Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10.11.2022, Az. 4 A 16/20

4. Senat | REWIS RS 2022, 9183

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Gegenstand

Erfolglose Rüge der Rechtswidrigkeit der Variantenprüfung für eine Höchstspannungsfreileitung durch eine Gemeinde


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Die klagende Gemeinde wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss für eine Höchstspannungsfreileitung.

2

Der Beschluss der [X.] vom 30. September 2020 stellt den Plan für die Errichtung und den Betrieb einer 380-kV-Höchstspannungsleitung im Abschnitt Pkt. [X.] - [X.] durch die beigeladene Übertragungsnetzbetreiberin fest. Die Trasse ist rund 33,5 km lang; auf ihr sollen 87 [X.]en neu errichtet werden. Das Vorhaben ist ein Abschnitt des ca. 150 km langen Vorhabens [X.] - Pkt. Meppen ([X.] 4201). Dabei handelt es sich um den südlichen Teil des 181 km langen [X.] [X.]/[X.] - [X.], das in [X.] der Anlage zum Energieleitungsausbaugesetz - [X.] - und darin zugleich als ein Pilotvorhaben für die Erdkabeltechnologie aufgenommen ist. Teilstrecken des [X.] sind dementsprechend bereits als Erdkabel verwirklicht worden bzw. planfestgestellt.

3

Die planfestgestellte Freileitung verläuft zunächst von [X.] 115 bis [X.] 170 in nördlicher, dann nordöstlicher Richtung und nutzt dabei im Wesentlichen den [X.] der 220-kV-Höchstspannungsfreileitung [X.]/[X.] - [X.] ([X.]). Der Rückbau dieser 1928 errichteten Leitung ist aufgrund des ([X.] auf etwa 28 km Länge erforderlich. Er wird im Planfeststellungsbeschluss nicht geregelt, dort aber vorausgesetzt, und ist zum großen Teil schon vor dessen Erlass erfolgt. Die alte [X.] wird zur Entlastung von Hofstellen verschiedentlich kleinräumig verschoben. Ab [X.] 148, nordöstlich der Ortslage [X.], verschwenkt die Leitung in Richtung Nordosten, um Wohngebäude zu umgehen und Überspannungen zu vermeiden. Danach durchquert sie die [X.]er Heide an deren Rand. Ab [X.] 150 läuft sie gegen Norden wieder auf die vorhandene Trasse zu. Nach einer weiteren Ausschwenkung in nördlicher Richtung kehrt die Leitung ab [X.] 158 zur [X.] zurück. Ab [X.] 170 verlässt die Leitung den vorhandenen [X.] in nördlicher Richtung, von [X.] 175 bis [X.] 202 wird sie im Wesentlichen parallel mit der [X.] - Gersteinwerk ([X.]) zunächst nach Nordwesten und später nach Norden geführt.

4

Für den Bereich der Klägerin ließ die Beigeladene sieben Freileitungsvarianten - darunter die insoweit von der Klägerin bevorzugte Variante "[X.] II" - und vier [X.]n - darunter die [X.] 2 - näher untersuchen. In einem Ergänzungspapier wurde eine weitere Freileitungsvariante geprüft, die eine gegenüber der ursprünglich beantragten Variante leicht veränderte und Waldflächen in geringerem Umfang in Anspruch nehmende Trassenführung im Bereich von [X.] 148 bis [X.] 152 (Variante "[X.] I ") vorsieht. Diese Variante liegt dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde. Die mit dieser Trassenführung verworfene Variante "[X.] II" umgeht den Siedlungsbereich von [X.] großräumiger bereits ab [X.] 141 und durchschneidet die [X.]er Heide. Die [X.] 2 verläuft wie alle untersuchten [X.]n im Bereich der [X.]en 138 und 153 zwischen den Kabelübergabestationen Süd und Nord.

5

Die Klägerin ist insoweit von der planfestgestellten Leitung betroffen, als der Planfeststellungsbeschluss mehrere in ihrem Eigentum stehende Grundstücke für Schutzstreifen und Zuwegungen in Anspruch nimmt. Des Weiteren hat sie im Dezember 2019 die Aufstellung eines Bebauungsplans für ein Wohngebiet beschlossen, das sich der [X.] annähert.

6

Die Klägerin wendet sich gegen die Variantenprüfung im Bereich [X.]. Sowohl die Variante "[X.] II" als auch die [X.] 2 erwiesen sich angesichts der Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Rechtspositionen aus der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und ihres Eigentumsrechts als eindeutig vorzugswürdig. [X.] Belange seien unzutreffend erfasst und die Vorgaben aus § 2 Abs. 2 [X.] nicht berücksichtigt worden.

7

Die Klägerin beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss der [X.] vom 30. September 2020 für die Errichtung und den Betrieb der 380-kV-Höchstspannungsleitung [X.] - Pkt. Meppen ([X.] 4201) im Abschnitt Pkt. [X.] - [X.] in der Gestalt der [X.] vom 25. April 2022 und vom 2. September 2022 sowie des Planergänzungsbeschlusses vom 11. Oktober 2022 aufzuheben, soweit er den Bereich von [X.] 139 bis [X.] 152 betrifft,

hilfsweise

festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss der [X.] vom 30. September 2020 für die Errichtung und den Betrieb der 380-kV-Höchstspannungsleitung [X.] - Pkt. Meppen ([X.] 4201) im Abschnitt Pkt. [X.] - [X.] in der Gestalt der [X.] vom 25. April 2022 und vom 2. September 2022 sowie des Planergänzungsbeschlusses vom 11. Oktober 2022 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, soweit er den Bereich von [X.] 139 bis [X.] 152 betrifft.

8

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,

die Klage abzuweisen.

9

Sie verteidigen den Planfeststellungsbeschluss.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die das [X.] gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] im ersten und letzten Rechtszug entscheidet, ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; sie kann folglich weder dessen Aufhebung noch die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit verlangen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. a) Die Klägerin als von einer Fachplanung betroffene Gemeinde ist auf die Rüge von Vorschriften beschränkt, die ihrem Schutz dienen. Weder die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgte kommunale Selbstverwaltungsgarantie und Planungshoheit noch das zivilrechtliche, mangels Grundrechtsträgerschaft der Klägerin nicht vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasste Eigentum an den Grundstücken, die durch das planfestgestellte Vorhaben in Anspruch genommen werden, vermitteln ihr einen Anspruch auf gerichtliche Überprüfung der objektiven Rechtmäßigkeit der Planungsentscheidung (sog. [X.]). Eine Gemeinde ist im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes auch nicht befugt, als Sachwalterin von Rechten Dritter bzw. des Gemeinwohls Belange ihrer Bürger geltend zu machen (stRspr, vgl. nur [X.], Urteil vom 9. Dezember 2021 - 4 A 2.20 - NVwZ-RR 2022, 317 Rn. 16 m. w. N.). Sie kann nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des Verfahrensrechts und des materiellen Rechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer eigenen schutzwürdigen Belange rügen ([X.], Urteile vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - [X.]E 170, 33 Rn. 25 und vom 16. März 2021 - 4 A 10.19 - NVwZ 2021, 1615 Rn. 13). Maßgeblich für die Beurteilung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses (stRspr, vgl. [X.], Urteil vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - [X.]E 161, 263 Rn. 15 m. w. N.).

b) Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben die Klage gemäß § 6 Satz 1 UmwRG fristgerecht begründet ([X.], Urteile vom 20. Januar 2021 - 4 A 4.19 - [X.] 451.17 § 43 [X.] Nr. 12 Rn. 17 und vom 5. Juli 2022 - 4 A 13.20 - [X.] 2022, 639 Rn. 12) und sich in zwei Schriftsätzen mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss auseinandergesetzt. Im zweiten Schriftsatz verweisen sie darüber hinaus pauschal auf eine "umweltfachlich-methodische Bewertung der Alternativenprüfung" durch einen Gutachter, die dem Schriftsatz beigefügt war, und "machen sie vollumfänglich zum Gegenstand unseres Vortrags". Dieses Vorgehen genügt nicht den Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO. Danach muss der postulationsfähige Prozessbevollmächtigte den Vortrag im gerichtlichen Verfahren sichten und rechtlich durchdringen. Die pauschale Bezugnahme auf die Stellungnahme eines [X.] reicht nicht (vgl. [X.], Urteile vom 27. Juli 2021 - 4 A 14.19 - [X.]E 173, 132 Rn. 47 und vom 7. Juli 2022 - 9 A 1.21 - juris Rn. 15). Dies gilt umso mehr, als diese Stellungnahme auch rechtliche Argumente verarbeitet; bei den naturschutzfachlichen Argumenten lässt der Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten die präzise Angabe vermissen, auf welche Ausführungen im Einzelnen Bezug genommen wird. Eine solche Zuordnung ist nicht Aufgabe des Senats.

2. Der Planfeststellungsbeschluss leidet zu Lasten der Klägerin nicht an den nach den vorstehenden Maßgaben prozessordnungsgemäß geltend gemachten Mängeln der Abwägung bei der Variantenprüfung für den Bereich Metelen.

a) Nach § 43 Abs. 3 [X.] sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass - drittens - weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (stRspr, vgl. [X.], Urteile vom 14. Februar 1975 - 4 [X.] 21.74 - [X.]E 48, 56 <63 f.>, vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - [X.]E 161, 263 Rn. 73 und vom 12. Juli 2022 - 4 A 10.20 - juris Rn. 17).

Bei der Auswahl zwischen verschiedenen [X.]n ist die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit erst überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, und sich deshalb der Behörde hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (stRspr, vgl. [X.], Urteile vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - [X.]E 161, 263 Rn. 82 und vom 7. Oktober 2021 - 4 A 9.19 - UPR 2022, 98 Rn. 48).

b) Eine nach diesen Maßstäben insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung kann die nicht im Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG enteignungsbetroffene Klägerin nicht verlangen. Sie ist grundsätzlich, wie bereits ausgeführt, auf die Rüge beschränkt, ihre geschützten Belange seien nicht ordnungsgemäß abgewogen worden. Diese gerichtliche Kontrolle kann allerdings zum einen hinsichtlich fremder Belange eine Ausdehnung in der Weise erfahren, als gleichgerichtete Interessen benachbarter Anlieger, die sinnvollerweise nur einheitlich mit den entsprechenden Belangen eines Betroffenen gewichtet werden können, in die Prüfung einzubeziehen sind (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Januar 2007 - 9 B 14.06 - [X.] 407.4 § 1 [X.] Nr. 11 Rn. 18; Urteile vom 18. Dezember 2014 - 4 [X.] 35.13 - [X.] 442.42 § 27a [X.] Nr. 8 Rn. 128 und vom 6. April 2017 - 4 A 1.16 - [X.] 451.17 § 43 [X.] Nr. 5 Rn. 47; zuletzt Beschluss vom 28. März 2020 - 4 VR 5.19 - juris Rn. 28). Die Rügebefugnis umfasst zum anderen wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung auch eine Überprüfung der den eigenen (Privat-)Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange (stRspr, vgl. [X.], Urteile vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - [X.]E 125, 116 Rn. 279, vom 6. November 2013 - 9 A 9.12 - [X.] 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 18 und vom 15. Oktober 2020 - 7 A 10.19 - juris Rn. 38). Dabei kann auch der Verstoß gegen eine Vorschrift von Bedeutung sein, die nicht den Interessen des Betroffenen, sondern insbesondere öffentlichen Interessen zu dienen bestimmt ist. Zwar kann dies für sich genommen nicht zum Erfolg der Klage führen; denn der Kläger kann nicht geltend machen, dass die getroffene Entscheidung zu seinen Lasten gegen zwingendes objektives Recht verstößt. Mit dieser Feststellung hat es allerdings nicht sein Bewenden: Ein solcher Fehler kann nämlich materiell-rechtlich die Variantenprüfung infizieren, weil die für das Vorhaben sprechenden öffentlichen Belange fehlerhaft bewertet und mit der daraus folgenden Fehlgewichtung den geschützten Belangen des Betroffenen gegenübergestellt werden (vgl. [X.], Urteile vom 24. November 2010 - 9 A 13.09 - [X.]E 138, 226 Rn. 53 f. und vom 24. November 2011 - 9 [X.] - [X.] 407.4 § 17 [X.] Nr. 220 Rn. 29). Demnach sind im Allgemeinen nur solche Belange auch bei der Überprüfung der [X.] auszuklammern, deren Geltendmachung ausschließlich einer Person zugewiesen ist, die sie im Prozess als eigene verteidigen kann; insoweit kann nichts anderes gelten als bei der Rügebefugnis von Enteignungsbetroffenen (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - [X.]E 170, 33 Rn. 27 ff.).

3. Der Planfeststellungsbeschluss hat die Variantenprüfung in der Weise strukturiert, dass zunächst die Vor- und Nachteile der [X.] im Vergleich zu anderen Freileitungstrassen geprüft, sodann mehrere Erdkabeltrassen der [X.] gegenübergestellt werden, und zuletzt eine abschließende Gesamtabwägung unter besonderer Beachtung der als vorzugswürdig identifizierten [X.] 2 vorgenommen wird.

a) Bei der Abwägung zwischen der [X.] und den übrigen Freileitungsvarianten ermittelt der Planfeststellungsbeschluss - maßgeblich gestützt auf den im Auftrag der Beigeladenen erarbeiteten [X.] - zunächst für eine Reihe von Kriterien, nämlich technisch-wirtschaftliche Daten, raumordnerische und landesplanerische Gesichtspunkte, kommunale Planungen, Schutzgut Mensch, Natur- und Artenschutz sowie Schutzgut Boden, welche Variante in welchem Ausmaß vorzugswürdig ist; auf dieser Grundlage erfolgt sodann eine Gesamtabwägung, die sich für zwei der untersuchten Varianten - darunter die von der Klägerin bevorzugte Variante "[X.]" - auf die Ergebnisse einer als Grobprüfung bezeichneten Betrachtung stützt.

Die Klägerin rügt, dass die von ihr bevorzugte [X.] "[X.]" zu Unrecht schon im Rahmen einer Grobprüfung wegen Nachteilen im Bereich der Landesplanung und wegen artenschutzrechtlicher Konflikte abgeschichtet worden sei. Die Ermittlung und Gewichtung hier zu berücksichtigender Belange sei ebenso zu beanstanden wie auch hinsichtlich der Schutzgüter Mensch und Boden sowie bei den technisch-wirtschaftlichen Aspekten.

aa) Das Vorbringen der Klägerin führt nicht auf einen rechtserheblichen Fehler bei der Würdigung der Eignung der Trassen in Bezug auf Vorgaben der Landesplanung und der Raumordnung.

(1) Die Klägerin beanstandet, dass die Bewertung der Konflikte mit der Landesplanung in Teilen zirkelschlüssig sei. Die - nur ausnahmsweise zulässige - Inanspruchnahme von Waldgebieten durch die [X.] werde vom Planfeststellungsbeschluss ([X.]) gemäß Ziff. 7.3-1 des Landesentwicklungsplans [X.] - LEP [X.] - (GV. [X.]. 2017 S. 122) mangels Erforderlichkeit abgelehnt, weil mit der [X.] eine besser geeignete Variante zur Verfügung stehe, wobei die bessere Eignung wiederum auf die Konflikte mit der Landesplanung gestützt werde. Dieser Einwand greift nicht durch. Die Planfeststellungsbehörde hat nicht gegen die landesplanerischen Festlegungen verstoßen.

Die im Landesentwicklungsplan ausdrücklich als Ziel der Raumordnung bezeichnete Vorgabe ist allerdings als ein der Abwägung zugänglicher Grundsatz einzuordnen. Ziff. 7.3-1 LEP [X.] erlaubt ausnahmsweise einen Eingriff in geschützte Waldgebiete bei Beschränkung auf das unbedingt erforderliche Maß unter der Voraussetzung, dass die Planung nicht an anderer Stelle realisierbar ist. Nach dem materiellen Gehalt dieser Planaussage handelt es sich nicht um ein Ziel der Raumordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG, das abschließend abgewogen ist und folglich durch Abwägung nicht überwunden werden kann (vgl. [X.], Urteile vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - [X.]E 125, 116 Rn. 56 ff. und vom 16. Dezember 2010 - 4 [X.] 8.10 - [X.]E 138, 301 Rn. 7). Zwar können auch Plansätze, die eine [X.]el-Ausnahme-Struktur aufweisen, die Merkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG erfüllen, wenn der [X.] neben der [X.]el auch die Voraussetzungen einer Ausnahme mit hinreichender Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlegt ([X.], Urteile vom 16. Dezember 2010 - 4 [X.] 8.10 - a. a. [X.] Rn. 8 und vom 12. November 2020 - 4 A 13.18 - juris Rn. 88). Diesen Anforderungen an eine verbindliche Zielvorgabe wird die Bestimmung aber nicht gerecht. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme sind ungeachtet der zunächst strikt scheinenden Formulierung ("nicht realisierbar", "unbedingt erforderliche Maß") gerade mit dem Verweis auf eine anderweitige Realisierbarkeit des Vorhabens auf Verhältnismäßigkeitserwägungen bezogen. Denn es kann nicht angenommen werden, dass jeweils allein die technische Machbarkeit unter Beachtung zwingenden Rechts den Ausschlag geben soll. Dies wird durch die Erläuterungen zum Landesentwicklungsplan bestätigt. Danach darf eine angestrebte Nutzung nicht innerhalb eines regionalplanerisch festgelegten Waldbereichs realisiert werden, wenn für den mit der Planung verfolgten Zweck eine zumutbare Alternative besteht (LEP [X.], Erläuterungen zu Ziff. 7.3-1 Abs. 11). Diese Zumutbarkeitserwägungen sprechen für die Einordnung als Grundsatz der Raumordnung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG, der in der [X.] (nur) zu berücksichtigen ist (vgl. zur [X.], Urteile vom 22. September 2015 - 10 [X.]/[X.] - [X.] 2016, 52 <54> und vom 17. Januar 2019 - 2 [X.]/17.NE - juris Rn. 91).

Die Bewertung der [X.] ist hiernach nicht zu beanstanden. Stehen zwei Varianten zur Wahl, die jeweils geschützten Wald in Anspruch nehmen, kommt es auf einen Größenvergleich dann maßgeblich an, wenn die Alternativen nicht in eine Rangfolge gebracht werden können. Die Realisierbarkeit des Vorhabens ist wiederum wertend zu bestimmen, um so eine verträgliche und verhältnismäßige Alternative zu ermitteln. Folglich ist dem Grunde nach nichts dagegen zu erinnern, wenn der Planfeststellungsbeschluss hierbei auch andere Gesichtspunkte einfließen lässt, wobei mit weiteren [X.]) – hier unbenannten - Belangen ersichtlich die im [X.] erörterten Belange gemeint sind.

(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt der landesplanerischen Bewertung eine vergleichende Betrachtung der Waldbeeinträchtigung zugrunde. Der Planfeststellungsbeschluss ([X.]) geht zutreffend davon aus, dass die [X.] den Wald auf einer deutlich längeren Strecke mit einer größeren Anzahl an [X.]en quert; damit geht zugleich eine größere qualitative Beeinträchtigung des Waldes einher. Denn es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die von der [X.] in Anspruch genommenen Waldbereiche etwa eine rechtlich beachtliche geringere Wertigkeit in naturschutzfachlicher Hinsicht aufweisen (vgl. auch [X.], Urteil vom 12. Juli 2022 - 4 A 10.20 - juris Rn. 37). Ein unterschiedliches Schutzstreifenmanagement (siehe dazu [X.]), das für die Bewertung der [X.]n von Bedeutung sein könnte, hat der Planfeststellungsbeschluss nicht zugrunde gelegt.

(3) In raumordnungsrechtlicher Hinsicht hat der Planfeststellungsbeschluss ([X.]) die [X.] als konfliktärmer eingestuft. Das versteht sich angesichts des Umstands von selbst, dass das Ziel Ziff. 8.2-4 LEP [X.] mit den dort in Abs. 1 geregelten Mindestabständen zur Wohnbebauung auf die [X.] nicht anwendbar ist ([X.] 249 f.). Denn die Leitung, die nach Grundsatz Ziff. 8.2-1 Abs. 2 LEP [X.] die [X.] mit einer Bestandstrasse nutzt, wird nicht, wie in Ziel Ziff. 8.2-4 LEP [X.] vorausgesetzt, auf einer neuen Trasse errichtet. Gegen diese vom Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte rechtliche Einordnung ist nichts zu erinnern. Ungeachtet der bereits vor einigen Jahren erfolgten Einstellung der Nutzung und des 2019 begonnenen Rückbaus der Bestandsleitung war für die Planfeststellung weiterhin von einer bestehenden Trasse auszugehen. Denn zum einen endet die faktische Prägung eines Trassenraums nicht unmittelbar mit dem Rückbau der Leitung; hier gilt nichts anderes als bei der Frage der Fortdauer einer Vorbelastung (siehe dazu [X.], Urteil vom 7. Oktober 2021 - 4 A 9.19 - UPR 2022, 98 Rn. 74 f. m. w. N.). Zum anderen war die planfestgestellte Leitung während der gesamten langjährigen Planung als Ersatzneubau für die Leitung [X.] 2304 vorgesehen. Auch wenn der Rückbau dieser Leitung im Planfeststellungsbeschluss nicht geregelt ist, war ein Konnex zwischen Rückbau und Neubau gleichwohl immer offensichtlich. Für eine rechtlich beachtliche Zäsur fehlt es daher an jeglichem Anhaltspunkt.

Eine abweichende Wertung wäre im Übrigen auch dann nicht angezeigt, wenn hinsichtlich der Abstandsunterschreitungen auf der [X.] - wie von der Klägerin ohne weitere Substantiierung behauptet - eine Ausnahme in Betracht zu ziehen wäre. Denn der Konflikt mit den allgemeinen Vorgaben der Ziff. 8.2-4 LEP [X.] wird dadurch nicht beseitigt. Soweit schließlich den Abstandsvorschriften - über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus - auch Anhaltspunkte für einen angemessenen Schutz des [X.] entnommen werden können, sind diese Belange dem Schutzgut Mensch zuzuordnen (vgl. [X.] 131).

bb) Auch in Bezug auf artenschutzrechtliche Konflikte kann sich die Bewertung im Planfeststellungsbeschluss auf eine hinreichend ermittelte Tatsachengrundlage stützen.

Wenn der Planfeststellungsbeschluss hier wiederum darauf abstellt, dass die [X.] insbesondere wegen des Vorkommens von Brutvogelarten konfliktträchtige Gebiete auf einer kürzeren Strecke quert als die [X.], und daraus auf die Vorzugswürdigkeit der [X.] schließt, ist dies nicht zu beanstanden. Dem stehen mögliche Maßnahmen zur Vermeidung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nicht entgegen. Die Anbringung von [X.] setzt das Anflugrisiko für Vögel zwar herab; ein artspezifisch unterschiedliches Risiko ist damit aber nicht von vornherein unbeachtlich (siehe [X.], Urteil vom 5. Juli 2022 - 4 A 13.20 - [X.] 2022, 639 Rn. 24 ff.). Der Verweis auf [X.] und Umsetzungsmaßnahmen zur Bewältigung baubedingter Beeinträchtigungen führt nicht weiter, denn auch diese können artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verwirklichen ([X.], Urteil vom 27. November 2018 - 9 A 8.17 - [X.]E 163, 380 Rn. 125). Darüber hinaus ist in diesem Verfahrensstand eine umfangreiche artenschutzrechtliche Prüfung nicht veranlasst, vielmehr tragen schon die von der Planfeststellungsbehörde angestellten Erwägungen die Bewertung.

cc) Die der landesplanerischen und artenschutzrechtlichen Bewertung zugrunde liegenden Sachverhaltsermittlungen sind entgegen der Auffassung der Klägerin nicht unzureichend, obwohl die Planfeststellungsbehörde sich nach eigenem Bekunden auf eine Grobprüfung beschränkt hat. Auch im Bereich der [X.] muss die Planfeststellungsbehörde den Sachverhalt nur soweit klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Demnach ist sie befugt, Alternativen, die sich aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, schon in einem früheren Verfahrensstadium auszuscheiden und bereits im Vorfeld einer solchen Entscheidung die angemessene Ermittlungstiefe zu bestimmen (vgl. [X.], Urteile vom 12. November 2020 - 4 A 13.18 - juris Rn. 69 und vom 12. Juli 2022 - 4 A 10.20 - juris Rn. 20, jeweils m. w. N.). Die Grobprüfung, die der Planfeststellungsbeschluss für die Prüfung dieser [X.] für sich in Anspruch nimmt und für ausreichend erachtet, beschreibt keinen abstrakten Maßstab, sondern erfordert die je gesonderte Betrachtung der jeweils in Rede stehenden Prüfungspunkte. Sind - wie hier - die jeweils angestellten Ermittlungen geeignet, das [X.] zu tragen, ist die Bezeichnung des [X.] ohne Bedeutung.

dd) Mit ihrer Kritik am [X.] in Bezug auf das Schutzgut Mensch dringt die Klägerin ebenso wenig durch. Sie kann nicht mit Erfolg geltend machen, die Bewertung der [X.] als "leicht vorzugswürdig" sei zu ihren Lasten unzutreffend.

Die Klägerin bemängelt zum einen eine unzutreffende Ermittlung und Bewertung der Beeinträchtigungen des [X.] von betroffenen Anwohnern im Bereich von [X.] 148 bis [X.] 151 sowie möglicher Immissionen, auch unter Berücksichtigung der Vorbelastung. Damit macht sie fremde Belange geltend, die ihrer Klage nicht zum Erfolg verhelfen können. Die Klägerin als Grundstückseigentümerin im Bereich der [X.] könnte sich zwar auf die Abwehrinteressen von Mietern oder Pächtern berufen. Sie behauptet jedoch nicht, dass auf landwirtschaftlich genutzten Grundstücken, die in ihrem Eigentum stehen und die neben einer Vielzahl von gemeindeeigenen Wegegrundstücken im [X.] belegen sind, Wohngebäude errichtet sind. Somit fehlt von vornherein ein Ansatzpunkt für eine Ausweitung der Rügebefugnis auf die Belange von in der Nachbarschaft in gleicher Weise betroffenen Anwohnern.

Zum anderen wendet sich die Klägerin gegen die Ausführungen zur Eigentumsbetroffenheit. Soweit sie rügt, dass die diesbezüglichen Beeinträchtigungen als ein Element des [X.] behandelt worden sind, und hierin einen gesondert zu betrachtenden privaten Belang sieht, kommt es auf diese Zuordnung entscheidungstragend nicht an. Das Gewicht der jeweils erfassten privaten Belange ändert sich dadurch nicht.

Soweit die Klägerin in der Sache die Auffassung vertritt, der Gesamtumfang der Eigentumsbetroffenheit sei unrichtig eingeschätzt worden, besteht kein Anlass für eine Ausweitung des Rügepotenzials auf die Interessen einer wie auch immer umschriebenen Nachbarschaft. Die Rechtsprechung, die auch die Belange anderer Betroffener berücksichtigt, bezieht sich auf die Sondersituation immissionsbetroffener Nachbarn. Die Geltendmachung der Eigentumsbelange wegen Beeinträchtigung der Bewirtschaftungsmöglichkeiten ist jedoch dem jeweiligen Eigentümer vorbehalten (siehe auch [X.], Urteil vom 9. Dezember 2021 - 4 A 2.20 - NVwZ-RR 2022, 317 Rn. 20). Auch auf eine im Übrigen nicht weiter substantiierte Beeinträchtigung der Belange der Landwirtschaft als eines öffentlichen Belangs kann sich die Klägerin insoweit nicht berufen.

Einen beachtlichen Fehler zeigt sie im Übrigen insoweit bezogen auf ihre eigene Betroffenheit nicht auf. Zwar führt der Rückbau einer Bestandsleitung auch dann zum Erlöschen einer bestehenden Dienstbarkeit für einen Schutzstreifen, wenn in der Trasse eine neue Leitung errichtet werden soll, sodass für diese Leitung gegebenenfalls neue Dienstbarkeiten zu bestellen sind ([X.], Beschluss vom 26. September 2013 - 4 VR 1.13 - UPR 2014, 106 Rn. 27). Die faktische Vorbelastung eines Grundstücks ist dessen ungeachtet zu berücksichtigen. Denn die Ausweisung von Schutzstreifen zugunsten einer neuen Leitung setzt auf den bisher ausgewiesenen Schutzstreifen auf und führt nur dort zu einer neuen Belastung, wo bisher kein Schutzstreifen ausgewiesen war oder vorhandene Schutzstreifen aufgeweitet werden müssen ([X.], Urteile vom 15. Dezember 2016 - 4 A 4.15 - [X.]E 157, 73 Rn. 54 und vom 7. Oktober 2021 - 4 A 9.19 - UPR 2022, 98 Rn. 74). Dass eine Aufweitung von Schutzstreifen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen oder bei der Überspannung von [X.] zu einer beachtlichen Einschränkung der Bewirtschaftungsmöglichkeiten führt, macht die Klägerin nicht geltend. Bei den Wegegrundstücken ist eine Beeinträchtigung der durch die Widmung geprägten Eigentümerbefugnisse von vornherein ausgeschlossen. Daraus mag sich auch erklären, dass die Klägerin unter den geringeren Beeinträchtigungen ihrer Rechtspositionen bei Verzicht auf die [X.] ihr Grundeigentum nicht erwähnt, sondern lediglich auf verbesserte städtebauliche Entwicklungsperspektiven und ihr Selbstgestaltungsrecht verweist.

ee) Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, dass entgegen der im Planfeststellungsbeschluss ([X.]) vertretenen Ansicht unter technisch-wirtschaftlichen Aspekten nicht von einer deutlichen Nachteiligkeit der [X.] auszugehen sei. Bezogen auf die Gesamtlänge des planfestgestellten Abschnitts fielen weder die Mehrlänge dieser Trasse noch die erhöhte Anzahl von [X.]en kostenmäßig ins Gewicht. Diese Argumentation verkennt, dass sich die Bewertung des Trassenvergleichs jedenfalls in der [X.]el nur auf den Bereich beziehen kann, in dem sich die Trassenverläufe unterscheiden. Ob ausnahmsweise anderes zu gelten hat, wenn der betroffene Bereich - anders als hier - bezogen auf das gesamte planfestgestellte Vorhaben von völlig untergeordneter Bedeutung ist, kann dahinstehen.

ff) Schließlich legt der Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich des [X.] die ohne weiteres nachvollziehbare Annahme zugrunde, dass aufgrund der mit einer größeren Trassenlänge verbundenen höheren Anzahl von [X.]standorten deutlich mehr sowohl dauerhafte als auch temporäre Eingriffe in den Boden stattfinden ([X.] 133 und 78). Anlass für eine differenzierende ("qualifizierte") Betrachtung wegen einer vermeintlich unterschiedlichen Wertigkeit der Böden bestand nicht.

gg) Auf der Grundlage der nicht zu beanstandenden Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der [X.] einerseits und der [X.] "[X.]" andererseits kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die [X.] der Planfeststellungsbehörde als die vorzugswürdige Lösung aufdrängen musste.

b) Bei der Abwägung zwischen der [X.] und der unter vier [X.]n als vorzugswürdig ermittelten [X.] 2 stellt der Planfeststellungsbeschluss wiederum die zum Vergleich anstehenden [X.]n zunächst hinsichtlich verschiedener Kriterien - technisch-wirtschaftliche Gesichtspunkte, raumordnerische und landesplanerische Gesichtspunkte, Schutzgut Mensch, Natur- und Artenschutz, Boden, Wasser, Landschaftsschutz, Kultur und sonstige Sachgüter - gegenüber und bewertet jeweils, welche Variante in welchem Ausmaß vorzugswürdig ist; auf dieser Grundlage erfolgt eine Gesamtabwägung ([X.] 166 ff.).

Die Klägerin macht ohne Erfolg geltend, dass bei einer richtigen Bewertung der Belange und unter Anlegung zutreffender rechtlicher Maßstäbe von einer Vorzugswürdigkeit der [X.] 2 auszugehen sei.

aa) Wie schon bei der Abwägung mit der Freileitungsvariante geht auch hier die Berufung auf eine unzulängliche Würdigung des [X.] fehl.

Zum einen macht die Klägerin das Interesse der Nutzer des im Bereich von [X.] 149 bis [X.] 152 gelegenen Ferienhausgebiets geltend, von jeglichen elektromagnetischen Feldern - auch unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV - verschont zu bleiben. Auf die privaten Belange Dritter kann die Klägerin sich aber nicht berufen. Folglich geht auch der Vortrag ins Leere, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des [X.] nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] eine [X.]elvermutung zugunsten eines [X.] im Interesse der Gewährleistung eines ungestörten [X.] bestehe, und die Planfeststellungsbehörde eine besondere Begründungs- und Rechtfertigungslast treffe, wenn sie gleichwohl im Rahmen ihrer Abwägung von der Anordnung eines [X.] absehe. Ob auch Ferienhäuser unter den Begriff des Wohngebäudes im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] fallen, kann demnach dahinstehen.

Die Klägerin beanstandet zum anderen hinsichtlich der Flächeninanspruchnahme insbesondere durch Schutzstreifen und den damit einhergehenden Eigentumsbeeinträchtigungen eine unzureichende Ermittlung der insgesamt - ungeachtet einer Vorbelastung - erstmals betroffenen Grundstücke und eine unzureichende Bewertung der bei Freileitungen einerseits, Erdkabeln andererseits zu beachtenden Nutzungsbeschränkungen. Auch damit werden verallgemeinernd Interessen Dritter geltend gemacht, zu deren Wahrnehmung die Klägerin nicht befugt ist.

bb) In Bezug auf den Natur- und Artenschutz, wozu auch die [X.] zählt, stuft der Planfeststellungsbeschluss die [X.] "potenziell" als vorzugswürdig ein. Das ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.

(1) Der Planfeststellungsbeschluss (S. 171 f.) geht davon aus, dass beide Varianten geschützte Gebiete verschiedenster Quantität und Qualität berührten, und beide Varianten hinsichtlich des Grades der Beeinträchtigung eng beieinanderliegen. Die Planfeststellungsbehörde geht "insbesondere" wegen der Inanspruchnahme des unmittelbar westlich der [X.] gelegenen Naturschutzgebiets "Am [X.]" von einer leichten Vorzugswürdigkeit der [X.] aus, da Meidungen bestimmter Vogelarten nicht von vornherein ausgeschlossen werden könnten. Die Klägerin erachtet dies als bloße Behauptung. Vielmehr sei eine Verschiebung der Kabelübergabestation im Suchraum, der im Übrigen durch eine Bundesstraße vom Naturschutzgebiet getrennt sei, zu erwägen. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum nicht auch die Freileitung negative Auswirkungen habe. Der Beklagte verweist unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des [X.] auf die im Vergleich zu einer Freileitung größere Wirkintensität aufgrund der größeren Flächeninanspruchnahme durch eine Kabelübergabestation und der am Übergang niedriger geführten Leiterseile; das baubedingte Störungspotenzial sei wesentlich höher einzuschätzen als die bestehende Vorbelastung durch die Bundesstraßen [X.] und [X.] Die so begründete Gefahr eines Meideverhaltens der in § 2 Abs. 2 Buchst. a der Schutzgebietsverordnung (Ordnungsbehördliche Verordnung der [X.] zur Ausweisung des Gebietes "Am [X.]", im Gebiet der Stadt [X.], [X.], im [X.] als Naturschutzgebiet vom 16. Juli 2015, [X.] Bez.[X.]. [X.]) genannten [X.] ist noch nachvollziehbar dargetan, wobei auch zu beachten ist, dass diese Einschätzung nur zu einer "leichten" Vorzugswürdigkeit der [X.] führt. Ob das erstmals in der Klageerwiderung vorgebrachte Argument einer Gefährdung des Wasserhaushalts bei einer Erdkabelbaustelle trägt, kann dahinstehen.

(2) Was die [X.] angeht, stuft der Planfeststellungsbeschluss ([X.] f.) die [X.] 2 als leicht vorteilhaft gegenüber der [X.] ein. Die dauerhafte [X.] bzw. der [X.] sei bei einem Erdkabel deutlich höher als bei der [X.], obwohl dort insbesondere durch Schutzstreifen mehr Waldflächen in Anspruch genommen würden. Jedoch konzentrierten sich die Eingriffe bei der [X.] 2 auf kleinere Waldbereiche und nicht auf größere zusammenhängende Bereiche. Diese qualitative Bewertung wird entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dadurch infrage gestellt, dass bei der Gesamtabwägung nur noch das quantitative Element einer dauerhaften Inanspruchnahme erwähnt wird ([X.] 197). Schließlich ist gegen die quantitative Bemessung einer nicht nur temporären, sondern dauerhaften [X.] nichts zu erinnern. Es ist nicht ersichtlich, dass ein wie auch immer geartetes Schutzstreifenmanagement bei einer Verlegungstiefe eines [X.] von etwa 1,5 m dazu beitragen könnte, dass dort ein Wald heranwächst. Vielmehr geht der Planfeststellungsbeschluss zutreffend davon aus, dass bei offener Bauweise im Schutzstreifen eines [X.] die Nutzung der Fläche als Wald ausgeschlossen ist.

(3) Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin gegen die Wertung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 173), die [X.] 2 sei in artenschutzrechtlicher Hinsicht insgesamt nachteiliger als die [X.].

Die Klägerin ist der Ansicht, dass lediglich bauzeitliche Beeinträchtigungen, wie sie bei der Errichtung des [X.] zu verzeichnen seien, gegenüber dauerhaften Beeinträchtigungen wie der Anfluggefahr für Vögel bei Freileitungen zurücktreten müssten. Darüber hinaus werde die Notwendigkeit von [X.] vom Planfeststellungsbeschluss zu Unrecht doppelt eingestellt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht davon auszugehen, dass der Planfeststellungsbeschluss diese temporäre Beeinträchtigung gegenüber der Anfluggefahr für Vögel bei der [X.] überbewertet hat. Die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss sind vielmehr so zu verstehen, dass die Anfluggefahr durch die bauzeitlichen Beeinträchtigungen bei der vergleichenden Bewertung ausgeglichen wird und insoweit ein Gleichstand zwischen den Varianten gegeben ist.

Eine inkonsistente und methodisch angreifbare Bewertung ist schließlich nicht darin zu sehen, dass die Auswirkungen der Bauzeitbeschränkung als einer artenschutzrechtlichen Vermeidungsmaßnahme in die Bewertung einfließen. Denn eine Maßnahme, mit der eine artenschutzrechtliche Konfliktlage bewältigt werden soll, und die die Umsetzung des Vorhabens erschwert, ist nicht nur - wie auch hier geschehen - bei den technisch-wirtschaftlichen Gesichtspunkten einzustellen, sondern wirkt sich zugleich auf die Gewichtung der Variante aus. Eine unzulässige "Doppelverwertung" liegt darin nicht.

Die daraus folgende Einschätzung, die [X.] sei "potenziell" als vorzugswürdig anzusehen, ist noch hinreichend bestimmt. Angesichts der Ausführungen, dass beide Varianten insoweit eng beieinanderliegen, soll die gewählte Formulierung ersichtlich zum Ausdruck bringen, dass die [X.] insoweit leicht vorzugswürdig ist.

cc) Ein erheblicher Abwägungsfehler folgt schließlich nicht daraus, dass der Planfeststellungsbeschluss beim Vergleich die Auswirkungen der beiden Varianten auf die kommunale Planungshoheit nicht erwähnt. Im Gegensatz hierzu führt der Planfeststellungsbeschluss ([X.]) bei der Gegenüberstellung der Freileitungsvarianten aus, dass sich die [X.] wegen eines größeren Abstands zum [X.] (Siedlungsbereich) hinsichtlich der kommunalen Entwicklungsmöglichkeiten/Siedlungsentwicklung tendenziell als positiver darstellt.

Der Planfeststellungsbeschluss hat damit bei der Gesamtabwägung keinen abwägungserheblichen Belang übersehen. Denn bei der Erörterung der Einwendungen der Klägerin führt der Planfeststellungsbeschluss (S. 379 f.) ausdrücklich aus, dass sie durch das planfestgestellte Vorhaben nicht unverhältnismäßig in ihrer Siedlungsentwicklung gehindert ist. Er stützt sich dabei insbesondere auf die Einschätzung der zuständigen [X.]ionalplanungsbehörde, wonach der Klägerin noch genug Wohnbauflächenreserven zur Verfügung stehen und auch eine Ausweisung eines neuen Wohngebiets durch den im Aufstellungsverfahren befindlichen Bebauungsplan Nr. 44, der den Mindestabstand von 400 m zur planfestgestellten Höchstspannungsfreileitung nicht in allen Teilen einhält, am Grundsatz Ziff. 8.2-3 LEP [X.] nicht scheitern muss. Mit diesen Erwägungen setzt sich die Klägerin nicht auseinander.

Es ist im Übrigen auch sonst nicht ersichtlich, dass der Planfeststellungsbeschluss insoweit das Gewicht der kommunalen Planungshoheit verkannt hat. Diese vermittelt der Gemeinde eine wehrfähige Rechtsposition gegen fremde Fachplanungen auf dem eigenen Gemeindegebiet, wenn ein Vorhaben eine hinreichend bestimmte gemeindliche Planung nachhaltig stört, wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung entzieht oder wenn kommunale Einrichtungen durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt werden. Darüber hinaus muss die Planfeststellungsbehörde auf noch nicht verfestigte, aber konkrete [X.] einer Gemeinde abwägend dergestalt Rücksicht nehmen, dass durch die Fachplanung von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötigerweise "verbaut" werden ([X.], Urteil vom 27. Juli 2021 - 4 A 14.19 - [X.]E 173, 132 Rn. 85). Ob eine hinreichende Konkretisierung der gemeindlichen [X.] hinsichtlich des Bebauungsplans Nr. 44 im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses bereits wegen des [X.] vom 9. Dezember 2019 anzunehmen war, obwohl eine Öffentlichkeitsbeteiligung noch nicht stattgefunden hatte (siehe dazu [X.], Urteil vom 27. August 1997 - 11 A 18.96 - [X.] 316 § 73 VwVfG Nr. 24 S. 30), kann dahinstehen. Denn nach dem [X.] musste die Klägerin ihrerseits auf die nach Auslegung der Planunterlagen im Jahr 2018 verfestigte Fachplanung Rücksicht nehmen ([X.], Urteil vom 27. Juli 2021 - 4 A 14.19 - a. a. [X.] Rn. 85). Auf eine [X.] zu Lasten der Fachplanung kann die Klägerin sich demnach keinesfalls berufen.

dd) Schließlich beeinträchtigt das planfestgestellte Vorhaben nicht das Selbstgestaltungsrecht der Klägerin. Abwehransprüche erwachsen aus diesem in den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG fallenden Recht allenfalls dann, wenn die Gemeinde durch Maßnahmen betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken (stRspr, vgl. etwa [X.], Urteile vom 18. Juli 2013 - 7 A 4.12 - [X.]E 147, 184 Rn. 62, vom 15. Dezember 2016 - 4 A 4.15 - [X.]E 157, 73 Rn. 59 und vom 27. April 2017 - 9 A 30.15 - [X.]E 159, 1 Rn. 29). Angesichts der örtlichen Verhältnisse - die planfestgestellte Leitung verläuft deutlich außerhalb der geschlossenen Ortslage im Bereich einer Bestandstrasse - wird die [X.] im Sinne einer Beeinträchtigung des Ortsbildes ungeachtet der im Vergleich zur Leitung [X.] 2304 deutlich höheren [X.]en nicht erreicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Meta

4 A 16/20

10.11.2022

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: A

Art 28 Abs 2 S 1 GG, § 43 Abs 3 EnWG 2005, § 3 Abs 1 Nr 2 RaumOG, § 3 Abs 1 Nr 3 RaumOG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10.11.2022, Az. 4 A 16/20 (REWIS RS 2022, 9183)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9183

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