Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.11.2012, Az. 3 StR 439/12

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 995

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 439/12
vom
27. November 2012
in der Strafsache
gegen

wegen
Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 27.
November 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 26. April 2012 im Ausspruch über die [X.]; die
zugehörigen Feststellungen bleiben
aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hatte den Angeklagten am 3. Mai 2011 wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge zu der Jugendstrafe von einem Jahr verur-teilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Mit Beschluss
vom 8.
November 2011 (3 [X.]) hatte der Senat diese Verurteilung aufgeho-ben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Nunmehr hat das [X.] den Angeklagten der [X.] zur gefährlichen Köperverletzung schuldig gesprochen und erneut eine Jugendstrafe von einem Jahr ausgesprochen sowie deren Vollstreckung zur 1
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Bewährung ausgesetzt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtli-chen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Der Ausspruch über die Jugendstrafe hat keinen Bestand.

1. Nach den verbleibenden Feststellungen unterstützte der Angeklagte die früheren Mitangeklagten K.

und T.

bei ihrem mit einem geschlosse-nen Klappmesser und mit [X.] ausgeführten körperlichen Angriff auf das Tatopfer S.

, indem er durch seine Anwesenheit den Eindruck der Übermacht verstärkte und bereit war, im Bedarfsfalle unterstützend einzugrei-fen. Die einen tödlichen Geschehensablauf in Gang setzenden Messerstiche des früheren Mitangeklagten T.

gegen die Beine S.

hat das [X.] dem Angeklagten -
anders als im Urteil vom 3. Mai 2011 -
nicht mehr zuge-rechnet. Weiter hat das [X.] im Hinblick auf die persönliche Entwicklung des Angeklagten ergänzend zum vorgenannten Urteil festgestellt, der Ange-klagte habe in der [X.] nach der stationären Drogenentwöhnung in [X.] Praktika absolviert und sich dort eine Mietwohnung gesucht. Seit September 2011 werde er in einer freien Werkstatt in [X.] zum Kfz-

Gleichwohl hat das [X.] sowohl wegen der Schwere der Schuld als auch wegen fortbestehender schädlicher Neigungen (§ 17 Abs. 2 JGG) wiederum die Verhängung von Jugendstrafe für erforderlich gehalten. Die Tat, zu welcher der Angeklagte Hilfe geleistet habe, steche durch "ganz erhebliche Brutalität" hervor; sein alleiniges Motiv, es könne für ihn dabei Cannabis abfal-len, sei "verwerflich" gewesen. Obwohl der Angeklagte nun eine "positivere" 2
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Entwicklung genommen habe, sei er nach mehreren Jahren des [X.] und des "Abhängens" noch nicht hinreichend gefestigt, um annehmen zu können, er habe die "langjährig gepflegten" schädlichen Neigungen bereits ab-schließend überwunden. Bei der Bemessung der danach für erforderlich gehal-tenen Jugendstrafe hat das [X.] ausgeführt, der Angeklagte müsse, um ihm das Tatunrecht zu verdeutlichen und ihn zu künftigem normtreuen Verhal-ten zu motivieren, einer "erheblichen Strafandrohung" ausgesetzt werden. [X.] sei eine Jugendstrafe von einem Jahr sowohl tat-
und schuldangemessen als auch erzieherisch erforderlich.

2. Wird ein Urteil auf ein Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten auf-gehoben und trifft der neue Tatrichter Feststellungen, welche die Tat in einem wesentlich milderen Licht erscheinen lassen, hält er aber dennoch eine gleich hohe Strafe für erforderlich, so hat er nach ständiger Rechtsprechung seine Entscheidung eingehend zu begründen; denn die ursprüngliche Bewertung der Tat und die Strafzumessung in der aufgehobenen Entscheidung sind zwar kein Maßstab für die neue Strafzumessung, jedoch hat der Angeklagte einen [X.] darauf, zu erfahren, warum er für ein wesentlich geringeres Vergehen nun gleich hoch bestraft wird (vgl. [X.], Beschlüsse vom 26. November 2008
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5 [X.], [X.], 118; vom 11. Juni 2008 -
5 [X.], wistra
2008, 386, 387; vom 10. Oktober 1990 -
2 StR 446/90, StV
1991, 19; vom 20.
April 1989 -
4 [X.], StV
1989, 341; vom 20. August 1982
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2 StR 296/82, NStZ
1982, 507; [X.], Beschluss vom 2. November 2011 -
3 Ss 104/11, NStZ-RR
2012, 138, 139; [X.], Beschluss vom 28. Juni 2000 -
2 Ss 289/00, NStZ-RR
2001, 16).

Im Jugendstrafrecht kann nichts anderes gelten. Unmittelbar [X.] ist dies dann, wenn der neue Tatrichter Umstände in der persönlichen 5
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Entwicklung des Angeklagten feststellt, welche das notwendige Maß der erzie-herischen Einwirkung als gegenüber dem Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Entscheidung nicht unerheblich geringer erscheinen lassen. Eine nachvollzieh-bare Begründung, weshalb es bei einer Jugendstrafe in der zuvor ausgespro-chenen Höhe zu verbleiben hat, ist vom neuen Tatrichter aber auch dann zu fordern, wenn das dem Angeklagten zur Last fallende Tatgeschehen nunmehr in einem deutlich milderen Licht erscheint. Zwar bemisst sich die Höhe der Ju-gendstrafe nach § 18 Abs. 2 JGG auch dann vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten, wenn deren Verhängung vollständig oder teilweise auf die Schwere der Schuld gestützt wird ([X.], Beschluss vom 17. Juli 2012 -
3 [X.]). Indes wird sich das Maß der erforderlichen erzieherischen Einwirkung regelmäßig nicht ohne Betrachtung des Umfangs des dem Angeklagten zuzu-rechnenden Tatunrechts ermitteln lassen (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Juni 2009 -
5 [X.], NStZ-RR
2009, 337).

Nach diesen Maßstäben begegnen die Erwägungen des [X.]s zur Bemessung der Jugendstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. [X.] trotz der festgestellten Fortschritte in der persönlichen Entwicklung des Angeklagten und trotz des Umstands, dass ihm anstelle einer Beihilfe zur Kör-perverletzung mit Todesfolge lediglich Beihilfe zur gefährlichen Körperverlet-zung zur Last fällt, nach wie vor eine Jugendstrafe von einem Jahr zur erziehe-rischen Einwirkung auf den Angeklagten erforderlich ist, hat das [X.] nicht deutlich gemacht.

Im Übrigen lässt das angegriffene Urteil schon nicht erkennen, ob sich das [X.], wie nach § 18 Abs. 2 JGG erforderlich, bei der Bemessung der Jugendstrafe vorrangig am Erziehungszweck orientiert hat. Eine -
wie hier -
eher formelhafte Erwähnung des [X.] reicht im Allgemeinen 7
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nicht aus (vgl. [X.], Beschlüsse vom 17. Juli 2012 -
3 [X.]; vom 19.
November 2009 -
3 [X.], [X.], 281).

3. Die zugehörigen Feststellungen werden von den Wertungsfehlern nicht berührt und können aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter kann hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten ergänzende Fest-stellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.

[X.]Pfister Schäfer

Mayer Spaniol
9

Meta

3 StR 439/12

27.11.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.11.2012, Az. 3 StR 439/12 (REWIS RS 2012, 995)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 995

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