffene Marke ([X.] 27 W (pat) 68/02).

c) [X.] hat auch die einzelnen Gebühren korrekt festgesetzt.

aa) Gegen die von der Markenabteilung 3.4 vorgenommene Anwendung des [X.] bestehen vorliegend keine Bedenken. Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist das die [X.] ersetzende [X.] anzuwenden, sofern die Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten nach dem 1. Juli 2004 erfolgt ist. Davon ist hier angesichts der Einleitung des Löschungsverfahrens erst im Jahre 2008 auszugehen.

bb) [X.] hat auch zutreffend eine 1,3-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 [X.] - [X.] festgesetzt.

Der Rahmensatz der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 Teil 2 [X.]-[X.] liegt zwischen 0,5 und 2,5. Ausweislich des Gesetzestextes kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Auch in einem Löschungsverfahren, das weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Sicht eine besondere Schwierigkeit oder einen überdurchschnittlichen Aufwand erkennen lässt, ist deshalb der Ansatz einer 1,3 fachen Mittelgebühr angemessen (ebenso zu § 118 [X.]: [X.] 33 W (pat) 196/04; 24 W (pat) 240/03; 28 W (pat) 4/02).

cc) Ebenfalls zutreffend hat die Markenabteilung darauf hingewiesen, dass die von dem Antragsteller nach Nr. 3100 [X.] - [X.] beantragte 1,3-fache Verfahrensgebühr nicht zuzusprechen war. Eine solche Gebühr kann nämlich nur in gerichtlichen Verfahren nach Teil 3 [X.] - [X.] entstehen, wohingegen die Tätigkeit vor dem [X.] nach Teil 2 der [X.] - [X.] zu vergüten ist.

dd) Die von der Markenabteilung in die Kostenfestsetzung einbezogene Löschungsgebühr nach Nr. 333 300 GebVerz PatKostG ist zu Recht erfolgt. [X.] war nicht dadurch am Austausch der Gebührentatbestände gehindert, dass die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers die Festsetzung dieser Gebühr nicht beantragt hat. Zwar folgt aus der Ausgestaltung des [X.] als antragsabhängiges Parteiverfahren (§ 308 ZPO, § 63 Abs. 3 Satz 1 [X.]), dass die Festsetzung eines Betrages, der über den gestellten Antrag hinausgehen würde, nicht zulässig wäre. Dies schließt aber nicht aus, eine geforderte, nicht entstandene Gebühr gegen eine entstandene, nicht geforderte Gebühr auszutauschen, solange der festgesetzte Betrag den beantragten nicht überschreitet und beide Gebühren auf denselben Sachverhalt bezogen sind (vgl. [X.] FamRZ 2004, 966; [X.] JurBüro 1996, 211; [X.] 1988, 162; Zöller/[X.], ZPO, 28. Auflage, § 104 „Austausch von Kosten, Gebührenauswechselung“; Müller, JurBüro 1996, 212).

3.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] dem vormaligen Markeninhaber und Kostenschuldner aufzuerlegen.

In Kostenbeschwerdeverfahren entspricht es in der Regel der Billigkeit, die Kosten entsprechend dem Ausgang des Verfahrens zu verteilen, weil nur auf diese Weise auch wirtschaftlich akzeptable Ergebnisse erzielt werden können ([X.], 33 W (pat) 74/06; [X.] 24 W (pat) 13/07; [X.] 27 W (pat) 68/02). Ansonsten bestünde die Gefahr, dass der in einem solchen Rechtsstreit [X.] durch die Belastung mit seinen eigenen Kosten letztlich einen wirtschaftlichen Schaden erleiden würde ([X.], 33 W (pat) 74/06; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 71 Rd. 17).

Meta

33 W (pat) 138/09

28.09.2010

Bundespatentgericht 33. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 91 Abs 1 ZPO § 308 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.09.2010, Az. 33 W (pat) 138/09 (REWIS RS 2010, 2944)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2944

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

28 W (pat) 71/12

28 W (pat) 58/12

26 W (pat) 47/12

28 W (pat) 48/11

29 W (pat) 39/09

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