Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2008, Az. II ZR 238/07

II. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2834

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[X.] vom 14. Juli 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 823 Abs. 2 Be, Bf; [X.] § 24 Abs. 1; StGB § 266 a Abs. 1 Der wegen Vorenthaltung von [X.] zur Sozialversicherung scha-densersatzpflichtige Geschäftsführer einer GmbH (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a Abs. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) haftet nicht für Säumniszuschläge gemäß § 24 Abs. 1 [X.]. Diese Vorschrift ist kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB. [X.], Hinweisbeschluss vom 14. Juli 2008 - [X.]/07 - Kammergericht
[X.] - 2 - [X.] [X.] hat am 14. Juli 2008 durch [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] einstimmig beschlossen: Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beab-sichtigt, die Revision der Klägerin durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen. Streitwert: 18.000,00 • (Differenz zwischen den geforderten Säumniszuschlägen und den zuerkannten Zinsen; §§ 3, 9 ZPO). Gründe: Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Das Rechtsmittel hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg. [X.] Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts (ZIP 2008, 506, 508) und der Revision ist durch das Urteil des [X.] vom 11. Juni 1985 ([X.], [X.], 996, 998 zu [X.]) nach wie vor geklärt, dass § 24 Abs. 1 [X.] kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB ist und die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für die Vorenthaltung der von ihr abzuführenden Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 a Abs. 1 StGB) sich auf Säumniszuschläge gemäß § 24 Abs. 1 [X.] nicht er-streckt. 2 - 3 - 1. Das genannte Urteil betraf zwar die frühere, bis Ende 1994 geltende Fassung des § 24 [X.], welche die Verhängung von Säumniszuschlägen noch in das Ermessen des Sozialversicherungsträgers gestellt hatte, während die nunmehrige Fassung den Beitragsschuldner unmittelbar zur Zahlung von Säumniszuschlägen in Höhe von 1 % des rückständigen (auf volle 50 • nach unten abgerundeten) Betrages für jeden angefangenen Monat der Säumnis verpflichtet. Das ist aber für die Frage des Schutzgesetzcharakters der Vor-schrift nicht entscheidend. 3 a) Der [X.] (aaO) hat ausgeführt, dass es sich bei den Säumniszuschlägen nicht um eine gesetzlich zugelassene pauschalierte Be-rechnung des "Verzugsschadens" handele, den der (gemäß den Vorläuferbe-stimmungen der §§ 266 a, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) für die Vorenthaltung von [X.] zur Sozialversicherung verantwortliche Geschäftsführer (vgl. [X.] aaO S. 997) außer dem dafür zu leistenden Schadensersatz zu [X.] hätte, sondern vielmehr um eine neben den Beitrag tretende Ungehorsams-folge, deren Verhängung in das pflichtgemäße Ermessen des Sozialversiche-rungsträgers gestellt sei und die pünktliche Zahlung der Beiträge durch den Ar-beitgeber in der Zukunft gewährleisten solle (vgl. auch [X.], Urt. v. 18. Mai 1976 - [X.], [X.], 982, 984 zu [X.]). Für derartige Zuschläge komme "auch § 823 Abs. 2 BGB nicht unmittelbar als Anspruchsgrundlage in Betracht, da Art. I § 24 (a.F.) [X.] kein Schutzgesetz i.S. dieser Vorschrift" sei. Diese Feststellung bringt lediglich eine Selbstverständlichkeit zum Aus-druck (vgl. unten b); sie fußt entgegen der Lesart des Berufungsgerichts und der Revision nicht auf den vorhergehenden - allerdings ebenfalls nach wie vor gültigen - Ausführungen zur Frage der Zurechenbarkeit der Säumniszuschläge als [X.] bzw. als Folgeschaden der Beitragsvorenthaltung (dazu unten 2) und hängt auch nicht, wie das Berufungsgericht meint, davon ab, ob § 24 [X.] nur ein Allgemeininteresse oder (auch) ein Individualinteresse des 4 - 4 - betreffenden Sozialversicherungsträgers schützt. Zahlreiche Normen, so auch die [X.], schützen Individualinteressen, ohne schon deshalb Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zu sein. 5 b) Ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist § 24 [X.] schon seiner Struktur nach nicht, weil die Vorschrift (i.V.m. § 28 e Abs. 4 [X.]) die Haftungsfolgen bzw. die Ansprüche des [X.] bei verspäteten Beitragszahlungen selbst eigenständig regelt (vgl. RGRK-BGB/[X.] 12. Aufl. § 823 Rdn. 546, S. 342 m.Nachw.). Eine entspre-chend ausgestaltete Regelung findet sich z.B. in § 288 Abs. 1 BGB, ohne dass jemals erwogen wurde, diese Vorschrift als "Schutzgesetz" mit der Folge zu begreifen, dass der Geschäftsführer einer GmbH gegenüber ihren Gläubigern gemäß § 823 Abs. 2 BGB für von ihr geschuldete Verzugszinsen haften müss-te. Schuldner des [X.] sind gemäß § 28 e [X.] der Arbeitge-ber (Abs. 1) sowie die in Abs. 2 und Abs. 3 lit. a bis f genannten Unternehmer (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.] K § 24 Rdn. 5), welche gemäß § 28 e Abs. 4 [X.] für die Beiträge und Säumniszuschläge haften. Der [X.] einer GmbH als Beitragsschuldnerin, welcher kein Arbeitgeber im sozial-versicherungsrechtlichen Sinne ist (vgl. Felix in Wannagat Sozialgesetzbuch [X.] § 28 e Rdn. 16 m.w.Nachw.), gehört dazu nicht. Anders als in § 69 [X.] ist hier eine Haftung des gesetzlichen Vertreters des Zahlungspflichtigen für Säumniszuschläge nicht angeordnet. Eine deliktische, durch § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB oder § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG vermittelte Vertreterhaftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB scheidet in Bezug auf § 24 [X.] schon deshalb aus, weil es sich nicht um einen Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestand handelt. 2. Ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist allerdings § 266 a StGB. Nach dieser Vorschrift i.V. mit § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist der [X.] einer GmbH als Beitragsschuldnerin strafrechtlich und über § 823 6 - 5 - Abs. 2 BGB auch haftungsrechtlich für eine "Vorenthaltung" von [X.] zur Sozialversicherung verantwortlich (vgl. [X.], Urt. v. 15. Oktober 1996 - [X.], NJW 1997, 130 f.). Jedoch erfasst § 266 a Abs. 1 StGB seinem eindeutigen Wortlaut nach nur Beiträge im engeren Sinne, nicht dage-gen Säumniszuschläge (vgl. [X.] 11. Aufl. § 266 a Rdn. 48; Se-gebrecht in juris PK [X.] § 24 Rdn. 8.1). Sie können dem Geschäftsführer auch nicht, soweit sie auf Arbeitnehmerbeiträge entfallen, als pauschalierter Folgeschaden der von § 266 a Abs. 1 StGB erfassten Beitragsvorenthaltung in Rechnung gestellt werden, weil damit der nur beschränkte Schutzzweck des § 266 a Abs. 1 StGB gesetzwidrig erweitert würde. Zudem handelt es sich bei den Säumniszuschlägen nach wie vor jedenfalls nicht nur um den Ausgleich des säumnisbedingten Schadens des Sozialversicherungsträgers (vgl. [X.], Urt. v. 11. Juni 1985 aaO). Sowohl für § 24 Abs. 1 [X.] als auch für den die-ser Vorschrift als Vorbild dienenden § [X.] ist allgemein anerkannt, dass mit den Säumniszuschlägen vor allem ein "Druckmittel eigener Art" bezweckt ist, das den Beitrags- bzw. Steuerschuldner zu rechtzeitiger Zahlung anhalten soll (vgl. [X.] aaO; [X.] aaO § 24 Rdn. 1; [X.], 8 = BStBl. II 2003, 901; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]/FGO § [X.] Rdn. 11). Daneben bezwecken § 24 Abs. 1 n.F. [X.] sowie § [X.] zwar auch den Ausgleich des Nachteils, welcher dem Sozialversicherungsträger bzw. dem Fiskus durch die verspätete Zahlung entsteht (vgl. die vorigen Nachweise sowie [X.] 1999, 562). Das galt aber auch schon für § 24 a.F. [X.] (vgl. BSG ZIP 1984, 513 f.) und ändert nichts daran, dass der Anspruch auf Zahlung von Säumniszuschlägen - als Druckmittel wie als pauschalierter [X.] - gemäß § 24 Abs. 1 [X.] nur gegen den Beitragsschuldner, im vorliegenden Fall also gegen die GmbH, nicht aber gegen deren [X.] geltend gemacht werden kann (vgl. oben [X.]). Er schuldet Verzugszinsen (§ 288 BGB) auf die von ihm im Wege des Schadensersatzes gemäß §§ 823 - 6 - Abs. 2 BGB, 266 a Abs. 1 StGB zu zahlenden Arbeitnehmerbeiträge erst ab Mahnung (§ 286 ZPO), wie von der Klägerin hilfsweise geltend gemacht. 7 [X.] Da der Klägerin [X.] und Prozesszinsen zuerkannt worden sind und der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Säumniszuschlägen nicht besteht, hat die Revision keine Erfolgsaussicht. Goette [X.] Ri[X.] [X.] kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben

Goette [X.] Reichart Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch [X.] erledigt worden. Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 24 O 31/06 - [X.], Entscheidung vom [X.]/06 -

Meta

II ZR 238/07

14.07.2008

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2008, Az. II ZR 238/07 (REWIS RS 2008, 2834)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2834

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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