Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2005, Az. AK 16/05

3. Strafsenat | REWIS RS 2005, 95

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]BESCHLUSS AK 16/05 vom 21. Dezember 2005 in dem Strafverfahren gegen wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie des Angeschuldigten und seines Verteidigers am [X.] 2005 gemäß §§ 121, 122 [X.] beschlossen: Die Untersuchungshaft hat [X.]. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesge-richtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem [X.] übertragen. Gründe: Der Angeschuldigte wurde am 21. Mai 2005 aufgrund des Haftbefehls des Senats festgenommen und befindet sich seit dem 22. Mai 2005 aufgrund dieses Haftbefehls, ergänzt durch die Beschlüsse des Ermittlungsrichters des [X.] vom 11. Juli 2005 (2 [X.]/2005) und vom 7. November 2005 (2 [X.]/2005) ununterbrochen in Untersuchungshaft. 1 Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor. 2 1. Nach dem Ergebnis der inzwischen abgeschlossenen Ermittlungen des [X.] ist der Angeschuldigte dringend verdächtig, in zehn Fällen gemeinschaftlich mit den Mitangeschuldigten [X.]und [X.]in der Absicht, sich und einem Dritten einen rechtswidrigen Vermö-gensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt 3 - 3 - zu haben, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregte oder unterhielt (erfolgrei-cher Abschluss von Lebensversicherungsverträgen mit einer Gesamtversiche-rungssumme von mindestens 1.364.012 •), sowie in weiteren 23 Fällen eine solche Tat versucht zu haben (erstrebter Abschluss von Lebensversicherungs-verträgen mit einer Gesamtversicherungssumme von mindestens 3.068.204 •), Vergehen gemäß § 263 Abs. 1, § 25 Abs. 2, §§ 22, 23 StGB. a) Wegen der Einzelheiten des [X.] wird im Übrigen auf die Gründe des Haftbefehls des Senats vom 19. Mai 2005 sowie auf die Anklage-schrift des [X.] vom 30. November 2005 Bezug genommen. Mit der Anklageschrift werden dem Angeschuldigten darüber hinaus die [X.] einer ausländischen terroristischen Vereinigung sowie die Verabre-dung zum Verbrechen vorgeworfen. 4 b) Der dringende Verdacht ergibt sich aus den Ergebnissen der durchge-führten Telekommunikations- und Wohnraumüberwachungen sowie aus den Bekundungen von Vertretern der Versicherungen und der Auswertung der Ver-tragsunterlagen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anklageschrift des [X.] vom 30. November 2005 Bezug genommen. 5 c) Die Ergebnisse der Überwachungsmaßnahmen sind auch insoweit verwertbar, als diese aufgrund des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes Rheinland-Pfalz ([X.]) durchgeführt worden sind. Die Erkenntnisse [X.] hier nach § 100 d Abs. 6 Nr. 3 [X.] (§ 100 f Abs. 2 [X.] aF) zu Beweis-zwecken im Strafverfahren verwendet werden, solange sie der Aufklärung einer Katalogtat nach § 100 c Abs. 2 [X.] dienen. 6 - 4 - Der Erlangung der Erkenntnisse nach § 29 Abs. 1 [X.] stehen durchgreifende Bedenken nicht entgegen. Die Vorschrift erlaubt die Datenerhe-bung nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und nicht zur "Vorsorge für die Verfolgung" (vgl. insoweit [X.], [X.]. vom 27. Juli 2005 - 1 BvR 668/04 - zu § 33 a Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 SOG Nds). Die [X.], die das [X.] für die gesetzliche Ermächtigung zur Überwachung von Wohnraum zum Zweck der Strafverfolgung aufgestellt hat ([X.] NJW 2004, 999 = NStZ 2004, 270), führen - übertragen auf die lan-desgesetzliche Regelung zur präventiven Wohnraumüberwachung - nicht zur Unverwertbarkeit der Erkenntnisse. Das [X.] hat §§ 100 c ff. [X.] aF zwar als teilweise mit dem Grundgesetz unvereinbar [X.] und den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 30. Juni 2005 einen verfas-sungsgemäßen Rechtszustand herzustellen, jedoch die weitere Anwendung der beanstandeten Normen unter Berücksichtigung des Schutzes der Menschen-würde und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bis zu diesem Zeitpunkt erlaubt ([X.] NStZ 2004, 270, 273). Es ist nicht ersichtlich, dass die hier durchgeführten Überwachungsmaßnahmen gegen diese einschränkenden [X.] verstoßen hätten. 7 Der Senat muss nicht abschließend entscheiden, ob die genannten [X.] durch die landesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage in jeder Beziehung gedeckt waren, denn sie waren jedenfalls vertretbar (vgl. BGHSt 47, 362; BGHR [X.]-[X.] § 25 b Lausch-Eingriff 1). Insbesondere ist nicht zu besorgen, dass die Polizeibehörden in einer Situation, in der Tatsachen den Verdacht einer Straftat nach § 129 b StGB begründet haben, und in der Ziel der Maßnahmen die weitere Aufklärung des Sachverhalts zum Zweck der Straf-verfolgung war, die polizeirechtlichen Anordnungen herbeigeführt haben, um so 8 - 5 - die engeren Voraussetzungen zu unterlaufen, die die Strafprozessordnung an die Durchführung repressiver Maßnahmen stellt. Soweit Bedenken gegen den Beschluss des [X.] daraus abge-leitet werden könnten, dass dieser Beschluss entgegen § 29 Abs. 4 Satz 2 [X.] nicht befristet war, ist diese Frist jedenfalls dadurch eingehalten worden, dass rechtzeitig vor ihrem Ablauf der erforderliche gerichtliche Verlängerungs-beschluss erwirkt worden ist. 9 2. Es besteht weiterhin der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Der Angeschuldigte hat auch für die Serie von Betrugstaten, die Gegenstand des modifizierten Haftbefehls ist und für die der Senat den drin-genden Tatverdacht bejaht, eine empfindliche Freiheitsstrafe zu erwarten, die [X.] bietet. Der Zweck der Untersuchungshaft kann nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 [X.]). Dies gilt auch in Ansehung der von dem Angeschuldigten vorgetragenen Stu-diensituation. 10 3. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersu-chungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 [X.]) liegen vor. Im [X.] auf den besonderen Umfang und die besonderen Schwierigkeiten der [X.] ist das Verfahren noch mit der in Haftsachen gebotenen Beschleuni-gung geführt worden. Die Ermittlungen zu den Versicherungsverträgen konnten erst im Juni 2005 zum Abschluss gebracht werden. Die umfangreichen [X.] aus der Wohnraum- und Telekommunikationsüberwachung mussten übersetzt und ausgewertet werden. Die Besonderheit des Verfahrens besteht dabei darin, dass der Angeschuldigte, der sich zur Sache nicht eingelassen hat, und die beiden Mitangeschuldigten ihre Unterhaltungen in weiten Teilen ver-11 - 6 - deckt geführt hatten und nur eine detaillierte und alle Einzelheiten auswertende Betrachtung der Gespräche die Grundlage für die Überzeugung von den dem Angeschuldigten zur Last gelegten Taten sein kann. Diese Auswertung hat inzwischen stattgefunden. Der [X.] hat am 30. November 2005 Anklage vor dem [X.] erhoben. 4. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zur Bedeutung der Sache und der für den Angeschuldigten im Falle seiner Verurteilung zu erwar-tenden Strafe noch nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 [X.]). 12 5. Der Senat kann, da die Untersuchungshaft des Angeschuldigten be-reits durch den dringenden Tatverdacht des Betrugs und versuchten Betrugs gerechtfertigt ist, offen lassen, ob gegen den Angeschuldigten auch ein Tatver-dacht in Bezug auf die ihm in der Anklageschrift vorgeworfenen weiteren [X.] - die Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129 b Abs. 1 i. V. m. § 129 a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 5 StGB) sowie die [X.] zu einem Verbrechen (§ 30 Abs. 2 StGB, § 34 Abs. 4 [X.]) - besteht. [X.] von [X.]

Meta

AK 16/05

21.12.2005

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2005, Az. AK 16/05 (REWIS RS 2005, 95)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 95

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

AK 78/17 (Bundesgerichtshof)


AK 78/17 (Bundesgerichtshof)


AK 63/17 (Bundesgerichtshof)

Überprüfung der Fortdauer von Untersuchungshaft: Gegenstand der Prüfung; Berücksichtigung nachträglich gewonnener Ermittlungsergebnisse zum Sichbereiterklären zur …


AK 25/15 (Bundesgerichtshof)


AK 63/17 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 668/04

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.