Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2004, Az. IX ZB 2/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2174

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[X.][X.]/03
vom 22. Juli 2004 in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein

EuGVÜ Art. 27 Nr. 2; [X.] Art. 34 Nr. 2, Art. 66 Abs. 1, Art. 76 Abs. 1
Die Einschränkung, wonach der [X.], der sich auf das Verfahren nicht eingelas-sen hat, sich auf einen Zustellungsmangel nicht berufen kann, wenn er gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt hat, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte (Art. 34 Nr. 2 [X.]), findet keine Anwendung auf Verfahren, die die Voll-streckbarkeit von Klagen und öffentlichen Urkunden betreffen, welche vor dem 1. März 2002 erho[X.] oder errichtet worden sind.

[X.], [X.]uß vom 22. Juli 2004 - [X.]/03 - OLG Köln

LG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.]
am 22. Juli 2004 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß des 16. Zivilsenats des [X.] vom 3. Januar 2003 wird auf Kosten der Antragstellerin als unzulässig verworfen.

Gründe:
[X.]
Die in [X.] ansässige Antragstellerin als Gläubigerin erwirkte gegen die in [X.] residierende Antragsgegnerin als Schuldnerin beim [X.] am 10. Juli 2000 ein Versäumnisurteil, das die Schuldnerin zur Zahlung von 5.254.473 [X.] zuzüglich Zinsen an die Gläubigerin verur-teilte. Gegen dieses Urteil legte die Schuldnerin Berufung ein, die vom [X.] am 12. Juli 2001 zurückgewiesen wurde, weil das erstinstanzliche Urteil verfahrensrechtlich ordnungsgemäß ergangen sei.

Die Gläubigerin begehrt die Zulassung dieses Urteils zur Vollstreckung in [X.]. Die Schuldnerin wendet ein, die Klage sei ihr nicht ordnungs-gemäß zugestellt worden; denn sie habe sie mit einfacher Post als Einschrei-- 3 - [X.] mit Rückschein erhalten, ohne Übersetzung in die [X.]. Der Vorsitzende einer Zivilkammer des [X.] hat dem Antrag der Gläubige-rin stattgege[X.]. Das Beschwerdegericht hat den Antrag auf Vollstreckbarer-klärung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin.

I[X.]
Das gemäß §§ 15 Abs. 1 [X.], 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsmittel ist unzulässig; denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des [X.] (§ 574 Abs. 2 ZPO).

1. Auf das Verfahren findet noch das Übereinkommen der [X.] über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gericht-licher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ) Anwendung, weil die Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Ent-scheidungen in Zivil- und Handelssachen ([X.]) erst am 1. März 2002 in [X.] getreten ist (vgl. Art. 66 Abs. 1, Art. 76 [X.]).

2. Wie das [X.] im einzelnen zutreffend ausgeführt hat, war die Zustellung unmittelbar per Post nach dem hier zu beachtenden [X.] Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 14. November 1965 - 4 - ([X.]) nicht ordnungsgemäß, weil die Bundesrepublik [X.] der Anwen-dung von Art. 10 [X.] widersprochen hat. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist gemäß Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ ein in einem Vertragsstaat er-gangenes Versäumnisurteil nicht anzuerkennen, wenn dem [X.]n, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist. Der Zustellungsmangel wird nicht dadurch geheilt, daß der [X.] in der Lage gewesen wäre, einen zulässigen Rechtsbehelf einzulegen, dies jedoch unterlassen hat ([X.] 1990, 352, 354; 1993, 39, 40; [X.], [X.]. v. 18. Februar 1993 - [X.] ZR 87/90, NJW 1993, 2688).

3. Dies alles erkennt auch die Rechtsbeschwerde. Sie beruft sich jedoch darauf, daß nach Art. 34 Nr. 2 [X.] das Anerkennungshindernis entfällt, wenn der [X.] gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt hat, obwohl er dazu die Möglichkeit hatte. Die Rechtsbeschwerde ist der Ansicht, daß diese Änderung sich unmittelbar auf das Verständnis von Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ auswirke und die Vorschrift nunmehr in entsprechendem Sinne ein-schränkend auszulegen sei (im Ergebnis e[X.]so [X.] 2004, 115, 116; [X.]/[X.], ZPO 24. Aufl. Art. 34 [X.] Rn. 26). Damit vermag die Rechtsbeschwerde jedoch die Notwendigkeit einer erneuten Vorlage an den [X.] zur Auslegung des Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ nicht darzu-tun, so daß zugleich eine grundsätzliche Bedeutung der Sache zu verneinen ist. Im Streitfall ist eine Sachentscheidung auch nicht zur Wahrung der Einheit-lichkeit der Rechtsprechung geboten.

a) Der [X.] geht vom Gebot der einheitlichen [X.] und [X.] nur dort aus, wo die Neufassung lediglich als - 5 - Präzisierung der bisher geltenden Vorschrift zu verstehen ist, wie dies etwa für Art. 5 Nr. 3 [X.] im Vergleich zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ zutrifft ([X.] - [X.]. [X.] - 167/00, NJW 2002, 3617, 3619 Rn. 49). Demgegenüber enthält Art. 34 Nr. 2 letzter Halbsatz [X.] eine wesentliche Änderung der bisher geltenden [X.]. Die Vorschrift bringt den Willen des Verordnungsgebers zum [X.], die Versagungsgründe im Vollstreckbarkeitsverfahren einzuschränken und dadurch zu einer effizienteren Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen im Ausland zu gelangen. Die Neufassung wird daher im Schrifttum durchweg als "Korrektur" der Rechtsprechung des [X.]s zu Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ verstanden (vgl. Kropholler, [X.]. Art. 34 Rn. 42; Schlosser, EU-Zivilprozeßrecht 2. Aufl. Art. 34 bis 36 [X.] Rn. 8; [X.], in: [X.], Revision des EuGVÜ S. 37, 49 f). [X.] ist bei Prüfung der Vollstreckbarkeit solcher Klagen und öffentlichen Urkunden, die vor Inkrafttreten der [X.] erho[X.] bzw. aufgenommen - das heißt errichtet - worden sind (Art. 66 Abs. 1 [X.]), Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s [X.]. Eine Vorwirkung von Art. 34 [X.], wie sie die Antragstellerin [X.], kommt zweifelsfrei nicht in Betracht. Daher besteht keine Veranlassung, den [X.] mit der von der Rechtsbeschwerde aufgeworfe-nen Rechtsfrage zu befassen. Dessen bisherige Rechtsprechung zu Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ ist nach Auffassung des Senats zweifelsfrei mit Art. 6 Abs. 1 [X.] vereinbar.

b) Davon abgesehen könnte im Streitfall selbst die Einbeziehung von Art. 34 Nr. 2 [X.] in die Auslegung des Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ der Rechts-beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Art. 34 Nr. 2 [X.] erfaßt nur den Fall, daß der Schuldner gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt - 6 - hat, obwohl er die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Dies hat das Oberlandesge-richt zutreffend gesehen. Da der Schuldner die Entscheidung des [X.] mit einem Rechtsmittel bekämpft, also den Versuch unternommen hat, das verfahrensrechtlich fehlerhaft zustande gekommene Urteil im Erststaat zu beseitigen, wäre er mit dem Einwand mangelhafter Zustellung selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn Art. 34 Nr. 2 [X.] Anwendung fände.

[X.]

[X.] Ganter

[X.]

[X.]

Meta

IX ZB 2/03

22.07.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2004, Az. IX ZB 2/03 (REWIS RS 2004, 2174)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2174

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