Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2010, Az. V ZR 238/09

V. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5248

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]NDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 238/09 vom 1. Juli 2010 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.] hat am 1. Juli 2010 durch den [X.], [X.] Lemke und [X.], die Richterin [X.] und [X.] Czub beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wird das Ur-teil des 1. Zivilsenats des [X.]s Mün[X.] vom 10. Dezember 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungs-beschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 45.167 •. Gründe: [X.] Mit notariell beurkundetem [X.] erwarb die [X.] von den Klägern mehrere Grundstücke "zur Vermeidung einer Enteignung bzw. Besitzeinweisung". An demselben Tag schlossen die Parteien einen städ-tebauli[X.] Vertrag, in welchem die Beklagte den Klägern gegen Zahlung von 800.000 DM für die Herstellung neuer Verkehrswege die Ausweisung neuer Baurechte in einem Gewerbegebiet zusagte. 1 - 3 - 2 Die auf Rückauflassung der verkauften Grundstücke gerichtete Klage ist in erster Instanz abgewiesen worden. In der Berufungsinstanz haben die Kläger u.a. geltend gemacht, der [X.] sei nichtig, deshalb sei auch der Kaufvertrag nichtig, weil beide Verträge ein einheitliches Rechtsgeschäft bildeten. Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Be-schwerde wollen die Kläger die Zulassung der Revision gegen das [X.] errei[X.], damit sie ihren Klageantrag weiterverfolgen können. I[X.] Soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse, meint das [X.], der [X.] sei nichtig; das habe jedoch nicht die Nichtigkeit des [X.] zur Folge, weil beide Verträge keine rechtliche Einheit bildeten, die Kläger jedenfalls das Gegenteil nicht beweisen könnten. Von der Vernehmung der [X.]

müsse abgesehen wer-den, weil sie laut ärztlichem Attest aus gesundheitli[X.] Gründen auf unabseh-bare Zeit nicht vor Gericht erscheinen könne. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger sei dazu, dass die beiden Verträge miteinander hätten stehen und fallen sollen, nicht zu vernehmen, weil es sich bei dem diesbezügli[X.] Vortrag der Kläger nicht um eine Tatsa[X.]-, sondern um eine Rechtsbehauptung handele. 3 II[X.] Das Berufungsurteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Be-rufungsgericht den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtli[X.] Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. 4 - 4 - 5 1. Die Nichtberücksichtigung eines erhebli[X.] [X.]s verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet ([X.] NJW 2003, 1655). Das ist zwar nicht in Bezug auf den von den Klägern angebotenen Beweis durch Vernehmung ihres Prozessbevollmächtigen, wohl aber hinsichtlich des auf die Vernehmung der [X.] gerichteten [X.]s der Fall. a) Das Berufungsgericht hat den in das Wissen ihres Prozessbevoll-mächtigten gestellten Vortrag der Kläger zu dem Willen der Beklagten, die [X.] und äußere Erschließung des Gewerbegebiets zu verbessern und deshalb den Grundstückskaufvertrag sowie den städtebauli[X.] Vertrag abzuschließen, im Tatbestand seiner Entscheidung als unstreitig dargestellt, indem es den ent-spre[X.]den Inhalt der Verträge wiedergegeben hat. Ebenfalls als unstreitig hat es den weiteren Vortrag angesehen, dass die Beklagte den Abschluss des Kaufvertrags zeitlich vor dem Abschluss des städtebauli[X.] Vertrags verlangt habe und die gesamten Modalitäten zunächst in einer Vertragsurkunde hätten vereinbart werden sollen ([X.] 12 Abs. 4). Insoweit bedurfte es somit keiner Be-weisaufnahme. Übrig bleibt deshalb der Vortrag der Kläger, beide Verträge müssten miteinander stehen und fallen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine dem Zeugenbeweis (Prozessbevollmächtigter der Kläger) zugängliche Tatsa[X.]behauptung, sondern um die von den Klägern aus den vorgetrage-nen Tatsa[X.] gezogene rechtliche Schlussfolgerung. 6 b) Von der Vernehmung der [X.] durfte das Berufungsge-richt jedoch nicht absehen. Es hat die in ihr Wissen gestellte Behauptung der Kläger, der eine Vertrag wäre ohne den anderen nicht geschlossen worden, für erheblich gehalten und die Zeugin zu dem auf den 12. November 2009 anbe-raumten Termin zur mündli[X.] Verhandlung geladen. Die Vernehmung ist nur deshalb unterblieben, weil das Berufungsgericht die Zeugin aufgrund des ärztli-7 - 5 - [X.] Attestes vom 7. Oktober 2009 als unerreichbar angesehen hat. Diese An-nahme ist rechtsfehlerhaft. Denn die Voraussetzungen dafür, einen Beweisan-trag wegen Unerreichbarkeit des Zeugen abzulehnen (siehe dazu [X.], 79, 85), sind nicht schon dann gegeben, wenn aufgrund gesundheitlicher Beein-trächtigungen endgültig von dem Nichterscheinen des Zeugen vor dem Pro-zessgericht ausgegangen werden muss. Denn es bleibt die Möglichkeit, den Zeugen außerhalb der [X.] im Wege der Bild- und Tonübertragung (§ 128a Abs. 2 ZPO) oder, wenn das nicht möglich ist, nach § 375 Abs. 1 Nr. 2 ZPO durch ein Mitglied des [X.] zu vernehmen; auch ein Vorgehen nach § 377 Abs. 3 ZPO kommt in Betracht. c) Das übergangene [X.] ist entscheidungserheblich. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Zeugin entweder nach der einen oder der ande-ren prozessualen Möglichkeit hätte vernommen werden können, die Behaup-tung der Kläger bestätigt hätte und diese Aussage das Berufungsgericht zu [X.] anderen Beurteilung der Frage veranlasst hätte, ob der Grundstückskauf-vertrag und der [X.] eine rechtliche Einheit bilden. 8 2. Soweit die Kläger den [X.] der Sicherung einer einheitli-[X.] Rechtsprechung auch deshalb geltend ma[X.], weil die unterbliebene Vernehmung der [X.] auf dem unzutreffenden Rechtssatz beruhe, dass die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Unerreichbarkeit eines Zeu-gen auch dann gerechtfertigt sei, wenn das Gericht keine Bemühungen zur Beibringung des Zeugen - auch nicht unter Anwendung von Zwangsmitteln - entfaltet habe, hat die Beschwerde keinen Erfolg. Angesichts des Inhalts des 9 - 6 - von der Zeugin vorgelegten ärztli[X.] Attestes bestand für das Berufungsge-richt keine Veranlassung, weitere Bemühungen zur Beibringung der Zeugin, also sie zum Erscheinen vor Gericht zu verpflichten, zu entfalten. [X.] Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.05.2009 - 54 O 2638/07 - OLG Mün[X.], Entscheidung vom 10.12.2009 - 1 U 3490/09 -

Meta

V ZR 238/09

01.07.2010

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2010, Az. V ZR 238/09 (REWIS RS 2010, 5248)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5248

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 238/09 (Bundesgerichtshof)

Beweisantrag: Voraussetzungen der Ablehnung wegen Unerreichbarkeit des Zeugen


4 C 11/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Kosten einer städtebaulichen Maßnahme als Voraussetzung oder Folge des Vorhaben; Kausalität für Kosten einer unteilbaren …


V ZR 165/09 (Bundesgerichtshof)


4 K 26/16 (FG Nürnberg)

Sanierungskosten für Mehrfamilienhaus in Bemessungsgrundlagen der Grunderwerbsteuer einzuziehen


V ZR 189/12 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZR 238/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.